Syrien: Oben auf der Rutschbahn
Der – faktische – Bürgerkrieg in Syrien ist auf Augen geradeaus! bislang nur am Rande ein Thema, vor allem im Zusammenhang mit der Stationierung deutscher Patriot-Raketenabwehrsysteme in der Türkei. Zunehmend stellt sich aber für die Europäer die Frage, ob – und wie – sie über die bisherigen, weitgehend erfolgosen Versuche der politischen Vermittlung hinaus in diesen Bürgerkrieg eingreifen (wollen).
Eine wichtige Rolle spielt dabei das Waffenembargo der Europäischen Union gegen Syrien, das de facto ein Verbot der Unterstützung der syrischen Rebellen mit Waffen bedeutet. Erst kürzlich haben die EU-Mitgliedsstaaten das bis Ende Mai verlängert, allerdings in Teilen aufgeweicht und die Lieferung nicht-tödlicher Ausrüstung wie geschützer Fahrzeuge, ballistischer Schutzwesten oder Funkgeräte erlaubt.
Vor allem Großbritannien und Frankreich reicht das nicht – und zunehmend steht die Frage im Raum, wie sich die EU zu einer Unterstützung der Rebellen mit Waffen stellt. Frankreich überlegt laut, auch ohne Abstimmung mit den EU-Partnern Waffen zu liefern. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle beharrt zwar auf einer politischen Lösung: Nur der Einstieg in eine politische Lösung kann das Blutvergießen in Syrien beenden. Doch schon die Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel lassen ein Umdenken an der Stelle nicht mehr als ausgeschlossen erscheinen, wie tagesschau.de berichtet.
Der weitere Prozess bleibt spannend. Hebeln einzelne EU-Staaten das Waffenembargo aus, kommt die EU vielleicht doch – nach einem Umschwenken Deutschlands? – zu einer gemeinsamen Ansicht, die Waffenlieferungen erlaubt? Und, auch die Frage wird folgen: reichen Waffenlieferungen, oder stellt sich dann nicht die Frage, ob die EU insgesamt die Rebellen auch mit Ausbildung und weitergehender Unterstützung zu einem Sieg über den syrischen Präsidenten Assad befähigen will? Greifen irgendwann Soldaten aus EU-Ländern ein, sei es in der Luft oder am Boden, und vielleicht zusammen mit den USA?
Das alles sind Fragen, die sich abzeichnen, auch wenn sie noch nicht direkt akut sind. Die Stimmung in den USA geht recht eindeutig in eine bestimmte Richtung, auch wenn es da ebenfalls noch keine Antworten gibt. Roger Cohen, der einflussreiche Kommentator der New York Times, bringt das auf die Formel: Arm forces of National Coalition or see Syria die.
Im gleichen Blatt wirft C.J. Chivers einen Blick auf die fragmentierten Auseinandersetzungen in Syrien:
As spring arrives in Syria, the civil war closes out its second year in a mosaic of vicious and widely scattered battles, (…)
Since late last spring, antigovernment fighters have wrested much of northern Syria from Mr. Assad’s control, overrunning military checkpoints and several bases, and pushing the army back. But the rebel tide, largely led in northwestern Syria by Islamic groups, moves slowly, checked by weapon shortages and by a lingering archipelago of government positions where the army and loyalist militias have settled in with powerful weapons, equipped for a long fight.
(Foto: FSA rebels cleaning their AK47s in Aleppo, Syria during the civil war (19 October 2012) – VOA News; Scott Bobb via Wikimedia Commons)
@ Stefan
Die Belege zu Ihren letzten Behauptungen stehen noch aus, wollen Sie sich da jetzt wirklich nochmal so weit aus dem Fenster lehnen?
Und nein, irgendwen im Konflikt-Ausland mit Waffen und Training auszubilden ist keine völkerrechtliche Aggression. Man kann gerne darüber streiten ob es das sein sollte. Aber das gerade am Beispiel Syriens mit seiner unverhohlenen Unterstützunger der Hisbollah gegen den Libanon und Syrien zu tun ist schon arg … ironisch.
Ach ja, das „maßgeblich mit ausländischen Kämpfern“ geführt hatten wir glaub schonmal, und schon damals sind Sie die Belege schuldig geblieben. Angesichts von geschätzt über 100.000 Kämpfern der Rebellen und einem Schrumpfen der regimetreuen Streitkräfte um geschätzt die Hälfte ist das schon eine gewagte Behauptung.
Aber einen Kern-Knackpunkt sprechen sie ja an: Das syrische Regime hat zwar eindeutig gegen seine Responsibility to Protect verstoßen, aber mit der russischen Blockade im UN-Sicherheitsrat ist an eine Intervention noch nicht zu denken. (Und der Westen will die ja auch gar nicht, selbst wenn er könnte. Von daher sind das an der Stelle Krokodilstränen.)
Insgesamt bleibt halt der Eindruck, dass Sie sich – wie viele andere auch – schlicht kein Bild von der Lage in Syrien machen wollen. Ist halt ein Scheißgefühl, wenn Otto-Normalbürger zu den Waffen greifen, weil sie sich sonst nicht mehr gegen die Übergriffe des Regimes zu schützen wissen.
Da glaubt man dann halt lieber das Märchen vom der gerechten Baath-Partei Assads. Und alle anderen Syrer sind dann halt alles Al-Quaida-Anhänger, an die man keine Träne verschwenden muss. Das Leben kann so bequem sein.
Nur mal als Erinnerung: Ende 20102 galten 28.000 Syrer als „verschwunden“, 1,2 Mio Syrer sind im Land auf der Flucht. Selbst die UN hat festgehalten, dass die meisten Kriegsverbrechen von der der Syrischen Armee verübt werden, und an Ausmass und Qualität deutlich gravierender sind.
Und jetzt lass ich’s gut sein, bevor ich hier noch schwedische Kinderbuchfiguren zitiere.
@J.R. | 17. März 2013 – 21:44
Die Belege zu Ihren Behauptungen stehen ebenfalls aus. Ich werde nichts belegen, was nicht nur die Spatzen von den Dächern pfeifen, sondern auch hochrangige Politiker bereits eingestanden haben. Wenn Sie dringend Belege benötigen, dann schauen Sie doch ins Internet. Dort werden Sie reichlich Belege finden. Ich habe nicht die Absicht mich hier zu streiten. Jedem seine Meinung. Wir sind hier nicht in der Schule. Und auch nicht im Kindergarten.
Den UN-Bericht hat es zum Nachlesen hier:
„The violations and abuses committed by anti-Government armed groups did not, however, reach the intensity and scale of those committed by Government forces and affiliated militia. “
Daniel Etter im Zeit-Artikel „Was wir über den Syrien-Krieg wissen“:
„Die tatsächliche Zahl ausländischer Glaubenskämpfer dürfte im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen. „
Die Bereitschaft Großbritanniens, Waffen an die syrische Opposition zu liefern, läuft laut UN-Sprecher Martin Nesirky der Haltung von Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon zuwider.