Vor der Patriot-Entscheidung: Neue Hinweise auf chemische Waffen?

Patriot-Startgerät der Bundeswehr für PAC-3-Flugabwehrraketen (Foto: Bundeswehr/Gygas via flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)

Über eine Entsendung von Patriot-Flugabwehrbatterien aus NATO-Partnerländern an die türkisch-syrische Grenze will das Bündnis in der kommenden Woche beraten – und die Bundesregierung plant für den kommenden Donnerstag einen Kabinettsbeschluss zum Einsatz deutscher Flugabwehreinheiten. Just vor Beginn dieser entscheidenden Woche gibt es neue Meldungen, die den Wunsch der Türkei nach Abwehrmöglichkeiten gerade von Raketen zu untermauern scheinen:

Turkey has asked for Nato Patriot missile defences to be deployed on its territory after receiving intelligence that the Syrian government was contemplating the use of missiles, possibly with chemical warheads, Turkish officials have told the Guardian.
The officials said they had credible evidence that if the Syrian government’s aerial bombardment against opposition-held areas failed to hold the rebels back, Bashar al-Assad’s regime could resort to missiles and chemical weapons in a desperate last effort to survive.
The Turks believe that the regime’s Soviet-era Scuds and North Korean SS-21 missiles would be aimed principally at opposition areas but could easily stray across the border, as Syrian army artillery shells and mortars have done.

berichtet der britische Guardian.

Das ist die – gezielt verbreitete? – türkische Sicht der Dinge. Allerdings bringt auch die New York Times interessante Informationen zum Thema syrische Chemiewaffen:

Adding to American concerns, Western intelligence officials say they are picking up new signs of activity at sites in Syria that are used to store chemical weapons. The officials are uncertain whether Syrian forces might be preparing to use the weapons in a last-ditch effort to save the government, or simply sending a warning to the West about the implications of providing more help to the Syrian rebels.
“It’s in some ways similar to what they’ve done before,” a senior American official said, speaking on the condition of anonymity to discuss intelligence matters. “But they’re doing some things that suggest they intend to use the weapons. It’s not just moving stuff around. These are different kind of activities.”

Vor diesem Hintergrund werden in den nächsten Tagen sowohl der NATO-Rat, also die Außenminister Botschafter  der Bündnisstaaten, als auch die Außenminister der Allianz über das Thema beraten. Den deutschen Zeitablauf hatten am vergangenen Freitag Regierungssprecher Steffen Seibert, der Sprecher des Verteidigungsministeriums Stefan Paris und Außenamtssprecher Andreas Peschke vor der Bundespressekonferenz erläutert:

STS SEIBERT: Vor Beginn der  (deutsch-iraelischen) Regierungskonsultationen wird dann am Donnerstagmorgen um 8 Uhr zunächst das Bundeskabinett zusammentreten. Falls bereits eine NATO-Entscheidung vorliegen sollte, wird das Kabinett dann das Bundeswehrmandat für den Patriot-Einsatz in der Türkei auf den Weg bringen. Das wäre am Donnerstagmorgen um 8 Uhr der Fall.
(…)
PARIS: Nach heutigem Stand kann ich nur berichten, dass, wie Sie wissen, seit Montag dieser Woche die Staaten, die sich bezüglich einer möglichen Stationierung der bodengebundenen Luftabwehrsysteme in der Türkei befinden, eine sogenannte Fact Finding Mission in den Bereichen durchführen, in denen es potenziell möglich erscheint, solche Systeme zu stationieren. Diese Reise wird dieses Wochenende enden. Dann werden die Fakten und Empfehlungen dieser Reise zusammengestellt werden. Diese Empfehlungen werden dann an die NATO weitergereicht werden, und zwar dort an den SACEUR, den Oberbefehlshaber. Der wird sich dann Gedanken darüber machen und dem NATO-Rat entsprechende Empfehlungen geben.
Darauf, was das Ergebnis dieser Empfehlungen sein wird, warten wir. Daraus werden wir dann auch ableiten, was wir in ein mögliches Mandat für diese Stationierung schreiben werden, um eine Beschlussfassung des Bundeskabinetts möglich zu machen.
PESCHKE: Sie haben mich nicht gefragt, aber wir sind dafür ja auch zuständig. Nur ergänzend zu dem, was Herr Paris gesagt hat, wollte ich darauf hinweisen, dass am nächsten Dienstag und Mittwoch, also am 4. und 5. Dezember, das Ministertreffen der NATO-Außenminister stattfinden wird. Dabei wird man sich in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Vor-Ort-Mission, die zurzeit in der Region ist, dann auch mit dieser Frage befassen und dann möglicherweise auch entsprechende Beschlüsse fassen können.

Und weil es immer wieder eine Rolle spielt: Ebenfalls in der vergangenen Woche hatte NATO-Sprecherin Oana Lungescu betont, dass die Entscheidung über einen scharfen Schuss der Patriot-Staffeln bei der NATO liegt und nicht, wie teilweise aus der türkischen innenpolitischen Diskussion kolportiert, bei den Türken.

Ach, eine Zahl hatte ich ja noch versprochen: Die Zahl der PAC-3-Flugkörper, über die die Bundeswehr derzeit verfügt, beträgt 24. Die der Niederlande ist ein wenig höher, die der US-Streitkräfte liegt bei über 1.000.