Mali: Regierung gibt noch kein grünes Licht für Blauhelmtruppe
Die Überlegungen für eine UN-Friedenstruppe in Mali scheinen konkreter zu werden – aber bislang gibt es da noch ein grundsätzliches Problem: Die Regierung in Mali hat einem solchen Blauhelmeinsatz bislang nicht zugestimmt. Wie AP vom Sitz der Vereinten Nationen berichtet:
The government of Mali has not given a green light yet for a U.N. peacekeeping operation in the troubled west African nation, the U.N.’s deputy chief said Monday.
Deputy Secretary-General Jan Eliasson told a group of reporters that there appears to be growing agreement — including from the African Union and west African nations — for a U.N. force, but „there is still hesitation from the government of Mali.“
Nun würde eine solche Truppe ohnehin erst zum Einsatz kommen können, wenn die aktuellen Kampfhandlungen in dem westafrikanischen Land als beendet angesehen würden. Schon das ist allerdings eine komplizierte Frage, wie schon der Guerilla-Angriff einer islamistischen Gruppierung auf die Stadt Gao am vergangenen Wochenende zeigte.
Ein bisschen schneller soll aber die Ausbildungsmission der Europäer für die malischen Truppen funktionieren, die EU Training Mission (EUTM) Mali. Darüber werden heute die Außenminister der Europäischen Union reden. Auf der praktischen Ebene hat diese Mission, die nach der Beschlusslage eigentlich spätestens Mitte Februar beginnen soll, noch ein gewichtiges Problem: Bislang hat noch keine Nation die erbetenen Hubschrauber zum Verwundetentransport (MedEvac) zugesagt.
(Foto: Französische Armee/EMA)
Hinreichende Bedingungen für den Einsatz einer Blauhelmtruppe sind m.E. in Mali nicht gegeben, und sie werden auch wohl kaum eintreten. Eine typische Blauhelmmission verlangt, dass möglichst alle (!) relevanten Konfliktparteien im Grundsatz friedenswillig sind und im Sinne einer Vertrauensbildung die UN-Truppe akzeptieren. Kann man das etwa von den radikal-islamistischen Gruppen wirklich erwarten? Ich bezweifle das.
Viel eher halte ich eine unter UN-Mandat stehende Truppe für sinnvoll, die einen friedensähnlichen Zustand robust durchsetzt und notfalls wieder erzwingt. Auch dafür ist natürlich als Grundvoraussetzung erstens die Einwilligung der legitimen Regierung Malis und zweitens eine beachtliche Risikobereitschaft der etwaigen Truppensteller geboten. Aber mit reinen Blauhelmen, die allzu leicht zwischen die Fronten geraten und in einer solch komplizierten Lage wie im Norden Malis eigentlich nur verlieren können, hat das nur bedingt etwas zu tun.
Das läuft dann aber fast wieder auf afg Verhältnisse hinaus…
@ Hans
Ja, die Gefahr ist gegeben – wenn wieder so wie in AFG unrealistische Ziele durch halbherziges Handeln begleitet werden. Aber vielleicht haben wir ja ein bisschen dazu gelernt.
Wobei der Begriff „Blauhelmmission“ an sich in den letzten 20 Jahren stark verwässert wurde. Sinnvoller wäre eine Trennung danach, ob die Truppe nach Kapitel 6 oder nach Kapitel 7 der UN-Charta mandatiert wurde – unabhängig davon, wer die Truppe führt.
Ursprünglich war mit „Blauhelmmission“ eine nach Kapitel VI mandatierte Mission gemeint, die eine bestehendes Friedensabkommen überwacht und von der UN geführt wird: Ohne Friedensabkommen –> keine Blauhelme und Waffengebrauch war nur zur Selbstverteidigung üblich. (Wobei es laut UN-Charta keinen „Blauhelmparagraphen“ gibt, das Instrument war so bei UN-Gründung gar nicht vorgesehen).
Mittlerweile sind aber die meisten Blauhelm-Mission nach Kapitel VII (Friedenserzwingung) mandatiert, unterscheiden sich also de jure nur noch durch ihre Unterstellung unter das DPKO von Missionen wie ISAF oder KFOR. (De facto bringen die Truppensteller wesentlich weniger Ausrüstung mit, da sich die meisten westlichen Staaten auf symbolische Präsensen beschränken.) Insofern wäre die geplante ECOWAS-Truppe de facto auch eine Art „Blauhelmtruppe“, nur eben ohne blaue Helme, da sie nicht vom DPKO geführt wird. Eine zusätzliche militärische UN-Mission wäre mMn nur eine unnötige Dopplung, da sie prinzipiell denselben Auftrag und wohl auch eine sehr ähnliche Ausstattung haben wird, wie die ECOWAS-Truppe.
Prinzipiell denkbar wäre eine formale Unterstellung der ECOWAS-Truppe unter die UN, was evtl. zur Disziplinierung der Soldaten beiträgt. Aber das ist eher unwahrscheinlich, da ECOWAS zu recht auf seine Außenwirkung bedacht ist und de facto kein großer Unterschied bestehen würde.
Unterm Strich läuft es also auf ein ISAF-änhliches Szenario hinaus, allerdings nicht für den „Westen“, sondern die ECOWAS-Truppen. Der „Westen“ ist insofern „realisitischer“ geworden, dass er sich auf Ausbildung beschränkt, aber das Grundszenario ändert sich nicht. Ganz ähnlich wie es in Somalia schon jahrelang durch die Kombination von AMISOM und EUTM Somalia praktiziert wird. Die Brutalität vor Ort muss ähnlich wie in Afghanistan sein, nur interessiert sich im Westen keiner dafür, da sich der Westen auf Ausblidung und Piratenfangen beschränkt.
@ TZG90
Das ist korrekt. Danke für die Klarstellungen, auch wenn sie nicht unbedingt glücklich machen.