„Wir halten nichts von Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen“
Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat das bevorstehende Ende des EU-Waffenembargos gegen Syrien bedauert. Wir halten nichts von Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen, sagte de Maizière am (heutigen) Dienstag bei der Berliner Strategiekonferenz des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Das sei auch die gemeinsame Haltung mit Außenminister Guido Westerwelle. De Maizières niederländische Kollegin Jeanine Hennis-Plaeschert stimmte ihm inhaltlich voll zu.
Zur Dokumentation: Der Wortlaut der Aussagen der beiden Verteidigungsminister, auf eine Frage aus dem Publikum:
Kann mir bitte jemand übersetzen, was in den letzten Sekunden des Beitrages von der Dame gesagt wurde? Damit ich und viele andere Hörer nicht von der Diskussion ausgeschlossen sind. Angeblich verstehen ja über zwei Drittel aller Deutschen nicht oder nicht ausreichend Englisch. Ich gehöre leider zu den letzteren Menschen. Bei Russisch hätte ich ja noch einigermaßen mithalten können.
@Stefan: Mal auf die Schnelle und nicht wortwörtlich, der Inhalt sollte aber passen:
Die niederländische Verteidigungsministerin stimmt TdM voll zu. Sie betont das sie dazu genau die selbe Meinung wie Deutschland hat. Deutschland und die Niederlande kooperieren in dieser Sache. Sie will die Opposition nicht bewaffnen, denn das ist riskant. Aber hier gibt es keine Einigkeit in der EU und das muss man akzeptieren, so funktioniert die EU. Sie betont noch einmal allgemein das Risiko und will daher alles, auch vor dem Hintergrund von Libyen und Mali, genau beobachten. Man weiß nicht ob mit der Finanzierung oder Bewaffnung ein neuer Dschihad bewaffnet wird. Man muss sehen was passiert. Sie ist nicht zufrieden mit dem Ergebnis.
Die EU hat mit ihrem (Nicht-)Beschluss nur gezeigt, dass sie handlungsunfähig ist. Und von TdM hätte man schon gerne gewusst, was er als Gegner von Waffenlieferungen denn bitte schön machen will, um diesen Völkermord zu stoppen. Die Ablehnung wortreich zu erklären, reicht ja wohl nicht…
Die Familie meines Freundes lebt in Syrien, fragt nicht, unter welchen Umständen. Finanzielle und sonstige Hilfe kann man nicht ermöglichen. Das Regim…, sogar alle ausländischen Telefionanrufe werden abgehört. Brutalität, lieber Herr Verteidigungsminister, kann man nicht mit Humanität bekämpfen, nur ein noch härteres Vorgehen schafft klare Verhältnisse. Also: helft den Rebellen und das kulturreiche, geschichtlich wertvolle Syrien kommt wieder zur Ruhe.
@Older Adler –helft den Rebellen und das kulturreiche, geschichtlich wertvolle Syrien kommt wieder zur Ruhe.
Sie scheinen zu glauben das die herzfressenden Kannibalen etwas für die Erhaltung der Kultur in Syrien übrig haben. Da irren sie sich. Etliche Moscheen und Grabdenkmäler haben die Salafisten bereits zerstört. Wenn die an die Macht kommen bleibt von Syrien nur ein Trümmerhaufen.
@b
Bilderstürmende Kannibalen haben es aber bisher nirgends, nicht in Nordafrika, nicht einmal im Irak an die Macht geschafft, bei allen Auseinandersetzungen und Bestrebungen in die Richtung und trotz der wenig rosigen wirtschaftlichen Lage. Ich sehe nicht warum das in Syrien jetzt plötzlich der Fall sein sollte, umso weniger wenn der Westen sich endlich durchringen könnte, ideologisch einigermaßen akzeptable Rebellengruppen mit Waffen zu unterstützen. Im Gegenteil sollte doch gerade ein lang anhaltender Bürgerkrieg eine Radikalisierung fördern.
@b
„Wenn die an die Macht kommen bleibt von Syrien nur ein Trümmerhaufen.“
Vielleicht ist ja gerade das die Absicht gewisser politischer Kräfte.
@Ron | 28. Mai 2013 – 15:32
Danke für die Übersetzung! Hat mir sehr geholfen. Die Niederländer scheinen wohl die besseren Partner für Deutschland, als die Briten und Franzosen zu sein.
@Oller Adler | 28. Mai 2013 – 17:39
Im Krieg würden auch in Deutschland alle Telefongespräche abgehört. Wenn nicht, dann wäre unsere Regierung besonders blöd. Möglicherweise gäbe es sogar keine Telefongespräche mehr.
Brutalität kann man aber damit bekämpfen, indem man den Brutalen nicht noch Waffen liefert. Darum ist die Position unserer Regierung richtig.
Das ganze ist ein Religionskrieg Sunniten gegen Schiiten.
Daß man dies im Westen nicht wahrhaben will, verschlimmert die Lage.
Die Regierung kontrolliert inzwischen im wesentlichen die Gebiete, in denen ihre Anhänger leben und umgekehrt.
Gelänge es den Rebellen, diese Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen, wären Massaker die Folge.
Im Prinzip besteht der Unterschied zwischen den „gemäßigten“ und den anderen darin daß die einen das Land auf institutionellem Wege religiös von allen Minderheiten säubern wollen während die Radikalen dies gleich in einem Aufwasch erledigen wollen.
Ich hoffe nur wir gewähren syrischen Christen auch Asyl, denn wir haben sie im Prinzip auf dem Gewissen.
Der Westen zeigt aber meist eine erstaunliche Flexibilität mit dem Völkerstrafrecht. Aus neutraler Warte läßt sich es sich etwa so zusammenfassen daß es strafbar ist, Minderheiten zu vertreiben oder umzubringen, ohne mit dem Westen verbündet zu sein;)
@ JCR
Das ganze ist ein Religionskrieg Sunniten gegen Schiiten.
Nein, das ist genausowenig ein Religionskrieg wie der Nordirland-Konflikt, die Jugoslawienkriege, der Krieg in Afghanistan oder Tschetschenien.
Gelänge es den Rebellen, diese Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen, wären Massaker die Folge.
In genozidären Dimensionen unwahrscheinlich. Genausowenig wie Assad einen Vernichtungskrieg gegen die Sunniten führt, genausowenig führt die Opposition einen Vernichtungskrieg gegen die Alawiten. Noch ist das ein Machtkampf Regime-Anhänger gegen Regime-Gegner. Und auch wenn die Polarisierung mit der Zeit weiter zunehmen wird, an der Natur des Konflikts hat sich da imho noch nichts geändert.
Das heißt nicht, dass es keine weiteren Gräueltaten geben wird, ob gezielt oder beliebig. Aber erfahrungsgemäß sind die eher in den umstrittenen Gebieten zu erwarten, und nicht in den Gebieten, in denen eine Seite klar die Oberhand hat.
Und dass es auch nach zwei Jahren immer noch keine „Front“ gibt (und sei es nur die Aufteilung Stadt/Land), sondern gleich mehrere Großstädte immer noch umkämpft werden, trägt doch maßgeblich dazu bei, dass der Syrien-Konflikt zu blutig ist.
Ein andere Aspekt ist, dass das Assad-Regime nicht vor dem massiven und ungezielten Einsatz von Gewalt in den umkämpften Städten und deren angrenzenden Gebieten zurückschreckt. Clusterbomben auf Wohngebiete sind da keine Ausnahme, sondern Teil der Strategie. Das erinnert halt schon an die Russen in Afghanistan oder die Amerikaner in Vietnam – aber wo das damals ausländische Truppen waren wird es hier durch den Bürgerkriegscharakter nochmal um einiges persönlicher und brutaler.
@J.R. | 28. Mai 2013 – 22:57
Könnte dies nicht auch daran liegen, dass die vom Ausland finanzierten, ausgebildeten und bewaffneten ausländischen Rebellen und Terroristen die syrische Zivilbevölkerung als lebende Schutzschilde nutzen?
Das ist kein Bürgerkrieg, sondern eine ausländische Invasion, an dem mindestens 28 nichtsyrische Nationalitäten und Staatsangehörige, auch „Europäer“, beteiligt sind.
Wer hat hier nun einen Zauberstab zur Lösung der Situation in Syrien oder ganz einfach ausgedrückt, eine Strategie. Der möge sie bitte hier beschreiben …
tez | 28. Mai 2013 – 19:22
Um kulturelle und religiöse Stätten zu zerstören muss man nicht zwangsläufig an der Macht sein, sondern nur hinreichend mächtig, um ein Eingreifen lokaler Behörden zu verhindern (wenn sie nicht ohnehin offen mit diesen Aktivitäten sympathisieren). In Libyen haben Salafisten Sufi-Gräber und WW2-Kriegsgräber zerstört und ich meine mich auch an Meldungen über ähnliche Aktivitäten in Tunesien erinnern…
JCR | 28. Mai 2013 – 22:12
Wie von J.R. schon angesprochen, ist das Quatsch. Die schiitische Bedrohung dient vor allem dazu, die mehrheitlich sunnitischen Bevölkerungen in den arabischen Staaten um die jeweiligen Regime zu scharen. Die anti-westliche Politik des Iran genießt – im Gegensatz zur mehrheitlich pro-westlichen Anlehnung der arabischen Regierungen – hohe Anerkennung, der Rückgriff auf tief verwurzelte anti-schiitische Tendenzen in der Bevölkerung dient den Regierungen zu Legitimierung ihrer anti-iranischen Politik. Siehe dazu auch hier: http://www.mepc.org/articles-commentary/commentary/iran-shia-tide-rising
Das ganze ist kein Religionskrieg zwischen Sunniten und Schiiten. Die Rebellen und die Terroristen sind überwiegend Sunniten und die Mehrheit in der syrischen Armee bilden ebenfalls die Sunniten. Selbst syrische Minister und Generäle sind Suniten. Hier geht es um wirtschaftliche und politische Interessen. Katar will Erdgas über Saudiarabien, Syrien und die Türkei nach Europa (welches nach von russischem Einfluß freien Energielieferungen sucht) liefern. All die genannten Staaten würden davon profitieren und sind natürlich rein zufällig auch die Gegner Assads. Syrien steht dem im Wege, denn es hat einen Vertrag mit Iran und Irak über die Lieferung von iranischem Erdgas über Irak bis zum syrischen Mittelmeerhafen Tartus (zugleich Flottenstützpunkt der Russen). Chinesisches Geld soll dort auch eine Rolle spielen. Die USA sind dagegen, weil deren Erzfeind Iran daraus einen Vorteil hat. Kurz nach dem Vertragsschluß begann die von Katar und Saudi-Arabien finanzierte und den USA und Europa unterstützte „Rebellion“ in Syrien und Syrien wurde über Nacht vom guten Freund zum Feind Nr.1 der Türkei. Wieder ein Zufall.
@ Stefan
Könnte dies nicht auch daran liegen, dass die vom Ausland finanzierten, ausgebildeten und bewaffneten ausländischen Rebellen und Terroristen die syrische Zivilbevölkerung als lebende Schutzschilde nutzen?
Worauf wollen Sie hinaus?
Dass Aufstädnische meist nur schwer vom Rest der Bevölkerung zu unterscheiden sind? Das ist nicht gerade neu.
Dass es sich bei den Bombardierungen um Kollateralschäden handelt? Das ist schlicht falsch.
Es handelt sich um strategische Gewaltanwendung (Repression, Exempel-statuieren) um Menschen in den Gebieten, in denen die Opposition Einfluss/Kontrolle ausüben kann, davon zu überzeugen sich doch lieber unter den Eindfluss/Kontrolle der Regierung zu begeben
– Entweder durch Flucht. (Was den aufständischen Kämpfern vor allem die Möglichkeit nähme in der Bevölkerung unterzutauchen, und gleichzeitig die Bevölkerung in Flüchtlingslagern unter die Kontrolle des Regimes brächte. Dass das Regime damit die syrische Flüchtlingsproblematik anheizt ist zwar offensichtlich, wird aber anscheinend nur zu gerne igonoriert.)
– Oder eben durch Kollaboration mit Regierung.
Wie gesagt, das ist schlicht Gewaltandwendung mit dem Ziel, die anvisierte Bevölkerung zu überzeugen, dass die Gegenseite (bzw. deren Kontrolle, Agieren, etc. und eben deren Unterstützung mit ihr) nicht in ihrem Interesse ist. Das ist brutal, das ist ein klarer und systematischer Verstoß gegen das Zusatzabkommen II der Genver Konvention, das ist letztlich staatlicher Terror (was für das Assad-Regime jetzt auch nichts ungewöhnliches ist)..
Aber diese Gewalt ist rational.
Es ist ein in Bürgerkriegen alles andere als ungewöhnliches Vorgehen, und folgt der gleichen Logik mit der beispielsweise die Aufständischen in Afghanistan mehr oder weniger willkürlich gegen „regierungstreue“ Dörfer Exempel statuieren – auch gerade wenn sie selbst vor Ort nicht die Mittel für gezielte Gewalt haben.
Nur scheint in Deutschland kaum wer die Logik dahinter zu verstehen. Schon die Tatsache, dass Überzeugungen und tatsächliches Tätigwerden in Bürgerkriegen zwei sehr separate Aspekte sind scheint oft nicht klar zu sein.
Um mal wieder bei den internen Vertreibungen zu bleiben: Solcherart heimatlos gebombte Flüchtlinge werden eine Ablehnung gegen das Regime entwickeln. Gleichzeitig sind Flüchtlingslager unter Regierungskontrolle aber trotz vereinzelter Gewalt keine Sicherheitsbedrohung, weil die Ablehnung nicht in Taten umgesetzt werden kann. (Eben weil gut zu kontrollieren, und eben weil die Menschen zu entwurzelt und unorganisiert sind. Eine bewaffnete Opposition ist dort kaum aufzubauen.)
Und nur eine Folge dieser … Unwissenheit ist eben, dass die systematische Bombardierung von Wohngebieten seitens des Regimes in/bei umstrittenen Gebieten eben nicht verstanden wird, und dann zu einer … fälschlichen Interpretation der Wirklchkeit führt.
Die Pro-Regime-Seite bezweifelt die von vorneherein („Warum sollte Assad Gewalt gezielt gegen Zivilisten einsetzen?“), für die Pro-Oppositions-Seite ist es schlichter Sadismus oder Beweis für einen Vernichtungskrieg. Dabei ist es weder das eine noch das andere.
Und das ist jetzt nur ein Beispiel für typische Bürgerkriegs-Muster. Die aber von vielen schlicht nicht gesehen werden, nicht zuletzt weil sehr selbstgefällig-ideologisch-ignorant-oberflächlichen „Analysen“ einer Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation im Weg stehen. Und da sind „Die Amis waren’s (und daher betrifft es mich nicht)“ und „Ist halt ein religiöser/ethnischer/whatever Konflikt (und daher betrifft es mich nicht)“ anscheinend die beliebtesten Ausreden um sich bequem zurückzulehnen.
Aber wenn Gewalt weitgehend lokal und weitgehend unideologisch ist, dann werden internationale Konferenzen wenig bringen. Aber das ist halt noch so eine unbequeme Wahrheit, die man schon in Afghanistan nicht lernen wollte. (Aber da waren ja auch alles die Amis und die Islamisten…)
@J.R. | 29. Mai 2013 – 8:11
Dies ist auch kein Bürgerkrieg. Das ist ein haupsächlich vom Ausland finanzierter und von tausenden Ausländern geführter Krieg gegen das Assad-Regime und große Teile der syrischen Bevölkerung. Die innersyrische Opposition lehnt Gewalt ab.
@ Stefan
Dies ist auch kein Bürgerkrieg.
Natürlich ist das ein Bürgerkrieg:
– 80.000 Tote,
– 1,3 Mio. Flüchtlinge
– ganzen eingeebneten Stadteile
– einer laut BND-Schätzung 100.000 Kämpfer zählenden militante Oppositionsbewegung
– Eine Regime-Armee, von deren ursprünglich 220.000 Soldaten 13.000 gefallen und 40.000 desertiert sind, und von den verbliebenen nur etwa 50.000 wirklich loyal zum Regime stehen.
Und erst recht ist das kein von tausend Ausländern geführter Krieg. Das „International Centre for the Study of Radicalisation and Political Violence“ schätzt die Zahl der ausländischen Kämpfer auf maximal 5500, der BND wie gesagt auf „einige tausend“. (Davon nebenbei aus Europa etwa 500.) Auf der Regime-Seite sind Hisbollah und Revolutionsgarden auch nicht ausschlaggebend.
Die einhellige Meinung der Experten ist, dass in dem Konflikt deutlich weniger als 10% der Kämpfer Ausländer sind.
Dass der Zufluss ausländischer Kämpfer auf beiden Seiten erst Ende 2012 wirklich in Fahrt kam ist ebenso dokumentiert, entsprechend wirklichkeitsfern ist das Gerede von einer ausländischen Invasion.
Und ganz nebenbei: Die meisten Menschen in einem Bürgerkrieg wünschen sich vor allem ein Ende der Gewlt. Aber auch hier gibt es wieder eine Kluft zwischen dem Wollen und dem in der realen Situation für notwendig Erachten.
Selbst Ihre (nur) 5500 Ausländer wären tausende Ausländer (wie ich schrieb). Was dort wirklich passiert weiß nicht einmal der BND so richtig. Noch vor einer Woche hieß es, Assad ist am Ende und seit einigen Tagen kommt man zu einer genau gegenteiligen Einschätzung. So wie es viele wirklich vor Ort befindlichen Journalisten seit Monaten berichten. Das ist kein Bürgerkrieg, weil dort äußere Mächte die Fäden ziehen, weil es dort um Gas und viel Geld geht. Und eben nicht um die Menschen dort. Die innere syrische Opposition hat erst gestern, lt. EuroNews, eine Vertretung des syrischen Volkes bei Genf 2 durch die bewaffnete Opposition abgelehnt, da sie ausländischen Interessen diene. Selbst die USA haben die Al Nusra zu ausländischen Al Kaida-Terroristen erklärt.
@ Stefan
Noch vor einer Woche hieß es, Assad ist am Ende und seit einigen Tagen kommt man zu einer genau gegenteiligen Einschätzung.
Die Einschätzung stammt vom August 2012. (Nochmal ein Spiegel-Link)
Außerdem gab es seitdem keine gegenteilige Einschätzung, sondern die Feststellung dass sich das Regime im Süden konsolidieren kann, und dort wieder zu begrenzten Gegenoffensiven in der Lage.
Einen Sieg des Regimes sieht derzeit niemand:
„Allerdings könne Assad dem BND zufolge so die Aufständischen zwar in Schach halten. Das Regime habe aber kaum Chancen, die Oppositionskräfte zu besiegen.“
Wobei Assad halt die deutlich bessere Pressearbeit macht. ;)
Während alle Welt über die Hisbollah-Offensive bei Qusair spricht geht anderes halt unter, beispielsweise:
– Die Massaker bei Bayda und Baniyas mit um die 140 Toten wurden trotz guter Quellenlage in den deutschen Medien nur gestreift
– Der Fall von ar-Raqqah an die Rebellen im März ging ebenfalls unter.
– Dass die Rebellen ihre Gebiete im Norden und Nordwesten weiter konsolidieren konnten; Dörfer, Außenposten und Versorgungsrouten sind halt nicht so spektakulär, als dass es für große Schlagzeilen reichen würde.
In der Summe macht das aber schon ne ziemliche Fläche aus: Karte über die Kontrolle von Ortschaften im Syrien-Bürgerkrieg
Und ja, dass die syrische Opposition sehr uneinig ist, sowohl was die Kämpfer vor Ort, als auch die diversen Auslandsorganisationen angeht, ist leider wahr und nicht gerade neu. (Diese Uneinigkeit, auch gerade zwischen den Auslands-Organisationen und den lokalen Organisationen, beißt sich nebenbei mit der von Ihnen so oft bemühten Argumentation, der Syrien-Konflikt wäre eine aus dem Ausland vorbereitete und mit Ausländern geführte Invasion Syriens.)
Und bei der EuroNews-Mittelung sollten sie vielleicht genauer hinschauen. (Originaltext hier.) Da schreibt die (inländische) Syrian Revolution General Commission (SRGC) mal wieder gegen die National Coalition for Syrian Revolutionary and Opposition Forces an (SNC; jenen „Dachverband“, der von der Türkei favorisiert wird). Dass die SRCG (nebenbei auf den Sturz Assads ausgerichtet und nicht gewaltfrei) für die SNC wenig über hat (in der u.a. das von der Türkei gepushte National Coouncil, NC, eine nicht geringe Rolle spielt), ist nicht gerade neu. Übrigens nicht so sehr wegen der ausländischen Unterstützung der NSC, sondern wegen deren Zerstrittenheit (und nebenbei dem Ungleichgewicht in den Vertreter-Zahlen). Das wird auch wieder im Schreiben kritisiert – insbesondere die Unfähigkeit, sich auf Vertreter für Genf zu einigen.
Dass die SRCG die andere inländische Verbände mit ins Boot holen konnte ist da glaub schon bemerkenswerter:
– Die Local Coordination Committees (LLC), die sich u.a. auf das Durchführen der friedlichen Demonstrationen konzentrieren. (Das ist glaub die einzige gewaltfreie der drei Verbände.) Die LLC sind nebenbei Mitglied des NSC.
– Das Supreme Council of the Syrian Revolution (SCSR) .
– Syrian Revolution Coordinators Union (SYRCU), humanitäre und selbst gewaltfreie Ausrichtung, aber nicht pazifistisch eingestellt
Von den Unterzeichnern sind meines Wissens nach nur die LLC im SNC vertreten. Und ja, diese Verbände scheinen die bürgerrechtliche Graswurzelbewegung ganz gut abzubilden, weswegen man das Schreiben wohl trotz der bestehenden Gräben ernstnehmen sollte.
(Umfangreichere Infos konnte ich leider nur auf Englisch finden:
– BBC News: Guide to the Syrian opposition
– FP: Disorganized like a fox)
Übrigens:
– Noch mehr spinnefeind sind sich die NSC und die Al’Nusra. (Soviel nochmal zum Europa und USA fördern gezielt die Islamisten.)
– Nicht beteiligt an dem Brief haben sich unter anderem folgende SNC-Mitglieder: Supreme Military Council (SMC), die Free Syrian Army (FSA) und das Kurdish National Council (KNC)
– Gerade diese Graswurzelbewegungen, zusammen mit den syrischstämmigen Kämpfern, die ja die absolute Mehrzahl stellen, sind noch so ein Indiz gegen Ihre „ausländische Invasions“-These.
Nun ja, da haben wir eben eine etwas abweichende Meinung. Wäre ja auch langweilig, wenn hier alle die gleiche Meinung hätten. Wunsch und Wirklichkeit liegen dort für mich weit auseinander. Ich sehe die Situation für die Opposition nicht so positiv, wie Sie.
Warten wir ab, was wirklich passiert. Als sicher gilt, dass Syrien mittels S.300 eine Flugverbotszone für Luftraumverletzer und Angreifer einrichten wird. Syrien hat laut Präsident Baschar al-Assad die erste Partie der Fliegerabwehraketen S-300 erhalten. Das russische Außenministerium wies insbesondere darauf hin, dass die Lieferungen der Luftabwehrsysteme S-300 ein Eindämmungsfaktor seien, der eine äußere Einmischung in den Syrien-Konflikt verhindere. Wenn sich an der russischen Praxis nichts geändert hat, werden die ersten Jahre auch russische „Militärberater“ in den Kabinen sitzen. Die müssen natürlich auch geschützt werden … . Ich erinnere nochmals daran, dass Putin gesagt haben soll, er würde Syrien noch in den Straßen von Moskau verteidigen.
Assad wird bis 2014 gewählter Präsident bleiben und dann wird allein das syrische Volk in Wahlen, so wie es sich gehört, über den nächsten Präsident entscheiden. Der könnte auch Assad heißen. Nicht nur in den USA, sondern auch in Syrien wird ein amtierender Präsident im Krieg gestärkt. Die Wahlbeteiligung und Zustimmung am syrischen Verfassungsreferendum 2012 war schon ein Zeichen dafür. Wer Assad weg haben will, der muß die Taktik ändern.
Naja, eine Luftverbotszone gegen wen?
In der internationalen Staatengemeinschaft ist niemand scharf drauf zu intervenieren, und gegen das Veto Russlands erst recht nicht. Ob Assad dann noch zusätzlich S-300 hat oder nicht spielt doch kaum eine Rolle.
Das ist wieder Wichtigtuerei auf der internationalen Bühne, genauso wie das EU-Waffenembargo oder die Patriots an die Türkei. An der Situation im Bürgerkrieg ändert das wenig.
Gleiches gilt für die von Assad angekündigten Präsidentschaftswahlen. Eine relevante Opposition gibt es im offiziellen syrischen System nicht. Da ist nix frei und gerecht, und das schon ohne Bürgerkrieg und praktische Zweiteilung des Landes. Mal wieder ne Farce für die internationale Bühne und die eigenen Anhänger. Das kann Assad aus dem FF, keine Frage.
(Galt übrigens auch schon für das Verfassungs-Referendum, wo der Grundsatz „Kontrolle führt zu Kollaboration“ an der regionalen Verteilung der Wahlbeteiligung sehr gut zu beobachten war. Erinnert mich irgendwie stark an die Wahlen in Vietnam…)
Und nein, ich sehe die Position keiner der beiden Seiten positiv. Auf strategischer Ebene ist das mittlerweile ein ziemliches Patt, und das bedeutet dass der Konflikt sich weiter hinziehen und beide Seiten sich wohl auch weiter radikalisieren werden.
Weder durch das Eingreifen Irans und der Hisbollah auf der einen Seite, noch durch das Freiwerden von Oppositions-Kämpfern, die derzeit noch in der Belagerung von Militärbasen im Norden gebunden sind, ist eine große Wende zu erwarten.
Wie stark beide Seiten sind ist dabei natürlich debatierbar. Die Zahlen schwanken natürlich, beide Seiten betreiben eifrig Propaganda, und empirische Studien vor Ort sind fast unmöglich.
(Aber: Nur gegen „ein paar Terroristen“ allein wäre ein solcher Kontrollverlust schlicht nicht möglich gewesen, auch gerade in Anbetracht des durchaus effektiven wenn auch nicht zimperlichen syrischen Geheimdienstes.)
Aber ein paar Punkte sind halt schlicht falsch:
– Es gäbe keinen Bürgerkrieg
– Das wäre kein endogen-syrischer Konflikt
– Der Konflikt würde hauptsächlich von Ausländern geführt
– Das sei ein ethnischer oder religiöser Konflikt
J.R. | 30. Mai 2013 – 14:56
Zitat: „Naja, eine Luftverbotszone gegen wen?“
Gegen alle ausländischen Kräfte, die den Luftraum Syriens, entgegen jedes Völkerrecht, verletzen. Wie ich oben schon schrieb „Das russische Außenministerium wies insbesondere darauf hin, dass die Lieferungen der Luftabwehrsysteme S-300 ein Eindämmungsfaktor seien, der eine äußere Einmischung in den Syrien-Konflikt verhindere.“. Es geht darum ein libysches Scenario zu verhindern. Wenn Sie meinen Kommentar richtig gelesen hätten, dann hätten Sie wohl diese Frage nicht gestellt.
Es gibt Meldungen, dass über 100.000 Ausländer in Syrien kämpfen. Dort führen zwei, dabei vom Westen unterstützte, üble relegiöse Golfdiktaturen einen Krieg gegen eine weltliche Diktatur (genau wie damals in Libyen). Das ist für mich kein Bürgerkrieg.
Ich stimme mit Ihnen überein, dass dies kein ethnischer oder religiöser Konflikt ist. Ich habe bereits oben erläutert, das es um Geld, Rohstoffversorgung und Gastransportwege geht. Wie immer eigentlich.
Hunderttausend Ausländer?
Kann gut sein. Dieses Phänomen nennt sich Hisbollah.
Wer sind denn immerzu diese militärisch ausgebildeten Heerschaaren von ausländischen Kämpfern, die seit Jahrzehnten in die Kämpfe der Region eingreifen, und wer bildet sie aus?
Einschätzung der Lage in Syrien. Vielleicht hier von Interesse:
http://www.phantomreport.com/syrias-low-intensity-conflict-hybrid-war-a-military-strategic-assessment
Über Syrien hinaus sind die hybriden Konfliktformen von Interesse. Bei uns schwankt das Konfliktverständnis zwischen AFG und Landes- als Bündnisverteidigung.
Dazwischen ist jedoch ein breites Feld an Mischformen, die noch schwieriger sind.
Bin jetzt vor kurzem über das Blog „Political Violence @ a Glance“ gestolpert, und die Links in deren aktuellem Weekly Roundup paßt glaub ganz zur Diskussion hier.
@califax
Naja, 3000-4000 Hisbolah-Kämpfer in Syrien dürfte realistischer sein. (Die Zahl wurde von Frankreich genannt.)
@J.R. Ich gehe davon aus, daß die organisierten und bewaffneten Milizen, die sich in der Region relativ frei bewegen können, auch den Großteil der ausländischen Kämpfer in der Region stellen. Die 100.000 als Zahl kam von unserer Prawda hier. Dem Herren möchte ich doch keine Phantasiezahlen unterstellen. :-)
Wie sieht das jetzt eigentlich mit russischen Fla- und Küstenschutzraketen aus? Wäre schön blöd, wenn da modernes Zeug in die Hände der Hisbollah käme.
@califax
C-701 und C-802 ist im Bestand. Reicht so schon aus. Die russischen Geräte wären eine nette Ergänzung, aber da ist bereits jetzt schon genug verfügbar. Die beiden genannten reichen vollkommen aus, um einen den Tag zu versauen.
@NMWC:
Danke! Irgendwie sieht das Mittelmeer auf einmal so klein aus. :/
Littorals/ Confined and Shallow halt…. :))
Bekannte „Probleme“/Herausforderungen für diese Gewässer