Führen statt Facebook
Generalinspekteur Volker Wieker hat in der vergangenen Woche einen Vortrag an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg gehalten, um die studierenden Offiziere auf die Bundeswehr der Zukunft einzustimmen. Sein Vortrag (in der vom Verteidigungsministerium als Redetext veröffentlichten Fassung) ist aus verschiedenen Gründen interessant; mir ist eine Passage aufgefallen, die ich für problematisch halte – weil sie auch einen Generationenunterschied deutlich macht. Und zwar ein – nicht nur für Soldaten – berechtigtes Anliegen zeigt, zugleich aber von einer fundamental anderen Sicht auf die Dinge als die der heutigen Offiziersgeneration kündet:
Ein Blick auf unsere innere Verfassung ist auch dort angezeigt, wo die Kommunikation über soziale Netzwerke und elektronische Nachrichtenübermittlung das Miteinander nicht nur beeinflusst, sondern häufig auch gestaltet. Ich habe über dieses Thema Elb-abwärts an der Führungsakademie bereits einiges gesagt. Hier will ich noch einmal herausstellen: Wir müssen das Thema ernst nehmen – denn die technologische Entwicklung wird weitergehen, wie die neue Generation der Smartphones uns gerade lehrt.
Und viele Entwicklungen, von denen wir noch nichts ahnen, werden wir in wenigen Jahren ganz selbstverständlich in der Tasche tragen. Bereits heute lesen wir täglich Berichte mit militärischem Bezug, die sich aus dem unerschöpflichen und eben auch gnadenlos-unlöschbaren Cyberspace speisen.
Kompromittiert wird dort, wer kompromittierbar ist: Vom Gefreiten bis zum General. Die Themen reichen von Erpressbarkeit bis zum Geheimnisverrat, vom elektronischen Lebenslauf bis zum alltäglichen Bewegungsmuster – für immer abrufbar in einem schier unbegrenzten digitalen Gedächtnis, auf das immer auch medialer Zugriff besteht.
In der schleichenden Gewöhnung unbemerkt, wirkt es aber auch auf unser persönliches Miteinander, denn gerade solche Kontakte lassen sich schwerlich knüpfen, wenn jeder auf der eigenen Cyberstube hockt. Erliegen Sie daher bitte nicht der Verlockung, es zum Führungsmittel aufzuwerten, denn personale Autorität erwächst aus der Persönlichkeit, und ist virtuell eben nur sehr eingeschränkt vermittelbar. Als Vorgesetzte müssen wir erfahrbar bleiben, authentisch in unseren Stärken und Schwächen, zum Anfassen und auch Anlehnen, als Mensch und nicht als Instanz.
Gerade für uns Soldaten ist die Gemeinschaft ein Wert an sich. Nur wer sie persönlich erlebt, wird das Gemeinsame darin erkennen und zur Maxime des eigenen Handelns machen; daraus erst erwächst jene Kameradschaft, zu der wir alle verpflichtet sind.
Ja, Wieker hat Recht: Soziale Netzwerke ersetzen nicht das direkte Gespräch; ja, wer sich auf das Internet einlässt, läuft Gefahr, dass er sich selbst mehr offenbart als er will und ihm bewusst ist. Und wer nur via Facebook präsent ist, ist letztlich gar nicht präsent.
Gleichzeitig aber: Die Generation, zu der Wieker in Hamburg gesprochen hat, ist die Generation, mit dem Internet, wenn nicht schon mit dem Smartphone großgeworden ist. Die sich in diesem Umfeld so selbstverständlich bewegt wie im (soldatischen) Alltag. Da wirkt es wie ein Fremdkörper, wenn der ranghöchste deutsche Soldat in dieser Entwicklung vor allem, wenn nicht fast nur die Gefahren sieht. Die Gefahren kennen die meisten der studierten Nutzer schon – und noch so erfahrbare Vorgesetzte, die darin nur ein Problem sehen und nicht auch eine Möglichkeit, vergeben damit ein Stück ihrer Autorität.
(Was jetzt meine sehr persönliche Meinung ist – auf den Widerspruch bin ich gespannt.)
(Foto oben: Generalinspekteur Volker Wieker im Oktober bei einem Besuch des deutschen UNIFIL-Kontigents vor dem Schnellboot Wiesel – Bundeswehr/Andrea Bienert via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz; Foto unten: Wieker bei seiner Rede an der Helmut-Schmidt-Universität – Bundeswehr/Reinhard Scheiblich)
Nach dem was man hier so liest, sollten die Herrschaften erst mal im eigenen (Crypto)Stübchen aufräumen bevor sie sich über das Facebookprofil von HG (OA) Dosenbier mokieren…. ;)
Es kommt heute darauf an, dass man seine Geräte nutzt, ohne sich zu deren Sklaven zu machen!!!
Mein Verständnis hörte immer dann auf, wenn dienstliche Dinge eingestellt wurden zu perönlichen Angaben, zu Dienststellen oder besser, zu den guten alten „TOZZ“.
Dies gilt auch für die Familie – Anmerkungen wie „mein Mann ist Soldat und gerade …“ haben bei Facebook und in Chatrooms einfach nichts zu suchen.
Technik ist auch ein Stück Attraktivität
Vielleicht hat der GI das so gemeint (;))!
Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber … aber in einer Welt, in der man letztendlich die Mehrheit von modernen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten abschneidet, wundert eine derartige Herangehensweise nur wenig. Außerdem sind eben immer noch so einige Geschichten in den Köpfen, die ohne Smartphones mit Kamera nie publik geworden wären … nur dass kategorisches Verbieten hier auch nichts hilft …. sensibilisieren: ja bitte … aktiv an einem verantwortungsvollen Umgang mitarbeiten: na klar … aber einfach weigern und hoffen, dass eine Herausforderung dadurch schwindet, dass man sieh gar nicht erst annimmt, ist einfach naiv …
Mein Smartphone hat einen Sturz aus 30cm Höhe nicht überstanden, ich bezweifle, dass es allzu bald von Soldaten eingesetzt wird.
Er hat es nicht verstanden. Er hat es einfach nicht verstanden!
Technologie – egal in welcher Form – ist eben nur so gut oder nur so schlecht wie diejenigen, die sie nutzen. Facebook ist für mich ein Führungstool. Na selbstverständlich ist es das! Wir leben im 21. Jahrhundert. Himmel! Bedeutet das aber zwangsläufig, dass ich weniger mit meinen Soldaten spreche? Ganz im Gegenteil. Ich pflege einen offenen, ehrlichen und authentischen Umgang. Mit allen. Und überall (also auch auf Facebook). Gehört nämlich zu unserer Lebensrealität dazu. Lasst uns gestalten, anstatt pauschal abzulehnen. Aber Danke für die Warnung, was den Umgang mit persönlichen und dienstlichen Daten angeht. Da hat der GI natürlich nicht unrecht, dass wir alle etwas (und einige deutlich) besser achtgeben müssen.
Dass die Zuhörer, die studierenden Offiziere, die Gefahren der Technik grundsätzlich kennen, davon würde ich auch ausgehen. Ob sie sie allerdings im täglichen Umgang mit ihr auch beherrschen? Es steht zu vermuten, dass sich hinter dem kritischen Blick des Generalinspekteurs handfeste andere, und zwar schlechte Erfahrungen verbergen.
Aus der Rede spricht für mich vor allem eine große Unsicherheit über den Umgang mit der Technik (bzw. genauer: mit der Schnittstelle Mensch-Technik). Diese dürfte sich wohl aus der Erkenntnis nähren, dass hier eine – wie auch immer geartete – zentrale Steuerung versagen muss – ich kann ACE da nur beipflichten. Also müssen neue Lösungsansätze her. Von denen aber ist offenbar nichts auch nur am Horizont erkennbar… aber: Die Aufgabe ist als solche klar erkannt.
Die Debatte zu führen, ist gut, richtig und wichtig. Es geht um nicht weniger als OpSec, PerSec und Führungskultur. Wenn der GI die Risiken unverhältnismäßig stark betont und die Chancen zu wenig heraushebt, empfinde ich das solange nicht als störend, wie es Angehörigen dieser Armee erlaubt bleibt, das konstruktive auch in der virtuellen Welt zu kritisieren. Es gab Zeiten in Deutschland, da erwartete man von Soldaten, nicht wählen zu gehen, weil das nicht mit wahrhaft vaterländischer Einstellung zu vereinbaren sei. Wir haben mittlerweile gelernt, dass es weder der Arme noch der Demokratie schadet, wenn Soldat(inn)en wählen gehen oder sich sogar wählen lassen. Ich finde, in einem Land ohne Wehrpflicht sollten Soldat(inn)en sehr soziale und gut vernetzte Menschen sein – real wie virtuell, denn sonst geht noch mehr Bindung zur Gesamtgesellschaft verloren, als ohnehin schon geschehen. Also: Lasst uns ruhig einen die Dienstgradgruppen übergreifenden Generationen-Dialog, meinetwegen auch -disput, über die Zukunft der Kommunikation in dieser Armee und mit dieser Armee führen. Wenn es dazu kommt, hat der GI einen guten Impuls gegeben.
Ich will die möglichen Gefahren gar nicht wegreden, deshalb: Wie wäre es, lange vor der Bw mit Bildung & Medienkompetenz anzufangen?
Bangemachen ist ein verbreitetes Stilmittel politischer Kommunikation. Etwas, das wir mögen, bekämpfen wir nicht, und solange wir den Rednecks von der inneren Sicherheit glauben, sichern wir ihr spezielles Spielfeld (indem wir etwa erhöhte Bereitschaft zeigen, Grundrechte einzuschränken, und damit den konservativen Verteidigern des Status quo die Deutungshoheit zu überlassen).
Ist das nicht ein Widerspruch? Die studierten Nutzer würden die Gefahren bereits kennen, andererseits heißt es, die Generation Smartphone läuft Gefahr das Bewusstsein über eben jene Gefahren zu verlieren. Außerdem: Führer haben im Regelfall Untergebene. Man sieht und hört es doch schon von Soldaten, die in Afghanistan gedient haben: was der Chef macht, wird kopiert; es werden konstant die Grenzen ausgelotet. War doch auch schon in der AGA so. Dieses Verhalten wird irgendwann schief gehen und zu einem Problem werden, wenn das Führen durch Vorbild zu einem lockeren Einzeiler verkommt.
MINUSMA ohne Prepaid oder Smartphone würde derzeit nicht stattfinden, da geeignete sichere FüMi derzeit nicht vor Ort zu bekommen sind.
@Thomas @Nawi
Ich lehne keine Technik ab – aber: weder Facebook noch Handys sind Führungsmittel!!
Diese dienen lediglich unstrukturierter Kommunikation!
@KlausK
Die Kommunikation über Handy kann genau so strukturiert oder unstrukturiert sein wie über Telex, pardon, Fernschreiben oder Feldfernsprecher.
@ KlausK
Das ist mein Reden.
Aus Kostengründen sind Handies mit Prepaidkarten eingesetzt.
Dienstliche Meldungen haben zu keinem Erfolg geführt – es gibt derzeit KEIN flexibles und sicheres FüMi.
„Krypto“-Hdy (kein sicheres FüMi) ist aufgrund des Providers auch nicht möglich!
Gaaaaaaaz früher gab es mal Aufkleber auf jedem Telefon:
Achtung – Feind hört mit!
Kommunikation und deren Sicherheit fängt im Kopf an.
Technik ist nur die Unterstützung – sollte aber den Kommunikationskreis unterstützen und nicht bestimmen.
Ich würde nicht so pauschal von der „fundamental anderen Sicht auf die Dinge als die der heutigen Offiziersgeneration“ sprechen. Mittlerweile gibt es auch schon wieder eine Gegenbewegung, die Selbstdarstellung über Facebook etc. für Exhibitionismus und die meisten dort geteilten Inhalte für reines Geschwätz hält. Technologie wird auch von jüngeren Offizieren nicht immer nur nach ihrem modischen Charakter oder Selbstdarstellungswert bewertet, sondern auch danach, was man mit ihr anfangen kann und wie sie sich praktisch bewährt. Ich kenne viele, die ihre Profile mittlerweile wieder gelöscht haben, weil die wenigen Menschen, die das eigene Privatleben etwas angeht, tatsächlich im direkten Kontakt besser und angemessener ansprechbar sind, so daß keine Notwendigkeit besteht, amerikanische Datenkraken kostenlos mit diesen Informationen zu beliefern. Einem Offizier steht etwas DIskretion ohnehin allgemein gut an.
Daß junge Menschen mit dieser Technologie aufgewachsen sind, ist kein Argument für die militärische Sinnhaftigkeit. Viele wachsen auch mit Fast Food und mangelnder Bewegung auf, und wo etwas militärisch kontraproduktiv ist, muß es eben wieder aberzogen werden. Es ist die Pflicht des militärischen Führers, hier nicht den bequemen Weg zu gehen und sanfte Pädagogenfloskeln von sich zu geben,sondern zu erziehen.
Robuste Smartphones mit Apps für Wetterberichte, Karten- und GPS-Funktion etc. sind eine attraktive Idee, aber sie können wegen der Fehleranfälligkeit nicht ersetzen, das man die klassischen Techniken beherrscht.
So wird Technologie übernommen, die sich für bestimmte Zwecke bewährt hat, und Technologie wieder fallengelassen, die eine reine Modeerscheinung ist.
Als einer in der Rede angesprochenen:
Ich finde die Gefahren sind größer als der Nutzen. Als Führungsmittel sollte man komplett darauf verzichten. Genauso wie auf Whatsapp etc. Der Dienstherr muss weiter denken, das bereitgestellte technische Gerät muss sich weiterentwickeln. Ich finde es teilweise peinlich, was für Fotos auf FB o.ä. eingestellt werden. Und sicher im soldatischen Alltag bewegen sich viele leider immer noch nicht wirklich, zumindest weniger, als dass sie im Internet präsent wären.
Trotz allem, eine Sensibilisierung ist absolut angebracht. Wo das nicht aussreicht Verbote mit einer strengen Maßregelung. Oft bieten gewisse Informationen wenn sie im Internetorbit veröffentlicht werden viel zu große Angriffsflächen.
Beim Thema „Kommunikation“ und „Führung“ unterscheiden wir doch bitte Mittel und Inhalte. Die Qualität ist IMHO genau dann hoch, wenn wenn wir uns auf die Inhalte konzentrieren. Ich sehe nicht ein, dass moderne Kommunikationsgeräte und Netzwerke schlechterdings zu geringer Kommunikations- und Führungsqualität führen. Warum auch? Wir haben’s doch in der Hand!
Insofern @KlausK: Willkommen im 21. Jahrhundert, schau Dich mal um, ist gar nicht so übel hier ;-)
Im Juli hatten wir hie im Blog die Debatte schon mal … gerne zitiere ich meinen Post (der auch zum Thema „MerkelGate“ passen würde):
Zitat: Heiko Kamann | 01. Juli 2013 – 21:14
Natürlich ist es eine diplomatisch peinliche Situation. Aber mal ganz ehrlich,
wir haben doch selbst dafür gesorgt, das es ein “Kinderspiel” ist uns ab zu hören …
Hier im Blog sind sicherlich einige aktive Soldaten und evtl. auch einige aktive Mitarbeiter staatlicher Behörden und Dienststellen anwesend. Wer von Ihnen hat denn ein abhörsicheres, dienstliches Telefon zur Verfügung; oder wissen Sie, wo sie auf eine abhörsichere Verbindung zugreifen können?
Abwehr? Findet bei der Bundeswehr nur sehr, sehr begrenzt statt … zu teuer, zu kompliziert etc.
Kryptologie/Kryptografie in weiten Bereichen der Bundeswehr leider ein Stiefkind … zu teuer, zu kompliziert
Darum sollten zumindest die Soldaten und auch die ehemaligen Soldaten einfach ein Auge zu drücken und unseren Kameraden bei der NSA weiterhin viel Jagdglück wünschen. (Zitat ende)
Die technischen Vorgaben des BSI bzw. der Techniker des MAD werden in den (Bw)-Dienststellen meistens nicht oder nur sehr unzureichend umgesetzt (kosten).
@T.Wiegold
Die Kommunikation über Fernschreiben ist aber nun sowas von strukturiert. Sie folgt den Regeln verschiedener APP, ATP und auch deutsche Dienstvorschriften strukturieren dort.
Dies gilt genauso für „Feldfernsprecher“. Nennen wir es doch einfach taktischen Sprechfunk. Und auch der ist strukturiert und folgt festgelegten Verfahren. National wie international.
Bitte jetzt nicht das Argument Twitter wäre auch eine Form des Sprechfunks. Ist es nicht. Twitter ist zusammenhangloses, mitunter mit kryptischen Kürzeln versehenes Geschnatter ohne Tiefgang. Quasi Kanal 16 nachts im Mittelmeer…
Und genau da geht es doch los. Führen erfordet Tiefgang. Führen ist eine Einstellungssache. Und die kann ich nicht mal eben so durch die Nutzung irgendwelcher „Fancy Tools“ die gerade furchtbar modisch sind (und dann noch OFFEN!), mal eben so ummodeln.
Weswegen ich @-MK20- und Minenjäger hier zustimmen.
Und das der GI gewisse Punkte dabei thematisiert ist gut. Vielmehr sogar dringend überfällig.
1. Es mag richtig sein, dass die angesprochene Generation mit mobile devices und social networks groß geworden ist und sich selbstverständlich in Ihnen bewegt. Das heißt aber mitnichten, dass jeder einzelne auch gelernt hat verantwortungsvoll und mit Sachkenntnis damit umzugehen. Wer unter Abiturienten oder Studenten eine Umfrage zum Umgang mit persönlichen Informationen macht, erntet meist Unverständnis und die Frage, warum man denn nicht seinen Tagesablauf posten sollte, man habe doch nichts zu verbergen. Viele digital natives wachsen mit den Möglichkeiten und Chancen der modernen Technik auf, haben aber wenig Verständnis für Risiken und Konsequenzen. Ich möchte behaupten die Minderheit aller digital natives macht sich Gedanken darüber, welche Daten ihre apps erheben und an wen weiterleiten und warum eigentlich. Ebenso wird es die Minderheit sein, die die Werkseinstellungen ihres WLAN-Routers, wie vom Hersteller empfohlen, geändert haben, weil sie da schlicht nicht dran denken.
2. Wie passt der sogenannte digital native, der ständig erreichbar und mitteilungsfreudig ist, in eine Organisation, die weiterhin davon ausgeht, dass ihr Tagesablauf VS-NfD ist und innerhalb militärischer Sicherheitsbereiche Film- und Photographierverbot herrscht? Richtig ist, dass diese Regelungen in ihrem absoluten Anspruch häufig unsinnig oder zumindest überkommen erscheinen und die Bundeswehr auch an der einen Seite Informationen schützt, die sie an anderer Stelle dann selbst ins Internet setzt. Das kann aber nicht heißen, dass der Einzelne entgegen Befehlen und Vorschriften Informationen posten darf, weil er darin keinen Schaden sieht und dies aus dem zivilen Leben so gewohnt ist.
Ich möchte zugestehen, dass die studierenden Offiziere an der UniBwH sich der Risiken unkontrollierter Informationsweitergabe bewusst sind. Viele andere Soldaten sind es nicht. Es kam und kommt immer noch regelmäßig vor, dass Soldaten nach einer Sicherheitsbelehrung plötzlich erkannten, was alles über sie bekannt ist und wie diese Informationen genutzt werden konnten. Der Hinweis des SiBe „Googeln sie sich mal selbst.“ sorgte da regelmäßig für Betroffenheit.
3. Kann es wirklich einen Autoritätsverlust bedeuten, wenn ein Vorgesetzter darauf hinweist, auch bei digitaler Kommunikation dienstliches und privates zu trennen und damit schlicht die geltende Befehls- und Gesetzeslage wiedergibt? Meines Wissens hat die Bundeswehr noch keine flächendeckende bring your own device policy eingeführt und auch die Pflicht zur Verschwiegenheit wurde nicht aufgehoben. Man mag es nicht glauben, aber das hat militärische Gründe. Die bestehende IT-Sicherheit der Bundeswehr ist ebenfalls lückenhaft und viele Einheiten wären ohne die privaten Mobiltelefone ihrer Soldaten schwer führbar, keine Frage, deswegen aber gleich den ganzen Anspruch auf sichere Kommunikation fallen zu lassen und via twitter zu führen, wäre ein Armutszeugnis.
4. Und um auf einen letzten Punkt einzugehen, den der GI ansprach, die persönliche Erlebbarkeit und die eigene Cyberstube. Führen soll in der Regel ein persönlicher und unmittelbarer Vorgang sein. Hektischer Tagesdienst und hohe administrative Belastung führen aber bereits dazu, dass Vorgesetzte kaum noch persönlich erlebbar sind und maßgeblich elektronisch führen, weil ihr dienstlicher LoNo Eingang es nicht mehr anders zulässt. Wo der junge Soldat im Dienst also nur noch eingeschränkt Führung durch seinen Kompaniechef oder sogar TE-Führer erlebt, ist er nach Dienst kaum noch in einer Gemeinschaft eingebunden, da die Mehrheit der über 25-jährigen zu Hause ist und der Rest allein auf seinen Stuben vor dem Laptop sitzt. Und dann wird beklagt, dass in der vernetzten Welt, die Menschen zusammenführt, die Kameradschaft in der militärischen Gemeinschaft leidet.
Schließlich noch ein besonderes Fundstück aus den USA, dass die Wirrungen der modernen Technik und ihrer Möglichkeiten in einer schnellebigen Welt darstellt: Führerausbildung via twitter: http://blog.usni.org/2013/10/23/hashtag-leader-development-using-twitter-to-develop-a-professional-learning-network-for-leaders
Deswegen sehe ich unter Berücksichtigung aller Chancen und Möglichkeiten, die moderne Kommunikationsmittel bieten, tatsächlich den Titel dieses threads als richtig an:
Führen statt Facebook!
@TW @Thomas
Die Struktur von Führungsmitteln liegt darin, dass z.Bsp:
– die Teilnehmer festgelegt sind: BtlFüKrs, KpFüKrs oder auch
– FüKrs, BLAULICHTKREIS etc.
Kommunikation mit Handy führt regelmäßig dazu, dass bei mehr als zweiTeilnehmern kein einheitlicher Wissenstand vorhanden ist,
Bei Internet und FB etc. sind die Teilnehmer mehr oder weniger zufällig dabei, manche auch unerwünscht. Wir erinnern uns: TIGER, hier ALPHA, Kommen!???
Ein bekanntes Beispiel: die KOMMUNIKATION (nicht Führung) mit Lotus Notes hat die Beachtung der Dienstwege über Hierarchien nach unten/oben ausgehebelt. Befehle werden vom BMVg teilweise direkt auf die Tische der Sachbearbeiter geschickt, die Termine sind entsprechend! Die Inhalte werden nach dem Zufallsprinzip bekannt!!
UND: die gute alte militärische Gewohnheit einen erhaltenen Auftrag auszuwerten mit
– Absicht der übergeordneten Führung …..(Kernforderungen)
– Wesentliche eigene Leistung,
– Auflagen
-Grundlaegende Lageänderung
hat doch ziemlich gelitten!!
WEITER: die Führungskultur wurde verändert: „Generäle im Mikrokosmos statt Führen mit Auftrag“!!
Ein weiteres Problem ist, das zwar viele technikgläubige BYOD sofort verstehen (wollen), aber nicht deren Konsequenzen bezüglich der ITSec. Spätestens wenn im räumlichen Zusammenhang von JASMIN mehr als 20 drahtlose Verbindungen erfasst werden, fängt der G2 zusammen mit dem G6 vor Wut zu schäumen an.
Versuchen Sie mal Ihr Smartphone in eine entsprechende NATO Dienststelle mitzunehmen!
@Cynic-2 SEHR Richtig
Kaum jemand benutzt freiwillig ein E10 oder einen NUKOM ROT!
@Thomas
Ich bin tiefer im 21.Jahrhundert als Du denkst.
ABER
Zitat Vize BSI:
Die Regierungsnetze werden etwa vier bis fünf Mal pro Tag gezielt angegriffen.
Dies gehe über “Social engineering”, in dem die Mails mit infizierten Anhang
speziell und persönlich auf den Empfänger zugeschnitten seien. Das BSI blockiere
außerdem pro Monat 40.000 Zugriffe auf infizierte Webseiten aus der Bundesverwaltung
heraus. “Die Mitarbeiter merken davon aber herzlich wenig”
UND
pro Minute werden 7 (SIEBEN) Identitäten gestohlen!!
ALSO: Aufwachen!!
Es gab in früherer Zeit mal Generale, die etwas gegen Eisenbahnen hatten… Wie schon mehrere Kommentatoren anmerkten. Es ist nicht das Ob, um das es gehen muss, sondern das Wie.
Wer den (sinnvollen) Gebrauch moderner Medien, auch Facebook, kennen lernen will, sollte mal den ca. einstündigen „Standardvortrag“ von Adm a.D. Stavridis hören, in dem er seinen (jungen und alten) Zuhörern die Welt erklärt. Er schildert sehr anschaulich, wie man nicht nur führt (auch mit Facebook), sondern auch wie zu führende sich führen lassen (auch mit Facebook)! Man muss es aber wollen und auch gewisse Regeln beherrschen. Es scheint mir, und die bisherige Diskussion gibt mir Recht, dass man die Gegner moderner Kommunikation nicht überzeugen kann und die Befürworter wird man nicht abbringen können. Zuversichtlich bin ich aber, dass die normative Kraft des Faktischen keinen anderen Weg als hin zu Twitter, FB und anderen Mitteln weist. Schließlich ist es dann auch die Flut der Daten, die dem Anwender einen Vorteil gegenüber einem potentiellen Auswerter verschafft.
@moi. So ist es. Und bei dem ganzen Hype um E-Ausspähung sollte man nicht vergessen: Wer eine Person ausspähen wollte, konnte das in der Vergangenheit auch schon mit konventionellen sehr genau tun. Vermutlich mitunter sogar mit weniger Aufwand.
Wieso finde ich in der Rede des General eigentlich nicht ‚Facebook‘, wie hier immer wieder zitiert wird?
General Wieker warnt davor aus dem ‚Cyberspace‘ zu führen, oder z.B. nur per Email, bei immer verschlossener Tür des Chefbüros!
Man soll als Vorgesetzter als Mensch present sein, nicht als Avatar.
Ist das altmodisch?
So unsympthatisch mir General Wieker ist-hier hat er recht.
Facebook ist sicherlich KEIN „Führungstool“-wer so etwas behauptet, hat entweder noch nie Soldaten geführt, oder noch nicht verstanden, was ein „Führungstool“ überhaupt ist.
In einer Welt, in der es nicht einmal möglich ist, Soldaten in ein Biwak zu bekommen UND gleichzeitig die Mobiltelefone zu Hause zu lassen; in der nicht mit Karte/Kompass navigiert wird, sondern mit „Google Maps“ auf dem Smartphone; in der Bilder aus Afghanistan zu Hause eintrudeln (über Facebook und Instagram) noch bevor die TOC überhaupt mitbekommt, in welcher Lage sich der Trupp befindet-dann läuft etwas gewaltig verkehrt.
Selbst an der OSH bekommen die Vorgesetzten es nicht in den Griff, den jungen OA´s das „facebooken“ während des Unterrichtes zu verbieten…
Kommentare wie „sitze gerade im Taktikunterricht mit OTl xy-total langweilig“ tauchen immer wieder mal bei fb auf…
Entbehrt für Außenseiter nicht einer gewissen Komik, bei den hier tagtäglich verwendeten Militärkürzeln. Twitter entfaltet bei professioneller Anwendung genau solchen Tiefgang, wie knappe und präzise Militärsprache. Genau wie dort, kommt es beim Verständnis auf den Kontext an. Vor einigen Jahren wurde Twitter noch als Eintagsfliege und Hort der Selbstdarsteller belächelt. Heute wird hierüber aus erster Hand aus Krisengebieten berichtet (siehe „Arabischer Frühling“). Twitter hat sich längs als ernstzunehmendes Kommunikationsmedium etabliert (siehe Regierungssprecher Seibert), Spott ist fehl am Platz.
Ich freue mich auf die langen Gesichter, wenn die ersten gekaperten Accounts ihre Wirkung entfalten. Eine der wirksamsten Maßnahmen zur Lebenszeitverkürzung bei Jihadisten ist übrigens eine, die diese selbst vornehmen: Führung per Smartphone.
Quasi eine göttliche Komödie in Zeiten, da eben Generalitäten Gerüchten zufolge per WhatsApp führen und Lotus Notes persönliche Anrufe oder das gute alte persönliche Gespräch ersetzt – vor allem aber die Filterfunktion des Vorgesetzten in der Weitergabe von Aufträgen. (Stichworte ‚Weiterleitungskette‘ und ‚z.K.u.U.‘)
Da sind wir dann wieder bei elementareren Grundbegriffen wie ‚Führen durch Vorbild‘ – gelegentlich sollte sich so mancher ‚da oben‘ mal über seine Vorbildwirkung Gedanken machen.
Grade die Kommandobehörden sind wohl kein Vorbild, was ‚denn gerade solche Kontakte lassen sich schwerlich knüpfen, wenn jeder auf der eigenen Cyberstube hockt‘ angeht…
Wie ging diese gute alte Geschichte mit Glashäusern und Steinen doch gleich nochmal?
Ach ja,
alte Männer mit wenig Realitätsbezug, dafür aber Weisungsbefugnis und dem Willen Befehle zu erteilen und Wirklichkeiten zu diktieren …
Ging das jemals in der Geschichte gut? Hat er auch nach Drohnen gerufen?
Diese Armee entgleitet uns immer mehr – jetzt will sie den Führungsnachwuchs frei von unkontrollierbaren öffentlichen Einflüssen halten. Selber denken? Zu was DAS nur führen kann….
Ich glaube nicht, daß es darum ging, den Führungsnachwuchs von öffentlichen EInflüssen fernzuhalten. Eher anders herum: Interna intern zu halten. Wo sie hingehören.
Ich denke, die maßgebliche Kritik richtet sich nicht gegen moderne Kommunikationsmittel per se, als gegen ihren unüberlegten Einsatz im militärischen Bereich, nämlich ohne richtige technische Absicherung, ohne überlegtes Konzept und ohne die entsprechenden Konsequenzen zu bedenken.
Wie @Thomas richtig sagt, können richtige Inhalte über verschiedene Medien transportiert werden. Dies erfordert aber entsprechende Kommunikationsfähigkeiten, die erlernt werden müssen. Denn das Medium nimmt klar Einfluss auf die Nachricht: Wir alle kommunizieren in einem persönlichen Gespräch (Gestik, Mimik) anders als in einem Telefongespräch (Interaktion), als in einer E-Mail (langer Text ohne Interaktion möglich), als in einer SMS (langer Text eher unüblich) als via Twitter (140 Zeichen). Trotzdem qualitativ gute Inhalte in verschiedenen Medien zu übermitteln, erfordert also Können und Disziplin (denn diese Argumentation hier als SMS zu schreiben, wäre recht mühsam).
Das wäre dann die professionelle Anwendung, die @Jack Bristow meint. Verwechseln sie da Kritik übrigens nicht mit Spott, denn ich verstand die Beschreibung von @NMWC eher als Beschreibung dessen, wie scheinbar die Mehrheit der user dieses Medium nutzt. Um hier mal eine Analogie zu nutzen: Als das primäre Nachrichtenmedium von der Zeitung zum Fernsehen wechselte, mussten komplexe Sachverhalte in 90 Sekunden dargestellt werden. Das hat sich durchgesetzt, aber auch Auswirkungen auf die Qualität dieser Meldungen gehabt. Twitter hat auch professionelle use cases, keine Frage, aber wenn sie ihre eigene Argumentation mal auf 140 Zeichen stückeln oder begrenzen wollen, müssen sie zugeben, es ist nicht das ideale Medium für alles.
Wenn also eine Organisation bewusst und mit einem Konzept in eine Technologie einsteigt, kann dies viele Vorteile haben. Die Frage, die man im Zusammenhang dieser Diskussion als Organisation Streitkräfte klären sollte, ist, wer setzt diese Technologie wann, wo, wie und wozu ein. Für bestehende Applikationen und Systeme wie LoNo, NuKom, FüInfoSys und IdZ gibt es nicht notwendigerweise umfassende und überzeugende Antworten darauf. Für welche use cases brauchen wir also welche Fähigkeiten, Produkte, Verfahren und vielleicht Ausbildung?
@Ein Kollege
Es gab in früherer Zeit auch einmal eine Admiralität, die konnte sich überschwänglich für neue Technologien und Konzepte begeistern. Die sogenannte jeune ecole hinterließ damit in der französischen Marine ein Trümmerfeld, weil das Konzept noch nicht umsetzbar war.
Wiederum in früheren Zeiten gab es Leute, die nicht glauben wollten, dass die innerstädtische Rohrpost, die Kommunikation revolutionieren wollte. Und wie wir sehen, hat die Rohrpost sich durchgesetzt – in einer spezialisierten Nische.
@Daniel Lücking
In meiner Realität sagte der GI etwas davon, nicht unkontrolliert dienstliche Informationen weiterzugeben. Die von ihnen angesprochene Kontrolle von „unkontrollierbaren öffentlichen Einflüssen“ konnte ich nicht entdecken. Könnten sie mich noch zu der Stelle im Text führen?
Natürlich ist Facebook kein Führungsmittel! Und darf es auch nie werden… Oder? War mal Lotus Notes nicht eine reine Datenbank mit der Option Nachrichten zu versenden? Und heute? „Nachgeordnete Bereiche legen elektronisch vor bis…“ Aha, kein Führungsmittel. Aber zurück zu Facebook: Es heißt weder „Führen mit Facebook“ noch „Führen statt Facebook“ – vielmehr sollte es lauten: „Führen UND Facebook“, oder weg vom plakativen: Der Vorgesetzte muss die Denkweise seiner Untergebenen verstehen (können) um sie richtig einzuschätzen und anleiten zu können – und das setzt die Kenntnis und den Umgang mit elektronischen Medien voraus!
Faszinierend, was der ein oder andere hier doch in einen m.E.n. recht klaren Text rein liest oder sogar lesen will. Zunächst danke @ Magmakammer, auch ich finde mit keinem Wort den Bezug zu Facebook. Und die Warnung des Generals, darauf zu achten, was man von sich gibt („Kompromittiert wird dort, wer kompromittierbar ist: Vom Gefreiten bis zum General.“) ist nun alles andere als von der Hand zu weisen.
Grundsätzlich gilt es doch, einen Weg zu finden, wie man unter Nutzung von modernen Kommunikationsmitteln die wesentlichen Führungsqualitäten eines Vorgesetzten (Dasein für seine Männer und Frauen, Führen von vorn etc.) aufrecht erhält und, für viele mittlerweile notwendig, diese verbessert! Man mag mich jung und naiv schelten, aber wie heisst es so schön: „Nur getroffene Hunde bellen!“
@Kerveros & @all:
Köstlich und höchst amüsantist dieser Thread! Man sollte den (Schlüsselpersonen und Hauptcharakteren dieser Göttlichen Komödie von ‚de Ante‘ zeitgenössische Namen geben und alsdann den ganzen Thread von T.W. redaktionell überarbeitet, der freien Humor- und Satire-Enzyklopädie ‚Stupidedia‘ antragen. Das ist wirklich absolut positiv gemeint, denn T.W. hatte mal wieder allen Anderen das richtige journalistische Näschen vorraus, daß das in guter und völlig berechtigter Absicht Wiekers erfolgte „Halbdaneben“, eben doch „daneben“ ist.
‚Pessimo Soldato‘ {m} [Mil.] = ‚Schlumpfschütze‘ (schlechter Schütze) {m} [Mil.] [Slg.] (auch im mil Jargon: ‚Mündungsschoner‘), also „weggetreten“! Und damit meine ich nicht T.W.!
Also wenn ein Kommandeur den Tagesbefehl auf seine Facebook-Wall schreibt, und er erhält in kurzer Zeit eine große Anzahl von „Likes“, so weiß er doch gleich, dass sein Führungsstil bei den Leuten ankommt.
Also, wenn man so bei Facebook ‚Wir.Dienen.Deutschland‘ liest und auch bei ‚Adventure Camp Bundeswehr‘ etc. reinschaut, wird zwar nicht geführt, aber unter dem Motto „Kohle, Rente, Sicherheit, verstehste“ Innere Führung propagiert. Und viele Positiv- und Negativ-Kommentare sind ob ihre Kontraproduktivität vom aller Feinsten. Der GI möge also bitte in seinem eigenen Augiasstall erst einmal aufräumen und sich auch gegen den des BMVg verwahren sowie extern Ornung schaffen, bevor er sich interne Ziele auf Facebook sucht und in Masse in Albernheiten verliert.
@Vtg-Amtmann
Aha, wir stellen also bei den von Ihnen angeführten Beispielen fest, es geht nicht um Führung, sondern um eine nicht wirklich gelungene Öffentlichkeitsarbeit. Der GI sprach dagegen von der Weitergabe dienstlicher Informationen in den öffentlichen Raum und die Wahrung einer persönlichen Führungskultur. Zum einen sind das also zwei verschiedene Themen. Weiterhin interessierte mich, wie der GI denn „extern Ordnung schaffen“ soll, wenn sie eine Anmerkung an die Truppe, für die er verantwortlich ist, als „intern“ ansehen. Und zum Dritten sind Themen wie PersSec oder die Verschwiegenheitspflicht in dienstlichen Angelegenheiten wohl kaum Albernheiten. Zu ihrem Trefferbild verweise ich sie auf ihre eigene Äußerung von 17:10.
@Cynic: Sehr wohl kann ich als ‚Gedienter‘ zwischen ‚Aussen‘ und ‚Innen‘ unterscheiden, aber das Eine geht gerade bei Facebook nahtlos in das Andere über. Genau darin liegt m.M.n. die Crux. Damit hat der Gi „halb daneben geschossen“.
Die Kommunikation mittels ziviler „Devices“ ist schon immer ein wenig problematisch gewesen. Seien es Abhängigkeiten, Abhörsicherheit oder die Trennung von dienstlichen und privaten Dingen.
Allerdings setzt unser Dienstherr ein Handy leider voraus….
Versuchen sie einmal in ihrer Einheit nicht ihre private Handynummer herauszugeben, für irgendwelche schwindeligen Alarmketten. Es gibt in diese Richtung einschlägige Befehle und dann kann man sich leider am Wochenende oder nach Dienst nicht mehr frei bewegen, da der Kurier/Bote wissen muss wo er sie finden kann um seine Nachricht zu überbringen.
Wie immer, und wie auch von vielen hier angeführt, ist ein richtiger und verantwortungsvoller Umgang mit neuer Technik wichtig. Aber Verbote bringen hier absolut nichts.
Es gab sogar Gerneräle/Vorgesetzte, die wollten keinen Panzer mehr haben, die hielten Cyberwarfare für absoltut venachlässigbar oder die wollten keine verschlüsselten Diensthandies nutzen.
Und ich finde es nicht unbedingt fraglich auf der einen Seite auf Facebook und anderen „sozialen“ Medien zu werben und dann dagegen Stimmung zu machen. Ich würde mir vielleicht mal gute Lehrgänge zu dem Thema wünschen bzgl Sicherheit etc und wenn es nur die Basics sind. Je nach Dienstgradgruppe mit unterschiedlichen Ihalten und Zielen. Aber das ist wohl leider noch recht lange nur ein Traum den ich habe….
@T.W. Vielen Dank für diesen Thread, einfach Spitze!! ;-)
Die moderne IKT ist nicht weniger als eine Revolution im Vergleich zur Steinzeit vor der Jahrtausendwende. Und der Prozess geht weiter, ob man das mag oder nicht. Von daher ist zweierlei geboten: Erstens am Ball zu bleiben und – natürlich – die neuen Chancen auszuschöpfen. Aber zweitens sich dabei nicht blindlings zu unterwerfen, sondern trotz des rasanten Tempos auch wachsam zu registrieren, was denn da insgesamt eigentlich passiert. Und da gibt es verdammt vieles, was einer intensiven Reflexion bedarf.
Beides – in kritischen Lagen klar zu entscheiden und zugleich die Risiken nüchtern zu bewerten – gehört ja auch zum prägenden Berufsbild des militärischen Führers. (Zumindest das ist zeitlos.)
Ich finde also, der GI hat hier ein richtiges Thema gesetzt und auch richtige Reizworte gefunden. Ob man ihm dabei in seinen persönlichen Einschätzungen in jedem Punkt folgt, ist nachrangig. Wichtig bleibt die Bewusstseinsbildung mittels einer harten Auseinandersetzung mit der Realität – so wie auch hier im Blog.
@Vtg-Amtmann
Da würde mich dann interessieren, wo denn der GI die Unterscheidung zwischen intern und extern getroffen hat. Deshalb fragte ich ja, warum sie von extern sprachen, da das in der Rede des GI gar nicht als Unterscheidung kommt.
„wo denn der GI die Unterscheidung zwischen intern und extern getroffen hat“
what happens in the casino, stays in the casino! ;)
Ich denke, es ist immer ein klassischer Generationen-Konflikt, wenn die jungen Leute die festgeglaubten Werte der Alten über Bord werfen und alles besser wissen. Im Ost-West-Konflikt hörte der Feind nunmal auch mit; das wird dem Herrn General nicht aus dem Unterbewusstsein entfallen sein. Heute hören auch die Freunde mit und es wurde (meiner Kenntnis nach) erstmals rchtig offiziell, dass sie es tun, na und? Es interessiert doch kaum jemanden aus meiner Generation, was die alten Hasen sagen, weil die vorurteilsweise sowieso keinen Schimmer haben, wie sich die Erde dreht.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Vorgesetzte Marschrouten bei Google hochgeladen hatten, damit sie von anderen abgerufen werden konnten. Die Links dazu wurden mit Whatsapp verteilt zusammen mit dutzenden weiteren sicherheitsrelevanten Daten und es funktionierte! Natürlich kamen einzelne Fragen auf, ob es bei einem Truppenübungsplatz-Aufenthalt nicht gefährlich sei, militärische Daten an ein ziviles Unternehmen zu senden, bei dem man nicht weiß, was damit angestellt werde. Es interessierte aber nicht, denn sonst wäre diese Form des Austausches bei der Übung, von der ich spreche, eingestellt worden. Whatsapp diente zum Austausch von GPS-Standorten, Bildern von Stellungen und gleichzeitig irgendwelchen soldatischen Dummheiten zur persönlichen Belustigung. Und wie sonst kann man den ganzen Tag mit der Frau Zuhause und gleichzeitig mit dem Chef kommunizieren?
Facebook ist nur eine Variante der modernen Kommunikation. Und ihre Nutzung ist irreversibel. Niemand wird darauf verzichten. Außer, es wird durch eine noch intimere Art der Datenerfassung ersetzt. Wer weiß schon, ob nicht in 30 Jahren die „alte“ Generation sich darüber aufregt, wie leichtfertig die Jungen mit ihren Gedanken spielen, weil doch die Köpfe elektronisch miteinander verbunden wurden? Übrigens ist diese Vorstellung einer Zukunft auch höchst interessant für militärische Kreise. Wenn eine Gruppe von Soldaten intermediär verbunden ist und sich so höchst effizient lenken lässt, weil es keine Informationslücken zwischen den Schützen mehr gibt, wird dies den Kampf revolutionieren. Vielleicht Zukunftsgeschwafel, vielleicht aber auch bald so echt wie Facebook. Und dann wird es wieder kaum einen jucken und zum kritischen Denken anregen, wenn die Alten mahnen und warnen. Manch einer behauptet, dass das auch gut so ist.
immerhin scheint der GI die anzugsordnung zu respektieren. nicht auszudenken was sonst hier los wäre.
@Cynic2:
Der GI spricht vor allem auch von, salop gesagt ‚weg vom Blechdeppen – hin zum Menschen‘ … ungeschickt in diesem Kontext ist lediglich, dass die Kommandos regelmäßig das Gegenteil vorführen. Der Führungsprozess besteht heute nicht mehr aus Lagefeststellung, Planung, Befehlsgebung und Kontrolle, sondern oft genug aus
(1) Emaileingang prüfen
(2) entfällt
(3) ALLCON Weiterleitung @all
(4) Empfangsbestätigung ausdrucken und abheften…
Gut, das ist der Extremfall – kommt aber dafür entscheiden zu häufig vor ;)
(Ich mag zwar nicht den passenden Nick haben… am passenden Zynismus soll es aber nicht scheitern :) )
@markus, d.Ä.:
Immer wieder lustig wie man darauf zurück kommt – und doch in gleichem Kontext absoluter Ernst.
Führen.Durch.Vorbild.
Oder mal andersherum: wir akzeptieren die Vorbilder kommentarlos und stellen dafür das Gejammer über den stilistischen,soldatischen und sittlichen Verfall ein…
Zitat von Cynic 2 13:28 Uhr
„4. Und um auf einen letzten Punkt einzugehen, den der GI ansprach, die persönliche Erlebbarkeit und die eigene Cyberstube. Führen soll in der Regel ein persönlicher und unmittelbarer Vorgang sein. Hektischer Tagesdienst und hohe administrative Belastung führen aber bereits dazu, dass Vorgesetzte kaum noch persönlich erlebbar sind und maßgeblich elektronisch führen, weil ihr dienstlicher LoNo Eingang es nicht mehr anders zulässt. Wo der junge Soldat im Dienst also nur noch eingeschränkt Führung durch seinen Kompaniechef oder sogar TE-Führer erlebt, ist er nach Dienst kaum noch in einer Gemeinschaft eingebunden, da die Mehrheit der über 25-jährigen zu Hause ist und der Rest allein auf seinen Stuben vor dem Laptop sitzt. Und dann wird beklagt, dass in der vernetzten Welt, die Menschen zusammenführt, die Kameradschaft in der militärischen Gemeinschaft leidet.“
Ich denke dieser Punkt trifft das Grundproblem, nicht ob ein Befehl über LoNo, Papier oder über Facebook (was richtigerweise verboten ist) verteilt wird.
Führung hat immer eine persönliche Dimension. Es ist wie ein Lehrer-Schüler Verhältnis Der Schüler (im Kindesalter) lernt für seinen Lehrer. Um von ihm Anerkennung, Achtung und Lob zu bekommen. Der Untergebene folgt einem Befehl zu 50 % immer aus Respekt vor dem Vorgesetzten. Dieser Respekt wird aber nicht durch LoNo Mitteilungen erarbeitet. Es ist wie überall im Leben. Respektierte Vorgesetzte kennen ihre Leute sehr gut, auch ihrer persönliche Lebenssituation. Ein hilfreiches, aufmunterndes Wort bei der täglichen, persönlichen Dienstaufsicht (wieder so ein Reizwort) vor Ort am Arbeitsplatz des Untergebenen wirkt besser als ein 10 seitiger anoymer Führungsbefehl. Die guten Vorgesetzten weichen bei so einer persönlichen Dienstaufsicht auch keiner Frage der Mitarbeiter aus und ja, die Büroarbeit kommt für den Chef ab 15:00 Uhr wenn das Tagesgeschäft gelaufen ist und Chef und Spies allmählich alleine in der Kompanie sind.
@Georg:
„Die guten Vorgesetzten weichen bei so einer persönlichen Dienstaufsicht auch keiner Frage der Mitarbeiter aus und ja, die Büroarbeit kommt für den Chef ab 15:00 Uhr wenn das Tagesgeschäft gelaufen ist und Chef und Spies allmählich alleine in der Kompanie sind.“
Amen! (aber da Chefverwendungen ja unbequem sind und nicht mehr Pflichttor… wer soll es denn noch machen ;) ? )
„Wo der junge Soldat im Dienst also nur noch eingeschränkt Führung durch seinen Kompaniechef oder sogar TE-Führer erlebt, ist er nach Dienst kaum noch in einer Gemeinschaft eingebunden, da die Mehrheit der über 25-jährigen zu Hause ist und der Rest allein auf seinen Stuben vor dem Laptop sitzt.“
– kaum noch vorhandene Betreuungseinrichtungen in den Kasernen
– viele über 25jährige würdenja durchaus noch in der Kaserne wohnen, aber in welchen Unterkünften?
– gemeinsame Freizeitgestaltung setzt oftmals auch entsprechende Angebote voraus… bei vielen Einödstandorten eher wenig ausgeprägt
So böse das klingt – die aktuelle Massenpendelei hätte ja sogar deutliches Potenzial hier wieder einen Gegentrend zu etablieren, weil die vielen Pendler es Mo-Do ja nicht unbedingt eilig hätten aus der Kaserne zu kommen – aber da waren sie wieder die beiden Probleme: Unterkunft und Betreuung.
Die Punkte sind bekannt und gemessen an den ergriffenen Maßnahmen so durch die Führung, wenn vielleicht auch nicht ausdrücklich gewollt, doch so akzeptiert.