Ausbildungshilfe für Mali: Taktik allein reicht nicht
Archivbild vom Mai 2010: Soldaten aus Mali und dem Senegal beim Training mit U.S. Special Forces (Foto: Staff Sgt. Michael R. Noggle, Special Operations Task Force-103 Public Affairs, via Flickr unter CC-BY-Lizenz)
Während sich die Europäische Union mit Hochdruck auf ihre geplante Ausbildungsmission in Mali vorbereitet (wo ist eigentlich das von Verteidigungsminister Thomas de Maizière am vergangenen Wochenende angekündigte baldige Bundestagsmandat?), haben die USA auf ein paar Lehren aus ihrer Ausbildungsmission in Mali gezogen. Die US-Truppen hatten jahrelang malische Truppen trainiert, sowohl im Land selbst als auch in den USA. Dabei hätten sie sich aber zu sehr auf Taktik und Technik konzentriert und Dinge wie ethische Grundlagen und soldatische Werte zu kurz kommen lassen.
Der Kommandeur des U.S. Africa Command, General Carter Ham, in dieser Woche bei einem Vortrag:
From a purely military standpoint, Ham said, U.S. forces focused Malian training almost exclusively on tactical and technical matters such as operating equipment, improving tactical effectiveness and aerial re-supply to remote bases.
“All of which is very, very good,” he said. “We didn’t spend, probably, the requisite time focusing on values, ethics and military ethos.”
“When you put on the uniform of your nation, then you accept the responsibility to defend and protect that nation, to abide by the legitimate civilian authority that has been established,” Ham said.
Additionally, he said, military members should act lawfully and see themselves as servants to the people of their nation.
“We didn’t … [train] that to the degree that we needed to, I think,” Ham said. “I believe that we focused exclusively on tactical and technical [aspects]. So we’ve learned from that.”
Das natürlich vor dem Hintergrund, dass malischen Soldaten im Windschatten der französischen Intervention willkürliche Hinrichtungen und andere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.
Das macht die Aufgabe der EU-Trainer, darunter nach den Planungen auch deutsche Soldaten, nicht gerade einfacher. Vor allem nicht schneller.
Neben der reinen Ausbildungshilfe für die malischen Truppen soll es übrigens, das ist in der zurückliegenden Woche auch ein bisschen untergegangen, deutsche Ausstattungshilfe für afrikanische Streitkräfte geben. Das hat zumindest Kanzlerin Angela Merkel dem Präsidenten Benins und Präsidenten der afrikanischen Union, Boni Yayi, bei seinem Besuch in Berlin zugesagt:
Wir haben über die Situation in Mali gesprochen, über die Notwendigkeit des Kampfes gegen den Terrorismus, auch über unser europäisches Interesse, dass Mali nicht den islamistischen Terroristen anheimfällt, sowie über die Notwendigkeit, hierbei der ECOWAS hilfreich zu sein. Deutschland ist mit dem Transport der Truppen befasst, aber es geht auch um Ausrüstung.
(…)
Frankreich ist im Augenblick militärisch aktiv, und Frankreich glaubt, dass es diese Aufgabe auch erfüllen kann. Deutschland denkt nicht daran, Kampftruppen dorthin zu schicken. Aber Frankreich hat uns dringend gebeten – das habe ich auch dem Präsidenten gesagt -, alles zu tun, damit die ECOWAS-Truppen dann schnell die Aufgabe Frankreichs übernehmen und das malische Territorium sichern können. Dabei geht es um den Transport. Dabei geht es aber auch um die Ausrüstung der Truppen von ECOWAS, die zum Teil nicht ausreichend ist. Es geht darum, dass im Anschluss daran – ECOWAS will ja nicht immer in Mali bleiben – die malische Armee, die im Augenblick keine so gute Ertüchtigung hat, eine bessere Ertüchtigung bekommt. Auch hieran wird sich Deutschland im Rahmen einer europäischen Ausbildungsmission beteiligen.
Was als mögliche Ausrüstung an Mali und andere ECOWAS-Truppen geliefert werden könnte? Das wird, so heißt es wenig überraschend, jetzt erst mal geprüft.
Da ist es wieder. Die böse Rede von der Ertüchtigung anderer Länder und deren Armeen.
pi
„Auch hieran wird sich Deutschland im Rahmen einer europäischen Ausbildungsmission beteiligen.“
Die Bw will sich nun ~ 28 Pionieren (+ Sicherung) beteiligen.
Was bilden die dann aus, überqueren von Gewässern?
Auch die Gewässerüberquerung gehört zum Militärwesen. Ansonsten könnte sich die Ausbildung auch an der in Afghanistan ausrichten. Minensuche, Feldlagerbau, das Führen von Pioniermaschinen, etc.
und da hatte die Bw doch schon Pioniere in Mali!
Die deutschen Militärberater in Mali
(Mali, 09.04.2009)
http://www.deutschesheer.de
Zum Thema Ausrüstung für die ECOWAS Truppen. Etwas habe ich schon entdeckt. Schaut euch den Beitrag an, ab 0:38. Es könnten deutsche Gefechtshelme sein.
http://www.youtube.com/watch?v=o8NkgfDCkZ0&feature=youtu.be
Es zeigt sich, dass die US-Stellen durchaus kritische Selbstreflexion betreiben und zum richtigen Fazit kommen. Man kann dort erstmal nur AGA machen und dann normale Spezialausbildungen… Vor allem im organisatorischen Bereich und bei der Disziplin.
Ohne Werte sind auch die besten wertlos.
Wie „blöd“ (entschuldigung) kann man denn eigentlich sein, wenn man denkt, das man „da unten“ mal ein bisschen grüne Ausbildung betreibt, und dann darauf hofft, das sich dort eine (an westlichen Werten orientierte) Demokratie inklusive aller Menschenrechte etabliert?
Ich arbeite seit vielen Jahren in Afrika-und dieser Kontinent ist noch mindestens 2-3 Generationen davon entfernt, ethische Werte überhaupt einmal anzuerkennen.
Es ist nicht so, das dort „Greueltaten“ begangen werden-Vergewaltigung, Verstümmelung, Grausamkeiten gegen Mensch und Tier gehören dort teilweise zum Alltag-und werden noch nicht einmal als „falsch“ erkannt.
Das lässt sich nicht mit 3 Wochen Training und ein wenig Einblick in „Innere Führung“ ändern…
@Flame
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die alte Mali-Pioniermission einfach wieder ins Land geschickt wird, nachdem man die Kameraden im Zuge des Bürgerkrieges nach Hause geholt hat. Vielleicht hat jemand einen Vergleich, wieviele Soldaten die alte Mission (im Vergleich zur Neuen) umfasste.
Zum Auftrag der alten Pioniermission (wahrscheinlich der Link, den Sie einstellen wollten): http://tinyurl.com/a7w6xm6.
An Ausrüstung kann man dort alles brauchen. Die 145 Soldaten aus dem Togo sind in Bamako nur mit Handgepäck und Waffe angereist. Kein einziges Fahrzeug und auch sonst nicht das was man braucht.
Aber: Wenn man die Fahrzeuge hat woher nimmt man dann den Sprit? Der wird über viele 100te wenn nicht 1000de Kilometer auf eventuell unsicheren Straßen herangebracht werden müssen.
Der heutigen U.S. Presse nach hat man wohl politische Bedenken den Franzosen Tanker zur Verfügung zu stellen. Die Hauptfrage ist wie lange die Aktion dauern soll. Hollande hat seine Kriegsziele ja sehr ausgedehnt. Die Amerikaner wollen nicht an einem endlosen Konflikt teilnehmen.
Die Franzosen haben ohne Widerstand den Flughafen 6km vor Gao eingenommen. Ein anderer französischer Konvoi ist auf dem Weg nach Timbuktu. Nach unbestätigten Meldungen ist ein Chef der Ansar al-Dine, Ahmadou Ag Abdallah, in Mauretanien festgenommen worden.
Der Feind weicht offensichtlich aus und versickert in der Zivilbevölkerung bzw. in der Wüste. Weg ist er damit aber bei weitem nicht.
Ich nehme an dessen Strategie ist auszuweichen und abzuwarten bis der erste Ansturm der Franzosen vorbei ist und andere afrikanische Kräfte vor Ort sind. Dann muß man die Bevölkerung gegen diese Besatzungskräfte aufbringen. Das sollte bei dem typischen Rassismus dort und der Qualität solcher Truppen nicht schwierig sein. Mit einigen Überraschungsüberfällen kann man nachhelfen. Mit dem Rückhalt der Bevölkerung hat eine Guerilla dann auch eine Chance.
Bei 0:54 kann man sich das etwas genau anschauen: Zumindest die Kinnriemen sprechen gegen einen deutschen Helm bzw. gegen einen deutschen Innenteil.
Unter dem bereits erwähnten NYT-Artikel „Mali Army, Riding U.S. Hopes, Is Proving No Match for Militants“ findet sich folgender, sehr richtiger Kommentar (Jan. 25, 2013 at 8:58PM):
Da kann man die saudischen und die ägyptischen Streitkräfte noch ohne weiteres hinzufügen. Der OMLT- / ETT-Ansatz ist aus meiner Sicht klar gescheitert (was absehbar war). Entweder man akzeptiert einheimische Truppen so wie sie sind mit all ihrer Disziplinlosigkeit und Menschenrechtsverletzungen und setzt eigene Kräfte als Multiplikatoren und Berater ein und um grundlegende Taktikkenntnisse zu vermitteln (so wie es die ASF-ODAs im Rahmen von FID-/UW-Missionen machen). Oder man baut im bewährten Kolonialstil eine Armee nach europäischen Muster auf. Da sind dann aber erstmal alle Führungspositionen von den GrpFhr angefangen mit Europäern besetzt und werden ganz langsam durch qualifizierte Einheimische ersetzt. Dieser Ansatz wird aber wohl kaum von der einheimischen Bevölkerung und Eliten so akzeptiert werden. Genau dieser Ansatz hat aber hervorragende Truppen für das Empire hervorgebracht.
@Huey
Deshelb schicken wir die treuen Askari ja auch an die OSH und die FüAk damit sie über viele Jahre Innere Führung atmen und zu Hause praktisch umsetzen 8 ).
pi
@Huey & Politisch Inkorrekt: Genau das gleiche trifft auf die Ausbildung von ausländischen Studenten an westlichen Universitäten (an dortigen Campus oder im westlichen Ausland) zu. Die Politik hofft auch in diesem Fall, dass die Teilnehmer nicht nur die (teuere) akademische Ausbildung, sondern auch westliche Werte wie Toleranz etc. mitnehmen – das ist aber bei der Mehrheit (insbesondere denen aus dem arabischen Raum) kaum der Fall, zumindest was meine begrenzte Erfahrung mit ausländischen Studenten in Deutschland und auf dem Campus westlicher Universitäten im Ausland angeht.
Mal ein kleines Beispiel, was diese „ausländischen Studenten“ mit nach Hause nehmen:
Im Irak gibt es einige hohe Offiziere (Generäle/Oberste), die in den USA (und auch in Deutschland) studiert bzw. ihre jeweiligen Lizenzen (Flugscheine etc.) erworben haben.
Das einzige, was diese mit nach Hause genommen haben, sind teure Autos, eine Vorliebe für Armbanduhren, Whisk(e)y und US-Dollar.
Das war es auch schon.
@Huey
Solche Beispiele wird es immer geben. Finde es allerdings etwas gewagt, daraus dermaßen allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen. Könnte man ja auch auf Deutsche nach Flugausbildung in den USA ausweiten…
@Boots on the Ground
Warum ist der OMLT Ansatz gescheitert. Offensichtlich wurde gut ausgebildet – nur halt die Falschen. Die Franzosen sprachen in der Anfangsphase von überraschend qualifizierten Gegnern ;-)
Irgend wie erscheint mir das als das grundsätzliche Problem in praktisch allen Szenarien. Wer sind die Guten? Wenn man das nicht klären kann, macht Ausbildungsunterstützung halt wenig Sinn, bzw. kann auch nach hinten los gehen…
Meine persönliche Erfahrung mit ausländischen Kameraden mit dem angesprochenen kulturellen Hintergrund im Rahmen meiner militärischen Ausbildung und des Studiums bei der BW decken sich exakt mit dem, was Huey beschreibt.
@ Boots on the Ground
Mal abgesehen davon, dass Schulen und Universitäten sowieso nur indirekt zur Charakterbildung beitragen (eben als sozialer Treffpunkt – Nur weil jemand studiert wird er nicht zum besseren Menschen):
Was meine Erfahrung mit Studenten aus dem Ausland angeht, da sind die hier immer angeführten Kulturunterschiede praktisch nicht existent.
@ Huey
Das einzige, was diese mit nach Hause genommen haben, sind teure Autos, eine Vorliebe für Armbanduhren, Whisk(e)y und US-Dollar.
Und was ist jetzt der Unterschied zum deutschen BWL-Studenten?
@ Huey
Ganz so krass und allgemein würde ich es widerum auch nicht beschreiben. Ich habe einige Arbeitskollegen die fast ständig in Afrika sind. Zum Teil in den absolut hoffnungslosesten Gegenden der Welt mit den (nach unseren Maßstäben) auch schlechtesten Menschen, andernorts sind die Leute aber relativ (!) normal.
Afrika ist ziemlich groß und durchaus heterogen… Es wäre ein bisschen so, als wenn man Deutschland mit Rumänien (nichts für ungut) vergleicht, oder mit Weißrussland (nichts für ungut). Das wäre auch ein klein wenig daneben.
Verstehen Sie das nicht falsch, ich selber bin hinsichtlich Afrikas auch eher pessimistisch und erwarte auch nichts. Was das Personal angeht, was nach Deutschland gekarrt wird um irgendwas zu lernen, kann ich leider nicht mitreden, scheinbar hat man da aber nicht so das Händchen.
@ T. Wiegold
Das waren keine Deutschen.
@ J.R.
Mein Kumpel ist deutscher BWLer und war ein Semester in Istanbul. Er ist nicht als Dönerverkäufer zurück gekommen. ^^
Der Unterschied?
Ganz einfach: Das „Auslands-Studium“ ändert den Menschen nicht…
Der Deutsche geht zurück nach Deutschland-und behält seine Mentalität bei.
Der Iraki (oder was auch immer) kommt zurück-und hat seine Mentalität ebenfalls beibehalten.
Das ist ja genau der Punkt:
Den MENSCHEN ändert ein solcher Aufenthalt nicht (und das war ja scheinbar Teil des „großen Plans“).
Auf einmal haben wir nicht nur etliche Menschen, denen das Schicksal ihrer Mitmenschen größtenteils „egal“ ist-sondern wir haben diese auch noch befähigt, in größeren Bahnen (im Sinne der „übergeordneten Führung“) zu denken und zu handeln, so das ihre Greueltaten nun noch im großangelegten Stil (und teilweise mit „westlichem“ Gerät und Know How) durchgeführt werden können.
Chapeau!
Man sollte meinen, das die USA ihre Lehre aus Vietnam und aus Afghanistan gezogen hätten (die „Bin Ladens wurden teilweise auch in den USA ausgebildet, haben dort die Unis besucht)……..scheinbar ist dem aber nicht so….man bildet weiterhin den „zukünftigen Feind“ selbst aus….aber vielleicht steckt dahinter ja eine perfide Taktik?
(Verschwörungstheoretiker lassen grüßen).
Nachtrag:
Wenn man etwas ändern will, dann müsste man die KINDER der jeweiligen Führungseliten in die jeweiligen Staaten holen….und diese über 15-20 Jahre „verwestlichen“.
Die Chance, das diese dann auch die westlichen Werte „mit nach Hause“ bringen, ist deutlich höher….
Okay, jetzt hab ich Ihren Punkt und stimme zu. Aber natürlich wollen wir niemandem seine Kinder wegnehmen :) Wir müssen nur lernen, verschiedene Menschen und Ursprünge auch mal als eben solche wahrzunehmen und zu akzeptieren. Erst dann werden wir auch gewisse Konflikte kapieren.
Ich schätze, einige Regionen der Welt (damit meine ich noch nicht einmal die total schlimmen Beispiele) sind im zivilisatorischen Vergleich und was das Verhältnis von Menschlichkeit und traditionellen Dogmen angeht, gute 200-300 Jahre von uns entfernt. Daran können wir nichts ändern und sollten auch nicht so versessen darauf sein, dass die Reise nur in unsere Richtung gehen kann.
Die hohe Zahl ausländischer Studenten beäuge ich im übrigen eh kritisch, das ist aber ein ganz anderes Thema.
@ Huey
man bildet weiterhin den “zukünftigen Feind” selbst aus
Oder den zukünfigen Geschäftspartner.
So oder so trägt der persönliche Austausch zum Abbau von Vorurteilen bei, und ermöglicht es die Welt auch mal aus einer anderen Perspektive besser zu verstehen. „Völkerverständigung“ und so. Das trägt vermutlich mehr zur außenpolitischen Sicherheit bei das Verlegen von ein paar Patriots, und dürfte deutlich unter 40 Mio. kosten.
Funktioniert übrigens in beide Richtungen: Nachdem man erstmal ein paar Jahre mit Vertretern so ziemlich aller gerade modernen „Feindvölkern“ unter einem Dach gelebt hat, kommt einem diese archaische Feindbildpflege zur Rechtfertigung von Rüstungsprojekten reichlich abstrus vor. (Aber wenn man ein paar Milliarden etwa für einen Raketenschirm ausgeben will brauchts halt Feinde. Zur Not halt die Iraner.)
@J.R. : Ihren Optimismus in Ehren, Einzelfälle können nicht verallgemeinert werden. Huey hat leider recht damit, daß das so bald nichts werden wird mit der Demokratie unter solchen Bedingungen. Und wenn wir mal kurz überlegen, wieviel Potential es für ehrlicheren Umgang mit der Öffentlichkeit, bzw. mit deren Geld bei uns noch gibt…
Schließlich diskutieren wir an anderer Stelle ja gerade diverse Rüstungsentscheidungen und stellen immer wieder dabei fest, daß es dabei nicht um wehrtechnisch Sinnvolles geht, sondern um Industriepolitik.