Britische Hilfe für Franzosen in Mali: Stärkung der Achse Paris-London
Als Folge der französischen Intervention in Mali und der Unterstützung anderer Staaten für die französischen Streitkräfte dürften sich langfristig ein paar Fragen für die gemeinsame europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik stellen. Nicht zuletzt die, ob die demonstrative Unterstützung der Briten, wenn auch ohne Kampftruppen, auf der einen und die scheinbare und auch ein wenig demonstrative Nicht-Unterstützung Deutschlands auf der anderen Seite die europäischen Gewichte in dieser gemeinsamen europäischen Aufgabe neu justiert.
Aus britischer Sicht ist das recht eindeutig: Die Transporthilfe der Royal Air Force wird als weitere Stärkung der im Lancaster House Agreement 2010 vereinbarten engeren britisch-französischen Zusammenarbeit gesehen. Das machte das britische Militär in einer heute Anfang Februar veröffentlichten Pressemitteilung deutlich, in der es nur vordergründig allein um die logistische Hilfe geht:
The Royal Air Force logistical operation in support of French forces in Mali will provide real benefits to future joint operations according to a senior RAF Officer.
As the Air Command Liaison Officer to the French Air Force Operational Headquarters, Wing Commander Simon Bellamy is well placed to comment on how the current support operation is improving the relationship between the RAF and French Air Force.
“Exercising air logistics aspects is always inherently difficult and so the contribution we’re making to the French Operation Serval not only reinforces our co-operation with a strategic partner, it also undoubtedly accelerates our objectives particularly in the logistics domain as part of the development of the Joint Expeditionary Force.” (…)
„Since the Treaty was signed our co-operation has been steadily increasing such that, for me personally and for my colleagues, it as familiar now to work with the French Forces as it has in the past been to work with the US Forces, our efforts are completely complimentary.”
„Yes there are differences but ultimately our operational outputs are the same. I find the French incredibly professional, very operationally focussed and importantly able to compromise so that we can work in a co-operative manner. There are more similarities than differences now. Our co-operation has reached a level such that we understand just how each Air Force functions day to day. This operation will reinforce those incredibly strong links at every level.”
Die Joint Expeditionary Force ist Teil der Vereinbarungen, die der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy und der britische Premierminister David Cameron abgeschlossen haben. Und mit vergleichsweise kleinen Aktionen schaffen es beide Länder, die Wahrnehmung einer engen militärischen Kooperation zu verstärken: Zum Beispiel mit der Stationierung eines britischen Lynx-Hubschraubers auf einer französischen Fregatte im EU-Antipiraterieeinsatz Atalanta.
Nun ist es ja nicht so, dass Deutschland gar nichts täte – der Lufttransport für ECOWAS-Truppen oder die angekündigte Hilfe bei der Luftbetankung (wenn auch voraussichtlich mit maximal einem Tankflugzeug, nach dem Zertifizierung und Bundestagsmandat vorliegen) sind unterm Strich vielleicht sogar gar nicht so viel weniger als die Unterstützung anderer Staaten. Allerdings hat es die Bundesregierung geschafft, bei gleichzeitiger politischer Zustimmung zur französischen Intervention innen- wie außenpolitisch den Eindruck zu erwecken, dass es möglichst keine Unterstützung französischer Truppen geben dürfe. Vor allem in der EU wird für die Bewertung des deutschen Verhaltens gelten: Die Wahrnehmung ist die Realität.
(Foto: Senior Aircraftman William Wambiru (right) of 63 Squadron, RAF Regiment stands guard with a member of the French Air Force’s Fusiliers Commandos de l’Air at Bamako Airport, Mali – Crown Copyright 2013/defenceimages.mod.uk unter MoD News Licence)
„Allerdings hat es die Bundesregierung geschafft, bei gleichzeitiger politischer Zustimmung zur französischen Intervention innen- wie außenpolitisch den Eindruck zu erwecken, dass es möglichst keine Unterstützung französischer Truppen geben dürfe…..“
Genau dies macht uns zu einem unsicheren Partner! Linke und rechte Grenze sind nicht fest abgesteckt! Wer mehr als Verteidigung will, sollte beschreiben was er will und dies im GG festschreiben!
Wer zu den Verbündeten steht, egal was sie unternehmen und ob es in deutschem Interesse ist, soll dies festschreiben und den Soldaten der BW einen neuen Vertrag vorlegen oder……
…..man bildet eine EU Interventionsstreitkraft zu festen Bedingungen zu der man sich freiwillig melden kann (Frontex), stattet diese vernünftig aus und schickt sie in die Welt. Der Rest macht Verteidigung nach den Regeln des GG 87a.
Die deutsche Position in der Mali-Frage und die Art und Weise, wie unser Handeln und auch Nicht-Handeln bisher verkauft wurden, sind einfach nur peinlich. Leider muss man das so drastisch sagen. Armes Europa. (Übrigens: Die Rechnung für unsere Politik kommt bestimmt noch. Aber das kennen wir ja.)
Nach Libyen ist Mali die zweite Operation bei der die Anglo-Französische Kooperation unter Beweis stellt, wie handlungsfähig und willig diese „coalition of the willing“ ist.
Mit der Joint Expeditionary Force werden nationale Interessen sehr schnell zur Aufgabe des Partners. Es bleibt sicherlich abzuwarten welche Fähigkeiten und mit welchem Ansatz zur Verfügung gestellt werden. Zum Beispiel bei der gemeinsamen Nutzung von Flugzeugträgern etc.
@KeLaBe
Auch in dieser Frage kann die Staatsethik Antworten geben. Aus deren Sicht ist es falsch, Kriege zu führen, wenn eigenes Volk, Territorium oder vitale Interessen nicht bedroht sind. Staatsethisch ist der Verzicht auf einen Bundeswehr-Einsatz in Mali daher m.E. richtig.
@Orontes:
Die Beziehungen zu unseren Verbündeten sind in meinen Augen vitale Staatsinteressen.
@Gramm
Da stimme ich zu. Wenn unsere (durch die Lage in Mali selbst nicht direkt bedrohten) Verbündeten aber wirklich Wert auf eine Unterstützung durch die Bundeswehr gelegt hätten, hätten sie diese Frage im Vorfeld geklärt. Und auch wenn den Franzosen die Unterstützung durch die Bundeswehr wichtig gewesen wäre, gäbe es immer noch eigene deutsche Interessen. War es rückblickend falsch, dass sich Deutschland nicht direkt an der Intervention im Irak 2003 beteiligt hat, oder rechtfertigte die Beziehung zur
Bush-Administration die Gefallenen, die Kosten und andere negative Folgen für deutsche Interessen in Folge der Afghanistan-Intervention?
Interessanterweise kommt man in der Praxis meist zu friedfertigeren Ergebnissen, wenn man einer Ethik nationaler Interessen folgt, während ausgerechnet jene, die sich humanitäre Ethik auf die Fahnen schreiben, meist die aktivsten Interventionsverfechter sind.
Gestern hat Deutschland auf der ifri-Konferenz in Brüssel zum Thema „50 Jahre Elysee-Vertrag“ ordentlich was auf die Mütze gekriegt:
„Contrairement à l’Angleterre, avec le quel on s’entend sur tous les points sauf sur l’essentiel, avec l’Allemagne on ne s’entend plus sur rien sauf sur l’essentiel et l’essentiel ce n’est plus la construction de l’Union politique mais c’est tout faire pour que l’Europe ne se décompose pas…
juste encore deux détails:
sur la liste des participants il y avait, par exemple, trois représentants de la représentation permanente de la Fédération russe auprès de l’UE, mais aucun diplomate allemand. L’orateur allemand s’exprimait en anglais…“
Vernichtender kann ein Urteil kaum ausfallen. Aber das kriegt im Raumschiff Berlin natürlich keiner mit.
@LTC007
So ähnlich haben sich die Amerikaner auf dem Höhepunkt der Überdehnung ihrer Kräfte auch angehört, als sie über das „alte Europa“ redeten. Da die Franzosen etwas von Deutschland wollen (auch auf anderen Gebieten), ist solche Rhetorik unangemessen. Auch die Franzosen werden bald wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren und in jeder Hinsicht zu einer Politik finden müssen, die ihren realen Fähigkeiten entspricht und nicht dem überzogenen Selbstbild der „Grande Nation“, die sich wie die Briten in den frühen 80ern angesichts des Niedergangs im Innern an militärischen Abenteuern moralisch aufrichten will.
Wäre nett, wenn du das für die Leute übersetzt, die nicht so gut in der französischen Sprache bewandert sind, oder es kurz zusammenfasst ;)
@LTC007:
Da stellt sich doch tatsächlich die Frage wie verlässlich wir als Bündnispartner in NATO und EU sind.
Passt unsere sicherheitpolitische Verantwortung mit unserem ökonomisch starken Auftreten zusammen?
@Orontes: Französischer Niedergang im Inneren? Mögen Sie das näher erläutern?
@Orontes
aus wessen Sicht, welche Verzicht? Es gibt kein Verzicht auf einen Bw Einsatz nur eine Hin und Her über den Umfang! Wenn es da eine staatsethische, feste Position gäbe, würde man genau diese mit Nachdruck vertreten können und unsere Partner hätten kein Problem! Im Moment will man …. oder doch evtl nicht …… aber wenn dann nur mit Tanker und Transport …. oder doch mit….
@Gramm
„Die Beziehungen zu unseren Verbündeten sind in meinen Augen vitale Staatsinteressen“
Doch nicht zu jedem Preis und ohne unsere Interessen zu verraten, Beziehungen müssen auf festen Grundlagen stehen oder hat Frankreich mit der Schweiz ein Problem? Verläßlichkeit und nicht Beliebigkeit festigt eine Beziehung und Verläßlichkeit bedeutet nicht überall dabei zu sein, sondern klar zu sagen was geht und was nicht! Damit hätte keiner unserer Partner ein Problem! Wir sind jedoch nicht verläßlich!
Frankreich hatte einen Geheimvertrag mit Mali, nicht mit der BRD.
Frankreich hat die EU Partner nicht eingebunden!
Frankreich hat die NATO um Hilfe gebeten und Rasmussen hat geantwortet, dass er derzeit keine Rolle für das Militärbündnis im Mali-Konflikt sieht.
Die Tankerfähigkeit bildet im NATO Rahmen aber die USA ab! Das ist dann „smart defense“ und dieser sieht angesichts wachsender Finanzprobleme der Mitgliedstaaten vor, dass die NATO militärische Fähigkeiten stärker teilen sollte.
Dumm nur, wenn es diese Fähigkeit dann nur im NATO-Rahmen gibt!
TdM möchte mehr NATO und eher nicht so viel EU!
Was nu?
@LTC007:
Eine Quelle wäre interessant,
sowie die Information wer das gesagt hat und in welchem Kontext.
@zog
Hollande hat das Stichwort vom „Niedergang“ selbst verwendet, siehe u.a. hier: http://www.economist.com/blogs/charlemagne/2012/11/fran%C3%A7ois-hollande
Das Land hat massive Probleme, die es gerne durch mehr „europäische Solidarität“ (d.h. Geld aus Deutschland) vorläufig übertünchen würde, und die Stimmung scheint schlecht zu sein. Ein gewonnener Krieg hat schon manchem Politiker in so einer Lage zumindest kurzfristig herausgeholfen. Kommt das Geld aus Deutschland aber irgendwann nicht mehr im von der Politik den französischen Wählern versprochenen Umfang, wird die Regierung sparen müssen, mit Folgen wie weiter steigender Arbeitslosigkeit und vielleicht auch Unruhen (wie 2005), wenn man bei Transferempfängern sparen muss. Vielleicht würde es den Franzosen helfen,wenn man sie von Hilfe entwöhnen und dadurch zu für sie selbst heilsamen Reformen zwingen würde.
Danke. Mit der innenpolitischen Situation Frankreichs habe ich mich in den letzten Jahren bis auf wenige Ausnahmen kaum noch beschäftigt. Da gibt es wohl einiges nachzuholen.
@Orontes: Das war jetzt aber ganz schön großmännisch-deutsch und einfach, geschichtlich wie außenpolitisch, total daneben…
@LTC007: Orontes hat seine Meinung wenigstens (halbwegs) umfangreich und nachvollziehbar dargelegt, würden Sie uns den selben Gefallen tun?
Von Bündnissolidarität zu frz. Innenpolitik zum Transferempfängerbashing (was ja irgendwo unsolidarisch ist:-)). Spaß beiseite.
D’accord: Wir mögen uns nicht festlegen. Der Auftrag der Bundeswehr muss ja nicht mal zwangsläufig im GG festgelegt werden. Viele Staaten der Welt leisten sich ein Streitkräftegeset. Dann leiten sich Auftrag, Gliederung und Ausstattung (matereiell wie finanziell) nicht einzig und alleine aus Weißbüchern her.
D’accord: Wir sind nicht zuverlässig als Partner in militärischen Fragen. Dazu bedarf es neben des politischen Willens aber eben auch der Kompetenz auf allen Ebenen. Ich habe nichts davon gute Infanteristen und Flieger auszubilden, wenn deren operative Führung sich aus Militärpolitikern und Menschen mit KonzWE-Hintergrund rekrutiert. Den letzten Satz bitte nicht als I.G.-bashing verstehen. Es ist einfach ein doktrinär-strukturelles Problem der Bundeswehr ALLEN Truppenoffizieren Verwendungsbreite angedeihen zu lassen, anstatt ihnen eine Spezialisierung zu ermöglichen. Der „Heldenklau“ im Militärischen Nachrichtenwesen ist ein gutes Beispiel.
Ich stimme nicht in dem Punkt überein, dass wir in der Region keine Interessen haben. In einem früheren Beitrag zu einem anderen Thema habe ich einige Stichworte genannt: Rohstoffe (z.B. algerisches Erdöl, nigrisches Uran), Regionale Destabilisierung durch Terrorproliferation (z.B. Niger und Mauretanien), damit einhergehend steigender Migrationsdruck auf die EU (was letzlich auch alle Mitgliedsstaaten schultern müssen), das „Buhlen um Afrika“ (USA und China als wirtschaftliche Konkurrenten der EU)…
Bisher hatten wir unsere Interessen ganz gut wahrgenommen und das diplomatisch und mit viel Urlaubern!
@ChairForce
„Ich stimme nicht in dem Punkt überein, dass wir in der Region keine Interessen haben.“
Interessen in irgendeiner Form gibt es fast überall. Die Frage ist m.E., ob sie ausreichend sind, um einen Streitkräfteeinsatz zu legitimieren. Beispiel Algerien: Die Stabilität des Landes ist für die Preise von Erdöl und auch Erdgas durchaus relevant. Die Sicherheitskräfte sind aber wesentlich besser als die Bundeswehr dazu in der Lage, militanten Islamisten den Garaus zu machen, wenn auch manchmal mit unerfreulichen Folgen für europäische Geiseln. Aus dem realen Rohstoffinteresse folgt somit nicht, dass die Bundeswehr in der Region aktiv werden sollte, sondern nur, dass man beim von der Bundesregierung behaupteten Interesse bzgl. „Förderung von Demokratie und Menschenrechten“ bei den Algeriern etwas toleranter sein sollte, wenn diese ihre kultursensiblen Lösungsansätze des Islamistenproblems vollziehen.
@Orontes
Genau das wollt ich schreiben :-D
Ist es so, dass man zunehmen bereit ist, Deu Soldaten zu opfern! Wir sollten mal über die Grenze sprechen! Bei machen ist wohl die Grenze nach der Unterschrift zum SaZ überschritten!
Dass Deutsche Außenpolitik/Interessenpolitik keine linke und rechte Grenze beim Einsatz unserer Truppen hat, zeigt sich auch gerade wieder neu:
„Zusätzlich hat Deutschland, nachdem sich kein anderer Mitgliedstaat dazu bereit erklärt hat, zugesagt, rund 40 Sanitätssoldaten zu entsenden“, sagte de Maizière. Die Bundesrepublik hatte sich bisher schon bereit erklärt, 40 Pioniere zur Ausbildung der malischen Armee nach Bamako zu schicken. (Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/feldlazarett-deutschland-schickt-sanitaeter-nach-mali/7739486.html)
Zusammen mit den Luftwaffencrews bewegen wir uns schon bei über 100 Mann. Jetzt also doch mehr Engagement als ursprünglich angedacht – oder schon die erste Reaktion auf die massive Kritik unseres Nachbarn / unserer Verbündeten?
40 DEU Sanitäter + Feldlazarett sollen nach Mali!
http://www.spiegel.de/politik/ausland/40-deutsche-soldaten-bundeswehr-plant-feldlazarett-in-mali-a-881670.html
@T.W.:
Deutsche Tralls dürfen nun auch nach Mopti fliegen:
http://tinyurl.com/d6oepoy
In der Verbindung mit dem deutschen Rettungszentrum/ Feldlazarett ein Beispiel für den „mission creep“.
Wir sind offenbar wieder Getriebene der Ereignisse ohne klare Linie (vor 2 Wochen nur Bamako, jetzt Mopti?).
Berichte rund um die MSC legen nahe, dass unsere Weigerung französische Truppe, Waffen, Munition zu transportieren in Frankreich sehr prominent registriert wurden.
Nun will man wohl wieder gut Wetter machen.
Die Briten waren schnell und boten Hilfreiches an.
Wir hecheln mal wieder hinterher und rutschen nun immer weiter hinein. Wie jedes Mal.
Danke für die Hinweise zu Feldlazarett et al. – kaum bin ich mal einen Nachmittag und Abend offline, wird aufgestockt ;-)
Mache dazu einen neuen Thread auf.
@Orontes, Elahan
Ok, Touché. Über die Schwelle zum Einsatz von Streitkräften kann tatsächlich trefflich debattiert werden. Dennoch bitte ich eben die o.g. Interessen (im Ggs. zur Aussage „keine Interessen“) in die Gemengelage Bündnissolidarität-Stabilitätsinteresse-Demokratieförderung-Wirtschaftsinteressen mit einzurechnen. Ich wehre mich gegen absolute Aussagen.
Was die algerischen Sicherheitskräfte angeht habe ich meine Meinung hier im Blog bereits kund getan. Ich halte sie für die militärisch tüchtigsten und am besten ausgerüsteten auf dem afrikanischen Kontinent. Vieles spricht dafür, dass Systeme wie Mi-24, SU-30MKA, S-300 usw. nicht nur vor sich hin rosten.
Was den algerischen „Counter Insurgency“ Ansatz angeht, bin ich jedoch der Meinung, dass der Aufstieg islamistischer Kräfte der 90er Jahre nicht aus der dünnen Luft heraus stattfand, sondern Ventil für Unzufriedenheit mit dem (immer noch) maroden, korrupten und klientelistischen System waren (dessen Profiteure und Steigbügelhalter letztlich im Militär sitzen). Ich sage das ohne moralische Bewertung. Leider erkenne ich hier nur häufig undifferenzierte Sympathien für die algerische „Marshall-Dillon-Lösung“. Dennoch gebe ich Ihnen Recht, dass viele westliche Regierungen (und Presseorgane) sehr naiv an die Geiselnahme von In-Amenas herangegangen sind. Letztlich streiten immer noch so genannte „reconciliateurs“ (z.B. Präsident Bouteflika) und „eradicateurs“ (hauptsächlich Militär und Nachrichtendienst) miteinander über den Kurs der Nation. Die Lösung der Geiselfrage wird dann wohl von einem Uniformierten gefällt worden sein. Insofern: Ja, es ist wenig sinnvoll Lageeinschätzungen durch die westliche Moralbrille zu fällen. Wenn eigene Bürger bedroht sind, ist jedoch auch eine „pissige“ Reaktion à la Cameron nachvollziehbar.
Erinnert mich irgendwie an folgende heutige Meldung : „Städtische Beamte in Tel Aviv haben eine reguläre Lücke nachträglich als Behindertenparkplatz gekennzeichnet – als dort schon ein Fahrzeug stand.“ :-)
@TW: Wiegold-Effekt ;-)
@ChairForce
Eines muß man den „Eradicateurs“ lassen: Andere westliche Ausländer in Algerien sind durch das Vorgehen der Algerier bei In Amenas sicherer geworden, weil potentielle Geiselnehmer nun von einer weitaus geringeren Erfolgswahrscheinlichkeit ausgehen müssen als vorher.
@Orontes
da liegen Sie nicht ganz richtig. Hier in Norwegen wird zZt öffentlich und sehr politisch diskutiert, ob man das STATOIL Engagement in Afrika/Nahost beibehalten soll.
6 norwegische Staatsbürger sind getötet worden, und die hiesige Analyse der algerischen Aktion kommt nicht zu dem Schluß, dass die statische Sicherheit nun größer ist als vorher…
Man solle sich nicht ausspielen lassen als Deutsche. Unterm Strich steht eine verstärkte „Achse Paris-London“ weder der Deutsch-Französischen noch einer Polierung der „Deutsch-Britischen“ Freundschaft im Wege.
Auch weiß man in Paris und London, was man an uns Deutschen hat.
@sachlicher „Auch weiß man in Paris und London, was man an uns Deutschen hat.“ Wenn das so stimmen sollte: Was wissen die, was wir nicht wissen?
@ChairForce: „Ich halte sie für die militärisch tüchtigsten und am besten ausgerüsteten auf dem afrikanischen Kontinent.“
Also bestenfalls zweitklassig. Das darf man ruhig dazu sagen.
@ Zivi a.D. | 06. Februar 2013 – 0:22
In Kenntnis Ihres Posts http://augengeradeaus.net/2013/02/katholische-bischofe-fordern-ethische-diskussion-uber-bewaffnete-drohnen/#comment-53444 und der Ihrer Frage innewohnenden Häme wüsste ich nicht, was ich Ihnen in Erwartung einer intellektuell befriedigenden Antwort momentan mitteilen sollte.
Eine ernsthafte Bekämpfung islamistischer Terroristen würde zunächst einmal im eigenen Land stattfinden. Da das aber nirgendwo in Europa der Fall ist, kann ich den offiziellen Verlautbarungen nicht so recht glauben und verbleibe weiterhin auf dem Standpunkt, dass die deutsche Zurückhaltung die richtige Entscheidung ist.
Letztendlich bleiben Frankreich und Großbritannien zwei europäische Pleitiers die Großmacht spielen wollen. Ob im eigenen Auftrag oder im fremden Interesse sei mal dahingestellt. Im Falle der low-level Intervention in Mali wird das vmtl. auch nochmal funktionieren. Langfristig wird Mali aber eines der letzten „Abenteuer“ sein.
Was die BRD betrifft; wer zahlt, der schafft auch an. Das weiß man auch in Paris und London.
@Sachlicher: eine Frage hier ist aber ganz ohne Häme oder Hintergedanken gestellt: Was hat man denn an den Deutschen? In sicherheitspolitischer Hinsicht einen unsicheren Kantonisten mit wenig Einsatz, der zwar keine eigene Linie zusammenbekommt aber dafür anderen viele gute Ratschläge erteilt. Und die Politik ist in den internationalen Wirtschaftsfragen (ich nehme an, darauf wollen sie anspielen) auch nicht sio besonders toll.
Was die Bischöfe angeht (ist sehr OT, zugegegeben), kann bei mir von Häme keine Rede sein. Das ist eher Wut darüber, wie dieses zynische und verantwortlungslose Herrenmenschen-Gelichter die Kirche aus sehr weltlichen Motiven heraus vor die Hunde gehen lässt und dabei aus eigensüchtigen Motiven heraus selbst noch das zerstört, was gesund und tragfähig geblieben ist an der katholischen Kirche. Das hat nicht das Geringste mit Häme zu tun.
@klabautermann
„6 norwegische Staatsbürger sind getötet worden, und die hiesige Analyse der algerischen Aktion kommt nicht zu dem Schluß, dass die statische Sicherheit nun größer ist als vorher…“
Das ist vermutlich der Aufregung geschuldet, die nach solchen Vorfällen immer herrscht. Die Bedrohungslage hat sich aber schon allein deshalb verbessert, weil mehrere Dutzend offenbar recht kompetente Angreifer getötet wurden und deren Operation, gemessen am vermuteten Ziel Geiseln für Lösegelderpressung zu nehmen, gescheitert ist. Die verbliebenen Kräfte sind nun erst einmal geschwächt und müssen sich auch ein neues Konzept ausdenken.
Nicht die Bedrohung ist größer geworden, sondern das Risiko solcher Aktionen war vorher unterschätzt worden.
@AusDieMaus: „Eine ernsthafte Bekämpfung islamistischer Terroristen würde zunächst einmal im eigenen Land stattfinden. Da das aber nirgendwo in Europa der Fall ist, kann ich den offiziellen Verlautbarungen nicht so recht glauben und verbleibe weiterhin auf dem Standpunkt, dass die deutsche Zurückhaltung die richtige Entscheidung ist.“
In welchem Land in Europa operieren denn islamische Terroristen, erkannt und trotzdem unbehelligt?
@ ChairForce
Haben Sie Südafrika vergessen? :) Auch wenn es dort wachsende Probleme, alleine mit Aids, gibt, dürfte die SANDF immer noch mit Abstand die stärkste Macht sein, oder?
@ zog
Es kommt drauf an, wie wir das definieren. Wenn wir die Zugehörigkeit zu entsprechenden Gruppierungen dazu zählen, dann gibt es ne Menge Terroristen in Europa. Genauso wie wir das Risiko durch militante Neonazis eher an deren Anzahl und weniger an den tatsächlichen Taten bemessen, oder?
Ich halte die Äußerung in soweit interessant, als dass man das Gefühl bekommen könnte, bei uns zu Hause würde es so langsam vermodern, globale Probleme bei uns real. Dennoch langen wir Europäer erst in anderen Ländern zu und behandeln die gleichen Kräfte in Europa nicht auf diese Weise. In anderen Worten: Frankreich bekämpft in Mali offenbar islamistische Terroristen. In Europa selber heißt es immer nur „es liegen keine Erkenntnisse zu einer konkreten Bedrohungslage vor“. Bislang kam in Europa, gemessen an der Anzahl aufgehetzter Leute, ziemlich wenig vor und ich glaube, gerade wir Deutschen hatten bisher echt viel Glück.
Die ganze Kiste bezgl. der deutschen Linie diskutieren wir hier nun schon sehr lange und es hat sich eigentlich nichts merklich getan. Das kann sogar gute Gründe haben, ist wohl aber eher unserer rein wirtschaftlichen Ausrichtung geschuldet. Bei uns dreht sich im Grunde alles um Wirtschaft. Jeder Politiker erklärt es zu seinem Primärziel Arbeitsplätze zu erhalten. Wir wissen alle, dass er das 1. überhaupt nicht wirklich beeinflussen kann und 2. damit wohl eher meint den Unternehmerlakeien zu machen. Aber genug davon. Wir Deutschen leben halt in unserer Tretmühle und kaufen uns gerne frei. Das ist erbärmlich, aber nunmal der Istzustand.
Wir haben momentan keinerlei Gestaltungswillen, abgesehen von der Integration, was auch immer dieses Wort mittlerweile bedeuten soll. Vermutlich dient es der Wirtschaft… Glaubt man.
Wir werden also keine großartige Rede wie die von David Cameron hören, in der man eine klare und wirklich akzentuierte Position zu gemeinsamem Handeln erfährt. Es wird weiter abgewartet und hier und da mal ein bisschen was gemacht. Aber immer nur aus diplomatischen und monetären Gründen, das ist eine Konstante. Beides bereitet mir mehr Bauchschmerzen als einem erklärten Feind auf den Deckel zu geben, wenn es mit der von Orontes beschriebenen, sinnvollen Theorie, der Staatethik zusammen ginge.
Welche Gruppierungen denn? Werden Sie doch mal konkret.
Unterstützungsleistung sind noch lange keine aktive Beteiliung und auch keine Mitgliedschaft.
Ich wage zu behaupten, dass zumindest in Deutschland kein Mitglied einer terroristischen Vereinigung aus dem islamischen Spektrum operieren kann, sobald es von den zuständigen Behörden als solches identifiziert worden ist. Es würde mir auch kein anderes Land in der EU einfallen, in dem das so ist.
Warum Sie in Ihrer Antwort so viel geschrieben haben, aber meine Frage an AusDieMaus nicht beantwortet haben, erschließt sich mir nicht. Ein Land wäre doch schon ein Anfang gewesen, mit entsprechendem Nachweis natürlich.
Daher stelle ich meine Frage auch an Sie:
In welchem Land in Europa operieren denn islamische Terroristen, erkannt und trotzdem unbehelligt?
@ zog
Völlig unbehelligt in gar keinem, dahingehend ist der Anlass für Ihre Fragestellung so nicht korrekt. Aber es trifft in der Umkehr auch nicht zu, dass alles super läuft. Die letzten größeren Anschlagsversuche in D-Land sind häufig wegen mechanischer Fehler schief gelaufen. Ob das nun an mangelhaftem technischen Können lag oder an Manipulation weiß ich nicht. Ich wollte im Übrigen auch nicht direkt auf Ihre Frage antworten, sondern ergänzen, dass hier weiterhin ein personeller Nährboden im extremistischen Spektrum recht offen mindestens propagandistisch agiert und dies allzuoft auch widerspruchslos, obwohl man gerade Islamisten sowohl als inneren Feind als auch äußeren Feind sehen kann. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass es durchaus einige Leute aus Deutschland gibt, die sich in Pakistan oder Afghanistan als Kämpfer verdingen um danach zurückzukehren. Haben Sie schonmal von Konsequenzen für solche Leute gehört, außer dass man beim Verfassungsschutz namentlich geführt wird? Deshalb kann ich die Frage, warum man nach Mali reisen muss um Islamisten zu bekämpfen, zumindest verstehen.
Auf welcher gesetzlichen Grundlage wollen Sie denn vorgehen?
Die Frage muss man sich zwangsläufig stellen, wenn man ein Handeln von Behörden fordert.
Ich fordere gar nichts, sehe aber den Kontrast. Sollten wir dennoch zu dem Schluss kommen, dass das Bekämpfen eines Feindes (das ist ja variabel) im Inland gesetzlich unmöglich, aber im Ausland problemlos möglich ist, dann wäre doch etwas faul, oder?
Dabei sei natürlich gesagt, dass sich die Art der Konfrontation überhaupt nicht gleichen muss. Sollte sich also z.B. die Salafistenszene im Rheinland weiterentwickeln, werden wir eventuell nur noch reagieren können, anstatt präventiv gegen Leute vorzugehen, die ihren destruktiven Willen mehr als deutlich formuliert haben und in anderen Teilen der Welt in die Tat umsetzen. Zum Teil sind das die gleichen Leute, die auf den Demos hier auftauchen.
Übrigens: Das scheint mir eine Art deutscher Mechanismus zu sein. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass wir dazu neigen Probleme (auch vermeitliche) solange zu ignorieren, bzw. nicht offen zu diskutieren, bis einer den großen Hammer rausholt und Tabularasa macht. Das kann man auch täglich im Kleinen beobachten, da muss ich mich gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen.
Ich kritisiere schon ihre Formulierung „Feind“. Feind in welchem Konflikt? Einer kriegerischen Auseinandersetzung? Oder eher einer religiösen/ideologischen/weltanschaulichen Auseinandersetzung?
Offiziell ist doch selbst der Konflikt in Afghanistan kein Krieg. Wollen Sie Krieg im Rheinland spielen? So wie sich Ihr Beitrag liest, fordern Sie eine präventive Bekämpfung von Personen, denen man noch nicht mal strafrechtlich beikommt, weil es sich in den meisten Fällen nicht um strafbare Taten oder Äußerungen handelt.
Wenn Sie beim Wort Feind zucken, seis drum. Momentan führen wir eine kriegerische Auseinandersetzung, (bzw. westliche Mächte führen) gegen eine oder mehrere islamistische Organisationen, weil sie sich durch Anschläge als Feind entpuppt haben.
Ansonsten ist das Wort Feind nur ein Platzhalter.
Sie haben meinen Beitrag missverstanden. Ich fordere überhaupt nichts, was ich bereits im ersten Satz geklärt habe. Es geht mir einfach um das Bewusstsein, dass die Leute zum Teil die selben sind, wir sie aber (und das auch ohne deutschen Straftatbestand) im Ausland bekämpfen, hier aber in Ruhe lassen, große Teile davon (wo denn möglich) nichtmal abschieben. Um es noch deutlicher zu machen: Die gleichen Leute hier auf Urlaub, im Ausland jagen Europäer und Amerikaner hinter ihnen her.
@ zog
Hier eine freundliche Hilfestellung
Feind:
„jemand, dessen Verhalten den Interessen einer bestimmten Gruppe von Menschen zuwiderläuft, der für diese Gruppe eine Bedrohung darstellt“
Bezüglich der ersten Frage. Sowohl als auch.
Bezüglich kein Krieg: Falsch! Den Terminus Krieg gibt es offiziell nicht mehr. Der in Afghanistan herschende nichtinternationale bewaffnete Konflikt unterfällt aber den LOAC und darf von ihnen daher laienhaft als Krieg angesehen werden.
Bezüglich nicht justiziablem Verhalten: Schauen Sie doch mal in die Ausländerrechtlichen Verordnungen/GEsetze. Konsequent angewandt ließe sich da einiges erreichen, ohne auf rechtsstaatliche Prinzipien verzichten zu müssen. Ich würde eher sagen, dass der Staat seiner gesellschaftsvertraglichen Primärvepflichtung zur Sicherheitsgewährleistung nur noch unzureichend nachkommt.
Die Leute, die im Ausland bekämpft werden, zumindest durch dt. Kräfte, kämpfen aber gegen selbige bzw. dt. Verbündete.
Wenn jemand Deutschland und den Westen im Allgemeinen und das GG und die Demokratie im Besonderen doof findet, ansonsten aber nichts macht, gibt es keinen Grund, gegen ihn vorzugehen, oder?
Der ein oder andere INS in Afghanistan findet die Vorstellung, in Deutschland leben zu dürfen, vielleicht ganz toll, nur muss er halt eine Familie ernähren, und platziert deswegen die IED. Gegen den wird trotzdem vorgegangen, oder?
Nochmal: Dass diese Leute in Deutschland weitestgehend in Ruhe gelassen werden, liegt schlicht und ergreifend daran, dass sie keine Straftaten begehen.
Dass eine Zahl im vier- oder fünfstelligen Bereich sicher nicht auf der Seite des Westens im von Ihnen skizzierten Konflikt mitfiebert, ist doch nichts Neues.
@wacaffe: Eine weitere mögliche Bedeutung wäre „Angehöriger einer feindlichen Macht, feindlicher Soldat“.
Dass Sie sich die Bedeutung rausgepickt haben, die Ihrer Argumentation am dienlichsten ist, ist nicht verwunderlich. Es ist jedoch weder die einzige noch die primäre Bedeutung.
Den Konflikt in Afghanistan habe ich als eben das betitelt, einen Konflikt. Die Verwendung des Begriffes „Krieg“ zielt auf die Debatte vor einigen Jahren ab, bis sich der ehemalige Doktor dazu hinreißen lies, den Konflikt tatsächlich so zu beschreiben.
Ihr Versuch einer Belehrung ist daher gut gemeint, aber fehl am Platze.
Ihre Auslassungen zu den vermeintlich vorhandenen Handlungsgrundlagen in den „Ausländerrechtlichen Verordnungen/GEsetze“ nehme ich mit Humor zur Kenntnis.
Wenn Sie der Meinung sind, eine zuständige Behörde handelt nicht, obwohl sie dazu verpflichtet wäre, steht Ihnen der Rechtsweg offen. Ganz rechtsstaatlich.
Ansonsten würde ich Sie bitten, doch mal die Versäumnisse des Staates an ganz konkreten Beispielen anzuprangern.
Das kommt darauf an wie sich das “ doof finden“ manifestiert. Mit der FDGO inkompatible Fatwa’s, Freitagsgebetsansprachen etc. sind strafrechtlich möglicherweise nicht relevant. trotzdem stehen dem Staat bei ausländischen Akteuren durchaus Maßnahmen zur Verfügung. Daher der Hinweis auf Ausländerrecht.
Das eine gewisse Schizophrenie zwischen Außen- und Innenbehandlung der Thematik/Personen besteht sehe ich aber ähnlich wie sie.