Geschlechtergerechtigkeit: In Norwegen jetzt Wehrpflicht für Männer und Frauen
Norwegen hat seinen Plan wahr gemacht und führt als erstes NATO-Land eine Wehrpflicht sowohl für Frauen als auch für Männer ein. Das Parlament in Oslo billigte am (heutigen) Freitag eine entsprechende Regelung, wie Reuters berichtet:
Norway’s parliament voted overwhelmingly on Friday to conscript women into its armed forces, becoming the first European and first NATO country to make military service compulsory for both genders.
„Rights and duties should be the same for all,“ said Labor lawmaker Laila Gustavsen, a supporter of the bill. „The armed forces need access to the best resources, regardless of gender, and right now mostly men are recruited.“
Die Neuregelung hatte sich bereits im April abgezeichnet, nachdem die Ausweitung der bislang nur für Männer vorgesehenen Wehrpflicht auf Frauen weitgehender Konsens unter den Parteien war.
Derzeit können Frauen freiwillig Dienst in den norwegischen Streitkräften leisten, ihr Anteil an der Truppe liegt bei etwa zehn Prozent. Ob er deutlich ansteigen wird, ist noch fraglich: Das skandinavische Land hat de facto eine Auswahl-Wehrpflicht und zieht im Wesentlichen die Männer (und künftig Frauen) ein, die auch Dienst an der Waffe leisten wollen.
(Foto: Norwegischer Marineoffizier, weiblich, an Bord der Fregatte Fridtjof Nansen – Foto Norwegische Streitkräfte)
@Huey: Wer einen Zwangsdienst gleich als „Dienst am Volk“, unermeßlich positive Erfahrung zur Wohlformung des Charakters junger Menschen und Hilfe zur Berufswahl hochstilisiert, braucht sich auch nicht mehr an der Diskussion beteiligen – weil er aus einer Ecke heraus argumentiert, aus der er sich nicht mehr wegbewegen will.
Natürlich dient eine Allgemeine Dienstpflicht als Quelle für billige Hilfsarbeiter, denn Personalmangel in staatlichen und staatsnahen Dienstleistungsbereichen läßt sich auch dadurch entgegenwirken, daß man die Bezahlung in diesen Bereichen verbessert. Im übrigen leistet die Masse der Menschen etwas für „das Volk und die Gemeinschaft“, indem sie in ihren erlernten/studierten Berufen arbeitet – primär durch ihre eigentliche Berufsausübung, sonst würde sie in einer Marktwirtschaft nicht nachgefragt, und nachrangig durch das Leisten von Steuern und Abgaben. Einer charakterlichen Weiterentwicklung und der Annahme von Hilfe zur Berufswahl steht überhaupt nichts im Wege, schließlich kann sich jeder in Freiwilligendiensten engagieren oder ein Ehrenamt ausüben – aber das muß die freie Entscheidung des Individuums sein.
Staatlicher Zwang – und Zwangsdienste gehören dazu – findet im demokratischen Rechtsstaat stets seine Grenzen an den Rechten des Individuums, staatlicher Eingriff braucht dort stets eine rechtliche Grundlage und eine gute Begründung. Gerade die Menschennrechte sind unveräußerliche Schutzrechte insbesondere gegenüber dem Staat. Vor allem Menschen, die geschworen haben, das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, sollten sich überlegen, wie ernst sie diesen Eid meinen, wenn sie bereit sind, bei kleinsten Schwierigkeiten genau dieses Recht und diese Freiheit preiszugeben.
@huey
Hinzufügen will ich dazu noch
– Können die jungen Leute dem Staat etwas zurückgeben (von kostenloser! Bildung, Wohlstand und Freiheit profitieren alle)
– Wird die Bereitschaft zur Hilfe (erkennbar bei der Flut) besser bei THW und FF gebündelt, diese sind dann auch durchhaltefähig und haben große Pers Probleme
– Kann man diesen Dienst auch mit einer Qualifikation der Dienstleistenden verbinden, von denen sie und auch der Arbeitgeber profitiert
Und für einige ist dies immer schon eine Gelegenheit gewesen auf den rechten Weg zu kommen und einmal was für den Staat / die Gesellschaft zu leisten.
Die Bedrohungen sind andere als im Kalten Krieg, deshalb fordert ja niemand 500.000 Mann. Es wäre jedoch ein starkes Signal die überlastete Truppe zu entlasten. Zudem nehmen die Katastrophen zu und vielen Arbeitgebern dürfte es schwer fallen ihre besten Arbeitnehmer (diese sind es oft die freiwillig in THW, FF etc.) immer wieder für Wochen freizustellen.
Und aus eigener Erfahrung ist Wehrpflicht kein Gammeldienst – man muss die Leute vorher nur richtig untersuchen und vernünftig einplanen (Beispiel: Wer nach 3 Tagen AGA wieder wegen zu hohem Blutdruck ausgemustert wird – und dann auch darüber enttäuscht ist weil er Dienst leisten wollte – das ist sinnlos. Wenn aus einem AGA-Zug der gelernte KFZ-Mechaniker ins Geschäftszimmer kommt und der Abiturient in den Kfz-Wartungstrupp: Hier ist erheblicher Optimierungsbedarf. Motiviert waren vorher beide.) Und wenn Wehrpflichtige als billiges Personal für OHG und UHG missbraucht werden – in Zeiten in denen man sich quasi aussuchen kann ob man zum Bund geht oder Zivi wird vergrault man motivierte Menschen die zum Militär wollenund Kellner werden.
Wenn es sinnvoll angepackt wird und alle trifft dürfte es die wenigsten Betroffenen ernsthaft stören.
Und um nocheinmal auf das Thema Frauen zurückzukommen: Männer und Frauen sind nun einmal unterschiedlich. Wenn ich als Gruppenführer die 1,60m große Frau als MG-Schütze einsetze habe ich was falsch gemacht und kann mich nicht beschweren dass Frauen ja nix können. Auch hier gilt: Man kann durchaus jeden sinnvoll einsetzen, man muss es nur wollen und sich ein Paar Gedanken machen. Die Israelis schaffen es auch, und ich denke die Norweger werden es auch schaffen.
Es gibt durchaus auch Menschen, die einem Dienst bei THW oder FF nichts abgewinnen können-ich kenne Zivildienstleistende, welche durch ihren Zivildienst in der Behindertenbetreuung oder in karikativen Einrichtungen ihren Wunschberuf gefunden haben, obwohl sie vorher nie daran gedacht hatten, diesen Zweig einzuschlagen.
Genausogut kenne ich viele Beispiele, bei denen Grundwehrdienstleistende ihren brennenden Wunsch, unbedingt „Berufssoldat“ werden zu wollen, nach ihrer Wehrdienstzeit verworfen haben, weil es eben nicht das war, was sie erwartet hatten.
Dennoch bin ich GEGEN eine Wehrpflicht.
Allerdings FÜR ein „Pflichtjahr“.
Wie hier schon angesprochen wurde:
Freie Bildung, kostenlose Kindergartenplätze und hohe Renten wollen alle-dafür aber etwas tun wollen die wenigsten-und so funktioniert Solidarität nicht.
Das Solidarprinzip ist in unserem Grundgesetz festgeschrieben-und es bedeutet, das ALLE für das Allgemeinwohl einen Beitrag zu leisten haben-nicht nur die, die dies auch wollen.
@huey
Ob man es Wehrpflicht oder Pflichtjahr nennt – ich denke wir sind uns im Kern einig. Man kann beides gleich ausgestalten und wenn ein Pflichtjahr gegen Gesetze und Menschenrechte verstößt – dann eben 1 Jahr Wehrpflicht.
Hier würden sich zB auch Synergieeffekte bilden – eine ordentliche medizinische Untersuchung die für alle Behörden verbindlich ist und wonach der junge Mensch und auch der Bedarfsträger weiß wer was leisten kann.
Ich habe neben der Musterung beim Bund 2 und bei anderen Bundesbehörden weitere 2 Untersuchungen gemacht im Rahmen der Bewerbungen – alle waren sich in Aufbau und Ergebnis sehr ähnlich. Aber Hauptsache jede Behörde kocht weiter ihr eigenes Süppchen.
@huey völlige Zustimmung!
Dienst am Volk – Das ist auch eine Angelegenheit des Herzens und der Charakterentwicklung.
@ caThor –
Wenn nur diejenigen Soldat/In werden, die wollen und auch können, alle anderen aber in zivilen Einrichtungen dienen müssen, wird es keine Gammeldienst geben – ungetane Arbeit ist genug vorhanden.
Meine Erfahrung ist, dass junge Menschen bereitwillig auch schwere Aufgaben übernehmen, wenn Sie einen Sinn darin sehen, ihre Hilfsbereitschaft herausgefordert ist oder man ihnen mal etwas zutraut und Sie dafür mit Respekt und Anerkennung belohnt.
Was viele aber stört, ist die Ungerechtigkeit, dass manche eben gar nichts für die anderen tun, nur dem eigenen Gewinnstreben nachgehen, noch feixend über die Willigen herziehen und deren Engagement als selbstverschuldetes Privatinteresse zu diskreditieren suchen, um nur ja nicht vom eigenen Egotrip ablassen zu müssen. Diese Einstellung ist blankes Gift für eine positive Einstellung zu unsere Gesellschaft und zerstört das eigentlich große Pozenzial an Hilfsbereitschaft und selbtlosem Einsatzwillen junger Menschen, welches die jungen Fluthelfer ja beispielhaft gezeigt haben.
Wenn alle einmal ran müssen, ist diese Ungerechtigkeit weg und es besteht die Chance sich mit dem Gemeinschaftswerk durch die eigene Tat viel stärker zu identifizieren und daher beherzt weiterzumachen anstatt frustriert aufzustecken, den Status Quo hinzunehmen und das Gemeinwesen zu vergessen.
@huey
Volle Zustimmung.
Wer beim Thema gesellschaftliches Pflichtjahr immer nur ökonomisch argumentiert, der verkennt, dass die Persönlichkeitsbildung von jungen Menschen der Gesellschaft einen Wert ansich bedeuten sollte!
Und ein Pflichtjahr für alle würde gerade zur Persönlichkeitsbildung beitragen…
Und darüber hinaus auch ganz handfeste Vorteile für Volk und Vaterland bedeuten (man denken mal an den Katastrophenschutz einerseits und die Aufwuchsfähigkeit der Streitkräfte andererseits).
Und noch ein Hinweis für all diejenigen, der immer behaupten, mit einer Dienstpflicht würde der Staat Geld SPAREN.
Dem ist mit nichten so! Denn wenn man es richtig angehen würde, dann müßte man ja für die Dienstplichtigen, die z.B. ihren Wehrdienst leisten eigene Einheiten schaffen (damit sie eben nicht im Gammeldienst verlottern) und diese Einheiten, die ja praktisch „nur“ in Katastrophenfällen und in V-Fall einsetzbar wären, würde nun einmal Geld kosten…
Eines will ich aber zugeben.
Wenn man eine echte Dienstpflicht einführen würde, dann müßte man es deutlich anders machen als bei der Wehrpflicht die letzten 20 Jahre…
Zum Dauerthema etwas Erinnerung der verfassungsrechtlichen Grundlagen.
Der Idee einer liberalen Verfassung entspringend steht im Mittelpunkt des Grundgesetzes nicht der Staat oder das Volk, sondern der einzelne Mensch. Dieser hat Grundrechte, die nur mit guter Begründung eingeschränkt werden dürfen.
Das Recht auf freie Berufswahl kann nur eingeschränkt werden, wenn es ein hohes Gut erfordert. „Dienst am Volk“ oder „Erziehung der Jugend“ sind hier nicht hinreichend. Noch nicht einmal die Landesverteidigung an sich ist es. Die Regierung musste aufzeigen, dass eine Landesverteidigung nur (!) unter der Einbeziehung von Wehrpflichtigen erfolgreich sein kann.
Diese Voraussetzung ist die Grundlage für Art 12a GG (ganz bewusst nach Art. 12 eingefügt!).
Eine allgemeine Dienstpflicht beruht nicht auf einer solchen existentiell bedeutenden Grundlage und ist daher n.h.M. verfassungswidrig.
Stattdessen sollte man immer neue Hürden beim Ehrenamt abbauen – dort lässt ebenfalls viel lernen.
Egal ob im Verein, Jugendorganisation, Feuerwehr, etc.
@ T.W.:
Aktuell ein sehr interessanter Welt-Artikel (Online):
„Die Bundeswehr, Deutschlands ungeliebte Armee“ von Ulrich Exner, Miriam Hollstein und Simone Meyer.
Durchaus wert ihn zu lesen.
@Memoria
Die formale Verfassungwidrigkeit ist glasklar – und war die letzten 40 Jahre als Wehr/Ersatzdienst trotzdem kein rechtliches Problem. Warum jetzt?
Die Stärkung des Ehrenamtes wäre sicher ein gangbarer Weg, um den Willigen mehr Gestaltungsspielraum und Anerkennung zukommen zu lassen.
Ganz nach dem Dogma „Dein Lohn ist, dass du dienen darfst“ werden aber leider die Zuschüsse an die Vereine und Jugendorganisationen ständig zurückgefahren und die Bufties oder FSJler sind gegenüber den ehemaligen Zivis oder gar Wehrpflichtigen viel schlechter gestellt.
Anerkennung und Respekt für ein gemeinschaftliches Engagement sehen anders aus und sind eben auch nicht billig! Aber sie halten die Gesellschaft zusammen, was uns schon etwas Wert sein sollte.
Gäbe es da einen Richtungswechsel – wäre das schon was, da haben Sie Recht!
@Memoria
„Das Recht auf freie Berufswahl kann nur eingeschränkt werden, wenn es ein hohes Gut erfordert. “Dienst am Volk” oder “Erziehung der Jugend” sind hier nicht hinreichend. “
Was für ein höheres Gut kann es geben als den „Dienst am Volk“ und die zukunftssicherheit unserer Gesellschaft durch die „Erziehung der Jugend“???
@Koffer: Erziehung ist die Aufgabe der Eltern (siehe auch Art. 6 Abs. 2 GG) bis zur Volljährigkeit ihrer Abkömmlinge – danach sind diese vollständig mündige und selbstbestimmte Individuen, die nur dann der Erziehung bedürfen, wenn sie straffällig werden. Ein „Dienst am Volk“ stellt keinerlei Gut dar, mit dem sich ein staatlicher Eingriff in persönliche Freiheitsrechte begründen ließe.
@Sascha W. | 16. Juni 2013 – 13:10
„Ein “Dienst am Volk” stellt keinerlei Gut dar, mit dem sich ein staatlicher Eingriff in persönliche Freiheitsrechte begründen ließe.“
Wieso nicht?
Wehrdienst, der Dienst am Kranken und Schwachen, der Katastrophenhilfsdienst, warum sollte das keinen Eingriff zulassen?
Hier geht es um das, was eine Gesellschaft zusammen hält:
– die äußere Sicherheit
– die innere Sicherheit
– die soziale Sicherheit
wenn DAS keine Eingriffe rechtfertigt, dann weiß ich es auch nicht…
Diese Sicherheit (zB. bei Katastrophen) erlaubt sogar eine Pflichtfeuerwehr wenn sich nicht genug Freiwillige finden. Und das wird immer schwieriger und die Menschen sind nicht mehr beruflich im Wohnort präsent.
@Koffer: Damit stellt ein „Dienst am Volk“ immer noch kein Gut dar – der Bestand, die territoriale Unversehrtheit Deutschalnds, Recht und Freiheit des Deutschen Volkes stellen Güter dar, der Dienst kann nur u.U. ein Mittel zur Sicherung dieser Güter sein. Eine Gefährdung dieser Güter ist aber konkret überhaupt nicht gegeben. Der vielbeschworene „Pflegenotstand“ – der Mangel an Fachkräften in der Pflege – ist überhaupt nicht durch eine Dienstpflicht abstellbar, sondern nur durch eine finanzielle Besserstellung der betroffenen Berufe. Die territoriale Integrität, der Bestand Deutschlands sind nicht gefährdet, Recht und Freiheit des Deutschen Volkes werden in der derzeitigen sicherheitspolitischen Lage auch durch Profis ohne Wehrpflicht geschützt, die innere Sicherheit ist flächendeckend weitgehend durch Profis und freiwillige Kräfte sichergestelllt – und wo dies nicht der Fall ist, kann – wie @Hans zutreffend ausführt – problemlos und vollkommen gerechtfertigt eine Pflichtfeuerwehr aus den betroffenen Bürgern gebildet werden.
@Koffer:
Ich teile ja ihre Sympathie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, aber die staatliche Zwangsbeglückung widerspricht den Grundideen des GG (Freiheitsrechte, Schrankenbereiche).
Wo soll das enden?
Es gibt auch zu wenig männliche Kindererzieher, also Zwangsdienst für die KiTa?
Die Pflichtfeuerwehr hingegen adressiert ein klar umrissenes Problem, dass anderweitig nicht gelöst werden kann.
Grenzenlos anwendbar ist es nicht.
Für mich mit Blick auf die Offz-Ausbildung interessant:
Halten sie eigentlich auch Chef-Unterricht (Rechte und Pflichten, Pol. Bil?)
Waren sie schon auf dem SOL?
Übrigens: Wir hatten hier neulich über ROE, Politik und Spitzenmilitärs diskutiert, wobei sie der Meinung waren, ich hätte davon nicht wirklich fundiertes Wissen.
Nach einiger Diskussion hatte ich mehrfach angeboten das Thema im direkten Dialog zu vertiefen. Seitdem habe ich nichts mehr von Ihnen dazu gehört.
Schade. Denn an diesem Thema kann man viel lernen. Wohl auch Sie.
Wer Leistung möchte, soll sie bezahlen und/oder man muss sie attraktiv machen.
Schulbildung ist nicht nur im Interesse der Schüler, sondern auch der Gesellschaft. Die Rechnung kommt mit der Steuer im Erwerbsleben.
Ein junger Mensch kann ggf in dem selbst gewählten Beruf der Gesellschaft mehr zurückgeben als in einem Pflichtdienst. Für die Feuerwer zahlen (oder Zahlten) jene eine Pflichtabgabe, die nicht zum Wehrdienst, zum THW oder zur Feuerwer gingen.
Gibt es diese Abgabe noch und wenn ja bezahlen den auch Frauen? Denn die können nun auch Bufti, zum THW, FwDl und zur Feuerwehr.
@Memoria
„Für mich mit Blick auf die Offz-Ausbildung interessant:
Halten sie eigentlich auch Chef-Unterricht (Rechte und Pflichten, Pol. Bil?)
Waren sie schon auf dem SOL?“
Ja und ja.
Studiert habe ich übrigens Staats- und Sozialwissenschaften (also Recht, Geschichte und Politik, sowie Ethik) und mein Schwerpunkt war das deutsche Verfassungsrecht.
Und um das ganz noch besser zu machen, ich bin derzeit unmittelbar in der Offz-Ausbildung eingesetzt (und das nicht als Lehrgangsteilnehmer ;) ).
„Wir hatten hier neulich über ROE, Politik und Spitzenmilitärs diskutiert, wobei sie der Meinung waren, ich hätte davon nicht wirklich fundiertes Wissen.“
Interessanter Weise hatte ich genau den entgegen gesetzten Eindruck ;)
„Dienst am Volk“ ohne „Nutzen fürs Volk“ ist doch eine Blase. Eigentlich könnte man sich die Diskussion an dem Punkt auch schenken. (Das ist dann wieder der Unterschied zwischen Deutschtümelei und Patriotismus.)
Da kann man die Jugned dann auch gleich in Fackelzügen samt regierungsverordneten Liedern durch Berlin schicken, das ist dann auch eine formende Erfahrung.
unsolidarisch? Nicht, wenn alle müssen und genau das will ich ja.
Dann haben sie immer noch den Sprung zwischen der Generation die muß, und jeder die nicht muss.
Davon ab wird in dem Fall Schaden und Ungerechtigkeit erhöht, weil mehr Leute eingezogen werden als es sinnvolle Aufgaben gibt. Schon die Bundeswehr war mit der Anzahl ihrer tatsächlich eingezogenen Rekruten.
Letztlich würde so ein Überangebot geschaffen, dass dann entweder zu Sinnloseinsatz und/oder zum Ersetzen „echter“ Stellen führt. Und dafür dann ein so schwerwiegender Eingriff?
unwirtschaftlich? Schulabgänger sind nicht alles Facharbeiter und letztere bekommen niemals 80T€ brutto.
Das Durchschnitteinkommen in Deutschland liegt bei 29.000 € im Jahr, der durchschnittliche Steuersatz bei 22,5%. Ein Jahrgang in Deutschland umfasst etwa 717.000 Menschen. Das Bruttoeinkommen einer einer Generation läge also bei etwa
20,79 Mrd. Euro, aufgeteilt in 16,11 Mrd. € Nettoeinkommen und 4,68 Mrd. € Steuern.
Beim Bundesfreiwilligendienst gibt es ein Taschengeld von max. 350 Euro im Monat, also (4200 € im Jahr; 3,01 Mrd. € je Generation). Freiwillig Wehrdienstleistende haben es da üppiger (warum eigentlich?) und kriegen irgendwas um 1000€ im Monat (12000€ im Jahr; 8,60 Mrd. je Generation).
Fall BUFDI als Berechnungsgrundlage:
Macht also jährlich einen Verlust an Privateinkommen von 13,10 Mrd. €. Die Kosten für den Staat lägen bei 7,69 Mrd. €.
Fall FWDL als Berechnungsgrundlage:
Macht jährlich einen Verlust an Privateinkommen von 7,51 Mrd. €. Die Kosten für den Staat lägen bei 13,28 Mrd. €.
Das sind jetzt nur Überschlagsrechnung um die grobe Dimension zu ermitten. Da könnte man jetzt noch Arbeitslosenquote und Staatsquote rausrechnen. Auf der anderen Seite kostet das Verwalten und Betreuen der Eingezogenen kostet halt wieder etwas, Privateinkommen fördert über andere Wege die Wirtschaft und den Staat etc.
Und wenn Ihnen dieser Schaden von 20 Mrd. Euro nicht zusagt, dann läge es jetzt an Ihnen den Gegenwert zu beziffern. Ansonsten bleibt halt festzustellen, dass die Wahrheit manchmal eben schon wehtut.
Aber während man für den Zivildienst das ganze als Subvention sehen kann (die Zivis ersetzten berufliches Pflegepersonal, welches andernfalls eben über Steuern bezahlt würde), und die Bereitschaftsdienste bei THW und Feuerwehren volkwirtschaftlich weniger ins Gewicht fallen (weil Übungen eben am Wochenende stattfinden und Einsätze oft noch über den privaten Urlaub der Einsatzkraft abgerechnet werden), bleibt halt für den Wehrdienst wirklich nichts positivies zu sagen. Aus meinem Bekanntenkreis fanden das viele (aber bei weitem nicht alle) eine positive persönliche Erfahrung. Aber glaub keiner war der Meinung, dass mit der Arbeit an sich etwas sinnvolles geleistet zu haben.
Was mich aber an der ganzen Sache persönlich besonders wurmt :
Dieser Staat wurde durch Generationen von Menschen vor uns aufgebaut. Da ist die Erfahrung unzähliger Menschenleben und diverser Katastrophen eingeflossen, um ihn jedesmal ein klein wenig besser zu machen. Und unser Ziel sollte es sein einen noch besseren Staat an die Generationen nach uns zu übergeben.
Und besser heißt in dem Fall unter anderem: legitim, stabil, nützlich.
Und zu den aus schmerzhaften Erfahrungen gewonnenen Erkenntnissen gehört unter anderem „Militär nur zur Verteidigung“ und „Nicht mehr staatlicher Zwang als unbedingt notwendig“. (einestages hat da gerade einen anschaulichen Artikel zum Militarismus im Kaiserreich)
Da sind wir in der Verantwortung, den Staat unserer Zeit sauber zu halten, damit er den Generationen nach uns nicht um die Ohren fliegt. Dazu gehört die Treue zum Geist der Verfassung, das Erinnern an das Leid vergangener Generationen und, ganz trivial, sauberes Arbeiten. Dazu gehören klare Verantwortungsbereiche, das Verhindern von Machtakkumultion, das Schaffen und Einhalten von Redundanzen und Kontrollen statt von Abhängigkeiten und Verpflichtungen etc. Ja, auch Staaten können verfilzen und sich überleben.
Und da haben wir uns mit der Wehrpflicht ein absolutes Armutszeugnis ausgestellt:
Zwanzig Jahre lang wird ein nicht mehr gegebener militärischer Notstand bemüht, um zu Lasten der militärischen Fähigkeiten junge Menschen entgegen ihrer Menschenrechte zu Zwangsdiensten heranzuziehen, weil man Angst hat, dass der dort geleistete wirtschaftliche Beitrag, den es eigentlich gar nicht geben dürfte, für ein Beenden der Praxis zu groß ist. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Aber weil dieses verfassungsrechtliche und organisatorische Schlamassel wohl einigen noch nicht groß genug war, wird dann die Neuauflage in XXL gefordert, denn wenn der Staat schon bei unter 10% eines Jahrgangs die Verfassung gebrochen hat und nicht wirklich wußte wozu er die eignetlich brauch und was die eigentlich machen, dann wird das mit 100% sicherlich besser? Das ist schon nicht mehr gutgläubig, das ist schon grob fahrlässig. Wie leichtfertig hier eine Helferjugend oder ein Bund deutsche Menschen gefordert wird, zur „Erziehung der Jugend“, am besten noch mit Einbeziehung der Bundeswehr, da wird mir echt anders.
Und deswegen mach ich jetzt ne Pause – Bang50, Memoria und Sascha W. können das eh nüchterner argumentieren. ;)
@Koffer:
Umso mehr erscheint mir eine direkte Vbdg-Aufnahme sinnvoll.
@J.R.
„Aber weil dieses verfassungsrechtliche und organisatorische Schlamassel wohl einigen noch nicht groß genug war, wird dann die Neuauflage in XXL gefordert, denn wenn der Staat schon bei unter 10% eines Jahrgangs die Verfassung gebrochen hat und nicht wirklich wußte wozu er die eignetlich brauch und was die eigentlich machen, dann wird das mit 100% sicherlich besser?“
Wowowo, gewagte These, oder?
Ich glaube das BVerfG hatte mindestens ein dutzend mal Vorlagen, Klagen und ähnliches zu ent- und bescheiden und hat JEDES mal für die Wehrpflicht votiert.
Also was soll der ganze Aufriss? Das ist doch eine Pseudo-Logik.
Noch kommt hinzu, dass eine allgemeine Dienstplicht sowieso nur durch Verfassungsänderung möglich wäre, also erübrigt sich diese Diskussion sowieso.
Lediglich die „Aktivierung“ der ja verfassungsmäßigen Wehrpflicht würde ohne GG-Änderung gehen, aber das wiederum ginge nur für Männer.
Also, Luft anhalten und das ganze mal gelassener sehen :)
Ich glaube, so mancher sollte noch einmal über den Begriff „Solidarität“ nachdenken..
Wenn ich mal nach Berlin schaue, und sehe, das dort eine (Jugend-) Arbeitslosenquote von 20% herrscht, gleichzeitig aber ein Mangel an Pflege-und Betreuungskräften existiert, dann stimmt im System etwas nicht.
Wenn mehr Menschen verstehen würden, das WIR das Volk sind, dann müssten wir hier auch nicht über „Zwangsdienste“ diskutieren, weil die meisten Menschen EINSEHEN würden, das JEDER sich in das System einbringen muss, damit es ALLEN besser geht-und zwar unabhängig vom sozialen Status.
NIEMAND „verliert“ etwas, weil er sich ein Jahr (als Beispiel) für das Allgemeinwohl einsetzt.
In anderen Ländern ist es üblich, ein Jahr im Friedenskorps zu dienen (im Übrigen unentgeltlich)-und damit „Pluspunkte“ für den Lebenslauf zu sammeln.
In manchen Ländern verbringen die Menschen mehrere Monate bis Jahre in einem Kloster-und helfen dort Kranken und Behinderten, lernen und lehren lesen/schreiben/rechnen usw..
Nur in einem der reichsten Staaten der Erde sind sich die meisten Menschen scheinbar zu fein dafür, „umsonst“ zu arbeiten……und schreien sofort gegen die (scheinbar) autoritären Eingriffe des Staates in die persönliche Freiheit-ohne zu verstehen, das Freiheit nichts ist, das man geschenkt bekommt, sondern etwas, das man sich (täglich neu und lebenslang) erarbeiten muss.
Die Rente ist im Übrigen auch eine Solidarleistung-die heutigen Jungen zahlen für die heutigen Alten…und das ohne direkten Bezug oder Gegenleistung…
Ist das etwa auch eine „Zwangsabgabe“?
@huey: Natürlich verlieren die zum Zwangsdienst verdonnerten etwas: mindestens ihre Freiheit und das ist neben der Menschenwürde das kostbarste Gut! Und natürlich handelt es sich bei den Beiträgen zur GRV für den verpflichteten Personenkreis um eine Zwangsabgabe – genau genommen um die Zwangsteilnahme an einem unseriösen Pyramidensystem. Und warum sollten in „einem der reichsten Staaten der Erde“ Menschen umsonst arbeiten, denn einer der reichsten Staaten der Erde sollte doch wohl in der Lage sein, für geleistete Arbeit zu bezahlen. Ob irgendwo irgendwer ins Kloster geht oder zum Friedenskorps, ist doch – angesichts der Tatsache, daß es dort wohl kaum einen Kloster- oder Friedenskorps-Zwangsdienst gibt – eher egal, zumal Sie ja anführen, man könne dadurch „Pluspunkte“ für den Lebenslauf sammeln, was dann also auch eher nach egoistischen als nach altruistischen Motiven klingt und zudem bedeutet, daß es andernorts dann offenkundig auch nicht alle oder die Masse der Menschen tun. Was soll denn dabei der springende Punkt sein?
@Sascha W.
‚Tschuldigung, aber genau Ihre aktuelle Argumentation zeigt, dass ein solche staatlicher organisierter Dienst für alle jungen Menschen sinnvoll wäre.
Die Ablehnung einer gesellschaftlichen Verantwortung uU auch mit staatlichen Vorgaben ist nur in einer libertären Gesellschaft in sich schlüssig.
Und von einer libertären Gesellschaft spricht in good old Europe glücklicherweise derzeit kaum jemand…
Das bleibt radikalen drüben in den Staaten vorbehalten ;)
@Koffer: Inwiefern soll das Nicht-Akzeptieren von unpassenden Beispielen wie jenen, die @huey hier präsentierte, oder die zutreffende Darstellung, daß es sich bei den Beiträgen zur GRV (wie auch zur GKV) für den verpflichteten Personenkreis um Zwangsabgaben handelt, oder der Hinweis auf die wesentliche Systemschwäche des Rentensystems in irgendeiner Art und Weise dazu geeignet sein, die Einführung eines Zwangsdienstes zu begründen? Inwiefern handelt es sich dabei um die Ablehnung gesellschaftlicher Verantwortung?
@ huey
„Wenn mehr Menschen verstehen würden, das WIR das Volk sind, dann müssten wir hier auch nicht über “Zwangsdienste” diskutieren, weil die meisten Menschen EINSEHEN würden, das JEDER sich in das System einbringen muss, damit es ALLEN besser geht-und zwar unabhängig vom sozialen Status.“
Und wie viele bringen sich im Ehrenamt ein?
Man tut hier ja gerade so, als ob es das nicht gibt.
Der Saat müsste eher über seine Steuerpraxis gegenüber dem Ehrenamt etwas ändern.
Sogar daran wird noch verdient.
Es gibt genug zu tun um Ehrenamt zu stärken, da ist Zwang ganz hinten.
@Sascha W.
Vielleicht besteht einfach eine unterschiedliche Ansicht zwischen Ihrer und meiner Auffassung von gesellschaftlicher Verantwortung ;)
Der klassische Gegensatz zwischen Konservativen und den Anhängern des Libertarismus oder zumindest eher libertarischer Strömungen…
@Koffer: Naja, als Libertärer sehe ich mich weniger – eher als Anhänger eines klassische Liberalismus à la Locke und Mill. Ich lehne weder einen Staat an sich ab noch den Umstand, daß dieser Zwang ausübt, um seinen Aufgaben nachzukommen, ich bin sogar der Auffassung, daß er für seine Kernaufgaben stark und durchsetzungsfähig sein muß – und genau deshalb, weil er stark sein muß, muß er bei seinen Eingriffen auch seine Grenzen an den naturgegebenen Rechten und Freiheiten seiner Bürger haben.
Dann sollten Sie auch einmal über den Begriff „Freiheit“ nachdenken-denn dieser bedeutet (ganz im philosophischen Sinne) NICHT, das jeder tun und lassen kann, was er will….
@huey: Freiheit bedeutet aber, daß der Staat mit dem Bürger nicht tun und lassen kann, was er will!
@ huey, Koffer
Tut mir leid, aber die Argumentation „Wer gegen Zwangsdienst ist, ist gegen Verantwortung“ ist doch mal wieder reine Polemik ohne logische Substanz.
Da kann man sich die ganzen daran anschließen persönlichen Angriffe wie „Ablehnung gesellschaftlicher Verwantwortung“ oder „zu fein zum Arbeiten“ dann auch gleich mit schenken.
Da lob ich mir dann wenigsten ZDL.a.D., mit dem ich zwar in dieser HInsicht so gar nicht einer Meinung bin, aber der es wenigstens nicht nötig hat auf solche billigen Tricks zurückzugreifen.
Trotzdem nochmal im Klartext: Den Bendenkenträgern hier geht es um Staatsaufbau und Staatsverständnis – und eben hier um einen stabilen, wehrhaften Staat.
Achtung, Polemik:
Wer hier glaubt, dass man das allein mit gutem Willen und grenzenlosem Staatsvertrauen hinkriegt, der hat die deutsche Geschichte schlicht verpennt.
Und nein, mit dem Verständnis von gesellschaftlicher Verantwortung hat das genau Null zu tun.
@J.R.
„Tut mir leid, aber die Argumentation “Wer gegen Zwangsdienst ist, ist gegen Verantwortung” ist doch mal wieder reine Polemik ohne logische Substanz.“
Wer nutzt jetzt hier Polemik???
Ich hatte meine Ansicht zum Thema Dienst in Korrelation zu den Vorgaben unseres Grundgesetzes („allgemeine Wehrpflicht“) und der Landesverfassungen (Zwangseinberufungen zur Gefahrenabwehr) bereits hier dargestellt:
http://augengeradeaus.net/2013/04/gegen-den-trend-norwegen-plant-wehrpflicht-fur-frauen/#comment-62542
@ Sascha W. | 16. Juni 2013 – 18:57
Natürlich muss der Staat seine Grenzen finden ggü. dem Eingriff in Freiheitsrechte. Nur wird mMn niemand mehr als ein Libertarist Kant Recht geben, dass der freie Staatsbürger zugleich Herrscher und Beherrschter in seinem Lande sei. Beides geht mit Recht und Pflicht einher-und gerade John Locke und John Stuart Mill wurden nicht müde dem mündigen Staatsbürger ein ganz ordentliches Lastenheft zu schreiben, schließlich kann ein Souverän nicht nur passiv vor sich hin leben.
Ob man darauf mit einem „all around the flag“ a là USA reagiert, mit einer allgemeinen Wehrpflicht wie Norwegen oder mit einem französischem Modell sei dahin gestellt. Belehrungen erübrigen sich gegenüber diesen drei sehr lebhaften Demokratien gleichwohl.
Und so sehr mMn memoria mit seinen Ausführgen zur allgemeinen Wehrpflicht Recht zu geben ist, so wenig kann ich Ihnen folgen, wenn Sie von allgemein Dientsverpflichteten als „biliige Arbeitskräfte“ sprechen. Landesverteidigung, Katastrophenschutz-ganz allgemein: Gefahrenabwehr sind keine Sektoren, die wir dem Markt überlassen sollten. Ist es nicht deutlichster Ausdruck von Solidarität in Zeiten der Gefahr zusammen- und füreinander einzustehen? Und ist es nicht deutlichster Ausdruck von Vernunft, die Menschen, die in dem Staat leben, dazu zu befähigen genau dies tun zu können?
Auch hier bekennen sich gerade die Libertären klar: ohne stabilen Staat keine Freiheit und Rechtsordnung. Überlassen wir es nun getrost den Norwegerinnen und Norwegern selbst, diesen ganz unzweifelhaft starken Norwegischen Staat mit Rechten und Pflichten für sein Staatsvolk auszugestalten.
@Sachlicher: Ihr Unverständnis für meine Position ergibt sich mutmaßlich daraus, daß Sie die Diskussion – die sich mittlerweile nicht mehr um die Wehrpflicht in Norwegen für Frauen und Männer dreht – nur oberflächlich verfolgt haben. Weder lehne ich eine Wehrpflicht grundsätzlich ab noch die Möglichkeit, eine Pflichtfeuerwehr einzurichten, wenn sich nicht genügend Freiwillige finden – und aufgrund einer Wehrpflicht Wehrdienst Leistende sind auch keine billigen Arbeitskräfte. Wogegen ich mich aber entschieden wehre, ist die Einführung einer „Allgemeinen Dienstpflicht“, die gegen die Menschenrechte verstößt, oder die sicherheitspolitisch nicht notwendige Reaktivierung der Wehrpflicht, damit man wieder einen Wehrersatzdienst hat – wahlweise um einen Mangel an Fachkräften im Pflegebereich zu kompensieren (da wären wir dann bei billigen Arbeitskräften) oder weil man meint, ein solcher „Dienst am Volk“ wäre ein Gut an sich und man müsse selbstbestimmte und freie Erwachsene erziehen (womit sich auch jede andere Schweinerei von Euthanasie über eine Gebärpflicht bis hin zu Umerziehungslagern alles rechtfertigen ließe, wenn man es für die Allgemeine Dienstpflicht als taugliche Begründung durchgehen ließe). In beiden Fällen tritt man – bei der Allgemeinen Dienstpflicht unmittelbar und direkt, bei der Wiedereinsetzung der Wehrpflicht ohne sicherheitspolitischen Grund durch dreiste Umgehung eines ausdrücklichen Verbots – die Menschenrechte und Freiheiten der Betroffenen mit Füßen, eine Einstellung, die ich allgemein schon als ausgesprochen bedenklich erachte und erst recht dann, wenn sie geäußert wird von Menschen, die in ihrem Diensteid geschworen haben, genau diese Rechte und Freiheiten zu verteidigen.
Hier die Ehre, dem Land zu dienen – da Zwangsdienst und Verschwendung von Volkseinkommen.
Hier das Lernen von Wertschätzung für uneigennützige Arbeit im Bewusstsein, dass alle anpacken müssen – dort Freiheitsentzug, Verfassungsbruch und Deutschtümelei.
Hier das Vorhalten militärischer Ressourcen für die Verpflichtungen unseres Landes in der Sicherheitspolitik – da nutzloser Gammeldienst.
Hier Sozialromantik und sorgendem Staat – dort Smithscher Marktkapitalismus als alleinige Lösung.
Hier das gefühlt Wünschenswerte – dort das Juristisch Zulässige.
Das Thema polarisiert in erstaunlichem Ausmaß!
Sollte uns aber nicht zu persönlichen Angriffen verleiten. Da möchte ich doch lieber noch ein paar Fakten klären:
@ J.R. Danke für die Blumen, aber..
Wenn das Durchschnittseinkommen bei 29 T€ liegt, so liegt der Schnitt der Berufsanfänger im Alter von 18 bis 22 Jahren sicher weit darunter, viele Abiturienten haben noch keinen Job und daher auch keinen Verdienstausfall. Nimmt man das absurdhohe Endeinkommen von 80 T€ so ist der „Schaden“ natürlich imens. Je nachdem, welchen Zeitpunkt man für die „Verlustrechnung“ heranzieht, entsteht nur ein geringer oder ein exorbitanter Schaden. Daher scheint mit ihre Schätzung zumindest unsicher.
Ob die Wehrpflichtigen in der BW deren Einsatzfähigkeit in den letzten 20 Jahren geschadet oder genutzt haben, ist wohl noch nicht abschließend geklärt.
Ihren Einsatz aber als nutzlosen Verlust zu verbuchen scheint mir problematisch, da ja viele Staaten Soldaten vorhalten, die nicht im Einsatz sind, damit sie für eben diesen gewappnet sind. Dass diese ohne Einsatz weniger zu tun haben als mit liegt in der Natur der Sache und lässt den Dienst dem Einzelnen vielleicht als nutzlos erscheinen auch wenn er für die Einsatzfähigkeit der ganzen Armee trotzdem wertvoll ist.
Die Treue zum Geist der Verfassung stellt ja das BVG her und das hatte, wie @Koffer ja bemerkte, kein Problem mit der Wehrpflicht. Dass die Organisation der selben am Schluss höchst ungerecht war steht außer Frage, wäre aber verbesserbar gewesen, wenn alle eingezogen und erst dann nach eigener Neigung und Bedarf der Dienste verteilt worden wären.
@Elehan
Da die Verfassung meinen Wünschen bedauerlicher Weise nur über den Umweg der Wehr/Ersatzdienstpflicht eine Chance lässt und letztere ja erst mal ausgesetzt ist, bleibt tatsächlich nur, das Ehrenamt zu pushen, wo es nur geht.
Aber selbst dieses wird ja von J.R. in der Form des BUFD als reines Verlustgeschäft (ca 20 Mrd€) verbucht, obwohl die Bufdies wirklich höchste Anerkennung verdienen und in vielen Bereichen Dienste übernehmen, die sich für keinen komerziellen Dienstleister rechnen würden. Nein, J.R. spricht nur von Schaden und Verlusten: Ja, das tut mir wirklich weh! (keine Polemik)
Und wenn ich bei @Sascha W. herauszuhören meine, dass ein freiwillig Dienstleistender durch die Möglichkeit in seinem Lebenslauf auf sein Engagement hinzuweisen, sich dann doch als egoistisch motiviert entlarvt, dann frage ich mich schon, wie selbstlos man eigentlich sein muss, um für seinen Einsatz anerkannt zu werden?
Muss man sich wirklich total ausbeuten lassen, um nicht als „unzulässig subventionierter Verlustbringer auf sozialromantischem Egotrip“ abgerechnet zu werden?
(ja – das ist jetzt polemisch – aber nur um zu verdeutlichen, nicht um zu verletzen)
Denn an Anerkennung und Respekt mangelt es doch am meisten – und gerade diese sind es doch, die Menschen neben dem eigenen Idealismus zu guten Taten bewegen.
Wenn wir also mehr Leute ins Ehrenamt bringen wollen, dann sollten wir ihre Motive nicht anzweifeln, wenn sie für ihr Zeitopfer eine bescheidene Entschädigung erhalten oder diese gar gegen andere völlig unbezahlte Freiwillige ausspielen bzw. abwerten.
Wir sollten sie alle bei jeder Gelegenheit loben und die Mittel bereitstellen, dass es noch mehr werden können.
@Sascha W.
„womit sich auch jede andere Schweinerei von Euthanasie über eine Gebärpflicht bis hin zu Umerziehungslagern alles rechtfertigen ließe“
????
Vorne kürzer!
Der „Dienst am und für das Volk“ kann niemals gegen die Menschenrechte verstoßen.
Das ist die Argumentationsweise von (ehmals) Turnschuh tragenden Hinterbänklern (welche meinen, mit trotzigen Beleidigungen Eindruck schinden zu können), die sich heute im Armani-Anzug den (von kapitalistischen Zinserträgen finanzierten) Kaviar schmecken lassen…
Was sollen diese „Totschlagargumente“?
Normalerweise kommt so etwas, wenn einem die sinnvollen und logischen Argumente ausgehen….
Auch, wenn die Diskussion „OT“ ist, finde ich sie höchst interessant-weil sie aufzeigt, wie unterschiedlich die Meinungen zu diesem Thema sind…
Und genau diese Einstellung, die ich bei manchen heraus höre („Was für die Allgemeinheit tun sollen andere….ich will Geld verdienen und lasse mich nicht ausbeuten“), war mit einer der Gründe, warum es mir leichter gefallen ist, meinen BS-Status hinter mir zu lassen, um für dieses Land keinen Finger mehr rühren zu müssen…..weil ich es einfach leid war, mir ständig diese Argumente anhören zu müssen……..
@Koffer: Ich habe nicht unterstellt, daß Sie oder ein anderer Diskussionsteilnehmer eine derartige Rechtfertigung vornähme, sondern nur, daß, sofern man eine solche Argumentation als Rechtfertigung einer Menschenrechtsverletzung im Falle einer Allgemeinen Dienstpflicht akzeptierte, die gleiche Argumentation auch für andere Menschenrechtsverletzungen herhalten kann.
@huey: Art. 4 EMRK ist eindeutig, da führt kein Weg dran vorbei – mal abgesehen davon, daß die Menschenrechte auch ohne ihre schriftliche Niederlegung Gültigkeit haben. Eine Allgemeine Dienstpflicht würde gegen die Mensschenrechte verstoßen, das ist hier bei AG! zur Genüge dargelegt worden. Inwiefern der Hinweis auf die Unvereinbarkeit einer Überlegung – in diesem Fall: Einführung einer Allgemeinen Dienstpflicht – mit den naturgegebenen und unveräußerlichen Menschenrechten jetzt ein Totschlagargument, mithin also ein inhaltlich leeres Argument, sein soll, erschließt sich mir nicht, es sei denn, man mäße den Menschenrechten keinerlei inhaltliche Bedeutung bei.
@Sascha W.
Natürlich haben Sie das getan und zwar mit einem ganz alten und billigen Rhetorik Trick.
Und das mit der EMRK: Ein rechtliche Norm muß immer vom Zweck her argumentiert werden.
Soldatisch nennt man das Gehorsam gegenüber der Absicht und nicht gegenüber dem Wortlaut.
Von daher ist eine absolute Aussage so wie Sie sie hier versuchen als Fakt darzustellen gerade hinsichtlich des traditionell „variablen“ Völkerrechts nicht zulässig!
Darüber hinaus ist die Auffassung von Menschenrechten durchaus nicht unverrückbar, sondern zeitlichen Veränderungen unterworfen.
Und eine völkerrechtlicher Vertrag ist das gleich allemal!
Und nochmals, ich widerspreche alleine schon der Aussage, dass eine Dienstpflicht in jeder Form möglicher Ausgestaltung unzulässig sein soll!
@Koffer: Nein, habe ich nicht – ich verwehre mich dagegen, daß Sie Ihre Interpretation zu meiner Handlungsmotivation hochstilisieren.
Wie bereits weiter oben durch mich dargestellt, können die Menschenrechte nicht durch irgendeine Rechtsnorm gewährt werden, sie sind jedem Menschen von Natur aus gegeben, weshalb das GG auch lediglich ein Bekenntnis zu diesen enthält. Die vertragliche Bindung durch die EMRK und den Internationalen Pakt über bürgerliche
und politische Rechte von 1966 sind nur eine formale Niederlegung – und der Schutzzweck ist eindeutig, nämlich der Schutz des Individuums vor staatlichem Zugriff. Eine mangelnde inhaltliche Argumentation jenseits der bloßen Existenz von Normen lasse ich mir nicht vorwerfen, ich verweise u.a. auf diesen Beitrag: http://augengeradeaus.net/2013/06/geschlechtergerechtigkeit-in-norwegen-jetzt-wehrpflicht-fur-manner-und-frauen/comment-page-1/#comment-68942
Darüber hinaus ist die Unvereinbarkeit einer Allgemeinen Dienstpflicht mit den Menschenrechten, insbesondere mit ihrer schriftlichen Niederlegung in der EMRK und im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, ein Faktum, mit dem Sie sich wohl abfinden müssen. Neben meinen eigenen Ausführungen in den Kommentaren zu diesem Artikel und zum älteren Artikel, in dem T.W. die jetzt vollzogene Ausweitung der Wehrpflicht in Norwegen ankündigte und zu dem der Sachverhalt ebenfalls diskutiert wurde, lege ich Ihnen die Lektüre folgenden Aufsatzes nahe: http://www.deutsches-wehrrecht.de/Aufsaetze/UBWV_2003_441.pdf
@Sascha W.
Nochmals:
Das ist Ihre Argumentation und es ist (mit Ausnahme Ihrer unverschämten Unterstellung in dem einen Post) auch eine zulässige und nachvollziehbare.
Aber es ist nicht die einzig mögliche.
Die Menschenrechte sind in der Tat universell und ihre Geltung hängt weder vom GG noch einem völkerrechtlichen Vertrag ab.
Allerdings widerspreche ich der Aussage, dass die Menschenrechte eine allgemeine Dienstpflicht kategorisch ausschließen würden.
Hier kommt es auf das konkrete wie, was und wofür an…
Hilfe! – schlafen wir besser nochmal darüber bevor wir uns hier weiterhin die Köpfe einschlagen.
Ich schlage vor, die Diskussion in eine ökonomische, juristische, ethische und von mir aus eine theologische Betrachtungsweise zu unterteilen. Dieses interdisziplinäre Gespringe ist äußerst unproduktiv und frustrierend. –> ceteris paribus
@Koffer
Zustimmung: die Menschenrechte sind universell – und mit dieser Aussage messen wir den Menschenrechten eine sehr hohe inhaltliche Bedeuttung zu !
@ Sascha W.
Aber naturgegeben oder gar gottgegeben sind sie nicht, sondern von Menschen für Menschen gemacht, und daher wie alle menschengemachten Normen interpretierbar.
Und genau das tun wir hier: interpretieren.
Es mag eine Lehrmeinung geben, aber es kann auch abweichende Interpretationen geben und diese als per se als unzulässig zu erklären widerspricht dem Geist einer freien Diskussion, dem wir uns hier doch verpflichtet fühlen und die die EMRK in Artikel 9 Gedankenfreiheit und 10 Meinungsfreiheit jedem zubilligt.
Bei Wikipedia lese ich zur EMRK, dass der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte diese auslegt. Also müssen sie doch interpretiert werden und somit sehe ich nicht ein, warum das für uns hier verboten sein soll.
Wenn @Koffer und ich die in Artikel 4 beschriebene Zwangs- und Pflichtarbeit, so interpretieren, dass Menschen total entrechtet festgehalten und zu Schwerarbeit ohne die geringste Gesundheitsfürsorge gezwungen werden – und dass ein Bürgerdienst für alle dem Geist dieses Artikels nicht widerspricht, so mag das eine Minderheitsinterpretation sein aber dehalb stellen wir doch nicht gleich die gesamten 17 Artikel in Frage – aus unserer Sicht tun wir das überhaupt nicht.
Wenn Sie dann aber über uns in der dritten Person reden und im gleichen Atemzug Begriffe wie Eutanisie, Gebärpflicht und Umerziehungslager fallen lassen, so diskreditieren Sie unsere Gedanken und rücken uns ohne es auszusprechen in Nähe von Nazis, was mich wirklich schwer trifft !
Das ist dann schon ein „Todschlagvorwurf“, so kommt es bei mir jedenfalls an.
@ ZDL a.D.
Wenn das Durchschnittseinkommen bei 29 T€ liegt, so liegt der Schnitt der Berufsanfänger im Alter von 18 bis 22 Jahren sicher weit darunter,
Ja. Aber nur geht ja kein Lehrjahr verloren (das wird ja trotzdem gemacht), sondern ein Arbeitsjahr. Statt 45 Jahren nur noch 44 Jahre, oder so. Von daher ist die Rechnung an der Stelle schon korrekt. Und ich denke, dass ich an der Stelle schon recht realistische Zahlen genommen hab, und keine Totschlagarguments-Maximalzahlen. :)
Und ich weiß da schon ganz gut wo von ich spreche. Ich war „parallel“ zum Studium zwei Jahre ehrenamtich aktiv, mit dem Ergebnis, dass sich meine Studiumsleistung in der Zeit mindestens halbiert hat. Hat mich also rund ein Jahr Verdienst gekostet.
Nur war das meine freie persönliche Entscheidung, und da es in meinem Leben auch noch anderes gibt als Opportunitätskosten kann ich damit ganz gut leben. ;)
Der Staat hat diese Freiheit nicht, er ist nur Treuhänder.
Er muss bestrebt sein optimal zu wirtschaften. Und wenn der Nutzen größer ist wenn die Leute arbeiten und Steuern zahlen als wenn sie zwangsverordnete Praktika durchführen, dann hat er sich danach zu richten.
Umgekehrt ergibt sich daraus aber auch die Rolle des Ehrenamts: Wenn es gesellschaftlich notwendige Aufgaben gibt, die von Freiwilligen geleistet werden können, dann ist das zu nutzen und zu fördern.
Wenn das nicht geht (und dafür kann es viele verschiedene Gründe geben) dann bleiben dem Staat noch genug Möglichkeiten diese Lücke regulär zu schließen: Ausschreibungen, Öffentlicher Dienst, Beamte – je nach Umständen und Systemrelevanz.
Und falls das auch nicht für kritische Notwendigkeiten nicht ausreicht, dann (und erst dann) darf er auch zu Zwangsmitteln greifen.
Und das ist doch kein Hexenwerk, sondern mehr als nachvollziehbar. Und wenn man sich da von den Aspekten Nutzen und Verhältnismäßigkeit wegbewegt kommt man in Teufels Küche. Und die sprichwörtliche Notwendigkeit als Hürde für schwere persönliche Eingriffe ist da eine gute Sache.
Aber auch mit obiger Argumentation kann man zu dem Schluß kommen, dass das Fördern von Freiwilligen Sozialen Jahren im staatlichen Interesse ist. (Tatsächliche tragen die sich aber ganz gut selbst, eben weil es für die Verbände kostengünstige Praktikanten sind. Und eine volle Stelle würde letztlich doch wieder auf den Staat umgelegt. Nur sollte man das als Staat eben auch wieder mit den Argumenten „Lohndumping“ und „Verlorene Steuern“ abwägen.)
Nur rechtfertigt es keinen Pflichtdienst, und es kann auch nicht abseits des Nutzens argumentiert werden.
Insgesamt dürfte der Staat aber mit dem Fördern von „Feierabend-Ehrenamtlichen“ deutlich besser fahren. An denen verdient er schlicht mehr, und die kosten auch weniger. (Nebenbei einer der Gründe, warum Großbritannien gerade massiv auf Reservisten umstellt.)
Wobei eins der Kernprobleme, und das haben Sie ja schon angesprochen, die Anerkennung von gesellschaftlich notwendigen Tätigkeiten unabhängig vom „Wie billig gehts noch“ sein sollte. Lehrer, Polizisten, Soldaten, Pflerger, Ärzte, Sozialalarbeiter etc. dürften Ihnen da zustimmen.
Ihren Einsatz aber als nutzlosen Verlust zu verbuchen scheint mir problematisch, da ja viele Staaten Soldaten vorhalten, die nicht im Einsatz sind, damit sie für eben diesen gewappnet sind.
Aber hier handelt es sich doch praktisch um eine Versicherung: Man investiert in der Zeit, damit man in der Not gewappnet ist. Gleiches beim Katastrophenschutz.
Nur setzt hier doch die Redlichkeit voraus, dass dieser Fall realistisch ist und die getroffenen Maßnahmen geeignet sind – also hier tatsächlich vorgesorgt wird. Genau das war aber bei der Wehrpflicht in den letzten 20 Jahren nicht der Fall.
Die Treue zum Geist der Verfassung stellt ja das BVG
Nein, das kann nur offensichtliche Verstöße feststellen. Und die Wehrpflicht an sich ist ja trotz Wehrungerechtigkeit (gegen die ja geklagt wurde) verfassungskonform. Die fehlende Notwendigkeit von Landesverteidigung in einem geeinten Europa ist zwar eine Binsenweisheit, wurde aber meines wissen nie eingeklagt – was dann auch wahrscheinlich nicht vom Verfassungsgericht entschieden würde, da eine politische Entscheidung. Und gerade der Punkt, dass die Wehrpflicht nur bestand um den Zivildienst zu haben, ist zwar offensichtlich, aber schwer in eine verfassungsrechtlich einklagbare Form zu bringen. Dass systematisch gegen die Auflagen von Zivildienststellen verstoßen wurde ist halt ein Verstoß in der Umsetzung, nicht im System an sich. (Nur ohne diesen Verstoß hätte kein Interesse mehr am Beibehalt des Systems bestanden.)
@ Koffer
Und das mit der EMRK: Ein rechtliche Norm muß immer vom Zweck her argumentiert werden.
Hier verdrehen sie gerade den Rechtspositivismus.
„Das Einschränken von Freiheiten ist in sich schlecht. Ausnahmen sind zu begründen und müssen verhältnismäßig sein.“ Und jetzt sind Sie wieder an der Reihe.
E = mc² ist eine universelle Formel, die dann Herr Einstein mit 2 Theorien relativiert hat ;-)
„universell“ ist nicht „absolut“ nach meinem Sprachverständnis. Staatliche Beschränkungen der Bürgerrechte können natürlich auch die Einschränkung des einen oder anderen Menschenrechts bedeuten, however, wenn diese Einschränkung verfassungsgemäß auf der Grundlage eines Gesetzgebungsverfahrens beruht, dann ist das nicht nur legitim sondern sogar legal ;-)…..und genau das ist gerade in Norwegen passiert. Wobei der Vorgang nicht nur eine innenpolitische (Gleichberechtigung all the way) sondern auch eine demographische Ursache hat: ohne Wehrpflicht auch für Frauen sind die norwegischen SK nicht mehr im gegenwärtigen Umfang miitelfristig haltbar.
Ja-Art. 4 MRK ist da eindeutig-und gestattet dieses ausdrücklich, sie Abs. b und d…
@ Klabautermann
Nein, wenn die Menschenrechte wie in Deutschland Verfassungsrang haben, dann sind die erstmal absolut. Die durch ein einfaches Gesetz zu beschränken ist dann weder legitim noch legal. Tatsächlich stehen die Menschenrechte in Artikel 1 der Verfassung, der nicht geändert werden darf. Die sind hier also echt absolut absolut. ;)
Nur ist das weder hier noch in Norwegen ein Knackpunkt, eben weil die Ausnahme Wehrpflicht ausdrücklich aufgeführt ist.
@huey: Die in Art. 4 Abs. 3 b) EMRK genannten Ausnahmetatbestände sind eindeutig nur Wehrdienst sowie Wehrersatzdienst im Falle einer Verweigerung aus Gewissensgründen, eine Allgemeine Dienstpflicht läßt sich darauf nicht begründen – im Gegenteil, die ausdrückliche Beschränkung auf Wehr- und Wehrersatzdienst soll gereade eine offene oder verdeckte Wiedereinführung eines Arbeitsdienstes verhindern.
Art. 4 Abs 3 d) EMRK schließt solche Arbeiten und Dienstleistungen aus, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehören. Eine neu einzuführende Allgemeine Dienstpflicht ist aber eindeutig keine übliche Bürgerpflicht, denn sie wäre ja eine neue Pflicht, sonst müßte sie nicht eingeführt werden, und ist also zum Zeitpunkt ihrer Einführung eben nicht üblich. Sie ist auch nicht in dem Sinne üblich, daß sie in allen oder zumindest in der Masse der übrigen europäischen Staaten bestünde, denn auch dies ist nicht der Fall.
Eine Allgemeine Dienstpflicht stellt mithin also eine verbotene Zwangs- oder Pflichtarbeit dar, die durch keinen der Ausnahmetatbestände gedeckt ist.
@ZDL a.D.: Zunächst einmal bedaure ich, wenn Sie oder @Koffer sich durch eine meine Äußerungen verletzt fühlten, dies lag nicht in meiner Absicht. Mir ist diese Reaktion dahingehend unverständlich, als daß der betreffende Post lediglich für Sachlicher Teile meiner Argumentation zusammenfaßte und der angegriffene Vorwurf, mit der gleichen Argumentation ließen sich auch andere Menschenrechtsverletzungen decken, ist nicht neu, ich habe ihn bereits an anderer Stelle (http://augengeradeaus.net/2013/06/geschlechtergerechtigkeit-in-norwegen-jetzt-wehrpflicht-fur-manner-und-frauen/comment-page-1/#comment-68942) geäußert.
@J.R.
Und ich glaubte doch tatsächlich wir hätten das Zeitalter des Absolutismus hinter uns gelassen, und auch des Totalitarismus im Sinne Ihres „absolut absolut“ ;-))
So kann man sich irren…..
@ klabautermann
Naja, die Menschenrechte sind, wie J.R. ja sagt „erstmal absolut“. Der findige Jurist interpretiert dann „erstmal“ los, bis das „absolut“ Ausnahmetatbestände von der Größe der Ostsee aufweist. :-)
@J.R.
„“Das Einschränken von Freiheiten ist in sich schlecht. Ausnahmen sind zu begründen und müssen verhältnismäßig sein.” Und jetzt sind Sie wieder an der Reihe.“
Stimmt ich uneingeschränkt zu.
@J.R.
„Nein, wenn die Menschenrechte wie in Deutschland Verfassungsrang haben, dann sind die erstmal absolut. Die durch ein einfaches Gesetz zu beschränken ist dann weder legitim noch legal. Tatsächlich stehen die Menschenrechte in Artikel 1 der Verfassung, der nicht geändert werden darf. Die sind hier also echt absolut absolut. ;)“
‚Tschuldigung, aber das ist nicht richtig!
Die Menschenwürde ist in Art. 1 geschützt und von der Theorie her nicht einschränkbar.
(wobei die Praxis natürlich zwischen unantastbar und mittelbaren und bis zu einem gewissen Gerade zulässigen Einschränkungen dann doch unterscheidet…).
Aber „nur“ weil die Menschenwürde unantastbar ist sind natürlich noch lange nicht alle Menschenrechte unantastbar!
Alle Bürgerrechte und fast alle Menschenrechte können durch andere Güter von Verfassungsrang sehr wohl eingeschränkt werden. Nun ist es vom jeweiligen Recht abhängig ob diese Einschränkung auf der Grundlage oder durch einfachgesetztliche Regelung möglich ist oder ob nureiner Einschränkung durch oder aufgrund eines anderen Gutes von Verfassungsrang möglich ist!