PsyOps für die ALP: Afghanisches „Vertrauen in die eigenen Sicherheitskräfte“?
Das aktuelle Bundeswehr-Video über die Arbeit der Operativen Information (OpInfo), international PsyOps (Psychological Operations) genannt, in Nordafghanistan wirft doch ein paar Fragen auf. Ziel der OpInfo-Arbeit, so heißt es in dem Bericht, sei im aktuellen Fall, das Vertrauen der Afghanen in die eigenen Sicherheitskräfte zu stärken:
Hm, ja. Am Beispiel der Afghan Local Police (ALP). Das sind die, über die die Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) vor ein paar Wochen in einem Bericht schrieben:
Recruitment of entire armed groups into ALP (Afghanistan Local Police) heightens existing concerns about the viability and appropriate conduct of Government security forces based on the true loyalties of those serving within them. Community members in the northeast region reported to UNAMA that some members of armed groups who recently joined ALP, continued their previous activities and affiliations. This was particularly the situation when prominent commanders were recruited as ALP members or when entire armed groups were absorbed as ALP. A local health-worker from Takhar province described this situation as: “ALP by day, militia by night”.
Der ALP hatte sich die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bereits 2011 angenommen: “Just Don’t Call It a Militia” – Impunity, Militias, and the “Afghan Local Police”
Zu dem schwierigen Umfeld aus bewaffneten Milizen und ALP gibt es bei Irinnews, einem Informationsdienst des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, heute ebenfalls Interessantes zu lesen: Security and aid work in militia-controlled Afghanistan – wiederum mit der Region Kundus und anderen Gegenden des Nordens im Mittelpunkt.
Vor dem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass die ALP Unterstützung von ISAF mit Werbespots gut gebrauchen kann.
Die gute Nachricht : Wir haben die PsyOps endlich in die Wüste geschickt
…die schlechte: beim Abzug dürfen wir sie nicht da lassen ;-(
Die ALP „… soll das subjektive Schutzbedürfnis der Afghanen erhöhen.“ Freud’scher Versprecher würde ich sagen…
@klabautermann Freue mich jeden Tag über solch qualifizierten Aussagen zu PSYOPS.
Mit Worten sind ja „bekanntlich“ bereits viele Kriege gewonnen worden…
Gibt es für diese OpInfo „Truppe“ eigentlich einen Kosten-Nutzen-Vergleich?
In den letzten vier Jahren habe ich an zahlreichen Veranstaltungen teilgenommen bei denen viele zivile Experten zu verschiedenen Konflikten vorgetragen haben: Afghanistan, Irak, Iran, Syrien, etc. Keiner war der Meinung das ein Loesung durch bessere Waffen erreicht wuerde. Alle sehen eine Loesung in mehr Information und Kommunikation. Das funktioniert aber nur, wenn Worte und Handlungen im Einklang geschehen. Wenn die OpInfo Truppe die ALP promoten soll, was ein militaerischer Auftrag fuer sie ist, kann das nur funktionieren, wenn sich die ALP auch „anstaendig“ verhaelt. Darauf hat aber OpInfo keinen Einfluss.
PS: Wenn Sie ein zuverlaessiges Verfahren haben, wie man den Erfolg von Kommunikation in Gebieten wie Afghanistan messen kann, duerfen Sie es gerne vorschlagen.
@Kottem1
freuen Sie sich weiter—–aber, Sie sollten sich nen neuen Job suchen…just in case ;-)
„PS: Wenn Sie ein zuverlaessiges Verfahren haben, wie man den Erfolg von Kommunikation in Gebieten wie Afghanistan messen kann, duerfen Sie es gerne vorschlagen.“
Das Mittel nennt sich gemeinhin Meinungsumfrage bzw. Wirkungsanalyse.
Wow, ich hätte echt nicht erwartet, dass es noch jemanden gibt, dem die Rolle und Bedeutung von Information und Kommunikation im militärischen/sicherheitspolitischen Bereich noch so überhaupt nicht klar ist…
Natürlich führen Worte „allein“ nicht zu einem erfolgreichen Einsatz, aber das tut auch nichts anderes. Aber kluge Nutzung des Informationsumfeldes kann massive militärische Vorteile verschaffen, selbst in ‚klassischen‘ konventionellen Konflikten. Die Serben haben’s vorgemacht, als die NATO 1999 nachts versehentlich einen zivilen Konvoi angegriffen hat. Schwupps ein paar westliche Fernsehteams danach zum „Tatort“ und die nächtlichen Angriffe der NATO waren Geschichte. Mit allen Vorteilen, die die Serben dadurch gewonnen haben, z.B. die Möglichkeit ungestörter Truppenbewegungen.
Über die tatsächliche Umsetzung von PSYOPS oder der Ausgestaltung von InfoOps könnte man ja wieder reden, aber das ist mit Sicherheit eine der zukünftig bedeutensden militärischen Fähigkeiten.
„Über die tatsächliche Umsetzung von PSYOPS oder der Ausgestaltung von InfoOps könnte man ja wieder reden, aber das ist mit Sicherheit eine der zukünftig bedeutensden militärischen Fähigkeiten.“
Was mich nochmals zu der Frage verleitet: Ist die Wirkung belegbar?
Im Kosovo hat man sich z.B. sehr wohlwollend über die Dritarja geäußert, da man ob der besseren Papierqualität den Fisch besser als in gewöhnliches Zeitungspapier einwickeln könne. Ist das nun die beabsichtigte Wirkung im Ziel?
„Was mich nochmals zu der Frage verleitet: Ist die Wirkung belegbar?“
Ja, hier z.B:
http://192.5.14.43/content/dam/rand/pubs/monographs/2012/RAND_MG1060.pdf
Und ja, ich habe auch gesehen, dass es PSYOPS-Maßnahmen gab, die wirkungsvoller waren als andere und manche auch Totalausfälle. Aber das liegt in der Natur der Sache, solche Maßnahmen lassen sich wie letztlich jede „Werbung“ (verkürzt gesagt) nur bedingt vor ab planen.
@DS
„U. S . Military Information Operations in Afghanistan
Effectiveness of Psychological Operations 2001 – 2010“
ist bestimmt eine spannende Lektüre (Sie werden enschuldigen, daß ich diese 203 Seiten nun nicht lesen werde), aber was hat das nun mit OpInfo zu tun?
In den USA ist PsyOps dem SOCOM unterstellt und hat eine „etwas“ andere Ausrichtung.
Äpfel und Birnen?
„Das Mittel nennt sich gemeinhin Meinungsumfrage bzw. Wirkungsanalyse“
Prima. Dann befragen Sie mal Frauen in Afghanistan. Oder schon einmal von „sozialer Erwuenschtheit“ gehoert.
Oder, um mal ein einfaches Beispiel zu nehmen: wenn man Flugblaetter auf Soldaten im Irak abwirft und sie sich dann ergeben, haben sie das aufgrund des Flugblattes gemacht oder vielleicht weil sie nichts mehr zu essen hatten.
Aber, wie gesagt, wenn Sie so genau Bescheid wissen, sollten Sie sofort als Contractor anfangen. Da koennten Sie viel Geld verdienen.
Ich verstehe nicht, was Sie mit anderer Ausrichtung meinen… Abgesehen davon, wo habe ich von OpInfo gesprochen bzw. Vergleiche angestellt?
„Aber, wie gesagt, wenn Sie so genau Bescheid wissen, sollten Sie sofort als Contractor anfangen. Da koennten Sie viel Geld verdienen.“
Leider zu spät: GALLUP war bereits vor mir da… hier z.B.: http://www.gallup.com/poll/156443/afghans-outlook-lives-remains-bleak.aspx
„Oder, um mal ein einfaches Beispiel zu nehmen: wenn man Flugblaetter auf Soldaten im Irak abwirft und sie sich dann ergeben, haben sie das aufgrund des Flugblattes gemacht oder vielleicht weil sie nichts mehr zu essen hatten.“
Dann könnte man diese Gefangenen evtl. befragen? Nur so ein dummer Gedanke von mir.
„Äpfel und Birnen“
Vielleicht koennen Sie mir ja mal genau den Unterschied erklaeren? Besonders welchen Einfluss die Unterstellung auf die Doctrine hat?
@Kottem1/Prediger:
„Vielleicht koennen Sie mir ja mal genau den Unterschied erklaeren? Besonders welchen Einfluss die Unterstellung auf die Doctrine hat?“
Das ist mir nämlich auch nicht so ganz klar…
@Kottem1:
Die oben verlinkte Studie enthält auch ein Kapitel zur Methodologie bezgl. der Frage, wie PSYOPS-Maßnahmen in ihrer Effektivität bewertet werden können. Vlt. ist das für Sie auch von Interesse (womit ich die Methode nicht bewerten möchte).
„Ich verstehe nicht, was Sie mit anderer Ausrichtung meinen… Abgesehen davon, wo habe ich von OpInfo gesprochen bzw. Vergleiche angestellt?“
Wenn eine Einheit unter dem gleichen Kommando wie z.B. die Navy Seals steht, so könnte man das evtl. als Indiz für ihren Auftrag verstehen.
„Abgesehen davon, wo habe ich von OpInfo gesprochen bzw. Vergleiche angestellt?“
Da dies Ihre Replik auf meine Frage nach der Wirkung im Ziel von OpInfo war, liegt der Verdacht eigentlich nah.
„Vielleicht koennen Sie mir ja mal genau den Unterschied erklaeren? Besonders welchen Einfluss die Unterstellung auf die Doctrine hat?“
Vergleichen Sie z.B. einfach mal nur den Auftrag der US CIMIC mit dem der DEU CIMIC; dürfte ein echtes Aha-Erlebnis für Sie werden.
@DS
Ich zweifele die Umfragen nicht unbedingt an, das heisst aber nicht, dass sie auch eine Frage zur Wirksamkeit der OpInfo/ PSYOPS Massnahmen liefern. Wir reden fast immer vom „Change Attitudes and Behavior“ und ersteres ist sehr schwer zu messen. Wenn sie die Bevoelkerung in einem bestimmten Dorf in AFG befragen, koennen diese durchaus ISAF gegenueber positiv eingestellt sein, wenn aber in der Nacht oder nachdem ISAF sich auf ein anderes Gebiet konzentriert, die Taliban zurueck kommen, koennen sie ein komplett gegensaetzliches Verhalten zeigen, welches dann auch nicht den Aussagen in der Umfrage entspricht.
Selbst die Arbeit mit Focus Gruppen ist nur bedingt aussagekraeftig.
Ein britisches Unternehmen, dass sich seit Jahren mit diesem Thema beschaeftigt, hat mir gesagt: „Wer behauptet beweisen zu koennen, dass eine Verhaltensaenderung ALLEINE auf seine Kommunikationsmassnahmen zurueck zu fuehren ist, luegt!“
@Prediger:
Ok, das war dann missverständlich. Ich habe mehr von Psyops im Allgemeinen gesprochen. Ich teile aber dennoch nicht Ihre Auffassung, das US Psyops und OpInfo so unterschiedlich vom Auftrag etc. sind, dass man sie nun überhaupt nicht vergleichen könnte. Das geht aus den jeweiligen Doctrines bzw. TKs auch meiner Ansicht nicht hervor, würde ich sagen.
@Kottem1
Klare Zustimmung: Umfragen allein können die Wirksamkeit von Psyops oder generell jeder Form von Informationsaktivität nicht belegen. Und das diese Aktivitäten allein Verhalten und Einstellungen ändern, ist nicht nur schwer nachzuweisen sondern meines Wissens nach in der neueren Forschung stark in Zweifel gezogen. Insofern auch da: volle Zustimmung.
Deswegen mein Verweis auf die Methode der RAND-Studie (ich muss zugeben, ist schon länger her, dass ich das Ding gelesen hab, deswegen hab ich die nicht mehr so im Kopf und weiß nicht mehr, ob die Methode was taugt.).
https://www.fas.org/irp/doddir/army/fm3-05-301.pdf
„PSYOP are planned operations that convey selected information and
indicators to foreign target audience s (TAs) to influence their emotions,
motives, objective reasoning, and ultimately, the behavior of foreign
governments, organizations, groups, and individuals.“
Na, darf denn die DEU OpInfo auf fremde Regierungen einwirken? Diese Frage überlasse ich doch mal lieber den Experten hier im Forum.
@prediger
2003? Schon ein bisschen alt, oder? Aber auch wenn PSYOP jetzt MISO heisst und inzwischen dem USASOC unterstellt ist,hat sich inhaltlich nicht viel geaendert. Darueber hinaus haben wir hier die ganze Zeit ueber Methoden gesprochen. OpInfo hat genau wie PSYOPS bei der NATO zum Glueck deutlich umfangreichere Einschraenkungen (approved Audiences) und was den Wahrheitsgehalt der Botschaften angeht. Dies schraenkt natuerlich die Kreativitaet deutlich ein, aendert aber nichts an den eigentlichen Methoden.
Fuer aktuelle Dokumente empfehle ich uebrigens:
http://publicintelligence.net/
Hehe, ne ältere Doktrin gab’s wohl nicht… Das war ja noch zu Prä-SOCOM-Zeiten – Ihrer Logik folgend müsste sich da ja jetzt eh einiges geändert haben mit neuem übergeordneten Kommando ;-)
Spaß beiseite – wenn ich die Aufträge vergleiche: „the purpose of all PSYOP is to create in neutral, friendly, or hostile foreign groups the emotions, attitudes, or desired behavior that support the achievement of U.S. national objectives and the military mission.“
„Operative Information wirkt mit kommunikativen Methoden zur auftragsgerechten Erreichung von Zielgruppen geeigneten Medien auf Zielgruppen im Einsatzgebiet ein, um deren Einstellungen und Verhalten zu beeinflussen, Vertrauen und Unterstützung für den eigenen Auftrag zu erzielen und damit zum Schutz eigener Kräfte beizutragen.“
dann kann ich nicht feststellen, dass es sich hier um nicht-vergleichbare Fähigkeiten handelt. Und grundsätzlich sind für OpInfo als Zielgruppen ja nur eigene/verbündete Truppen/Bevölkerung ausgenommen (wobei ich eingestehe, dass fremde Regierungen direkt wohl weniger die Zielgruppe sind – andererseits ließe sich (theoretisch) das Verhalten einer Regierung auch über die Beeinflussung seiner Bevölkerung indirekt ändern…)
HA, während ich noch getippt hab, war Kottem1 schneller :-)
Mit „Methode“ meinte ich übrigens die Methode, mit der RAND PSYOPS-Maßnahmen evaluiert hat. Sorry falls das undeutlich war.
Das Wirken im Informationsraum ist in Afghanistan entscheidend, sowohl was Zielgruppen im Land als auch Zielgruppen ausserhalb davon angeht. Das Problem ist nicht, das OpInfo überflüssig wäre, sondern das andere im Informationsraum besser, koordinierter und ohne politische Fesseln operieren. Man entfaltet etwa überlegene Wirkung, wenn man sich nicht auf das Verteilen von Flugblättern beschränkt, sondern das allgemeine Vorgehen auf Wirkung im Informationsraum optimiert. ISAF kann noch so viele Radiosendungen ausstrahlen, wenn es die Aufständischen sind, die Präsenz zeigen und Ziele so bekämpfen, dass es in der Wahrnehmung der Bevölkerung ankommt. Afghanen sind wie alle Menschen sensibel für Machtverhältnisse und sichtbare Stärke, und ein Land wie Deutschland, in dem die Politiker den eigenen Soldaten in den Rücken fallen wenn sie ihre Arbeit machen (Oberst Klein wurde hier schon erwähnt/die psychologische Wirkung seiner Entscheidung vom 04.09.09 auf Freund und Feind vor Ort war übrigens fast ausschliesslich positiv) und ihnen zudem faktisch verbieten das zu tun, was sie tun müssten, vertraut kaum ein Afghane. Die INS mag man vielleicht nicht, aber man nimmt sie ernst, und kein buntes Flugblatt von ISAF kann daran etwas ändern solange die Grundprobleme in der Heimat so sind wie sie sind.
@danke Herr OTL.
Dem kann ich nur zustimmen, wobei wir dann beim Ansatz der Strategischen Kommunikation sind, die naemlich versucht, dies alles unter einen Hut zu bekommen.
@Kottem1
„und inzwischen dem USASOC unterstellt ist“
welches nach wie vor dem USSOCOM unterstellt ist….
Ihr Link zu Themen wie u.a. (U//FOUO) U.S.-Canada Civil Assistance Plan 2012 hat mich jetzt nicht wirklich weitergeführt. Bringen Sie oder DS doch einfach einen Link zu einer aktuelleren Version bei.
Und über national caveats müssen wir uns hier wohl nicht unterhalten. Und da Sie nun mal so großen Wert auf die doctrine legen: Darf OpInfo nun auf Regierungen einwirken?
Mittlerweile dürften die meisten hier gemerkt haben, dass solche Konflikte wie Afghanistan, Irak und viele andere Beispiele über Vietnam, Spanien in den Napoleonischen Kriegen usw, usw. mit militärischen Mitteln nicht zu gewinnen sind. Allein aus ethischen Gründen scheidet die völlige physische Vernichtung des Gegners mittlerweile aus, also stellt sich die Frage: Wenn ich den Willen des Gegenrs nicht mit militärischen Mitteln brechen kann, wie dann? Ich muss dem Gegner die Unterstützung der Bevölkerung entziehen, damit er keine Unterstützung und Rückzugsmöglichkeiten mehr hat. Wenn ich PsyOps wie im Film „Mars Attacks“ einsetze, wo einer mit dem Lautsprecher hinter den marodierenden Aliens herläuft und “ Wir sind eure Freunde, wir sind eure Freunde“ ruft, ist es wirkungslos und lächerlich. Solange wir nicht verstehen, das die militärischen Operationen primär dem Ziel dienen müssen, den Rückhalt der Bevölkerung zu gewinnen, bleibt PsyOps ein einsamer Rufer in der Wüste. Wir können in einem Einsatz auf taktischer Ebene jedes Gefecht gewinnen und werden doch nach einiger Zeit nach Hause gehen -. als Verlierer. Denn sowohl die „fremde“ Bevölkerung will uns nicht mehr und die eigene will uns da auch nicht mehr. Diese Einsätze werden im Informationsraum, genauer im Informationsumfeld entschieden.
@prediger
Sie muessen aber schon auch ein bisschen suchen:
http://info.publicintelligence.net/JCS-MISO.pdf ;-)
Was die Unterstellung angeht: es gibt nur 2 aktive MISO Gruppen, die stellen dann Pakete zusammen, die jeweils dem Nutzer zugeordnet werden. Wem diese im „Frieden“ unterstellt sind ist voellig unerheblich und hat keinen Einfluss darauf wie die Arbeit gemacht wird. Lediglich die Wirkungsforderung ist eine andere.
Was die Zielgruppen angeht: fuer deutsche OpInfo Kraefte wird die Zielgruppe durch den Generalinspekteur frei gegeben. Im Rahmen von NATO Einsaetzen, was eigentlich immer der Fall sein wird, da Deutschland vermutlich nicht alleine irgendwo eingreifen wird, ist der North Atlantic Council fuer die Freigabe der Zielgruppen zustaendig. Und das werden wohl niemals souveraene Regierungen sein. Auch die Bevoelkerung eines Mitgliedsstaates sollte damit ausgeschlossen sein.
Was jetzt die Amerikaner angeht, die zwar auch die NATO Policy unterschrieben haben, ist eine ganz andere Sache.
Vielleicht sollte man an der Stelle einfach mal festhalten:
– Es gibt keine Wirkungsanalyse des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan. Wenn nichtmal die „Erfolge“ nachweisbar sind, wie will man dann klären, welchen Anteil davon die Kommunikation hat?
– Wirklich erfolgreiche Kommunikation findet nicht in Pressestäben statt (sorry, „Regional PsyOp Support Elements“), da die weder nah an den Geschehnissen noch nah an den Multiplikatoren sind. Welcher Abteilung man die unterstellt scheint mir ziemlich nebensächlich. Der einzige Vorteil dieses Vorgehens ist, dass man mit wenig Leuten viel ungezielten Spam erzeugen kann, in der Hoffung dass irgendwas hängenbleibt. Ob der Fernsehen- und Zeitungen-Ansatz der BW in Afhanistan greift bleibt fraglich (Eine in Städten durchgeführte Studie ergab: 63% nutzen Radio, 48% TV, 14% Zeitung. Wieviele die ISAF-Medien beachten konnte nichtmal Boris Barschow sagen.)
– Wie erfolgreich die BW im Kampf um die Wahrnehmung ist konnte man doch wieder letztes WE sehen: BW-Übersetzer demonstrieren vor dem Feldlager in Kunduz
OpInfo, PsyOps, StratCom:
Aus meiner Sicht auch eher ein Trauerspiel.
Wir machen nur gute OpInfo (nennen uns aber international PsyOps) – nun bald InfoOps.
Echte StratCom ist auch nicht unseres.
Die Mittel sind jedoch weiterhin auf die breite Masse ausgelegt ohne neuere Medien insbesondere Handy breit oder punktuell zu nutzen_(machen die Israeis seit Jahren).
Das Thema ist wichtig und in dem Bereich ist zweifellos sehr engagiertes Personal vorhanden, aber es fehlt wie in vielen Bereichen eine klare Linie und deren konsequente Umsetzung.
Wird das besser in der neuen Struktur?? Möglich ist es.
@JR & Memoria
Da sind einige Details falsch:
Es gibt durchaus Wirkungsanalyse, die aber schwierig ist. Ergebnisse sind nicht eindeutig einzuordnen. Wenn Vanilla-Coke sich schlecht verkauft, liegt das an der schlechten Werbung oder weil sie scheusslich schmeckt?
Pressestäbe, sprich Presseoffiziere sind streng vom PSYOPS Support Element getrennt. Auch wenn ich persönlich diese Trennung für überflüssig halte, bestes Beispiel ist Ihr Kommentar (von aussen betrachtet haben alle die gleiche Uniform), so wird diese jedoch streng von den Presseoffizieren aufrecht gehalten. Das ist aber hauptsächlich eine interne Diskussion des Militärs, für den auch kein ziviler Kommunikationsexperte Verständnis hat.
OpInfo ist nicht gleich InfoOps ist nicht gleich IO (USA/GBR Verständnis).Noch etwas, was kein Aussenstehender versteht und selbst im Militär nur ganz wenige auseinander halten können.
Was StratCom ist, versucht die NATO gerade heraus zu finden. Da aber jeder ein anderes Verständnis der einzelnen Disziplinen hat, gibt es noch kein Ergebnis. Im Prinzip läuft es aber wieder auf die Vanilla-Coke hinaus: wenn das Produkt nicht schmeckt, hilft auch kein Marketing.
Neue Medien werden auch betrachtet, das ist aber eine Diskussion für sich.
Wer sich für die Nutzung von Social Media interessiert, kann unter diesem Link an der Diskussion teilnehmen:
http://www.act.nato.int/subpages/innovation-hub-socialmedia
@Kottem
„PS: Wenn Sie ein zuverlaessiges Verfahren haben, wie man den Erfolg von Kommunikation in Gebieten wie Afghanistan messen kann, duerfen Sie es gerne vorschlagen.“
versus
„Es gibt durchaus Wirkungsanalyse, die aber schwierig ist. Ergebnisse sind nicht eindeutig einzuordnen.“
Sie verwirren mich jetzt aber doch ein wenig. Oder sind Kottem1 und Kottem verschiedene Funkkreisteilnehmer?
@Kottem:
Schon klar, dass es zwischen OpInfo, InfoOps und vorallem StratCom Unterschiede gibt.
Aber die Trennungen sind oftmals ja so künstlich, dass man in den USA überlegt StratCom wieder komplett abzuschaffen. Die Diskussion kennen sie sicher besser als ich. Auch die Trennung PsyOps/ PAO bei ISAF…
Das wir neue Medien betrachten ist ja ganz nett, wann machen wir derlei jedoch?
Unterm Strich kann ich jedoch nur ihr Vanilla Coke-Beispiel unterstreichen.
Kommunikation kann nicht Inhalte ersetzen.
Wenn sich um zum Ausgang zu kommen ALP schlecht benehmen, dann hilft auch PsyOps nicht, die erklärt, dass alles super ist.
Ha – schoenes Thema… einige kluge Leute haben immermal wieder beobachtet, dass die INS in Afghanistan ihre Aktivitaeten im Wesentlichen an ihrer Botschaft ausrichten (klappt nicht immer, aber oft). Und deren Botschaft ist einfach, baut auf etwas auf was vielen Afghanen vertraut vorkommt und wird von Leuten ruebergebracht, die Sprache, Kultur und Lebenswelt der Zielgruppen teilen. Das ist ja angeblich bei ISAF PsyOps insgesamt und DEU OpInfo speziell… aehemm… wie soll man sagen – LEICHT anders…
Sprich, wenn man PsyOps-Leute nach erfolgreichem 4er-SLP Dari mal ein paar Monate, besser Jahre, in ein afghanische Dorf stecken wuerde, damit sie dort lernen koennten wie Kommunikation stattfindet, welche unsausgesprochenen Regeln beachtet werden muessen, wie man Wirkung erzielt, was die Leute hoeren wollen und was und wer fuer sie glaubwuerdig ist… dann haetten sie wenn sie sehr gescheit sind und Glueck haben vielleicht eine klitzekleine Chance, auf einem niedrigen Niveau mit den InfoOps der Gegenseite fuer ein paar Momente mitzuhalten. Die ANSF, so gerne sie auch belaechelt werden, sind da in der Regel meilenweit voraus (auch nicht alle, gerade die schnurrbaertigen Altkommunisten koennen zwar in der Regel Lesen und Schreiben, sind aber den Doerflern fast genauso fremd wie die Auslaender)…
Und ein Auftrag an westliches PsyOps ausgerechnet die ALP mal so richtig schoen huebsch zu verpacken (wie war das mit „putting lipstick on a pig“?) – wow, das ist entweder bewunderungswuerdige Chuzpe oder einfach mal wieder voelliges Unverstaendnis der merkwuerdigen, fremden Welt die angeblich auf der anderen Seite der Lagermauern existieren soll… Erinnert mich an Zeiten, wo auf Berichte von einer zunehmend feindseligen Attituede der Bevoelkerung in bestimmten Ortschaften CIMIC und/oder ein Lautsprecherwagen mit ein paar Zeitungen hingeschickt wurden und gut ausgebildete und besoldete Kameraden in verantwortlicher Position anschliessend felsenfest davon ausgingen, jetzt sei das Problem geloest… schliesslich waren ja CIMIC bzw. PsyOps da gewesen, mehr koenne man ja nicht tun…
@Memoria
Meiner Meinung nach ist es sehr schwer Social Media als Effector einzusetzen. Die Zielgruppen sind viel zu unterschiedlich und für eine Regierungsorganisation Glaubwürdigkeit aufzubauen so gut wie unmöglich.
Ich sehe bessere Möglichkeiten im Bereich Sensor und da läuft schon einiges.
Die USA hat den Begriff StratCom schon abgeschafft. Das ist aber wie auch bei MISO meistens auf die Initiative eines Einzelnen zurück zu führen, der den Begriff nicht leiden kann. Inhaltlich besteht aber die Notwendigkeit der Koordination nach wie vor und wie schon früher erwähnt, läuft die gleiche Doktrin nun einfach unter einem neuen Namen. Was natürlich die Aufgabe für die NATO nicht einfacher macht, wenn einzelne Nationen ständig die Begriffe ändern…
@Turan Saheb
Völlig richtig. Wer dazu mal etwas kurzweiliges lesen möchte, empfehle ich das Buch „The Ugly American“ Ist von 1958 und wir (der Westen) hat bis heute nichts daraus gelernt, bzw. ist es natürlich auch nicht so einfach, deutsche Soldaten in ein AFG Dorf zu stecken.
Der Titel ist übrigens etwas Missverständlich. Der „Ugly American“ im Buch ist sogar einer der Helden. Wirklich doofer Titel.
@Kottem
Ich erinnere mich an die Hysterie mancher Medien, als sich PSYOPS in Afghanistan vor ein paar Jahren auch offiziell im Rahmen von StratCom mit den Presseleuten koordinieren durfte…
Zum Thema Social Media: Das Thema wird m.E. völlig überbewertet, vor allem was Afghanistan angeht, wo nur ein Bruchteil der Bevölkerung auf dem Weg zu erreichen ist, der den Aufständischen meist ohnehin eher fern steht. Ich hatte immer den Eindruck, dass manche Journalisten das Social Media in Afghanistan unangemessen fasziniert, weil sie die Vorstellung twitternder Afghanen für irgendwie drollig-exotisch halten.
@Memoria
Handys etc. werden schon seit Jahren genutzt, aber PSYOPS scheitert eben nicht an der Medienwahl.
@turan saheb
Ist der relative Erfolg der Aufständischen Ergebnis ihrer besseren Kommunikation oder eher das Resultat ihrer Präsenz und der Tatsache, dass der Afghane davon ausgehen muss, dass die INS auch in fünf Jahren noch da sein werden, ISAF und ANSF aber nicht?
[Technischer Hinweis: Der OTL a.D. kommt hier mit zwei leicht unterschiedlichen – .de statt .net – E-Mail-Adressen; dann landet das natürlich auf moderiert… T.W.]
@OTL a.D.:
Informieren wir mit unseren OpInfo-Kräften auf Handys?
Hat das OpfInfoBtl entsprechende Ausrüstung???
Wäre mir neu, aber lerne gern dazu.
Zumal Abt. R bestimmt Bedenken wegen Datenschutz haben würde…
Zu Social Media volle Zustimmung.
@prediger
Verschiedene Rechner :-)
Zwischen exakter und gar keiner Wirkungsanalyse gibt es halt noch etwas in der Mitte. Es wird natürlich Wirkungsanalyse betrieben, aber eben nur im Rahmen des möglichen, finanziell sowie wissenschaftlich.
@ Wirkungsanalyse
Über einen Link würde ich mich an der Stelle sehr freuen…
@JR
Muss ich passen. Bin ich zu weit weg von der Quelle und wird vermutlich auch eingestuft sein.
„Es wird natürlich Wirkungsanalyse betrieben, aber eben nur im Rahmen des möglichen, finanziell sowie wissenschaftlich.“
Muß wohl an der Uhrzeit liegen aber Ihre Aussage: „Prima. Dann befragen Sie mal Frauen in Afghanistan. Oder schon einmal von “sozialer Erwuenschtheit” gehoert. “ kann ich mit Ihrer letzten nicht in Einklang bringen.
Wie sieht denn Ihre Wirkungsanalyse nun eigentlich aus? Befragen Sie etwa in der Kaffeepause Ihre Sprachmittler?
@ Kottem
Ich meinte gar nicht die Wirkungsanalyse der BW-Kommunikationsarbeit. Die Wirkungsanalyse des Bundeswehrkontingents würde mir schon mehr als ausreichen.
@Prediger
Wirkungsanalyse ist schwierig, aber machbar und wesentlich aufwendiger als von Ihnen dargestellt. Die von Ihnen erwähnten Probleme und noch viele mehr sind bekannt und werden berücksichtigt. Wie Kottem schon andeutete, kann man mit exakten Zahlen dabei auch Genauigkeit oder Aussagekraft vortäuschen.
Direkt feststellbar ist die Wirkung oft auf taktischer Ebene, wo PSYOPS einen sofort sichtbaren Unterschied machen kann, etwa durch Unterbindung von Gerüchten und Verhinderung mehr oder weniger spontaner Demonstrationen, die schnell gewalttätig werden können.
@prediger
Auf dieser Ebene wird es natürlich schwer miteinander zu diskutieren.
Davon abgesehen habe ich bereits Focusgruppen angesprochen. Dazu können auch die eigenen Sprachmittler gehören, es geht dann aber etwas über die Kaffeepause hinaus. Es dauert aber auf jeden Fall lange, bis ein solches Vertrauen aufgebaut ist, dass die Soziale Erwünschtheit eben nicht mehr eine so grosse Rolle spielt. Damit bekommen sie dann ein gewisses Ergebnis, was aber auch nur eine eingeschränkt Zuverlässigkeit hat.
Um Frauen zu befragen haben Sie nur die Möglichkeit auf einheimische Befragungsunternehmen zurück zu greifen. Diese sind aber auch nicht immer zuverlässig. Oft verkaufen sie ihre Ergebnisse für viel Geld an verschiedene Nutzer oder produzieren einfach Ergebnisse. Garantiert dann auch immer noch nicht den Zugang zu Frauen.
Darüber hinaus werden natürlich auch Quellen wie die von Ihnen genannte GALLUP Umfrage ausgewertet.
Außerdem, was wollen sie denn als Messgröße definieren? Wie läßt sich Demokratieverständnis messen? Leider wird halt immer wieder versucht messbare Indikatoren als Messures of Effectiveness heran zu ziehen, wobei es sich maximal um Messures of Perfomance handelt.
Was sagt es denn über den Fortschritt aus, wenn an einem Tag mehr Mädchen zur Schule gehen, wenn eine Woche später die Schulen wieder zu sind? Oder wenn sie eine gewisse Anzahl von Polizisten ausgebildet haben und diese dann entweder Korrupt sind oder desertieren. Die Anzahl der Anschläge gegen ISAF? Troops in contact? Wenn man weniger raus fährt, hat man auch weniger Kontakt. Usw.usw.
Wirkungsanalyse ist eine Wissenschaft, die wie jede andere Wissenschaft Experten, viel Zeit und viel Geld benötigt und am Ende nicht zwangsläufig exact ist. Und Geld hat die Bundeswehr ja wie wir wissen im Überfluss – und was die Experten angeht, sind in der Regel max. 3 Jahre Stehzeit auf dem Dienstposten auch nicht wirklich hilfreich.
@JR Kann nur auf meinen vorherigen Post verweisen, sorry..
ALP ist halt nur eine schönere Bezeichnung für „lassen wir jeden Warlord sein eigenes Gebiet verteidigen, solang sie nicht gegen Kabul marschieren und Sicherheit herstellen, passts“.