RC N Watch: Weitere Routineeinsätze im Norden
Bei dem Pressestatement von Verteidigungsminister Thomas de Maizière am (gestrigen) Sonntag zum Tod des KSK-Soldaten ist manchen die Passage aufgefallen (und mit Irritation zur Kenntnis genommen worden), es habe sich um einen Routineeinsatz gehandelt. Ein Blick auf das heute morgen veröffentlichte Operational Update des ISAF Joint Command belegt, dass so etwas tatsächlich Routine ist – und wirft erneut ein Schlaglicht auf die Lage im ruhigen Norden:
Responding to an attack on another ANSF unit, Provincial Response Company Baghlan enabled by coalition forces responded as a quick reaction force, killed six insurgents in Baghlan E Jadad district, Baghlan province, yesterday. The joint force engaged several insurgents armed with small arms and RPGs shortly after being dispatched by the Provincial Chief of Police.
Das dürfte die Folgeoperation zu der Operation mit KSK-Begleitung gewesen sein – und enabled by coalition forces lässt wiederum zumindest vermuten, dass daran auch deutsche Spezialkräfte beteiligt waren.
Das war aber noch nicht alles im Bereich des Regionalkommandos Nord:
An Afghan and coalition security force killed one insurgent during an operation in search of a senior Taliban leader in Nahrin district, Baghlan province, today. The leader is the ranking Taliban military official in Nahrin district. He and his cell of insurgent fighters have conducted a campaign of assassinations in the district, collected illegal taxes from local civilians, and participated in multiple attacks against Afghan and coalition forces. He is instrumental in training and familiarizing new fighters in the area and has a history of coordinating suicide attacks with local Islamic Movement of Uzbekistan terrorist groups. As the security force approached the leader’s suspected location, one insurgent maneuvered against the Afghan and coalition troops. After positively identifying the lethal threat, the security force fired upon the insurgent, killing him. The security force also seized a light machine gun and ammunition as a result of the operation.
An Afghan and coalition security force killed one insurgent during an operation in search of an insurgent leader with ties to the Taliban and the Islamic Movement of Uzbekistan in Baghlan-e Jadid district, Baghlan province, yesterday. The leader directs improvised explosive device operations targeting senior government officials and Afghan and coalition forces in multiple districts throughout Baghlan province. He also works directly with Taliban senior leadership to disseminate information to low-level fighters and is vital in facilitating money and weapons to insurgent groups in the local area.
Afghan and coalition security forces confirmed today the arrest of a senior insurgent leader with ties to both the Taliban and the Islamic Movement of Uzbekistan during an operation in Burkah district, Baghlan province, yesterday. The leader has operational control over a group of fighters responsible for multiple attacks against Afghan and coalition forces. He is vital in facilitating the movement of weapons, particularly rocket-propelled grenades, to insurgent fighters in the area. He and his group also collect illegal taxes from the local populace in order to fund terrorist activity.
Alles in der Provinz Baghlan, die offensichtlich unverändert die Problemprovinz im Norden bleibt.
Ein Nachtrag zu der gestrigen Meldung vom Beschuss deutscher Hubschrauber: Ein Leser weist zu recht darauf hin, dass ein Flug mit dem CH53 nach Kabul ungewöhnlich ist – angesichts der technischen Herausforderung wegen der damit verbunden Flughöhe über dem Hindukusch (in früheren Fällen hatte die Bundeswehr ja auch Verlegungsflüge über den Hindukusch in die afghanische Hauptstadt mit eigenen Meldungen gewürdigt– finde die gerade allerdings nicht). Ein solcher Flug aus dem Süden Baghlans nach Kabul muss schon einen triftigen Grund haben – ein weiterer Hinweis darauf, dass in der Region derzeit auch von deutscher Seite deutlich mehr passiert als mitgeteilt wird.
(Foto: Am Observation Post (OP) North in der Provinz Baghlan – Bundeswehr via Flickr unter CC-BY-Lizenz)
Ähnliche Berichte gibt es ja seit Wochen (war ja auch hier mehrfach Thema).
Dass das KSK derlei als Hauptaufgabe hat ist auch öffentlich (!) bekannt.
Die Irritationen kann ich daher nicht nachvollziehen.
Irritationen bei Pressevertretern und/ oder Politikern?
Oder bei Lesern von augengeradeaus.net?
Hatte gestern den Eindruck, dass manche meiner Kollegen (aber auch Politiker) den Begriff Routineeinsatz merkwürdig fanden.
Ups. Ist da echt noch Krieg?
Aber wir haben doch Bundestagswahl. Das sollte man den Taliban mal mitteilen.
Und dass das BMVg so offen das KSK anspricht soll bestimmt betonen, dass das ja nix mit den „regulären“ Kräften zu tun hat…
Tja. Die Realität vor Ort und die Wahrnehmung in DEU sind schon unterschiedlich.
Bei den PRT gab es ja auch oft grüne Bereiche auf der Karte. Nach Nachfragen ergab sich, dass man einfach keine Kräfte vor Ort hatte um aufzuklären. Also pauschal alles ruhig und stabil. Also fährt keiner mehr raus und alles ist gut. Klingt.nach den 4 pinguinen…
@T.W.:
Routine ist doch eine regelmäßig wiederholte Tätigkeit, oder?
Somit scheint mir diese Begrifflichkeit hier zu passen.
Wenn jedoch hauptamtliche Begleiter und Entscheider die „Routinen“ nicht kennen (wollen?), scheint mir das nicht der Fehler des BMVg zu sein.
@T.W. Also eigentlich müssten ihre Kollegen ja auch einigermaßen informiert sein und Politiker sowieso, aber ich dachte mir das man vielleicht eine SPEZIALeinheit mit Routine als Diskrepanz wahrnimmt (Etw. spezielles mit Routine?). Also im Sinne von das GSG9 als Spezialeinheit hat ja auch keine routinemäßigen Einsätze und kommt nur in Spezialfällen zum Einsatz – und das GSG ist wahrscheinlich zumindest in der breiten Bevölkerung besser bekannt als das KSK, das ja immernoch in viel Schweigen gehüllt ist. Aber wie gesagt eigentlich dürfte das bei Journalisten die in dem Bereich arbeiten nicht für irritationen sorgen und bei Politikern aus dem Bereich schon gar nicht.
So, so, Folgeoperation. Das hört sich für mich nach: „Wir haben sie!“ an, und das ist die gute Nachricht zur schlechten.
Die Folgeoperation zeugt wiederum von der Geisteshaltung der Spezialkräfte (und auch anderer Truppengattungen):
Initiative gewinnen und halten!
Leider ist diese Haltung in den höheren Ebenen alles andere als Routine.
Ich will nicht trollen oder so, aber gerade bei deutschen Spezialkräften befürchte ich irgendwie latent (einfach aus dem Bauch heraus und wegen der Schlagzeilen von vor einigen Jahren von wegen Unterforderung und so), dass die Kräfte eben öfters in routinemäßigen Einsätzen verheizt werden könnten, die nicht unbedingt von Spezialkräften wahrgenommen werden müssten oder gar sollten.
Spezialeinsätze sind nie routinemäßig, jeder Einsatz wird gründlich geplant und hat immer ein bestimmtes Ziel. Es ist also nie eine Wiederholung, höchstens eine ähnliche Operation.
Das hat nichts mit den militärischen Führern vor Ort zu tun und würde sich mit mehr Kenntnis über die tatsächlichen Operationen mit Sicherheit relativieren, aber es schwingt doch immer noch mit. Gerade wegen der schleppenden Entwicklung im Bereich der Rahmenbedingungen zu Spezialeinsätzen (Helis, Drohnen, blabla) beschleicht mich immer das Gefühl, das KSK würde von einigen Politikern oder auch Militärs eher als eine Art Premiumtruppe verstanden, die mit allem fertig wird.
Gemäß der Forderung die GSG-9 beim G8 in Heiligendamm einzusetzen in etwa. :)
Nun ja. Wir werden sehen was die nächsten Tage bringen, ich hoffe wir kriegen hier noch ein paar Infos zu dem, was gerade vor geht
@Niklas:
Bei der Verwendung des Wortes „Routine“ ahnte ich schon den Einwand (Routine ist der größte Feind…). Nach meinem Verständnis ging es GenLt Fritz darum aufzuzeigen, dass es sich bei der Operation um keine außergewöhnliche Operation für SpezKr handelt.
Da die Spezialkräfte der ANP Zugriffe in schwierigem Umfeld durchführen sollen, ist dieser „Military Assistance“-Einsatz aus meiner Sicht durchaus eine Aufgabe für Spezialkräfte.
Der Blick nach Kunduz ist vielleicht auch von Interesse: http://www.longwarjournal.org/archives/2013/04/increased_raids_agai.php
Wobei hier wohl eher die Amis aktiv waren.
@ Memoria
Okay, das seh ich natürlich ein.
@Niklas, das kommt oft vor ,ich sag mal die PJs der Airforce machen zum Großteil auch nur Medivac, im Grunde genommen genau das selbe wie die Sannis vom Heer früher auf Blackhawks oder jetzt mit dem NH, in Afg obwohl sie auch zu CSAR in der Lage sind, trotzdem halte ich die Aussage für Wertlos, momentan ist der heißeste Einsatz der BW halt einer mit geringer Intensität (zum Glück) und wieso soll Mann die Besten die man hat dann zuhause lassen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass der Einsatz asymmetrisch ist, dass heißt die Intensität schwankt, um es einmal Simpel auszudrücken.
Die „Folgeoperation“ war ein klassisches „Nachspiel“. Calw hat gepunktet, aber trotzdem verloren.
Wir sind uns alle im Klaren darüber, dass es zwischen Patroullienführern, **Kommandeuren und der Leitung unterschiedliche Bewertungen gibt. Man wird das Gefühl nicht ganz los, dass die Bewertung, die „nützt“, ab einer Ebene der Führungkultur greift, die mehr das eigene Ego fehlerlos und glatt befördern möchte als die Sache. Es gibt menschlich erfrischende Ausnahmen.
Die Diskussion über Begriffe im öffentlichen Raum ist spätestens seit der Nutzung „kriegsähnlich“ statt Stabilisierung fatal, der selbst wir auf dem Leim gegangen sind. Gefechte auf Kompanieebene haben doch rein gar nichts mit der soldatisch aufschäumenden Kriegsrhetorik gemein.
Ein weiterer Bericht zur Lageentwicklung im Norden:
http://www.immigvanheugten.nl/?p=14844
HIG und TLB konzentrieren sich – angeblich – wieder auf den gemeinsamen Feind.
Schlägereien auf Zypern und Chinesen sind hier aber offenbar von größerem Interesse.
@ Frank
Es ging nur kurz um das fundamentale Verständnis von Spezialeinsätzen und wie das eigentlich in Deutschland aussieht. Die Aussage, man könne die Besten ja nicht zu Hause lassen, bestätigt mich komischerweise, weil es genau das ist, was ich meine. Manchmal ist man mit einer Fallschirmjägerkompanie wesentlich besser dran, als mit 8 Kommandosoldaten. Das will ich im Grunde damit sagen. Memoria hat aber gekramt und informiert, dass der hier ja diskussionsauslösende Einsatz in der Tat eine Aufgabe für das KSK war, womit sich der Punkt hier erstmal erledigt hat.
Danke an Memoria fürs emsige Sammeln, gibt es da einen Krieg innerhalb des Krieges?
Weitere Routineeinsätze im Norden (und sonstwo):
http://www.isaf.nato.int/article/isaf-releases/isaf-joint-command-operational-update-may-10th.html
Keep the pressure!!!
Noch ein Bericht zur Situation in Baglan:
http://www.longwarjournal.org/archives/2013/05/isaf_launches_multip.php#ixzz2Sr5Ue9mH
RC N Watch.
Sonntägliche Routine in Baghlan:
„ISAF Joint Command Operational Update
KABUL, Afghanistan (May 12, 2013) – An Afghan and coalition security force arrested a senior insurgent leader with ties to the Taliban and the Islamic Movement of Uzbekistan and one other insurgent during an operation in Burkah district, Baghlan province, today.
The senior leader is in charge of a group of fighters responsible for a wide range of insurgent activities. He and his cell have murdered Afghans, kidnapped Afghan civilians for ransom, conducted robberies against local businesses and collected illegal taxes in order to fund insurgent operations. He also facilitates the movement of weapons and suicide vests in the local area.
The security force also seized one AK-47, five rocket propelled grenades, seven RPG propellants, two fragmentary grenades, ammunition, six magazines and improvised explosive device making material as a result of the operation.“
Aus den Augen aus dem Sinn…