Geschlechtergerechtigkeit: In Norwegen jetzt Wehrpflicht für Männer und Frauen
Norwegen hat seinen Plan wahr gemacht und führt als erstes NATO-Land eine Wehrpflicht sowohl für Frauen als auch für Männer ein. Das Parlament in Oslo billigte am (heutigen) Freitag eine entsprechende Regelung, wie Reuters berichtet:
Norway’s parliament voted overwhelmingly on Friday to conscript women into its armed forces, becoming the first European and first NATO country to make military service compulsory for both genders.
„Rights and duties should be the same for all,“ said Labor lawmaker Laila Gustavsen, a supporter of the bill. „The armed forces need access to the best resources, regardless of gender, and right now mostly men are recruited.“
Die Neuregelung hatte sich bereits im April abgezeichnet, nachdem die Ausweitung der bislang nur für Männer vorgesehenen Wehrpflicht auf Frauen weitgehender Konsens unter den Parteien war.
Derzeit können Frauen freiwillig Dienst in den norwegischen Streitkräften leisten, ihr Anteil an der Truppe liegt bei etwa zehn Prozent. Ob er deutlich ansteigen wird, ist noch fraglich: Das skandinavische Land hat de facto eine Auswahl-Wehrpflicht und zieht im Wesentlichen die Männer (und künftig Frauen) ein, die auch Dienst an der Waffe leisten wollen.
(Foto: Norwegischer Marineoffizier, weiblich, an Bord der Fregatte Fridtjof Nansen – Foto Norwegische Streitkräfte)
Sehr gute Idee! Das sollten wir in Deutschland auch so machen…
Beeindruckend!
Da wir in Deutschland auch schon während der rein männlichen Wehrpflicht, wie in Norwegen, seit den 1990ern faktisch eine Auswahlwehrpflicht hatten – so einfach war es z.B. für mich, der Wehrpflicht zu entgehen: http://andreasmoser.wordpress.com/2010/12/22/das-war-die-wehrpflicht/ – würde sich durch die Reaktivierung der Wehrpflicht unter Ausweitung auf Frauen in der Praxis wohl nicht viel ändern.
@Andreas: nicht wenn alle Menschen, die nicht bei den Streikräften dienen wollten oder mangels Stelle könnten, dann eben Zivildienst, Feuerwehr, Polizei, THW usw. machen müssten. Würde dann auch noch nach zivilen Maßstäben gemustert, könnten auch die ganzen Spitzensportler und Frühgeschädigten ihrem Land mal was zurückgeben. Da würde dann ein Ruck durch die Republik gehen…
Ich fände das prima!
Her mit der Wehrpflicht für alle!
Ein gutes Modell. Auch für Deutschland. Wirkliche Gleichberechtigung. Die Frauenrechtler werden aber nicht begeistert sein, denn denen geht es ja nicht wirklich um Gleichberechtigung. Da in Deutschland die Wehrpflicht nicht abgeschafft, sondern nur ausgesetzt ist, sollte man dieses Modell übernehmen. Dann würden sich die Frauen bei einer Aktivierung der Wehrpflicht nicht mehr so schrecklich diskriminiert fühlen müssen. Zudem könnte man die Lücke der männlichen Wehrdienstverweigerer ausfüllen. Viele Frauen sind „männlicher“, als Männer. ;-)
Artikel lesen, hinnehmen und für DEU vergessen. Das können sich die ganzen Traumtänzer auf die Weihnachtswunschliste schreiben, mehr passiert da aber nicht. Verschwendete Zeit, allein drüber nachzudenken.
@diba:
Stimmt… und da sich sowieso NIE etwas ändern wird, kann TW den Blog auch schließen, denn warum sollten wir uns Gedanken über Punkte machen, die wir eh nicht beeinflussen können?
Sehr löblicher Schritt der Norwegischen Kollegen!
Schade, dass bei uns in Deutschland genau der gegenteilige Weg durch die Abschaffung der Wehrpflicht beschritten wird!
Zugegeben: Bei aller Hochachtung die ich für alle Soldatinnen und Soldaten habe, dass sie Deutschland dienen, bin ich der Meinung, dass für eine Gesellschaft unserer Altersstruktur und gerade in Hinblick auf unser Gesundheitssystem Zivildienstleistende genau so wertvoll für unsere Gesellschaft sind.
Nichts desto trotz wäre hierzu eine allgemeine, geschlechterunspezifische Wehrpflicht eine gerechte und funktionierende Voraussetzung.
Heer, LW und Marine hätten endlich wieder ausreichende Rekrutenjahrgänge und Krankenhäuser, Kindergärten und vor allem Altenheime endlich wieder genügend Personal um auch Arbeiten zu erledigen, für die lediglich eine niedrige Qualifikation notwendig ist. Die paar BuFDis sind ja momentan nur ein kleiner Tropfen in die heiße Lavagrube…
Und nicht zuletzt stünden in Katastrophenfällen wie den jüngsten Überschwemmungen wieder ausreichend Reservisten zur Verfügung um großflächig eingesetzt zu werden.
Zuerst müsste in Deutschland ein breiter gesellschaftlicher Konsens angestoßen werden.
Die Aussetzung der Wehrpflicht war die Entscheidung eines Einzelnen profilsüchtigen – sorry – Schaumschlägers.
Der Dienst an der Gesellschaft, in welcher Form auch immer, ist bei uns leider nicht opportun.
Warum schaffen wir es nicht unsere Jugend aus ihrem
Eigenbrötlerdasein heraus zu reißen und das „Wir“ zu aktivieren?
Oder ist es politisch nicht gewollt?
Die Bilder der helfenden Jugendlichen bei der aktuellen Hochwasserkatastrophe
lassen ein wenig Hoffnung schimmern, hier sollten wir ansetzen.
Ein Pflichtjahr für alle, in welchem Bereich auch immer!
Eine Wehrpflicht lässt sich in einem entwicklten Industriestaat nur dann rechtfertigen, wenn eine reale äußere Bedrohung besteht. Die Norweger leben in der Angst vor Russland und haben eine kleine Armee die im Ernstfall den Russen quantitativ nichts entgegen setzen könnte.
Für Deutschland welches keinen unmittelbaren äußeren Feind mehr hat, wäre die Zwangsrekrutierung für den Wehr,- oder Zivildienst an sich eine Frechheit. Man zwingt junge Menschen dazu, eine Zeit lang auf die eigene Kapitalbildung zu verzichten und dafür die Arbeitskraft entweder der Armee zur Verfügung zu stellen oder im Sozialbereich als moderner „Sklave“ zu einem Lohn zu arbeiten, der jeden marktlichen Arbeitnehmer unterbietet.
Das bedeutet, dass die Kosten für das Öffentliche Gut Verteidigung auf die Wehrpflichtigen überwälzt werden. Im Sozialbereich schöpfen die Nachfrager nach Zivildienstleistungen sich ihre Konsumentenrente ab, da sie nicht bis zum Gleichgewichtspreis für Arbeit gehen müssen. Dem Wehrpflichtigen/Zivildienstleistenden entsteht der Schaden – die Gesellschaft freut sich, da sie auf Kosten weniger ihren Nutzen erhöhen konnte.
@Ares: „… und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Frauen tragen bereits die Risiken von (evt, ungewollter) Schwangerschaft und Geburt (und man sollte nicht vergessen, dass diese gesundheitlichen Risiken nur auf Grund der ausgezeichneten medizinischen Versorgung in der 1.Welt gering oder behandelbar sind, aber sie sind dennoch vorhanden). Also überlassen wir den Männern die Risiken, die mit dem Dienst in einer Armee verbunden sind.
@autostaedterin: Entschuldigung, aber das ist ausgemachter Unsinn. Wenn es für Frauen eine Gebärpflicht gäbe, würde Ihr Argument fast Sinn (oder eine verwandte Unterform des Wortes) ergeben.
Ihre Risiken-Argumentation ist noch hanebüchener.
@Autostädterin:
Soll Ihre Argumentation bedeuten, dass die naturgegebene,
von Ihnen Risiko genannte Möglichkeit Schwanger zu werden
jede weitere gesellschaftliche Verpflichtung ausschließt?
Kopfschütteln!
@Peter Pan @Happy Pepe
Mir ging es nur um die Risikenverteilung, die es aus einfach aus biologischen und anderen Gründen gibt. Und ein militärischer Auslandseinsatz ist z.B. ein erhöhtes Risiko. Wenn es eine Bedrohungslage gäbe (wie z.B. in Israel), würde der Schritt der Norweger Sinn machen, gibt es aber nicht. Und von Zwangsdiensten aller Art haben gerade die Deutschen in ihrer Geschichte genug gehabt. Sie haben zu nichts Positivem geführt, also warum sie wieder einführen?
Vlt könnte ja jemand der des Norwegischen kundig ist, einmal die dortigen Pro und vorallem Contra Positionen ermitteln, die es doch bestimmt auch gibt.
In anderen Medien sind die Artikel bezuüglich des hiesigen Themas erschreckend dünn.
Die Worte Zwangsdienst und Sklave dienen der Totschlagsargumentation.
Der von „autostädterin“ angesprochene Zwangsdienst hatte einen anderen, sehr bedauerlichen und schrecklichen Hintergrund. Diesen mit der Wehrpflicht oder dem Zivildienst zu vergleichen hingt und beleidigt all diejenigen, die unter dem Zwangsdienst zu leiden hatten, verharmlost er doch den Zwangsdienst!
Ich meine ein Pflichtjahr welches alle Sparten einer gesellschaftlichen Unterstützung beinhaltet und das schließt auch die Bundeswehr mit ein wäre ein Beitrag um auch
ein gewisses Pflichtgefühl zu erzeugen. Gibt es so etwas überhaupt noch?
Eine allgemeine DIENSTpflicht würde Deutschland-vor allem aber den teilweise (und NICHT überwiegend) desinteressierten Jugendlichen gut tun.
Wahlmöglichkeit zwischen Armee/THW/FF/Pflegediensten oder sonstiger Einrichtungen, entsprechender Kostenausgleich-die Menschen können an ihren Erfahrungen reifen, und dienen zugleich dem Staat.
Happy Pepe | 15. Juni 2013 – 11:20
Es geht um jede Art von Dienst- oder Arbeitsleistung (sehr gern für’n Appel und n‘ Ei), die zwingend verpflichtend durchgeführt werden muss. Der eine oder andere Terminus ist zugegebenermaßen bereits historisch „vergriffen“, so dass ich das falsche Wort verwendet habe. Es gibt in unserer Gesellschat so viele „Anreize“, die gesetzt werden, um ein bestimmtes Verhalten zu erzeugen (mir fallen jetzt irgendwie nur die Kapitalanleger mit ihren Sonderabschreibungen ein), dass es doch möglich sein sollte, auf diesem indirekten Wege Beiträge zu erzeugen (z.B., erleichterter Zugang zum Studium nach 1 oder 2 dieser „Pflichtjahre“). Andererseits wird sehr viel Wert drauf gelegt, dass gerade junge Leute ihre Ausbildung möglichst schnell abschließen. Verpflichtende Zeiten davor oder dazwischen würden dem entgegenstehen.
Gerade die Flutkatastrophe zeigt, dass trotz ständig beklagtem Individualismus gemeinsam angepackt wird, wenn Not am Mann oder der Frau ist! Was die Wehrpflicht betrifft: siehe Bang50. Nur wieso sollten die Russen Norwegen überfallen, Öl und Gas haben die selber!
Der Begriff „Gerechtigkeit“ bedeutet ursprünglich einmal soviel wie „dem inneren Wesen von etwas angemessen“. Ein gerechter Lohn etwa sollte nicht willkürlich sein, oder dem Wert der geleisteten Arbeit entsprechen.
Wer heute aber von „Geschlechtergerechtigkeit“ spricht, meint in der Regel Privilegien für Frauen oder eventuell noch gleiche Behandlung. Selbst gleiche Behandlung von ungleichen Männern und Frauen wäre aber nicht gerecht im Sinne von angemessen. Wer eine Wehrpflicht für Frauen fordert ignoriert, dass der Großteil der Frauen schon aus biologischen Gründen in ihrer militärischen Verwendungsfähigkeit deutlich eingeschränkter ist als der durchschnittliche Mann.
Anstatt von „Geschlechtergerechtigkeit“ sollte man am norwegischen Beispiel also besser von „wildgewordener Ideologie“ oder „organisiertem Wahnsinn“ sprechen. Wie „huey“ schon sagte, wäre allenfalls eine allgemeine Dienstpflicht vielleicht gerecht, aber eine allgemeine Wehrpflicht unter Einschluß von Frauen ist es nicht. Genausogut könnte man versuchen Männer dazu verpflichten, Schwanger zu werden.
Aber in Deutschland gibt es in Fragen der „Gleichstellung“ keinen politischen Vorschlag, der nicht zu dämlich wäre um nicht auch hier eingeführt zu werden.
@huey
Das Desinteresse ist nicht so groß, wie es scheint, nur: Die jungen Leute wollen sich nicht ausnutzen lassen (und aus demografischen Gründen haben sie dabei Glück) und: Sie wissen oft nicht, für welche Sache es sich lohnt (wo doch die Positionen der Parteien so ähnlich geworden sind).
Das „Werk eines einzelnen Schaumschläger“ trifft es wohl am besten.
Ist aber nicht mehr rückholbar:
1. Gesellschaftliches Desinteresse bzw. Negierung der aktuellen und gegenwärtigen Bedrohungen.
2. Keine verantwortungsfolle Festlegung sicherheitspolit. Interessen inkl. realistischer Folgeeinschätzung für Bw-Planungen.
3. Mangel an bzw. Unwillen zur Führung durch die politische Kaste, bei gleichzeitigem Verlust von seriösen Sicherheitspolitikern.
Hut ab vor Norwegen und zuvor Österreich (dort wurde wenigstens das Volk befragt. Bei uns gab es noch nicht mal parteiinterne Debatten. Die Union wurde durch die bayerische Kopieranstalt geblendet bzw. ließ sich blenden).
Ich sag’s jetzt, und ich sag’s nur einmal: Wenn das jetzt eine Debatte werden sollte nach dem Motto „Frauen sind als Soldaten nicht geeignet“, dann mache ich rüchsichtslos von meinem Hausrecht Gebrauch. Und da bin ich auch nicht diskussionsgeneigt. Isso.
@T. Wiegold
Bei einer derart autoritären Einstellung erübrigt sich Diskussion in der Tat. Warum schalten Sie die Diskusssionsfunktion eigentlich überhaupt frei, wenn Sie nur hören wollen was Ihrer Meinung entspricht? Ein Feed mit automatisch generierter Zustimmung wäre da doch viel praktischer.
@mh75 @T.Wiegold
Ich weiß nicht, wie viele Frauen hier unterwegs sind, aber da ich mich ja schon im Namen oute, also ich kann mit den Aussagen wie von mh75 leben.
Ein Krieg, und nur dafür werden Soldaten ausgebildet, eignet sich überhaupt nicht für eine politisch/dogmatisch geprägte Debatte. Final bleibt immer die Frage, wie gewinne ich oder wie verschaffe ich mir Vorteile um zu gewinnen. Bei einer offenen Diskussion könnte sogar ein Ergebnis herauskommen, welches heißt, nur Frauen sind die bessere Alternative. Jedenfalls finde ich den norwegischen Ansatz spannend. Das gesamte Volk wird in die Pflicht genommen etwas für Frieden und Freiheit zu tun. Insofern erübrigt sich die Diskussionen, dass die einen zu den Fahnen eilen und die anderen Kinder kriegen.
@diba, Ares:
Ja ich bin ein Traumtänzer in dem Sinne, dass ich erst einen Mangel sehe (praktischer Einsatz für die Gesellschaft), mir selber die meines Erachtens beste Lösung ausdenke (alles müssen 1 jahr ran), dann den Wunsch veröffentliche (hier als KOmmentar) ohne mich von vorneherein einer Selbstzensur (lässt sich das der Erfahrung der letzten 50 Jahre nach realisieren, ist es politisch unkorrekt, wird es die totale individuelle Selbstverwirklichung einschränken, usw.) zu unterwerfen.
Denn nur wenn der Gedanke unverstellt in den öffentlichen Raum gelangt, können andere ihn auch unverstellt kommentieren, sich dafür, dagegen oder differnzierter äußern. Wenn ich dann sehe, dass es noch andere gibt, die meiner „Traumtänzermeinung“ sind, kann man sich ja überlegen, wie man das Weihnachtswunschlistenziel auch in unserem festgefahrenen Gemeinswesen von hinten durch die Brust erreichen könnte (Strategie).
Wenn ich über Fernziele nicht nachdenken soll, kann ich nie auch nur in deren Richtung losmarschieren, denn ich soll ja „lesen, hinnehmen, vergessen“…
@Happy Pepe.
Zustimmung – aber die Bereitschaft der freiwilligen Helfer zeigt doch, dass die Hilfsbereitschaft viel größer ist, als man sich sonst immer schlechtredet.
Geimeinsam Anpacken macht Spaß, wenn es um etwas geht, mit dem man sich identifizieren kann und für das sich das Kämpfen lohnt!
Auch hier wieder der gute „Wunsch“ (das Wasser aufzuhalten) so unrealistisch er an manchen Deichabschnitten auch sein mochte, eint die Menschen, setzt ihre besten Tugenden frei und lässt sie Großartiges leisten, so dass mancherorts es eben doch nicht zur Überflutung kam.
Die Frage ist nur, ob immer erst eine Naturkatastrophe eintreten muss, bis wir unseren Gemeinsinn wiederentdecken, für den der Einzelne in seiner Freiheit zurückstecken muss, damit die Gesellschaft krisenfester durch die Zeit kommt?
@Bang50: Diese „Frechheit“ war bis 2010 geltendes Recht in unserem demokratischen Rechtsstaat und ist es im Prinzip immer noch!
Den Zivildienst allesn Ernstes mit Sklavenarbeit zu vergleichen, scheint mir da eher als Frechheit. Ich habe mich die 20 Monate nicht als Sklave gefühlt. Und mein Altenpflegeheim war froh für diese schlechtbezahlte Arbeit überhaupt Personal zu bekommen – von Verdrängungn war da keine Rede. Der Pflegekräftebedarf nimmt ständig zu. Übrigens rollt auf Grund unserer Minimalgeburtenrate von 1,3 (pro Frauenleben gerade eine völlig dezimierte Generation in den Arbeitsmarkt, die sich die Rosinen schon rauszupicken beginnt. Mal sehen wieviele in 5 Jahren noch Soldat, Altenpfleger, Ploizist oder Krankenschwester werden wollen…
Wenn alle „dienen“ müssen, kann die Gesellschaft nicht ihren Nutzen „auf Kosten weniger erhöhen“ – denn alle müssen ja ran! – Das ist ein Widerspruch in sich.
Der derzeitige Zustand entspricht viel mehr dieser Beschreibung:
Da die Risiken (Tod, Verletzung, seelische und Körperliche Spätfolgen) auf die Einsatzberufstätigen (Soldaten, Polizisten, Altenpfleger, …) ausgelagert und mit einem meist recht bescheidenem und befristetem Gehalt abgegolten sind, kann sich der Rest der Gesellschaft angenehmeren, lukrativeren und sichereren Arbeitsverhältnissen zuwenden und eine nette Alterversorgung aufbauen, während z.B. PTBS-Opfer mit ausgelaufenen Zeitverträgen um ihre Existens kämpfen. Und da der Einzelne mit den drängenden Problemen „an der Front“ nicht mehr selbst konfrontiert ist, kann er sich in seinem sozialromatischem Individualwolkenkukuksheim so heimelich einrichten, dass er den Einsatzkräften auch noch die nötigen Werkzeuge und Taktiken im Einsatz und deren Existenzsicherung danach abspricht.
DAS würde ich gesellschaftliche Aufwandsminimierung auf dem Rücken weniger nennen.
@autostädterin, Peter Pan
bei einer Geburtenrate von 1,3 Kindern pro Frauenleben, unserem medizinischen Niveau, der Elternzeit auch für Männer und der Freiheit der Frauen selbst über ihren Kinderwusch zu entscheiden, hat Peter IMHO mehr recht. sorry!
Zwangsdienste, nach Definition der EU-Menschenrechtskonvention Artikel 4 sind weder Wehr, Wehrersatz- noch Katatsrophenschutzdienst. Das ist aber rein formal.
„haben zu nichts Positiven geführt“ – vielleicht vor 1945 aber in der Zeit der Bunderrepublik ? Ich bitte Sie!
Frieden und Sicherheit im Kalten Krieg sind nichts Positives?
Weiträumige Soziale Hilfe in allen Mangelbereichen mit motivierten jungen Männern – alles Mist?
Wie müssen sich diejenigen, die diese Dienste für ihr Land geleistet haben bei einer solchen Pauschalaussage wohl fühlen?
Naja, das Wort „Pflicht“ scheint wohl eher übertrieben. Die bekommen ein Brief mit einer Einladung – mehr nicht.
Die jüngste Flutkatastrophe hat es doch gezeigt.
1. Die Bw ist (war) mit den 19.000 eingesetzten Soldaten bereits am Limit und auf dem Zahnfleisch.
2. Der von den jungen Leuten gezeigte, beispiellose Einsatzwille beweist, dass diese sich sehr wohl für die Gesellschaft einbringen wollen und können.
Mit etwas Distanz betrachtet ergibt sich daraus die Folgerung, dass ein Pflichtjahr in dem es sich der Betroffene aussuchen kann, wo er dieses leistet, sehr wohl eine Überlegung wert wäre.
@ZDL a.D. | 15. Juni 2013 – 12:59
Zugebenermaßen war ich da zu pauschal, aber ich habe den Kalten Krieg vor allem als repressive Zeit erlebt. Und Deutschland bestand aus zwei Staaten, können Sie sich vorstellen, dass im Osten verpflichtende Maßnahmen aller Art negativer wahrgenommen werden? Das Engagement Mancher soll nicht in Abrede gestellt werden, aber klar ist auch, dass viele, wenn nicht die Mehrheit der Betroffenen, den Ersatzdienst nicht angetreten hätten, wenn es den Pflichtdienst nicht gegeben hätte. Sozial und für wenig oder ohne Vergütung kann sich heute jeder engagieren, wenn er nur möchte, auch ohne Verpflichtung (BUFDis), auf dass es von einem zukünftigen Arbeitgeber positiv gewertet wird.
@T.W.
nur MH75 meint, dass Frauen ungeeignet seien. Sonst glaub ich keiner.
Frauen können auf Befehl bestimmt schießen – Männer aber nicht gebären. Ergo:
Gebärdienst ist gottgegeben Frauensache, Wehrdienst können beide.
Kinderbetreuungsdienst übrigens auch.
@Huey, Happy Pepe
Schön, dass es noch mehr Traumtänzer gibt. Die Diskussion zum selben Anlass kommt jetzt schon das zweite Mal auf. Das zeigt doch, dass das Thema Allgemeine Dienstpflicht wohl doch mehreren unter den Nägeln brennt. Wenn in ein paar Jahren der demografische Wandel sich dann zu echten „Katastrophe “ entwickelt und die „systemrelevanten“ Mangelberufe ausbluten, werden bestimmt einige Denkverbote weggespült – wie von einer Flut…
Das ist aber eine andere Diskussion, die mit der allgmeinen Dienstpflicht …, NOR führt eine WEHRPFLICHT ein.
Und was waren / sind viele Soldaten doch froh gewesen, dass die Wehrpflicht weggefallen ist und die dazu nötigen Ressourcen anderweitig (zumindest theoretisch) genutzt werden können.
Wehrpflicht diente NICHT dazu Nachwuchs sicherzustellen, wenn wir das nicht so hinbekommen sind wir entweder nicht attraktiv, haben eine schlechte Lobby oder sonstwas. Und was wollen wir denn bei 180.000, Tendenz fallend mit einer Wehrplicht für Männer und Frauen? Da bleib ich bei meiner Meinung, sinnlos Zeit verschwendet, wenn es nur um Wehrpflicht geht. Der Zug ist abgefahren! Selbiges gilt für die, die meinen, Frauen gehören nicht in die Armee. Wir haben diese und müssen und können damit umgehen.
@Autostaedterin
„dass viele, wenn nicht die Mehrheit der Betroffenen, den Ersatzdienst nicht angetreten hätten, wenn es den Pflichtdienst nicht gegeben hätte“
Stimmt! Ich auch nicht! – Aber da mann musste und zu meiner Zeit de facto wählen konnte, bin ich eben angetreten und später zu der Einsicht gelangt, dass ich meinem Land etwas schuldig bin, wenn ich von ihm z.B. durch mein Schulbildung schon sehr profitiert habe. Mit dem Alter wird man klüger ..manchmal ;-)
Appropos Schulpflicht. Die meisten Schüler gehen da auch nicht freiwillig hin und wenn es sie nicht gäbe, würden viele wegbleiben. Aber die Gesellschaft hat erkannt, dass es für alle besser ist, wenn die Jungen gut ausgebildet sind; auch wenn das für die Schüler selber mit Zwang und Mühen verbunden ist.
Und vielen Schülern macht es dann trotzdem Spaß und ganz viele kommen viel später dann zu dem Schluss, dass es gut war, damals von Eltern und Lehrern in die Pflicht genommen zu werden.
Pflichten sind kein Selbstzweck, die werden aus einer gesellschaftlichen Notwendigkeit geboren und tragen dazu bei, unser Gemeinwesen lebensfähig zu halten. Keiner zahlt gerne steuern, aber die meisten sehen ein, dass ohne sie kein Staat zu machen ist. (Einsicht in das größere Ganze)
“ Sozial und für wenig oder ohne Vergütung kann sich heute jeder engagieren“
…wenn er dumm oder idealistisch genug dazu ist, könnte man jetzt zynisch ergänzen, denn die soziale Absicherung ist gegenüber dem alten Wehr/Zivildienst ein Witz!
Und wozu führt das? Die Willigen machen die Drecksarbeit – und die Unwilligen Karriere! ….
Mit einer Dienstpflicht kann so eine Ungerechtigkeit vermieden werden, weil jeder ran muss, nach seinen Möglichkeiten und Interessen aber für die anderen.
@Happy Pepe
Sie bedienen sich des Totschlagargumentes, in dem Sie versuchen eine historische Korrelation zu erzeugen um somit die Aussage zu diskreditieren. Als Argument fällt Ihnen dazu jedoch nichts ein, als die Verwendung eines Wortes als unzulässig zu erklären, da es die Zwangsarbeiter im 2WK „entwürdigt“. Eigentlich kann man an diesem Punkt die Diskussion schon als beendet betrachten.
Tatsächlich fällt der Wehr- oder Ersatzdienst unter den Ausnahmetatbestand in Art. 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention, wo das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit geregelt wird.
Artikel 4
Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt
a) eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen des Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist;
b) eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;
c) eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
d) eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.
Rechtlich muss also eine Ausnahme hinzugefügt werden, damit der Wehr- oder Ersatzdienst nicht unter Zwangsarbeit und Sklavenarbeiter fällt. Ökonomisch bleibt der funktionale Zusammenhang jedoch bestehen. So ist die Arbeit zu einem wesentlich geringeren Lohn als er durch die freie Preisbildung entstehen würde, eine Rente welche der Arbeitgeber abschöpft. Von einer ähnlichen Rente sind amerikanische Plantagenbesitzer reich geworden. Da es sich in unserer Situation um den sozialen Sektor handelt, der primär seine Kosten decken möchte, kann die Rente dazu verwendet werden das Angebot für die Nutznießer des Sozialsystems unnatürlich günstig zu gestalten. Der „Zivi“ bezahlt somit das günstige Angebot. Warum soll ein junger Mensch der noch keinerlei Kapital erwirtschaftet hat, den primär älteren Menschen, die viel Zeit hatten um sich Kapital zu erwirtschaften, zu einem vergünstigten Sozialangebot verhelfen?
Bei der Verteidigung handelt es sich um ein Öffentliches Gut, dieses ist definiert als „keine Rivalität in der Nutzung“ und „kein Ausschluss möglich“ wodurch sich niemand veranlasst sieht dieses Gut selbst bereit zu stellen und einen Preis dafür zu verlangen. Das Gut wird also vom Staat bereitgestellt, da es keinen Markt für dieses Gut gibt. Das führt zu dem Problem, welches wir hier in diesem Blog ständig diskutieren. Nämlich – wie viel darf uns dieses Gut kosten? Die ideale Lösung wäre eine Nutzenkurve „Verteidigung“ von jedem Staatsbürger. Da wir den Nutzen aber kaum messen können, müssen wir schlicht einen Preis festlegen wie wir es jedes Jahr im Einzelplan 14 machen. Wir bezahlen dieses Gut also kollektiv mit unseren Steuern. Mit der Wehrpflicht greifen wir in die individuelle Freiheit weniger Bürger ein, um ihre Produktivität in den Dienst des kollektiven Gutes zu stellen. Davon profitieren nur diejenigen, welche das Gut zwar bezahlen aber selbst nicht dafür herangezogen werden. Sie erhalten einen höheren Nutzen ohne dafür zusätzlich bezahlen zu müssen. Den Schaden haben die Wehrpflichtigen, welche diese Nutzendifferenz für diese Gruppe „bezahlt“. Mit welcher Begründung selektiert man wenige um vielen einen Vorteil zu verschaffen?
Das Schreien nach Wehrpflicht und Zivildienst als „Dienst an der Gesellschaft“ ist also nichts weiter als die Tyrannei der Mehrheit, die sich auf Kosten von Wenigen einen Vorteil verschaffen wollen – nämlich nicht mehr für Sozialleistungen zu bezahlen oder eine höhere Sicherheit in Krisenzeiten zu erhalten.
Mich macht es regelrecht wütend, mit welcher Selbstverständlichkeit manche über die „Jugend“ verfügen wollen. Diese Leute sollen sich bitte mal eines vor Augen halten. Durch den demographischen Wandel sind wir gezwungen das Maximum an Produktivität aus jedem Erwerbsfähigen heraus zu holen. Wenn wir einen begabte(n) Frau/Mann ein Jahr im Matsch rumspringen lassen (12.036 Euro) und diese Person im letzten Jahr vor der Rente inflationsbereinigt 80.000 Euro im Jahr verdient, haben wir einen Wohlstandsverlust von -67.974 Euro fabriziert. Hier geht es also nicht um Minibeträge welche man mal eben für den „Dienst an der Gesellschaft“ verliert, sondern es ist ein handfester Wohlstandsverlust der sich jedes Jahr ereignet (für das Individuum und das Kollektiv). Ein solch massiver Eingriff in die individuelle Freiheit ist nur gerechtfertigt, wenn eine unmittelbare Bedrohung für die Gesellschaft besteht. In Friedenszeiten generiert man nur Ungerechtigkeit und Wohlstandsverlust mit einem solchen System.
@ Bang50
Sehr schön ausgeführt, Applaus.
@diba
„Das ist aber eine andere Diskussion, die mit der allgmeinen Dienstpflicht “ – Nicht bei uns in D-Land. Denn wie ich mich ja hier im Blog schon gelernt habe, ist eine allgemeine Dienstpflicht ein Verletzung der Menschenrechte, der EMRK usw. Also unmöglich – als Wehrersatzdienst aber rechtlich völlig einwandfrei. Wer wie ich dafür ist, muss daher für die Wehrpflicht sein.
Dass Sie als Soldat und Ausbilder dass sehr kritsch sehen, kann ich nachvollziehen. Man würde Sie quasi missbrauchen, um einen zivilen Bedarf zu decken und ihnen mit unwilligen Rekruten die Zeit stehlen.
Da liegt das Problem. Wir haben uns so sehr mit Regeln und Konventionen zum Schutz der Einzelrechte gebunden, dass sinnvolle Veränderungen für die Gesamtgesellschaft, wenn überhaupt nur auf Umwegen herbeizuführen sind, so wichtig und drängend sie auch sein mögen. (Beipiel: Klagen gegen Deicherhöhung)
Dabei hat sich in Gegenbewegung zur Doktrin der Nazizeit (du bist nichts – dein Volk ist alles) eine fast diametrale Umorientierung auf die Selbstbestimmungsrechte des Einzelnen entwickelt und ist in unser Rechtssystem übergegangen. Alles prima, so lange keine Bedrohungen auftreten, denen der Einzelne nicht mehr gewachsen ist.
Flut, Terror, Vergreisung, Kinderschwund, bedrohte Seewege…
Und da soll ich hinnehmen und vergessen.?.ist sicher realistisch, aber die Hoffnung will ich mir nicht nehmen lassen.
Eine allgemeine Dienstpflicht für alle Frauen und Männer wäre natürlich noch besser. Aber nicht in dem Sinne, dass die einzelne Person den Dienstort und Bereich (BW, THW, Feuerwehr, Gesundheitswesen …) auswählt, sondern der Staat allein nach gesellschaftlichem Bedarf darüber entscheidet. Wünsche könnten (wenn möglich, aber nicht einklagbar) Berücksichtigung finden. Frauen könnten nach der Geburt von mindestens 2 Kindern (einschließlich deren Betreung) von der allgemeinen Dienstpflicht befreit werden. Wir hätten wieder mehr Kinder und brauchten keine Inder.
Gelebte Gleichberechtigung.
@J.R. fragte mich schon, wo Sie bleiben ;-)
@Bang50, Happy Pepe
Also bei Vergleichen muss man denke ich vorsichtig sein. Aber wenn ich die EMRK richtig verstehe, so ist die Wehr/Wehrersatzdienstpflicht nach Absatz (3) ausdrücklich ausgenommen wie auch der Katastropheneinsatz.
Daher scheint mir ein Vergleich der Sklavenausbeutung der US-Plantagenbesitzern des 19.Jh mit den deutschen Wehr/zivildienstleistenden des späten 20 Jh. ziemlich abwegig, zumal letztere Ihre Bürgerrechte ja behalten haben, während die Sklaven gar keine hatten.
Das einzig Verbindende ist die Pflicht, aber mit Fußeisen, Peitschenhieben und Todesandrohung ist noch kein junger Mann in der BRD zum Dienst gezwungen worden und statt einem ganzen Leben ging es ja auch nur um maximal 24 Monate.
Insofern verstehen ich den Absatz (3) auch nur als Klarstellung, dessen was man keinesfalls unter Zwangs – und Sklavenarbeit versteht.
Wo da jetzt noch eine Ausnahme hinzugefügt werden muss, bleibt mir unverständlich.
Aber der Vergleich hinkt noch an anderer Stelle:
Menschenverachtende Plantagenbesitzer, die Sklavenarbeit zur Maximierung ihres ausschließlich eigenen Gewinnstrebens nutzen werden mit dem deutschen Rechtsstaat und seiner FDGO verglichen, der wie kaum ein anderer für seine Bürger sorgt und eine Gemeinwesen am laufen hält, das seines Gleichen in der Welt sucht. Und dass bei maximalen Freiheiten für den Einzelnen, wie mir Freunde aus anderen Weltregionen immer wieder begeistert bestätigen.
Wenn unser Staat von den billigen Zivis profitiert, dann ist das gut für alle, denn das senkt die Sozialkosten. Wenn diese dann noch Arbeit tun, für die sich sonst zu wenige finden oder die auf Grund zu hoher Kosten gar nicht geleistet würde, ist das keine Marktverzerrung sondern das Abstellen eines Mangels. Bleibt das aus, so werden die Kosten nach hinten verschoben, also ins Greisenalter, wo sich die Betroffenen kaum noch wehren können.
„Davon profitieren nur diejenigen, welche das Gut zwar bezahlen aber selbst nicht dafür herangezogen werden. Sie erhalten einen höheren Nutzen ohne dafür zusätzlich bezahlen zu müssen.“ – Eben, also wäre es doch völlig naheliegend, alle heranzuziehen und das geht bei dem geringen Bedarf an Wehrpflichtigen nur, wenn der Zivile Bereich voll mit einbezogen wird.
„Das Schreien nach Wehrpflicht und Zivildienst als „Dienst an der Gesellschaft“ ist also nichts weiter als die Tyrannei der Mehrheit, die sich auf Kosten von Wenigen einen Vorteil verschaffen wollen“ – Nur wenn, nicht jeder ran muss. Ist das aber gegeben, so gehört die vollständige Mehrheit der Bevölkerung für ein Jahr der dem Gemeinwesen dienenden MInderheit an. Was neben der reinen Arbeitsleistung m. E. auch noch den Sinn für das Gemeinwesen stärken würde.
Übrigens Demokratie ist immer die „Tyrannei“ der Mehrheit, nur wer der angehört ändert sich im Laufe eines Lebens und je nach Streitfrage.
Geschrien hat hier, soweit ich gelesen habe keiner, eine Minderheitsmeinung formuliert dagegen einige. Das ist doch der Sinn von Blogs. Oder?
Da ich keine diktatorischen Kompetenzen habe und keinen Putsch plane, kann ich auch nicht über die Jugend verfügen, sondern nur Meinungen äußern und Argumente abwägen. Wie man 80 T€ also Durchschnittsgehalt vor dem Renteneintritt für jeden Wehrdienstleistenden annehmen kann, wenn das Durchschnittsgehalt in 2010 bei 41T€ brutto lag kann ich kaum nachvollziehen, zumal ja nicht nur die Begabteren eingezogen wurden. Und die Gegenrechnung, was ein Zivi gegenüber einem Altenpfleger im gleich Zeitraum an Kosten einsparte fehlt ja leider.
Aber es stimmt, es geht nicht um Minibeträge, sondern um große und schwerwiegende Frage, wie viel der Einzelne für sein Land tun sollte und ob das ihm wie seinem Land etwas bringen kann. Die Norweger haben das demokratisch mit Ja beantwortet.
@ ZDL a.D. – sein Sie mir nicht böse, aber lesen Sie bitte nochmal genau was ich geschrieben habe. Juristisch bedarf es einer Ausnahmereglung um den Wehr- oder Ersatzdienst nicht als Zwangs,- oder Sklavenarbeit zu werten. Natürlich unterscheidet sich der Sklavenarbeiter auf der Plantage vom Zivildienstleistenden was die Arbeitsbedingungen betrifft. Man kann beide emotional, ethisch, moralisch nicht auf die gleiche Ebene stellen und diese Bewertung möchte ich mir auch schlicht nicht antun.
Jedoch wurde auch in Deutschland bei Totalverweigerern mit Haftstrafe gedroht und wenn ich mich richtig erinnere, wurden diese Strafen auch teilweise vollstreckt – wir haben es also zumindest funktional mit einer Art Zwangsdienst zu tun. Mit geht es jedoch um eine ökonomische Betrachtung und ich möchte mich auch nicht an diesem Begriff aufhängen – ich kann nur leider nichts dafür, dass es sich ökonomische betrachtet um den gleichen Zusammenhang handelt.
Nochmal ganz formal formuliert:
Arbeitsmarkt: Ein privates Krankenhaus (Konsument) fragt eine Arbeitskraft (Anbieter)auf dem Markt nach. Dabei wird das Krankenhaus versucht sein, seinen Nutzen zu maximieren und eine Arbeitskraft zum geringsten Preis zu erwerben. Da der Anbieter mit diesem Preis nicht zufrieden ist, tritt er aus dem Markt aus. Das Krankenhaus kann sein Bedürfnis nicht befriedigen. Will das Krankenhaus trotzdem sein Bedürfnis nach einer Arbeitskraft befriedigen, so muss es einen höheren Preis bezahlen. Nun beginnt das Spiel bei dem sich Anbieter und Nachfrager gegenseitig den Ball zuwerfen bis sie sich im Gleichgewichtspreis treffen (dort wo sich Angebots- und Nachfragekurve schneiden). Anbieter und Nachfrager sind zufrieden, da sie beide ihre Vorstellungen erfüllen konnten. Die gesamte Wohlfahrt wird maximal.
Wer profitiert? Keiner. Das Krankenhaus muss den Preis der Arbeit bezahlen. Der Angestellte erhält den Preis für die Arbeit. Der „Kranke“ muss den Preis für die Dienstleistung bezahlen.
Wer wird benachteiligt? Keiner.
Zivildienst: Ein staatliches Krankenhaus (Konsument) fragt eine Arbeitskraft (Anbieter) nach. Dabei wird dem Krankenhaus ein „Zivi“ zugeteilt, der wesentlich weniger verdient als es eine angestellte Fachkraft tun würde. Das Krankenhaus muss also weniger bezahlen als unter normalen Umständen. Diese Differenz (Rente) kann das Krankenhaus in seinen operativen Betrieb „investieren“ um die Kosten niedrig zu halten. Bezahlen tut diese Rente der „Zivi“, welcher niemals zu diesem Preis arbeiten würde wenn er nicht müsste (von Opportunitätskosten reden wir hier noch nicht). Es kommt zu einer Marktverzerrung in der die Dienstleistung Krankenhaus günstiger angeboten wird als sie eigentlich müsste. Der Preis für die Dienstleistung Krankenhaus kann nicht steigen, da Zivis den Preis drücken und damit steigt auch der Lohn für die hauptberuflichen Fachkräfte nicht. Zivi`s sind somit zumindest zum Teil dafür verantwortlich, dass wir in den Sozialberufen unerhört niedrige Löhne haben, von denen kaum ein Mensch leben kann. Das hat zur Folge, dass einige Fachkräfte gar nicht mehr in den Markt eintreten und lieber in einem anderen Beruf arbeiten. In jedem Fall erreichen wir nicht den Gleichgewichtspreis und können folglich nicht die maximal mögliche Wohlfahrt generieren. Das Ergebnis ist also suboptimal.
Wer profitiert? Derjenige welcher die Dienstleistung in Anspruch nimmt und weniger bezahlt, als er eigentlich müsste.
Wer wird benachteiligt? Der Zivi und Fachangestellte dem der Verdienst entgeht.
Opportunität: Betrachten wir die Opportunitätskosten welche einem Wehrpflichtigen bzw. Zivi dadurch entstehen, dass sie keine Tätigkeit ausüben können die ihren eigenen Nutzen maximieren und somit der Wohlfahrt dienlich sind. An diesem Punkt Verweise ich gerne auf Adam Smith: „Jeder Mensch ist bemüht, sein Kapital so einzusetzen, dass er daraus den größtmöglichen Wert bezieht. Er möchte damit im Allgemeinen nicht dem öffentlichen Interesse dienen und weiß auch nicht, wie sehr er diesem dient. […]Indem der Mensch seinen eigenen Nutzen anstrebt, fördert er häufig den Nutzen der Gesellschaft wirksamer, als hätte er dies beabsichtigt.“ Dieser Erkenntnis ist unheimlich wichtig und begründet auch die Meinungsverschiedenheiten die wir gerade bei diesem Thema haben. Verdeutlichen wir uns unsere Situation nochmal. Wir leben in einer kapitalintensiven Gesellschaft, welche dabei ist durch den demographischen Wandel zu überaltern. Es stellt sich die Frage, wie wir die zukünftigen Rentner versorgen können ohne die Erwerbstätigen zu sehr zu belasten. Wir haben ein staatliches Rentensystem welches primär ein Schneeballsystem ist und von einem quadratischen Zuwachs der Basis lebt, der nun ausbleibt. Zusätzlich haben wir enorme Haftungsrisiken im Zuge der Eurokrise übernommen und unser Wirtschaftssystem funktioniert nicht mehr nach den Ordnungsgrundsätzen wie wir es erwarten. Die Lage ist jedoch nicht hoffnungslos – uns spielt in die Hände, dass wir den Sprung zu einer kapitalintensiven Gesellschaft geschafft haben. Wir produzieren also primär über Produktionsumwege. Dadurch kann eine einzelne Arbeitskraft immer produktiver werden und man benötigt immer weniger Arbeitskräfte, die jedoch immer höher qualifiziert sein müssen. Wir können das Problem also dadurch lösen, dass immer weniger Menschen immer produktiver werden um z.B. Rentner versorgen zu können. Das bedeutet jedoch, dass wir aus jedem Erwerbstätigen das produktive Maximum herausholen müssen. Wie ich in meinem Rechenbeispiel gezeigt habe, ist es ineffizient eine Person für eine Tätigkeit einzuspannen, in der sie ihr produktives Maximum nicht erreichen kann. Wir haben es mit einem handfesten Wohlfahrtsverlust zu tun.
Ein Beispiel zum verdeutlichen:
Vor ein paar Tagen war ich bei einer Führung an einem großen Börsenplatz mit einem anschließenden Vortrag. Für mich war erstaunlich, dass auf dem Parkett vielleicht 10 Leute in ihren Stühlen saßen und den Puls der Finanzwelt auf den Bildschirmen betrachteten. Umsatz an einem Tag zwischen 350 Millionen und 1,2 Milliarden. Im Vortrag wurde erklärt, dass der Börsenbetrieb unter allen Umständen sichergestellt werden muss und es deshalb einen geheimen Ausweichplatz in der Stadt gibt, zu dem die Händler im Falle eines Ausfalls des Systems, Anschlags etc… verbracht werden. Würde der Betrieb nicht sichergestellt, wären die Verluste für die deutsche Volkswirtschaft enorm. Nun stelle ich mir vor, wie wir die Händler auf dem Parkett zum Sandsackfüllen einziehen. Natürlich ist auch diese Aufgabe wichtig. Jedoch – spiegelt diese Tätigkeit die Produktivität dieser Leute wieder? Ich denke es wird schnell klar, dass wir damit kein gutes Geschäft machen würden. Dieses zugegeben drastische Beispiel verdeutlicht jedoch recht gut, dass wir in einer Welt leben, in der manche Menschen so produktiv und wichtig sind, dass wir sie mal nicht eben zur Wehrübung einziehen können ohne Schaden zu nehmen. Fast jeder Erwerbstätige wird später mehr verdienen als ein Wehrpflichtiger und damit erzeugen wir einen größeren Schaden als Nutzen.
Wir werden uns schlicht damit abfinden müssen, dass Katastrophenhilfe und Verteidigung in Zukunft von Profis wahrgenommen wird, die wir als Gesellschaft entsprechend entlohnen müssen. Dabei kann auch die Steuergeldverschwendung des Staates nicht länger akzeptiert werden. In der VWL ist inzwischen klar, dass die Bürger vom Staat für ihre Steuern auch Performance erwarten, da sie den Staat als institutionellen Dienstleister sehen. Gegen diese neue Rolle wehrt sich der Staat bis jetzt noch – der Druck auf den Staat steigt aber an, wie man bei der EuroHawk Diskussion gesehen hat.
gute Idee: Blackwater übernimmt die Verteidigung der Republik und der dänische Falke übernimmt die Katastrophenhilfe…..
@Bang50
Ich finde es erschütternd, wie Sie die Wehrpflicht mit Sklavenarbeit gleichsetzen.
Wehrdienst ist Ehrendienst an Volk und Vaterland. Das hat überhaupt nichts mit Sklavenarbeit zu tun, sondern mit gesellschaftlicher Verpflichtung.
Solche absurde rhetorische Gleichsetzung und Herabwürdigung der Leistung der Jungen Männer (und in Israel und in Norwegen nun ja auch der jungen Frauen) ist man normalerweise nur von den Zersetzern der DFG-VK gewöhnt :(
[kopfschüttel]
@Koffer
Nachbarschaftshilfe in Katastrophen wird wahrscheinlich demnächt als Schwarzarbeit betrachtet werden……..wir sind sowas von GaGa ;-(
Ich hoffe ja nur, dass uns T.W. keinen Platzverweis erteilt..so OT wie wir jetzt schon sind..
@Bang50
..ich habe es den Absatz(3) genau gelesen und wenn sie ihn als Ausnahme von Absatz(1) und (2) betrachten bitte schön – für mich stellt er lediglich eine Klarstellung dar.
Den Vergleich von Sklavenarbeit und Zivildienst stammt von Ihnen, da müssen Sie sich eine Bewertung schon gefallen lassen.
Dass unser Staat das geltende Recht durchsetzt, ist seine Aufgabe, da könnte man ja auch das Steuernzahlen als Zwangsdienst diskreditieren.
Soweit ich das als Nicht-WiWi beurteilen kann, argumetieren Sie hier rein marktwirtschaftlich also Angebot und Nachfrage werden es schon richten. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es da aber auch andere Denkschulen, die staatliche Eingriffe als unbedingt notwendig ansehen. Ich bin kein WiWi, aber wenn der Greis sich eine Vollpflege nicht leisten kann, scheint mir das ein großer Nachteil für ihn zu sein. Da hilft dann der Staat bzw. unser Solidarsystem – gottlob.
Und die Zivis? heute heißen Sie Buftis und arbeiten für die Hälfte des Zivisolds, müssen es nicht und tun es trotzdem, warum ??? Nach ihrer Theorie darf es die nicht geben. Und damals im Zivildienstgesetz war ja geregelt, dass nur Hilfstätigkeiten erledigt werden durften, also nichts wofür man einen Beruf erlernen muss. Abgesehen davon ist der Lohn für Altenpfleger in den letzten Jahren nicht signifikant angestiegen, was ja nach ihrer Theorie wegen der nun höheren Nachfrage hätte passieren müssen. Tatsächlich hat die Fluktuation in diesem Beruf sogar noch zugenommen, auch weil die Entlastungswirkung der Zivis weg ist und die wenigen und zu kurz dienenden Buftis diese Funktion nicht übernehmen können. All das regelt der Markt aber nicht. Es sind schlichtweg die Arbeitsbedingungen, die den Beruf unattraktiv machen (Ich war als Zivi 20 Monate in der Altenpflege) selbst wenn das Doppelte gezahlt würde.
Ihr Loblied auf den segensreichen smithschen Einzelegoismus, klingt für mich nach der Finanzkrise etwas schal. W
Wenn ich die Einstellung der Kommentatoren hier ansehe, so wollen im Gegenteil sehr viele dem öffentlichen Interesse dienen und genau wissen wie sehr sich ihr Einsatz lohnt. Darum geht es hier doch vor allem – oder?
Zum „Rechenbeispiel“ ich kenne wenig Menschen, die sich auf ein Endeinkommen von 80T€ freuen dürfen aber geschenkt, lass Sie sie ein Jahr länger arbeiten und das eine Jahr Pflichtdienst ist mehr als ausgeglichen und die Rentendauer sinkt auch nocht. Zumal der Schulabsolvent ja noch gar keinen Beruf hat, in dem er das Volkeinkommen so drastisch mehren könnte und mit G8 und Studienzeitverkürzung eh 2 Jahre spart.
Dass der Staat seinen Bürgern möglichst effektiv dienen soll, ist mir auch ohne VWL klar ;-) In sehr vielen Bereichen tut er das finde ich ganz prima. Sich ausgerechnet militärische Beschaffungsvorhaben mit ihren vielen Nebenkriegsschauplätzen, Geheimhaltung und eingeschränktem Wettbewerb als Blaupause für das Versagen unseres Staats als Dienstleister herauszupicken, ist aus meiner Sicht etwas unverhältnismäßig.
Ansonsten nichts für Ungut und danke für Ihre ausführliche Antwort!
@ ZDL. a.D.
Soweit ich das als Nicht-WiWi beurteilen kann, argumetieren Sie hier rein marktwirtschaftlich also Angebot und Nachfrage werden es schon richten.
Etwas vielschichtiger ist die Argumentation von Bang50 halt schon:
– Unsolidarisch: Der Pflichtdienst verteilt die Kosten (Lebenszeit und Verdienstausfälle) auf den Schultern einiger weniger, damit die Masse der Bevölkerung eben nichts zahlt.
– Unwirtschaftlich: Pro Zwangsdienstleistender verliert dieser und die Gesellschaft ein Facharbeiter-Jahr, für das stattdessen Arbeit auf Praktikanten-Niveau geleistet wird.
Dazu kommemn noch:
– Unrechtmäßig: Die Sache mit den Menschenrechten hatten wir ja schon.
– Theoretisch Unnötig: Theoretische Voraussetzung für eine Zivildienstleistendenstelle ohne Ehrenamtsbezug war ja, dass dort nur optionale Zusatzdienste erbracht werden, und nichts systemtragendes.
– Praktisch Lohndumping: Letztlich wird hier eine Dienstleistungslobby subventioniert. Gerade die Verfügbarkeit von billigen Praktikanten hat im Sozialbereich dazu beigetragen die Löhne zu drücken. (Und es ist schon traurig, wie hier etwas zwar für „systemtragend“ genug gehalten wird um junge Leute zwangszuverpflichten, aber der Wille fehlt das ganz zum öffentlichen Dienst zu erklären. Geiz ist geil? Zu den nicht gestiegenen Lohnkosten: Es ist eben kein Markt, sondern letztlich staatlich finanzierte Infrastruktur. Und gerade auf Arbeitnehmerseite hat man a) mit der HartzIV-Gesetzgebung weitere Zwangsmittel um Leute arbeitgeberfreundlich in unbeliebte Berufe zu zwingen, und b) ist es für viele Menschen in Deutschland Ehrensache, sich ihr Auskommen, und sei es noch so wenig mehr als Sozialhilfe, selbst zu verdienen.)
Ansonsten:
da könnte man ja auch das Steuernzahlen als Zwangsdienst diskreditieren.
Natürlich ist Steuernzahlen Zwang. Nur ist das eben durch eine Güterabwägung gedeckt, und eine Menschenrecht auf Steuerfreiheit gibt es erst recht nicht.
In gewisser Weise ist Steuerzahlen sogar das Gegenteil von Zwangsdienst: Alle zahlen, anteilig von dem was sie Besitzen. Das ist gerecht und solidarisch.
Im Gegensatz dazu machen beim Zwangsdienst einige wenige die Drecksarbeit für alle. Das ist ungerecht und unsolidarisch.
Wenn ich die Einstellung der Kommentatoren hier ansehe, so wollen im Gegenteil sehr viele dem öffentlichen Interesse dienen und genau wissen wie sehr sich ihr Einsatz lohnt. Darum geht es hier doch vor allem – oder?
Genau dafür gibt es das Ehrenamt. Nur mit der Begründung von Zwangsdienst hat das nichts zu tun.
Tatsächlich ist doch die Wehrpflicht das schlechteste Beispiel, erst recht seit den 1990ern. Da hat sowohl das Individuum als auch die Gemeinschaft (in Form von Bundeswehr, Steuerzahler und Wirtschaft) draufgezahlt. Genau da hat sich der Einsatz eben nicht gelohnt. (Außer man sieht das ganze eben als kameradschaftliches Sabbatical mit besserem Taschengeld. Aber auch solchen Abenteuerurlaub kriegt man mit unterbezahlten Erziehern billiger hin. :P Da ist dann der Verlust für Volk und Vaterland nicht ganz so hoch.)
@ZDL a.D.: Demokratie ist eben nicht die Tyrannei der Mehrheit – zumindest nicht nach dem modernen Verständnis von Demokratie, denn nur wenn die Herrschaftsausübung der Mehrheit ihre Schranken an den Grund- und Menschenrechten Aller und insbesondere der Minderheit findet und diese Grund- und Menschenrechte garantiert und nicht zur freien Verfügbarkeit der Mehrheit stehen, ist es wirklich die Herrschaft des Volkes.
Die Grund- und Menschenrechte dienen insbesondere dem Schutz des Individuums vor staatlichen Eingriffen, jeglicher staatlicher Eingriff muß wohlbegründet sein – im Falle der Wehrpflicht ist es der Kampf des Staates um seine Existenz im Falle eines Angriffes, im Falle einer Allgemeinen Dienstpflicht ist es schlicht und ergreifend nur der Wunsch nach einer möglichst günstigen Dienstleistung für nachgeordnete Staatszwecke. Das langt nicht als Begründung für einen Eingriff.
Es ist auch nicht so, daß wir uns mit den Menschenrechten „mit Regeln und Konventionen zum Schutz der Einzelrechte gebunden“ gebunden hätten. Die Menschenrechte existieren auch völlig unabhängig von ihrer schriftlichen Niederlegung, weshalb sich das Grundgesetz im unveränderlichen Art. 1 Abs. 2 zu den Menschenrechten bekennt und sie nicht gewährt, denn das wäre überflüssig.
Ein Angriff auf die Grund- und Menschenrechte, wie ihn die Einführung einer Allgemeinen Dienstpflicht darstellte, wäre also ein Angriff auf die Demokratie selbst – und ein Öffnen der Büchse der Pandora, denn wenn man dieses eine Menschenrecht mit Füßen treten kann, um der Mehrheit billige Arbeitskräfte für Dienstleistungen zu verschaffen, warum sollte man dann vor anderen Halt machen? Behinderte kosten die Gesellschaft viel Geld, warum also keine Pflichtuntersuchung des ungeborenen Kindes und Zwangsabtreibungen in Fällen von Behinderungen? Die Renten-, Kranken- und Pflegesysteme werden dadurch belastet, daß Menschen immer länger leben – warum also keine Sterbepflicht nach 13 Jahren Rentenbezug, natürlich im Sinne eines (Zwangs-)Dienstes an der Gesellschaft?
Es gibt aus meiner sicht kaum etwas gefährlicheres als ein Abschmelzen der Grund- und Menschenrechte, denn nur sie schützen vor einer Tyrannei der Mehrheit und vor staatlichen Zugriffen auf das Individuum. Der Staat ist nicht Selbstzweck, seine primäre Aufgabe ist der Schutz seiner Bürger und nicht die Bereitstellung billiger Dienstleistungen. Ich bin gedanklich völlig bei Hermann von Mangoldt, einem der Väter des GG, der ausführte, man dürfe nicht die Trägheit und Bequemlichkeit des Regierens und Verwaltens unterstützen, wie sie unter dem Totalitarismus in Übung gewesen seien, wo man, sobald eine Schwierigkeit aufgetaucht sei, sich mit Zwangsmitteln beholfen habe. Die Ruf nach einer Allgemeinen Dienstpflicht, bloß weil möglicherweise ein paar kleinere Probleme auftaauchen, die man auch anders lösen könnte, ist genau das, was das GG verhindern soll.
@ J.R.
unsolidarisch? Nicht, wenn alle müssen und genau das will ich ja.
unwirtschaftlich? Schulabgänger sind nicht alles Facharbeiter und letztere bekommen niemals 80T€ brutto.
unrechtmäßig? Nicht als Wehr/Wehrersatzdienst.
unnötig? Fragen Sie mal das hauptamtliche Pflegepersonal, die betroffenen Alten oder auf der militärischen Seite die Erfordernisse der gegenseitigen Abschreckung vor 1990.
Lohndumping? Ist genau das, was eine zügellose Marktwirtschaft hervorbringt.
Ich nenne es gerne Bürger-Pflicht-dienst – aber dann kommen Sie mir ja wieder mit Menschenrechtsverletzungen und Sklabenarbeit.
Güterabwägungen treffen unterschiedliche Menschen unterschiedlich. Mir bedeutet der Einsatz für andere viel . Und von der positiven Wirkung einer gemeinsamen Pflichterfüllung jedes Einzelnen für die Gesamtgesellschaft bin ich nun mal auch aus eigener Erfahrung überzeugt – so arg ich damit gegen das Smithsche VWL-Dogma auch verstoße.
In wie weit eine frühere Abkehr von der Wehrpflicht die Effektivität und Einsatzfähigkeit unserer Armee verbessert hätte oder nicht, können die Soldaten hier im Forum sicher besser beurteilen als wir.
Aber die Erfüllung einer Dienstpflicht bei BW, Zivildienst, THW, Feuerwehr, usw. für unser Land entweder als reines Verlustgeschäft oder im Falle der BW als Kameradschaftssabbatical zu bezeichnen, empfinde ich als verletzend, das muss ich trotz aller Sachlichkeit mal sagen.
Ich spiele jetzt mal den advocatus diaboli und frage: Was soll die BW denn mit all den Wehrdienstleistenden (wenn denn wirklich 100% der tauglichen gezogen würden – und schon das klingt reichlich unrealistisch) anfangen? Wir alle kennen doch die Geschichten vom „Gammeldienst“ der Vergangenheit und all den unschönen Begleiterscheinungen (Alkoholexzesse etc) – auch wenn man, wie ich, mit T5 ausgemustert worden ist (Bekannte und Kollegen erzählen dafür genug).
Einen allgemeinen Wehrdienst nur ob des „Dienst am Vaterland“ – Gedankens aufziehen zu wollen ist Stammtischgeschwafel und ware sowohl gegenüber den Wehrdienstleistenden als auch der BW als Ganzes unehrlich, unfair und kontraproduktiv. Für all die WDL bräuchte man ein Konzept und Einsatzmöglichkeiten, damit der Wehrdienst eben nicht zum Gammeldienst verkommt. Aber diese gibt es schlichtweg nicht – Deutschland hat zur Zeit keine real wahrnehmbare konventionelle militärische Bedrohung und somit keinen nachvollziehbaren Hintergrund für einen breit angelegten sinnvollen Wehrdienst.
Und zum Schluß noch meine Einschätzung: Der Wehrdienst hat sich bloß so lange gehalten (nach 1989), weil man den Zivildienst halten wollte. All die Platitüden zum Thema „Verbindung BW – Gesellschaft“ waren IMO genau das – Platiüden aus dem Sprechblasenimperium unserer Polit-Kaste. Und nichts sonst.
Wer eine „Dienstpflicht“ gleich als „Zwangsdienst“ abstempelt, braucht sich auch nicht mehr an der Diskussion beteiligen-weil er aus einer Ecke heraus argumentiert, aus der er sich nicht mehr wegbewegen will.
Eine allgemeine Dienstpflicht dient NICHT als Quelle für „billige Hilfsarbeiter“ (so wie auch die Wehrpflicht keine Quelle für „billige Soldaten“ war)-sondern als „Dienst am Volk“.
1. Ist es für jeden jungen Menschen eine Erfahrung, auch einmal etwas FÜR da Volk und die Gemeinschaft zu leisten.
2. Formt diese Erfahrung die jungen Menschen.
3. Werden viele junge Menschen diese Erfahrung nutzen können, um sich über ihren weiteren beruflichen Werdegang klar zu werden.
Der Gammeldienst entsteht übrigens auch aus der Tatsache heraus, dass die Soldaten ihrer Tätigkeit nicht nachgehen können bzw. dürfen. Da sollten wir eigentlich ganz froh drüber sein. ;-))