Interna aus dem Krieg? Verteidigungsministerium pocht aufs Urheberrecht
Im vergangenen November hat das Rechercheteam der WAZ-Mediengruppe mit gewissem Trommelwirbel die, wie die Kollegen es nennen, Afghanistan-Papiere veröffentlicht. Ich habe keinen Hehl daraus gemacht, dass ich diesen Wirbel um die wöchentlichen Unterrichtungen des Parlaments für ein wenig überzogen hielt. Aber die Reaktion des Verteidigungsministeriums halte ich grundsätzlich für bedenklich: Dessen Rechtsabteilung hat die Redaktion jetzt aufgefordert, die Papiere aus dem Internet zu entfernen – unter Berufung auf das Urheberrecht.
Nun kann man die Veröffentlichung der WAZ juristisch unter verschiedenen Aspekten betrachten: Zum einen ist natürlich die Frage, wie die Veröffentlichgung von eingestuften Papieren der untersten Geheimhaltungsstufe Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD) zu bewerten ist. Diesen Weg ist das Verteidigungsministerium aber nicht gegangen, sondern bemüht das Urheberrecht – praktisch wie ein Verleger, der Raubkopien seines neuesten Romans verhindern möchte.
Bislang hat die WAZ-Redaktion nur ein Schreiben mit dieser Aufforderung erhalten; noch hat das Ministerium den Klageweg nicht beschritten, wie mir aus dem Presse- und Informationstab bestätigt wurde.
Dass die Ministerialjuristen den Weg über das Urheberrecht versuchen, hat vermutlich praktische Gründe – ein Bruch der Geheimhaltungsbestimmungen ist ja nicht den Journalisten anzulasten, die es veröffentlicht haben. Aber die Veröffentlichung unter Berufung auf das Urheberrecht halte ich aus einem Grund für falsch und aus einem anderen für brandgefährlich:
Zum einen bin ich der – juristisch vermutlich leider nicht durchfechtbaren – Ansicht, dass wir alle als Steuerzahler die Leistungen von Ministerialbeamten bereits bezahlt haben und sie damit öffentliches Eigentum sind (die Leistungen, nicht die Beamten). Das bedeutet zwar noch nicht, dass auch alles veröffentlicht werden kann, aber dieses öffentliche Gut mit privatwirtschaftlicher Produktion gleichzusetzen, ist aus meiner Sicht zumindest problematisch (das gilt unter anderem auch für die Arbeiten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, bei denen bisweilen auch unter Verweis auf das Urheberrecht eine Veröffentlichung untersagt wird).
Zum anderen, und das ist der an dieser Stelle wesentliche Punkt: Die Mechanismen des Urheberrechts an dieser Stelle anzuwenden, hätte groteske Folgen. Ein Verlag kann frei und willkürlich entscheiden, an wen er einen Text verkauft und wem er die Veröffentlichung gestattet. Ich als Journalist und damit Urheber kann frei wählen, wer meine Texte veröffentlichen darf (na gut, unter der Voraussetzung, dass sich mehrere dafür interessieren). Staatlichen Stellen kann und darf ich solche Entscheidungsmöglichkeiten nicht zugestehen – auf die Spitze getrieben hieße das: Zur Pressekonferenz des Ministers dürfen nur Medien kommen, die das Ministerium aussucht. Alle anderen haben nicht das Urheberrecht für seine Äußerungen…
(Und als Nachtrag) Noch eine Überlegung: Wenn bei solchen Papieren das Urheberrecht greift, dann gilt das nicht nur fürs Verteidigungsministerium. Und nicht nur für Papiere, die einer Geheimhaltungsstufe unterliegen. Sondern für alles, was in einer Behörde an Material produziert wird. Langfristig wäre dann jegliche journalistische Veröffentlichung gefährdet, die sich auf Unterlagen bezieht, die ein Ministerium nicht ausdrücklich veröffentlicht sehen will. Mängelberichte zum Berliner Flughafen? Lebensmittelskandale, zu denen Unterlagen in einer Behörde existieren? Kommen die an die Öffentlichkeit, dürfte nach dieser Lesart immer das Urheberrecht verletzt sein. Ein praktischer Hebel: Ob ein Journalist anderswo einen Text klaut (was nach dem Urheberrecht natürlich nicht geht) oder ob er ein internes Behörden-Dokument veröffentlicht: Das stünde in der rechtlichen Beurteilung auf der gleichen Stufe. Außer Pressemitteilungen gäbe es dann kaum noch eine legal verwertbare Quelle.
Nun gut, ich bin kein Jurist. Deshalb warte ich, wie vermutlich viele Kollegen, den Ausgang dieses Streits mit Spannung ab.
Nachtrag 2: In der Abmahnung gemäß §97a Urheberrechtsgesetz, die vom 11. März datiert ist, verlangt der für das Medienrecht im Verteidigungsministerium zuständige Referatsleiter der Rechtsabteilung, die veröffentlichten Unterrichtungen des Parlaments von Ihrer Internetseite zu entfernen und neue UdO zukünftig nicht mehr zu veröffentlichen. Dafür wurde eine Frist bis zum 27. März gesetzt – die die WAZ ja ganz offensichtlich hat verstreichen lassen. Als Grund nennt der Referatsleiter den §12 Absatz 1 Urheberrechtsgesetz, nachdem das Ministerium das Recht habe, selbst zu bestimmen, ob und wie die UdP zu veröffentlichen sind.
(Grafik: Screenshot des Headers der WAZ-Webseite ‚Die Afghanistan-Papiere‘ unter Verwendung eines Fotos von Timo Vogt/randbild)
Praktikantenpressearbeit. Mein Kommentar bei mir zu Hause: http://bendler-blog.de/2013/04/08/praktikantenpressearbeit/
Einmal mit Profis……
hm, ministerielles „Jung&Naiv“ oder WAZ-Marketing-Dreistheit…..so was von irrelevant either way
Soviel zur lautstarken Forderung des BMVg nach mehr sicherheitspolitischer Diskussion in der breiten Öffentlichkeit. Eine Doppelmoral, die einfach lächerlich wirkt (und es auch ist).
ich wage mal zu behaupte, dass die da im ministerium gerade eine gewisse Frau Streisand aufgerufen haben.
Also Punkt 1: Mit öffentlichen Mitteln erstellte Werke, gehören der Öffentlichkeit.
Da bin ich Ihrer Meinung unbenommen der Geheimhaltungseinstufung. Nur gibt es da bei uns viele Institutionen, die trotz staatlicher Vollfinanzierung ihre Werke nicht public domain ins Internet stellen, wie das soweit ich weiß in America sogar Augangsvoraussetzung ist, um überhaupt öffentliche Mittel zu erhalten. Gerade Forschungseinrichtungen, wie die FhG oder das DLR versuchen häufig die Ergebinsse aus öffentlich finanzierten Forschungsprogrammen nach deren Abschluss kommerziell zweitzuverwerten, was eigentlich bis auf eine Aufwandsentschädigung nicht sein sollte.
2. Hinderung der Weiterverbreitung
Also entweder etwas ist eingestuft, dann muss der „Verräter“ bestraft werden und der Weiterbreiter IMHO auch. Dann war es aber nie zur Veröffentlicung bestimmt und daher ist auch kein finanzieller Schaden entstanden,
oder es sollte veröffentlicht werden, dann kann es aber nicht eingestuft sein. Die Vermischung von beidem relativiert meines Erachtens, den Geheimnisverrat eher, als dass es die Weiterverbreitung aufhält.
Ich hätte da meine Zweifel, ob diese ministerielle Gebrauchsprosa überhaupt unter das Urheberrechtgesetz (UrhG) fällt. Lt. Legaldefinition in § 1 erstreckt sich der Regelungsbereich des UrhG auf Werke »der Literatur, Wissenschaft und Kunst«. Und § 5 Abs. 1 UrhG bestimmt ausdrücklich:
»VS – Nur für den Dienstgebrauch« ist eine so niedrige Geheimhaltungsstufe, dass entsprechend eingeordnete Materialien millionenfach in deutschen Amtsstuben buchstäblich herumfliegen; so etwas gerät schnell »außer Kontrolle«. Vermutlich will man daher das Fass, gegen die Veröffentlichung mit den Mitteln des Strafrechts vorzugehen, gar nicht erst aufmachen.
Das Urheberrecht passt aber nun einmal überhaupt nicht.
@chickenhawk:
Naja, vieles was aus dem BMVg kommt gehört doch in den Bereich der Märchen und Sagen ;)
Wie war das nochmal? … Vereinbarkeit von Familie und Dienst? Kinderbetreuung? (Man schaue sich nur das fast leere Kinderbetreuungsportal an. Seltsamerweise gibt es beim BMVg und der FüAk betriebskindergartenähnliche Einrichtungen, nahezu überall anders sieht es mau aus. Aber man glaubt scheinbar, daß es überall wie an diesen beiden Einrichtungen sei.) – Steigerung der Attraktivität des Dienstes? Fehlanzeige! Vor allem für die „Bestandssoldaten!. Abgesehen von den jetzt 65,50 € für einen Anrechnungsfall (bei einem 24h-Dienst im Gegensatz zu den regulären 9-10 Stunden ca. 4,00-4,50 €, aber brutto!!!, gibt es nicht wirklich viel. – Pendlerunterkünfte (vor allem in Ballungsräumen)? – Fehlanzeige! usw. usw.
… Wie gesagt, viele Märchen und Fabeln, die somit unter den Urheberrechtsschutz fallen könnten …
Noch schnell runtergeladen, bevor es weg ist ;)
Das ist aber zähe Kost. Erst recht, weil es alles Bilddokumente sind.
Die Vorgehensweise ist ja nicht neu. Vor einigen Jahren ist die Stadt Duisburg in Sachen Loveparade damit auf die Nase gefallen, denn die öffentliche Wirkung war verheerend und die juristische Durchsetzbarkeit zweifelhaft. (Die Stadt hat letztlich auf weitere Versuche verzichtet, die Dokumente zu unterdrücken.)
Juristische Betrachtung bei Telemedicus: http://www.telemedicus.info/article/1857-Das-Urheberrecht-als-Waffe-gegen-geleakte-Dokumente.html
@ zdl ad ….
ich wage mal entschieden zu widersprechen. der verbreiter sollte absoluten schutz genießen.
um mal eine hypothetische erweiterung eines bekannten falles zu konstruieren. angenommen es gäbe bw intern unterlagen (stempel: streng geheim), die kleins befehl zur bombardierung auf die tanklaster auf seinen (hier nur fürs modell unterstellten) hass auf muslime zurückführen würden. zwecks ass-covering des ministeriums würden diese akten zurückgehalten. da bestände doch nen klares öffentliches interesse an der VÖ solcher akten.
oder wennn herauskäme, dass bei dem betrieb eines gewissen flugzeugs mängel bekannt waren aber nicht behoben wurden …
Im Ergebnis stimme ich T. Wiegold zu. Aber nicht in der Herleitung bzw. Führung der Gegenbeispiele:
Auch aus einem geschützten Buch darf ich angemessen zitieren oder auch zusammenfassen und frei nacherzählen; ich darf es aber nicht als Kopie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Es sind daher Bezugnahmen und journalistische Auswertungen von Behördeninterna problemlos möglich; aber uU eben kein BMVg-Leaks.
@T.W.:
Die Thematik ja nicht neu… wer mag darf mal zum Thema ‚Hells Angels, Urheberrecht, Polizeibehörde‘ googeln… zumindest in der ertsen Instanz hat man den Ansatz Urheberrecht vs VS-NfD nicht gelten lassen… (auf den Link verzichte ich mal ob der Bedenken Leistungsschutzrecht ;) )
davon ab:
VS-NfD: heisst nicht umsonst in der Truppe: Vom Spieß – Nur Für Dich
Wie das also zu bewerten ist? Im Prinzip sind das Dokumente, die zwar eigentlich für den internen Gebrauch bestimmt und somit nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind, aber auch der Bundeswehr keinen wirklichen Schaden verursachen und somit nicht sonderlich schützenswert oder nachweispflichtig wären… (und die Masse der VS-NfD ist noch überklassifiziert… aber das ist ein anderes Thema)
Generell gesehen: Die Dokumente dienen der Information des Parlamentes ohne besondere Schutzwürdigkeit, sind mit Steuergeldern bezahlt und dienen der Kontrolle der Bundeswehr durch den Volksvertreter udn somit gemeinhin durch den Staatsbürger im erweiterten Sinne. Insofern würde ich mich ihrer Argumentation anschließen, dass diese Dokumente bereits durch den Steuerzahler bezahlt sind und er somit gewisse Rechte daran hat, solange, wie bei VS-NfD wohl der Fall, eine besondere Schutzwürdigkeit per Definition nicht festgestellt ist.
Mein Ansatzpunkt wäre hier das IFG (Informationsfreiheitsgesetz):
„Das Gesetz gewährt jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Eine Begründung durch Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Art ist nicht erforderlich.“
Nun sagt das Gesetz auch: „Die Informationsfreiheit bezieht sich ausschließlich auf abgeschlossene dokumentierte Vorgänge, öffnet also keinen Zugang zu laufenden Planungen “
Was im wesentlichen bei allgemeinen Statistiken und abgeschlossenen Operationen der Fall sein dürfte. Das Problem hier liegt wohl in der miserablen Klassifikationsmethodik des Deutschen Beamtentums.
„(1) Die herausgebende Stelle oder deren Rechtsnachfolger hat den Geheimhaltungsgrad einer VS zu ändern
oder aufzuheben, sobald die Gründe für die bisherige Einstufung sich ändern oder weggefallen sind. Von der
Änderung hat die herausgebende Stelle oder deren Rechtsnachfolger alle Empfänger der VS schriftlich oder per
E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur oder durch vergleichbar s ichere Maßnahmen zu benachrichtigen.
Eine Heraufstufung von VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestufter VS ist nur zulässig, wenn eine
Benachrichtigung aller Empfänger der ursprünglichen VS sichergestellt ist.“
Wie gesagt, wir reden hier nicht von Geheimdokumenten, deren Verbreitung Deutschland schaden würde… die Definition von NfD sagt nur: für Deutschland nachteilig sein könnte…
Dokumente von 2007 mit VS-NfD sollten seltenst noch Relevanz haben, es sei denn es gäbe Diskrepanzen zwischen den damals offiziell kommunizierten und gegenüber dem Parlament übermittelten Berichten… ergo würde ich gerne die Begründung sehen, mit welcher man dies verhindern will.
Soll in der Summe heissen: ich sehe die Frage hier nicht, ob die Behörde das Recht hat, den Zugang zu derlei Informationen zu verhindern, sondern vielmehr ob nicht gar die Pflicht besteht, gewissen Informationen zumindest auf Anfrage zugänglich zu machen…
„Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat mit seinem Urteil vom 3. November 2011 in letzter Instanz entschieden, dass das Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich auch für die gesamte Tätigkeit der Bundesministerien gilt; nach diesem richtungsweisenden Grundsatzurteil des BVerwG darf ein Bundesministerium den Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen – zum Beispiel hausinterne Unterlagen zu einem Gesetzgebungsverfahren oder Stellungnahmen gegenüber dem Petitionsausschuss – ab sofort nicht mehr mit der Begründung ablehnen, dass die Unterlagen die Regierungstätigkeit betreffen.“
Dann bliebe noch die Frage, ob man die Informationen vor dem Deutschen Staatsbürger schützen will/muss, oder ob es schlichtweg zu peinlich wäre, wenn auch Bündnispartner auf so manche Vorgänge Zugriff erlangen würden ;)
Wenn man als Bw-Angehöriger mal die Unterrichtung des Parlamentes (UdP) mit der Unterrichtung der Truppe (UdT) vergleicht, so stellt man fest, dass beide Produkte dieselben sind, nur der Titel anders lautet. Somit steht in der Parlamentsausgabe schon mal nichts anderes als in der Truppenausgabe.
Vergleicht man die Inhalte jedoch mit der Unterrichtung der Öffentlichkeit (UdÖ), so stellt man fest, dass das Produkt a) optisch verändert wurde und b) inhaltlich.
Jetzt könnte man ja annehmen, das Informationen über eigene Truppen (noch) weniger detailliert weitergegeben werden, dem ist jedoch in den meisten Fälle nicht so.
Was bei der nicht eingestuften UdÖ in erster Linie gegenüber der UdP/UdT fehlt, sind die Bewertungen der Sicherheitslagen sowie Berichte aus AFG, die nicht das RK Nord betreffen. Insofern sollte man die Offenlegung durch VS seitens der WAZ-Gruppe nicht überbewerten.
Ich empfinde es aber ebenso als gefährlich, dass das Ministerium hier den Weg über das Urheberrecht geht. Meines Erachtens ist das hier das völlig falsche Vorgehen, man versucht vermutlich, den einen Strohhalm zu ergreifen, den es gibt. Der andere wäre der Weg der juristischen Verfolgung des Geheimnisverrats nach § 353b
StGB. Dies könnte jedoch zu einer peinlichen Posse für das BMVg werden, dann doch lieber das mit dem Urheberrecht versuchen. (Achtung Ironie)
Was die Urheberrechtsklamotte angeht noch ein lustiger Verweis am Rande: Wenn der Sprecher des BMVg andeutet, die Dokumente seien teilweise überhaupt nur auf NfD hochgestuft wurden, _weil_ die Informationen von Dritten seien (Bündnispartner), dann stellt sich prinzipiell die Frage ob die Übersetzung von Statistiken die Schöpfungshöhe für Ansprüche nach dem Urheberrecht erreicht – ich unterstelle mal vorsichtig: wahrscheinlich nicht. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, dann stellt sich die Frage ob die eigentlichen Urheber Rechte gelten machen wollten.
Die Bewertung der Daten wiederum, die durch das BMVg verfasst wurde, läge zwar Urheberrechtlich beim BMVg und besäße potenziell wohl eine gewisse Schöpfungshöhe, würde mich aber zurück zum IFG bringen.
Definition:
VERSCHLUSSSACHE – NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, VS-NfD): die Kenntnisnahme durch Unbefugte kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein.
Kennzeichnung: Auf Schriftstücken blauer oder schwarzer Stempelabdruck oder Druck in der Kopfzeile.
Ergo, das gehört nicht in Öffentlichkeit, sonst wäre es ja nicht eingestuft.
Kerveros | 09. April 2013 – 8:20
„Was die Urheberrechtsklamotte angeht noch ein lustiger Verweis am Rande: Wenn der Sprecher des BMVg andeutet, die Dokumente seien teilweise überhaupt nur auf VS-NfD hochgestuft wurden, _weil_ die Informationen von Dritten seien (Bündnispartner),“
Eine „Klamotte“ kann ich da beim besten Willen nicht erkennen. Aber gerade DEU-Soldaten fällt der Sinn und Zweck von Geheimhaltung manchmal sehr schwer; diese Erkenntnis habe ich aus über 30jähriger aktiver Dienstzeit ;-))
@Heiko Kamann
Wenn Sie bei Ihrer Einordnung dann jetzt auch noch die anderen möglichen Verteiler (und die sind viel schlimmer als Ihre wunderbaren Erfahrungen von über 30 Jahren….) hinzu nehmen würden?
Dazu wären dann zu nennen: MdB, MdL, Angehörige anderer Ministerien die damit arbeiten. Nicht alle Probleme mit publik gemachten VS-NfD kommen aus dem Kreis des BMVg.
Und dann gibt es ja sogar noch Leute in der Industrie, die entsprechend überprüft sind und mit VS arbeiten.
@Heiko Kamann
Sie fallen ja auch auf die Klamotte rein, wenn Sie die Urheberrechts-Begründung als Begründung für die Geheimhaltung akzeptieren…. also beides munter vermischen.
ist auch so ein Zirkelschluss, nach dem Motto, die Arbeiterklasse handelt nicht gegen ihre eigenen Interessen. Die Zahl der Agenturmeldungen und Magazinberichte, die ich geschrieben habe und die in irgendwelchen Ausschussakten gleich mit VS-NfD gestempelt wurden, hätte ich gerne mal gezählt.
Einen sehr guten Ansatz hat der niederländische General Ton van Loon, (noch?) Kommandeur des D/NL Korps: 80 Prozent der Informationen, sagt er, könnten auch öffentlich sein. Zehn Prozent müssten zeitweise geheim gehalten werden, um Menschen oder Operationen nicht zu gefährden. Und nur zehn Prozent müssten auf Dauer geheim gehalten bleiben…
Leider wird hierzulande in der Praxis meist genau umgekehrt verfahren.
@T.Wiegold,
aber nicht die Öffentlichkeit legt fest, was öffentlich sein kann und darf.
@Heiko Kamann:
Wenn man hinterfragt, warum Dinge so sind, wie sie sind und nicht einfach macht, weil sie ’schon immer so‘ gemacht wurden, dann stellt sich manche Lage eben anders dar.
Beispiel:
Regelmäßig sind die meisten Befehle in der Bundeswehr VS-NfD, was auch sinnvoll ist, bis Vorhaben durchgeführt wurden. Ebenso regelmäßig haben eben jene Befehle den Vermerk ihrer Ungültigkeit nach Datum X und anschließende Vernichtung bis auf für die Dokumentation notwendige Exemplare. Selbige könnten dann oft genug ohne weiteres auch auf ‚offen‘ heruntergestuft werden… macht nur niemand, weil man (a) den Mehrwert nicht sieht, (b) das Arbeit wäre und genau (c) man es ja schon immer so gehandhabt hat. (übrigens meine Lieblingsphrase beim Bullshitbingo….)
Zurück zu den Grundlagen:
„Nach § 4 Abs. 1 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes* vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) in der jeweils geltenden Fassung sind Verschlusssachen (VS) im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse unabhängig von ihrer Darstellungsform“
Warum ist es also Geheimhaltungsbedürftig, das die 7. Kp/12345 im Jahre 2008 am 26.8. Schießen war? Die Teilnehmerliste dazu wäre unter datenschützerischen Gesichtspunkten wohl eher schützenswert, als die Information, dass eine Bundeswehreinheit ein Schiesstraining durchgeführt hat, was bekannterweise zu den üblichen Aktionen einer solchen gehört…
Wenn wir von Geheimnisverrat reden, dann ist Streng Geheim ein klarer Fall, aber schon zum Thema Geheim heisst es: „die Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder bzw. das Zufügen eines schweren Schadens für die Interessen bei Preisgabe einer Information (vgl. Anlage 1, Abschn. 2.2) müssen im Einzelfall eingehend begründbar sein.“ – Betonung auf Einzelfall und begründet… heisst also Vorgänge, die sich in ‚Geheim‘ eingestuft finden, werden nicht regelmäßig pauschal so eingestuft.
Um auf das eigentliche Thema zurück zu kommen hier dann der spannende Teil:
„Niemand ist allein aufgrund seines Amtes, Dienstgrades, seiner Stellung oder Ermächtigung berechtigt, Zugang zu VS zu erhalten. Auch nach dem Informationsfreiheitsgesetz besteht kein Anspruch auf Informationszugang zu VS (§ 3 Nr. 4 IFG). Dies sollte jedoch nicht zu ungerechtfertigter Einstufung von Vorgängen als VS verleiten, da mit Klagen von Antragstellern zu rechnen ist (siehe auch Erläuterung zu § 8 Abs. 1).“
(§8 Abs 1 sagt der Information halber: „Von einer Einstufung als VS ist nur Gebrauch zu machen, soweit dies notwendig ist. § 9 Abs. 1 und 2 sowie die Hinweise zur Einstufung von VS in Anlage 1 sind zu beachten.)
(§9 sagt dann… WICHTIG: „Die herausgebende Stelle oder deren Rechtsnachfolger hat den Geheimhaltungsgrad einer VS zu ändern oder aufzuheben, sobald die Gründe für die bisherige Einstufung sich ändern oder weggefallen sind.“, „Ist die Einstufung einer VS von einem bestimmten Zeitpunkt ab oder mit dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses nicht mehr oder nicht mehr im ursprünglichen Umfange erforderlich, so ist dies deutlich erkennbar auf der VS oder zugehöriger Dokumentation zu vermerke“)
Was lernen wir aus §9: vieles ist nur dauerhaft so eingestuft, weil trotz klarer Aufforderung kaum einer sich Gedanken macht, wann und unter welchen Umständen die Einstufung aufzuheben ist, was nebenbei bemerkt ein klarer Verstoß zur Gesetzeslage zum Thema VS ist.
Heisst: wenn jemand berechtigte Zweifel an der Einstufung von VS äussert und die Einstufung nicht begründbar wäre – wäre man potenziell dazu angehalten im Sinne des IFG die Herabstufung in Betracht zu ziehen… in welchem Umfang ist dann eine Schlammschlachtaufgabe für Juristen.
Das soll nicht die unberechtigte Weitergabe von VS rechtfertigen, aber Leaking ist hier ja auch nicht das eigentliche Thema, sondern der Verweis auf das Urheberrecht.
Ich habe bereits, und tue es hiermit wieder, auf die Veröffentlichung von Polizeilichen VS-NfD Dokumenten durch die Hells Angels, und das zumindest erstinstanzliche Scheitern der Polizei mit dem Urheberechtsansatz, verwiesen.
Telemedicus hat jetzt auch eine Einschätzung zum aktuellen Fall: http://www.telemedicus.info/article/2556-Afghanistan-Leak-Verteidigungsministerium-geht-gegen-WAZ-vor.html
@Keveros,
ist es gestattet ihre Ausführungen mit dem Grundsatz aller Geheimhaltungen zusammenzufassen?
Kenntnis nur wenn nötig!
T.Wiegold | 09. April 2013 – 9:58
I’m sorry … ich habe nicht die urheberrechtliche Seite betrachtet, sondern die VS.
In Deutschland, wie in den meisten NATO-Ländern, legt nun einmal der Herausgeber die Einstufung einer (seiner) Nachricht fest. Ob das immer einsehbar, zu verstehen ist, steht auf einem anderen Blatt.
Für die Mathematiker … wieviel VS-NfD ergeben ein VS-Vertraulich?
„Leider wird hierzulande in der Praxis meist genau umgekehrt verfahren.“
Den Satz hätte ich so nicht erwartet, weil er falsch ist und von Unkenntnis zeugt.
Auch nicht jeder niederländische General hat in alle Sachverhalte Einblick …
NMWC | 09. April 2013 – 8:56
Verschlußsachen werden natürlich interministeriell, international, Volksvertretern und auch der Industrie zur Verfügung gestellt bzw. die Einsicht gewährt. All das ändert doch aber den Charakter der Einstufung nicht … für alle gelten die Regeln zum Zugang zu und Umgang mit VS gleichermaßen. Geheimschutzabkommen, wäre hier ein Schlüsselwort. VS-Einstufungen und deren Definition werden vom BMI festgelegt …
Sorry für den Exkurs …
@BausC:
Genau das ist der Ansatz, mit dem es sich leicht macht und dem Gesetz wiederspricht.
Ihr Denkfehler dabei ist die fehlende Trennung zwischen aktivem Schutzbedarf und falsch eingestufter VS ohne selbigen.
Wenn der VS-Status begründbar ist´gebe ich Ihnen vollumfänglich Recht, NUR, darum geht es hier ja eigentlich nicht.
Vielmehr geht es um die Frage, ob auf dem Dokument nur noch VS steht, weil jemand seinen Job nicht gemacht hat, womit zwar prinzipiell noch ‚Kenntnis nur wenn nötig‘ Anwendung findet, aber nur bis eine neuerliche Prüfung der Einstufung stattgefunden hat.
Das Gesetz weisst klar darauf hin, dass eine Einstufung nur zum Zwecke des Informationsvorbehaltes zur Absicherung gegen das IFG keine hinreichende Begründung ist.
Wir können das gern noch 20 Beiträge lang diskutieren, fernab des eigentlichen Themas und ohne Aussicht auf einen Punkt zu kommen, weswegen ich darauf verzichten werde und mich unter Hinweis auf die zitierte Vorschriften-/Gesetzeslage aus der VS-Diskussion zurückziehe – ich habe schlichtweg besseres zu tun.
Thema ist, nur zur Erinnerung, der Urheberrechtsansatz des BMVg.
Zu kenntnis nur wenn nötig
Ist es nicht die Art von Papier die täglich/wöchentlich frei im Intranet für JEDEN vom General über den Mannschafter, den StOVler und die Bibliothekarin und allen anderen die irgendwie nen Dienstrechnerzugang haben lesen drucken und unter verstoß gegen die ITSicherheitsrichtlinien auch auf einen privaten USB Stick kopieren kann?
Also so hoch kann das Schutzbedürfniss da ja dann nicht sein.
Das ist doch mal ein erfrischend innovativer Ansatz des BMVg und ein interessanter Aspekt. Der Verstoß gegen die Geheimhaltung ist für jeden Journalisten/Autor ja schließlich schon tägliches Brot (ok, in diesem Falle ist es „nur“ VS-NfD“). Und auch nicht unbedingt schädlich beim Aufdecken von Mißständen. Aber, wenn es um das Urheberrecht geht, wird ja auch der ein oder andere Autor empfindlich, wie die Diskussion zum Urheberrecht im Internet eindrucksvoll gezeigt hat. Wie gesagt, sehr interessante Herangehensweise und mir erschließt sich nicht ohne weiteres, warum das für ministerielle Papiere, die nicht der Öffentlichkeitsarbeit dienen, nicht gelten sollte. Zum Schluss noch die Frage: Das Begehren des BMVg wurde aber nicht am 01.04. übermittelt?
na ja, wenn ich mir die WAZ-Datenbank der BMVg-Afghanistan Dokumente so anschaue, dann frag ich mich auch persönlich, ob das in dieser Form mit dem Urheberrecht vereinbar ist….
@Andreas Henne:
„warum das für ministerielle Papiere, die nicht der Öffentlichkeitsarbeit dienen, nicht gelten sollte“
Weil der durchschnittliche Autor, der ein Werk schafft um daraus Wert zu schöpfen:
(1) nicht vom Steuerzahler bezahlt wird,
(2) nicht unter das IFG fällt,
(3) mit seinem Werk Geld verdienen will/muss (weswegen das Urheberrecht ja bei den Autoren ein wichtiges Thema ist und hier genau keinen Sinn ergibt),
(4) sich nicht den kritischen Fragen der Wähler stellen muss.
Ich könnte jetzt darüber hinaus auf einen vorherigen Beitrag verweisen, aber kopiere der Einfachheit halber mal:
„“Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat mit seinem Urteil vom 3. November 2011 in letzter Instanz entschieden, dass das Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich auch für die gesamte Tätigkeit der Bundesministerien gilt; nach diesem richtungsweisenden Grundsatzurteil des BVerwG darf ein Bundesministerium den Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen – zum Beispiel hausinterne Unterlagen zu einem Gesetzgebungsverfahren oder Stellungnahmen gegenüber dem Petitionsausschuss – ab sofort nicht mehr mit der Begründung ablehnen, dass die Unterlagen die Regierungstätigkeit betreffen.”
Ihre Frage wird also durch die entsprechende Urteilsbegründung geklärt.
Andreas Henne | 09. April 2013 – 12:23
„Wie gesagt, sehr interessante Herangehensweise und mir erschließt sich nicht ohne weiteres, warum das für ministerielle Papiere, die nicht der Öffentlichkeitsarbeit dienen, nicht gelten sollte.“
Weil diese Papiere im Dienst, in unserem Auftrag erstellt werden … für das „geistige urheberrechtliche Output“ wird der Ministeriumsmitarbeiter oder Beamte via Steueraufkommen bezahlt. Darum dürfen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes (vor allem Beamte) z.B. für Vorträge aus ihrem Fachgebiet grundsätzlich kein Honorar verlangen.
Das Thema darf man m.E. nicht nur streng juristisch sehen. Die politische Bewertung ist noch wichtiger.
Natürlich bedarf (berechtigte) Geheimhaltung des Schutzes. Aber Geheimhaltung ist nicht Geheimniskrämerei. Der Minister klagt vehement ein öffentliches Interesse zu sicherheitspolitischen Fragen ein. Wie soll dies aber ohne Informationen geschehen? So dumm, sich nur auf die formalen Sprechblasen der Pressesprecher zu verlassen, ist die Öffentlichkeit nun wirklich nicht.
Wenn der Minister seinen Wunsch ernst meint, sollte er schleunigst seine Rechtsabteilung zurückpfeifen. Tut er’s nicht, war das alles ein Ablenkungsmanöver und die sicherheitspolitische Debatte verbleibt im Dornröschenschlaf.
@Kerveros | 09. April 2013 – 12:31:
Das IFG gewährt nur Zugang zu Dokumenten. Selbst wenn man einen Anspruch auf einen solchen Zugang bei der UdP/UdT sieht, so ist ein Zugangsrecht nicht automatisch mit einem Veröffentlichungsrecht der 1zu1 Kopien gleichzusetzen.
Und wie auch von der WAZ-Gruppe erwähnt, sieht das BMVg das IFG wegen der bestehenden [unnötigen] Einstufung [zu Recht] als nicht anwendbar.
@Tom:
Bitte einfach mal die Bezüge lesen. Wie gesagt die Diskussion ist mir zu blöd.
Kerveros | 09. April 2013 – 10:42
Nur eines: streiche [unnötig], setze [(un)rechtmäßig], denn „herausgebende Stelle oder deren Rechtsnachfolger _hat_ den Geheimhaltungsgrad einer VS zu ändern oder aufzuheben“
Nicht: ‚kann‘ oder: ‚darf‘, sondern ‚MUSS’…
@Tom
Das ist doch auch mein Concern: ich kann doch mit Regierungsdokumente-Sammlungen keine gewerblich betriebene und genutzte Datenbank aufmachen….wie in diesem Fall….denn jeder Klick in die WAZ-Datenbank bringt doch Geld ins Hause WAZ. Das hat doch mit Pressefreiheit nix zu tun….
@klabautermann
Das musst du mir erklären:
Auf einer frei zugänglichen Seite, ohne geschaltete Werbung? Ach so, und jeder Klick auf bundeswehr.de erhöht den Verteidigungshaushalt?
@T.W.
hm, ein Klick auf eine gewerblich betriebene Datenbank bringt also dem Gewerbebetreiber WAZ kein Geld ? Dann wäre das ja eine öffentlich-rechtliche Datenbank, oder eine eGmbH-Datenbank….hm, kann ja wohl kaum sein….ich kenn mich mit den sehr intransparenten Klick-Vergütungsmodellen nicht so aus, aber: diese Datenbank mit BMVg-Dokumenten (und ich hab sie mir sehr genau angesehen), betrieben durch einen privat-wirtschaftlichen Medienunternehmer, ist imho doch nicht so ganz im Geiste der FDGO, Unterabteilung Pressefreiheit oder IFG. Filesharing ist eben nur ohne gewerbliche Nutzung in Grenzen zulässig….diese Datenbank ist definitiv keine Privatkopie ;-) Diese Datenbank ist natürlich bestimmt auch „ohne Gewähr“….etc.
@klabautermann
Uff welches Fass willst du jetzt aufmachen? In dem von Dir beschriebenen Sinne ist es keine gewerblich betriebene Datenbank, und die WAZ kassiert eben nicht für jeden Klick (zum Vergleich: auch SpOn kassiert nicht für jeden Klick auf seine Seite, eben nur indirekt durch Werbung). Worauf willst du hinaus? Wollen wir jetzt noch über das Presseprivileg für Datensammlungen im Bundesdatenschutzgesetz reden? (Ich glaube, wir kommen auf den OT-Pfad…)
Mal zum Verständnis@Klabautermann: pay per click ist nicht auf die Seitenaufrufe bezogen. Da muss man dann schon direkt auf die Banner klicken. Dies Rollover Werbung bei bestimmten Begriffen läuft ebenfalls ähnlich. Ein Betreiber kann natürlich noch Einnahmen generieren indem er Bannerflächen direkt verkauft. Dazu benötigt er dann eine solide Statistik und kann entsprechend den Preis anpassen.
Die einzigen werberelevanten Aspekte sind Eigenwerbung (Social Media Kanäle) und die Weiterleitung auf die waz homepage. Ich kann nicht erkennen wo im Blog Geld durch Klicks generiert wird. Da gib es schlicht und ergreifend nichts. Das ist ein reines Contentangebot, ein Zuschussgeschäft (wenn überhaupt), dass in erster Linie Interesse bei Zielgruppen wecken soll. Geld wird mit der Seite keins verdient.
Also nur mal zur Unterscheidung. Urheberrechte sind nicht übertragbar! Der Urheber bleibt immer Urheber und bezieht sich auf eine natürliche Person (Hier wahrscheinlich ein Referent). Eine Organisation kann nicht Urheber sein.
Worum es eigentlich geht sind m.E. Nutzungsrechte. Diese Nutzungsrechte – weil im Dienst für den Dienstherren erstellt – sind im alleinigen Besitz des BMVg. Auch mit der im Archivgesetz festgelegten Abgabe von nicht mehr benötigtem militärischen Schriftgut an das Bundesarchiv können die Nutzungsrechte dieser Unterlagen aus unterschiedlichen Gründen weiterhin eingeschränkt bleiben. Auch hier hat der Inhaber der Nutzungsrechte – das BMVg – seine Nutzungsrechte nicht zwingend vollständig übergeben oder macht diese völlig offen zugänglich. Um gegen Nutzungsrechte zu verstossen muss übrigens kein zwingend wirtschaftlicher Erfolg mit verknüpft sein. Das kann ich als Privatperson wie auch als Organisation oder eben als Unternehmen.
Der Ersteller eines Dkumentes legt – aufgrund welcher Kriterien auch immer – den Einstufungsgrad fest. Und sorry, NfD ist NfD, OFFEN ist OFFEN. Mich wundert es nur, warum dann nicht auch gegen diverse „Anbieter“ von Vorschriften im www vorgegangen wird. Aber das ist ein anderes Thema
Ich finde es ja immer wieder witzig, wenn der deutsche Staat das Urheberrecht für komplett andere Ziele bemüht. Sowas wie das staatliche deus ex machina. Was wiederum sehr viel über unser Urheberrecht aussagt,
Ich staune und bin offengestanden auch ein bißchen entsetzt, wie diese Sache diskutiert wird. Wir sind hier schließlich bei der Frage, wie das Informationsrecht der Öffentlichkeit (also des Souveräns, presserechtlich relevant wäre hier also die Frage nach dem „öffentlichen Interesse“) vom Bedürfnis nach Geheimhaltung seitens der Militärs abzugrenzen wäre. Das gilt sogar im Zusammenhang mit urheberrechtlichen Ansprüchen, denn auch BMVG und BW sind presserechtlich Behörden, die grundsätzlich der Pflicht zur Information unterliegen. Das gilt auch dann, wenn die Verwaltung sich hinter zivilrechtlichen Konstruktionen a la Urheberrecht verstecken will. Typisches Beispiel ist die kommunale GmbH, die trotz privater Rechtsform Zahlen und Wirtschaftspläne herausgeben muss, wie die Verwaltung selbst.
Es handelt es sich auch nicht um eine Kleinigkeit. Worum ging es nochmal in der Spiegel-Affäre? Kleiner Merkposten: Der Zwang zur Geheimhaltung ist ein typisches Machtinstrument der Diktaturen von den mittelamerikanischen Bananenrepubliken bis zu Putins Russland, um unerwünschte Leute mundtot zu machen. Die Nazis waren geradezu Spezialisten darin, mit diesem Instrument ordentlich Druck aufzubauen und Gehorsam zu erzwingen. Es ist also nicht harmlos, sondern eine letztlich illegale Machtstrategie des Ministeriums.
In der Sache: Wenn das Ganze darauf beruht, dass aus den UdP zitiert wurde (die zudem weitgehend mit den UdT identisch sind, wenn ich das richtig verstehe), dann haben ja wohl ein paar tausend Leute diese Informationen ohnehin schon vor Augen gehabt. Das kann dann gar nicht mehr geheim sein, es gibt dann auch kein legitimes Schutzbedürfnis.
Ergo: Es geht nicht um ein legitimes Bedürfnis nach Geheimhaltung sondern darum, dass sich das Ministerium ein illegitimes Recht auf Vertuschung sichern will. Man könnte ja mal an die zuständige Staatsanwaltschaft eine Presseanfrage richten, ob hier nicht ein Fall von Nötigung vorliegt.
Am Rande: Diese Urheberrechts-Strategie kenne ich sonst nur noch von den Schwarzen Schafen des Grauen Kapitalmarktes, die damit gerne ihre miserablen Zahlen und Ergebnisse aus der Öffentlichkeit heraus halten wollen.
Also für mich ist das Ganze nur höchst blamabel und dem Vertrauen des Volkssouveräns in das BMVg geradezu peinlich abträglich, auch wenn ich alles andere als ein engagierter Leser der WAZ bin. Man sollte mal dem BMVg / Abt Recht / Referat R I 5 / Ministerialrat Dr. C.R. folgende Links schicken: http://urheberrecht.wikimedia.de/2013/04/urheberrecht-journalismus-unterrichtungen-des-parlaments/
& http://www.blindeninstitut.de/de/infoportal-sehen/braille-uebersetzer/braille-uebersetzer/
und insbesondere auf die bei der Regierungspressekonferenz vom 28. November 2012 erfolgte Stellungnahme des Leiter des Presse- und Informationsstabes und Sprecher des BMVg, Herrn Ministerialrat Stefan Paris verweisen.
Die Bundesregierung erklärte auf dieser Regierungspressekonferenz „die Afghanistan-Papiere leaken wir selber“. Ausnahmen seien die Berichte der Bündnispartner. Für diese dürfte aber die Bundesregierung bzw. ds BMVg weder exklusive Nutzungsrechte halten, noch aktiv legitimiert sein. M.M.n. müßte im Klagefall mangels Rechtschutzbedürfnis des BMVg Klage-Abweisung wegen Klage-Unzulässigkeit erfolgen. Und dann könnte die WAZ ganz schnell den Spieß umdrehen und Strafantrag wegen Nötigung im Amt gegen den Herrn Referatsleiter des BMVg R I 5 stellen.
@Vtg-Amtmann:
Habe ich ja auch so geschrieben… darauf verweisen, dass man selbst nur abgeschrieben hat und selbst unter Unkenntlichmachung der Quellen plagiiert und dann auf die sprichwörtlichen Fäkalien zu klopfen ist gemeinhin in sich unlogisch.
Abgesehen davon, und ncht umsonst habe ich ja gesagt die VS-Debatte ist mir zu blöd, ist Geheimschutz per se die dickere Keule als das Urheberrecht – das Ausweichen des BMVg auf selbiges also eher ein Indiz dafür, dass man selbst zweifel an der Anwendbarkeit hat und folgerrichtig an der besonderen Schutzwürdigkeit der Daten. Abgesehen davon gab es ja noch besagtes Gerichtsurteil vom Januar diesen Jahres zum Thema unerwünschte Veröffentlichung von VS.
Eigentlich wäre dieser Vorgang in der Tat schon erheiternd, hätte er nicht einen ernsten Hintergrund und berührte diverse Grundsätze, die eine ordentliche Amts- und Einsatzführung überhaupt erst möglich machen.
Bei der genannten Veröffentlichung der Unterrichtung des Parlaments kann ich vom reinen Inhalt her in der Tat keine großen Auswirkungen auf die Interessen der Bundesrepublik Deutschland feststellen. Diese Ansammlung unscharfer Statistiken aus denen dann eine kurz- bis mittelfristige Einschätzung der Sicherheitslage mit geringer Qualifizierung der Aussagen im größtmöglichen Maßstab getroffen wird, hat sicherheitsbezogen eine Halbwertzeit von vielleicht wenigen Monaten. Ob dieses Produkt tatsächlich die Einstufung VS-NfD verdient, darüber ließe sich streiten und ich schliße mich der Ansicht an, man hätte es nach einiger Zeit herabstufen können. Hieraus eine Pflicht für das BMVg abzuleiten, sehe ich allerdings nicht. Der Anforderungsweg sollte hier ausreichen.
Entschieden verwehren muss ich mich der Ansicht, dass ein solcher Bericht durch Personal erstellt sei, das durch Steuermittel finanziert sei und der Steuerzahler daher ein Anrecht auf Einblick darin hätte. Die Steuerpflicht ist eben eine solche und kein Teil eines Geschäftes für welches der Steuerzahler ein Produkt erhält. Weder kann der Steuerzahler eine Anzahl X an Polizeistreifen vor seinem Haus für seine Steuern verlangen, noch ein Anrecht an Staatseigentum oder -informationen geltend machen. Stellt der Staat dem Bürger konkrete oder abstrakte Dienstleistungen zur Verfügung, so tut er dies aufgrund entsprechender Gesetze und nicht eines finanziellen Anrechts seiner Bürger.
Ebenso kann ich keinen Grund erkennen, warum eine Person, die Dienstgeheimnisse – denn ja, VS-NfD steht für VERSCHLUSSSACHE – verrät, nicht ermittelt und disziplinar oder strafrechtlich gewürdigt werden sollte. Für den idealen Fall des groben Unrechts oder gravierenden Missstands, der unbedingt behoben werden muss, gibt es neben der zugegeben nicht immer zuverlässigen Befehlskette, interne Ermittlungs- und externe Strafverfolgungsbehörden, sowie einen ganzen Bundestag, der sich freudig auf jeden angeblichen Skandal stürzt, denen dies ohne Geheimnisverrat angezeigt werden kann. Die Mehrheit aller leaks scheint sich allerdings auf einer wesentlich geringeren Ebene zu bewegen, obwohl die Presse selbstverständlich in allem einen Skandal und öffentliches Interesse sieht.
Tatsächlich führt die allgemeine Transparenz und do-it-yourself Mentalität der Öffentlichkeit in Bezug auf die Kontrolle staatlicher Organe gepaart mit der verbreiteten Null-Fehler-Tolreanz zu einer allgemeinen Abneigung Entscheidungen zu treffen und ja nichts schriftlich zu dokumentieren. Die regelmäßige Kompromittierung interner Unterlagen führte zum Verlust des Vertrauens in die eigenen Unterlagen, so dass immer weniger Informationen aber immer mehr rechtssichere Rückversicherungen verschriftlicht werden und die interne Zusammenarbeit und Nachvollziehbarkeit leidet. Im Ergebnis wird ein tatsächlich eingesetzter Untersuchungsausschuss, sprich diejenigen die tatsächlich für die Kontrolle staatlicher Organe zuständig sind, dann einen Vorgang anhand von Unterlagen nicht mehr nachvollziehen können und das Interesse der Öffentlichkeit in einem wirklichen brisanten Fall wird ins Leere laufen. Begleitet übrigens von Skandal-leaks der Untersuchungsunterlagen in der Presse.
Ebenso muss ich mich leider dem Urteil meiner Vorredner anschließen, dass das Sicherheitsbewusstsein aber auch die Einstufungspraxis in den Streitkräften wie anderen Behörden doch sehr gering ausgeprägt ist. Die Zurückhaltung der entsprechenden Behörden Pflichtverletzungen zu verfolgen und auch gegen Abgeordnete entsprechend vorzugehen ist hierbei besonders beklagenswert. Diese traurige Realität sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Geheimhaltung und Dienstgeheimnis im Grundsatz eine reelle Notwendigkeit haben.
Im konkreten Fall hätte das BMVg aber bereits davon ausgehen können, dass diese Unterlagen öffentlich werden. Der BND hat sogar eine inoffizielle Einstufung dafür:
GEHEIM bis Berlin!
Dann bis zum nächsten Skandal.
Cynic2
@Cynic2:
„Hieraus eine Pflicht für das BMVg abzuleiten, sehe ich allerdings nicht“
Hätten Sie die zitierten Quellen gelesen, dann wüssten Sie, dass hier kein Anspruch abgeleitet wird, sondern dieser im Gesetz festgeschrieben ist. Nur weil selbiges keiner liest, wird es davon nicht weniger richtig.
Der Grund, warum mir diese Diskussion so zuwider ist, liegt schlicht und ergreifend darin, dass Meinungen hier Zeitverschwendung sind, wenn es klar vorgegeben ist.
„Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministerium des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA)“ (und die gilt für alle Ministerien)
@Cynic2:
Nachtrag zu
„Entschieden verwehren muss ich mich der Ansicht, dass ein solcher Bericht durch Personal erstellt sei, das durch Steuermittel finanziert sei und der Steuerzahler daher ein Anrecht auf Einblick darin hätte.“
Sie wollen sich ggf. einmal mit dem IFG (Informationsfreiheitsgesetz) befassen.
@Kerveros
Ja, sie sollten sich ihr Informationsfreiheitsgesetz auch einmal anschauen. Ich gebe Ihnen Recht, dass der Gesetzgeber hier einen explizit einräumt, dass jeder Bundesbürger Zugang zu amtlichen Informationionen hat (§1). Es sei denn, es betrifft Personenbezogene Daten, betriebsinterne Abläufe, interne Entscheidungsprozesse, militärische Sicherheit, Außenbeziehungen, und ein paar andere Kleinigkeiten (§3-6).
Aus der Gewichtung der Inhalte des Informationsfreiheitsgesetzes wird bereits deutlich, dass die implizite Absicht des Gesetzgebers ist, möglichst viele Möglichkeiten offen zu lassen das aufgegebene Amtsgeheimnis weiterhin zu wahren. Sie können sich ja einmal überlegen was das BMVg bei harter Auslegung dieser Kriterien überhaupt noch jemanden erzählen muss – mit einer guten Rechtsabteilung nicht viel!
Aber es ist schön, dass jemand die Werbekampagne der Bundesregierung zu mehr Informationsfreiheit tatsächlich ernst nimmt.