Opposition zum EuroHawk-Ausschuss: „So ein Minister kann nicht im Amt bleiben“

Als Konsequenz aus den Erkenntnissen den EuroHawk-Untersuchungsausschusses haben die Oppositionsparteien, vor allem die SPD, Verteidigungsminister Thomas de Maizière erneut den Rücktritt nahegelegt. So ein Minister kann nicht im Amt bleiben, sagte der SPD-Obmann Rainer Arnold am (heutigen) Montag bei der Vorstellung der Ausschuss-Bewertung von SPD und Grünen in Berlin. Arnold erinnerte an den (SPD-)Minister Georg Leber und den (CDU-)Minister Gerhard Stoltenberg, die Verantwortung für Vorgänge in ihrem Ressort übernommen hätten und zurückgetreten seien, obwohl sie persönlich nichts dafür konnten. Außerhalb des Wahlkampfs wäre so ein Minister nicht gehalten worden, sagte der SPD-Politiker. Der Grünen-Obman Omid Nouripour verwies ebenfalls auf die bevorstehende Bundestagswahl: Die Bundeskanzlerin lässt den Mann nicht fallen, egal was er tut.
Arnold warf der Spitze des Wehrressorts unter de Maizière vor allem vor, ohne Sinn und ohne Verstand das Projekt EuroHawk auch dann noch fortgeführt zu haben, als schon klar war, dass es nach einem schon vielversprechenden Start aus dem Ruder gelaufen sei. Auch 2011, als die Informationen über die Kostenexplosionen die Ministeriumsleitung schon erreicht hätten, sei dieses tote Pferd weiter geritten worden. Der SPD-Politiker wandte sich zugleich gegen die Einschätzung, bei Amtsantritt de Maizières im März 2011 sei ein Großteil des Geldes für die Riesendrohne und ihr Aufklärungssystem schon ausgegeben gewesen: Tatsächlich sei zu dem Zeitpunkt höchstens die Hälfte der veranschlagten Summe tatsächlich abgeflossen.
Nouripour regte für die nächste Legislaturperiode an, einen Unterausschuss des Verteidigungsausschusses einzurichten, der sich ständig mit aktuellen Rüstungs- und Beschaffungsprojekten befassen sollte: Das Ministerium muss verpflichtet werden, … kontinuierlich zu den relevanten Rüstungsprojekten auch zu berichten. In der internen Kommunikation, kritisierte Arnold, unterscheide sich de Maizière von seinen Vorgängern: Die hätten bei kritischen Vorgängen auch mal direkt beim Staatssekretär oder beim Generalinspekteur nach dem Stand gefragt. Dieses Versäumnis sei keine Struktur des Hauses, sondern eine Struktur des Ministers.
Der EuroHawk-Untersuchungsausschuss wollte am Mittag über die von allen Fraktionen getragenen Feststellungen aus den Beratungen, dem Aktenstudium und den Zeugenanhörungen beraten. Allerdings wird es wohl nur einen vorläufigen Bericht geben, noch keinen Abschlussbericht: nach Angaben der Opposition wurden in den vergangenen Tagen immer noch Akten aus dem Verteidigungsministerium nachgereicht; die Arbeit sei noch nicht abgeschlossen.
Die Bewertung von SPD und Grünen sowie der Linkspartei ist hier zu finden, die von CDU/CSU und FDP hier.
Ob sich H. Nouripour der verfassungsrechtlich problematischen Bedeutung seiner Forderung bewusst ist? Stichwort Gewaltenteilung.
jupiter | 26. August 2013 – 12:56
Wo bitte soll denn da ein „verfassungsrechtliches“ Problem sein?
@jupiter
verstehe ich irgendwie nicht, bitte kurz erläuteren
Vermischung der Exekutive und Legislative – wobei ich hier weniger das Problem sehe. Das Problem dürfte ehr das mangelnde Fachwissen des Verteidigungsausschusses sein.
Danke ja, Bang50
Empfehle Blick ins einschlägige Wiki, dort auch ein guter Link (Weblinks Seminararbeit) zur Situation in Deutschland bei Kontrolle der Exekutive durch die Legislative – besonders die präventiven Möglichkeiten. Mancher Fachmann hatte schon bei den 25 Mio-Vorlagen an den HHA Probleme (z.B. Vorlage der kompletten Industrieverträge); wenn das jetzt sozusagen „Mitwirkung des Parlaments an der laufenden Verwaltungsarbeit“ wird …
Wird ja auch umgekehrt schon eher ein Schuh draus:
Wäre nicht Wahlkampf, würde sich die Opposition nicht annähernd so aufregen. Wahlkampftaktisch wäre es für die Merkel sogar klug, d.M., und mit ihm den bisher einzigen Aufhänger für medienwirksames Oppositionsgezeter, vom Feld zu nehmen.
Nur für das Ministerium wäre ein Interimsminister ohne Hausmacht schädlich.
Mag sein, dass sich die Opposition außerhalb des Wahlkampfs nicht so aufregen würde. Aber sie regt sich zurecht auf. Auch wenn mir unklar bleibt, ob die Rücktrittsforderungen besonders sinnvoll sind.
Ansonsten sind dem Verteidigungsausschuss verfassungsrechtlich – mehr als anderen parlamentarischen Ausschüssen – besondere Rechte gegeben. Ist ja schließlich eine „Parlamentsarmee“, unsere Bundeswehr. Da darf die Kontrolle schon etwas intensiver ausfallen. Erst recht, wenn die Regierung offensichtlich ihrer Informationspflicht gegenüber dem Parlament nicht so nachkommt, wie es sein sollte.
Ob Herr de Maiziére nach den Wahlen noch Verteidigungsminister ist, darf bezweifelt werden. Für diese Prognose braucht man noch nicht mal eine Meinung dazu zu haben, ob er jetzt große Fehler gemacht hat oder nicht.
Herr Nouripour (und alle anderen Parlamentarier) können ja fragen.
Nur dafür sollten sie wissen, welche Fragen sie stellen müssen oder zumindest jemanden kennen, der das weiß…
Ob diese Form der Kontrolle zum Mitregieren seitens des Parlaments führt, hängt zu wesentlichen Teilen auch davon ab, ob die Regierung das zulässt.
Würde mich auch überraschen, wenn d.M. noch eine Amtszeit kriegen würde. Bis zur nächsten Regierungsbildung wird einfach eine Schießscheibe gebraucht. Das ist jetzt seine Rolle.
Von dieser „Dauerorgie Unterrichtung und Kontrolle“ leben dann zukünftig ganze Heerscharen von schon oder noch nicht ordentlich mit Dienstposten versehene Durchstecher für die Parteien.
Dass das nichts bringt, weiß man spätestens seit BM Apel’s verloren gegangenem grünen Strich auf einer Tornadovorlage. Seither gibt es die 50 Mio Vorlagen. Und?
Das ganze Gewese um den Euro-Hawk zeigt doch bloß, wie unfähig die deutsche Verwaltung auf allen Ebenen mittlerweile geworden ist, die notwendigen Voraussetzungen für die Betriebsgenehmigung zu schaffen: Kernproblem ist, daß es nicht genügend Flugstunden gibt, um nachzuweisen, daß es nicht alle Nase lang vom Himmel fällt. Sobald die Drohne weit oberhalb des kommerziellen Flugverkehrs kreist, braucht es keine Kollisionswarnung und das ganze Pi-Pa-Po.
Kritisch ist also nur die Phase „Start“ bzw. „Landung“, also die Durchquerung der für den allgemeinen Flugverkehr vorgesehenen Bereiche. Und offenbar findet sich entlang der ganzen Ost- und Norseeküste kein einziges Flugfeld, von dem man aus über See diese Starts und Landungen vornehmen könnte? Das ist doch völlig albern!
Wahrscheinlich könnte man die Tests auch bei Verbündeten durchführen (Kanada? Nordnorwegen? Australien?), wenn man sich mal ernsthaft darum bemühen würde. Das kostet natürlich, und genau darum geht’s ja offenbar. Daß wir das hierzulande nicht hinbekommen, sagt mehr über den Willen der Verwaltung auf allen Ebenen aus als über das Krisen-Kommunikationsmanagement des Ministers.
Darf man den Dlf hier zitieren?
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kommentar/2229731/
Wenn nicht bitte löschen, aber der Beitrag fasst das Thema besser zusammen als alles was man sonst so in den Medien vorgesetzt bekommt.
Zeigt, dass es doch auch Journalisten (abseits TW, natürlich) gibt, die das Thema erfassen.
@rick
Zitieren ohnehin; das Problem ist verlinken – aber DRadio ist ja kein Verlag.
Und ausnahmsweise verlinke ich (wieder mal) eine Verlagswebseite, weil es mein Text ist: Der Drohnen-Ausschuss hat eine Chance vertan
@N.H.
„Das ganze Gewese um den Euro-Hawk zeigt doch bloß, wie unfähig die deutsche Verwaltung auf allen Ebenen mittlerweile geworden ist, die notwendigen Voraussetzungen für die Betriebsgenehmigung zu schaffen“
Hatten sie die letzten tausend Kommentare zum Thema nicht gelesen?
Der EH hat eine Gehnemigung!
Es geht um die Musterzulassung und den Betrieb der Serien-RPAs diese erfolgt nach EU oder internationalem Luftrecht und da haben die BRD Behörden keinen Ermessensspielraum.
„Kritisch ist also nur die Phase “Start” bzw. “Landung”, also die Durchquerung der für den allgemeinen Flugverkehr vorgesehenen Bereiche.“
Kritisch ist es wenn es kritisch wird, also im Notfall und der kann immer passieren.
„Und offenbar findet sich entlang der ganzen Ost- und Norseeküste kein einziges Flugfeld, von dem man aus über See diese Starts und Landungen vornehmen könnte? Das ist doch völlig albern!“
Natürlich findet sich das, denn er fliegt doch.
„Wahrscheinlich könnte man die Tests auch bei Verbündeten durchführen (Kanada? Nordnorwegen? Australien?)“
Ja, die freuen sich ein BRD SIGINT RPA über ihrem Land zu haben.
Aber das wurde alles schon bei T.W. geschrieben
@T.W. TdM hatte ja in der BPK groß einen Bericht einer Task Force beauftragt, gibt es da schon eine Pressemitteilung des BMVg, die evtl. nur übersehen habe? Oder gehörte das in die Rubrik „Heiße Luft“?
@Verteidigungsbeamter
Verstehe jetzt nicht so recht, was Sie meinen. Es gab einen Bericht einer Ad-hoc-Arbeitsgruppe, schon vor Monaten. Oder was ist jetzt konkret angesprochen?
@T.Wiegold:
Nach Bericht der ad-hoc AG wurde die BMVg-interne Revision beauftragt mit einer TF die Abläufe im Bereich AIN auf Optimierungsbedarf zu untersuchen.
War wohl als Entlastungsangriff gedacht, um öffentlich Aktionen nachzuweisen. Ergebnis kenne ich nicht.
@T.W. genau die von Memoria genannte TF meinte ich.
TdM hat ja in der BPK groß angekündigt das eine Task Force ihm einen Bericht mit Verbesserungsvorschlägen vorlegt. Bei soviel Öffentlichkeit erweckt man halt auch Erwartungshaltungen bzgl des Ergenisses, falls es denn eins gibt.
Ich habe jedenfalls in den Presseverlautbarungen des BMVg hierzu nichts mehr gefunden.
Die Japaner wollen 3 Global Hawks kaufen: http://english.cntv.cn/program/newsupdate/20130819/103228.shtml
http://the-japan-news.com/news/article/0000487880
Sueddeutsche.de – „USA bieten Deutschland „Sensenmann“ an“
Auf einer Anfrage der Linken hat das BMVg bestätigt, dass die USA eine Exportgenehmigung für unbewaffnete Reaper im Juni 2013 erteilt hätten. Um die Reaper nachträglich zu bewaffnen, müssten die USA noch eine Exportgenehmigung für die Waffenanlage gewähren. Es wurden wohl 3 Drohnen plus ein Reaper für die Systemintegration angefragt. Der Reaper für die Systemintegration deutet daraufhin, dass man im Reaper DE Sensoren integriert haben will. Als Konkurrenz wurde nur noch der Heron TP genannt. Der TP wohl sehr viel teurer als der Reaper. Sieht nicht gut aus, für die Israelis.
@Ben
Dass die USA bereit sind, den Deutschen – unbewaffnete – Reaper/Predator B zu liefern, hat de Maizière in einem Interview bei diesem Augen geradeaus! vor zwei Wochen gesagt…