Rückblick: Sag’s dem Staatssekretär
Der wichtige Punkt kam für mich als Außenstehenden in dem Moment, als die Diskussion – ja, Diskussion – ein wenig hitziger wurde. Staatssekretär Stéphane Beemelmans nahm Stellung zu einer vorangegangenen Kritik – und aus der Runde fielen ihm Teilnehmer ins Wort und widersprachen. Eigentlich eine unvorstellbare Situation in einem Gespräch zwischen einem Staatssekretär im Verteidigungsministerium und Bundeswehrsoldaten, kaum denkbar in einer offiziellen Runde. Aber in dem Moment hatte ich den Eindruck, dass das Gespräch zwischen Lesern von Augen geradeaus! und Beemelmans funktionieren könnte – als inoffizielles Gespräch, als Ansage von Meinungen derjenigen, die eher am Empfängerende der Neuausrichtung der Bundeswehr stehen, und dem Spitzenbeamten, der diese Neuausrichtung durch- und umsetzen muss.
Das Gespräch zwischen Beemelmanns und zwölf Lesern, die meisten davon aktive Soldaten, am gestrigen Freitag in Berlin war ein Experiment. Das Angebot war vom Staatssekretär ausgegangen, er wollte sich face to face der teilweise heftigen Kritik an der Reform stellen. Ob es ein Erfolg war, ob es langfristig etwas bringt, kann nicht ich beurteilen – das müssen die Beteiligten schon selber tun. Ich kann auch nicht einschätzen, wie viel von dem, was als Kritik vorgetragen wurde, bei Beemelmans hängen geblieben ist. Mein Eindruck war allerdings, so banal das klingt: gut, dass beide Seiten in einer informellen Umgebung miteinander geredet haben.
Die Leser, die nicht dabei waren, werde ich jetzt enttäuschen müssen: Eine der Spielregeln der Runde war von vornherein, dass nicht öffentlich ausgebreitet wird, wer was gesagt hat – sonst wäre ein solches Gespräch aus meiner Sicht von vornherein zu einem ritualisierten Austausch verkommen und zum Scheitern verurteilt gewesen (was die Teilnehmer im Kameradenkreis aus dieser Runde berichten, ist eine ganz andere Sache). Deshalb gibt es hier im eigentlichen Sinne keine Berichterstattung über die Diskussion, auch wenn viele bestimmt gerne wüssten, was Beemelmans auf bestimmte Vorhaltungen gesagt hat. Aber als Event zur Berichterstattung habe ich die Veranstaltung von vornherein nicht angesehen; meine Rolle war in diesem Fall nicht die des Journalisten, sondern die des Mittelsmannes, der das Gespräch ermöglich.
Ein paar Punkte, die mehrfach hochkamen, will ich dennoch zusammenfassen (auch wenn sie für die Leser dieses Blogs nicht wirklich neu sind, weil sie alle in den Kommentaren entweder zur Ankündigung dieser Runde oder bei Sachthemen schon mal hochkamen):
• Der Personalmangel in vielen Einheiten, darunter auch solchen, die für den Einsatz relevant sind. 30, ja 40 Prozent unter dem Soll scheint keine Ausnahme zu sein – weil die Umstrukturierung läuft, frei werdende Dienstposten nicht mehr oder noch nicht wieder besetzt werden, zudem Schwangerschaft, Krankheit, Lehrgänge nicht durch eine Personalreserve ausgeglichen werden können und die verbleibenden Soldaten dann eben die Arbeit der anderen mitmachen.
• Attraktiv, das machten auch etliche Teilnehmer klar, ist die Bundeswehr derzeit keineswegs. Das mag an Standortfragen, an Bezahlung, aber vor allem an – hausgemacht – mangelnder Berufsperspektive liegen. Das Ziel, auf einem schwierigen Arbeitsmarkt – gerade für Spezialisten – zu konkurrieren, verfehlt die Truppe derzeit meilenweit.
• Es gibt, vorsichtig ausgedrückt, ein großes Delta zwischen dem, was die Truppe braucht, und dem, was beschafft wird. Und wenn es beschafft wird, wurden offensichtlich die nicht gehört, die mit der Ausrüstung oder dem Waffensystem später arbeiten müssen. Ganz davon abgesehen, dass manche Großprojekte für eine Lage beschafft werden, die sich schon seit Jahren grundlegend geändert hat.
• Ganz grundsätzlich krankt die Reform daran, dass sie offiziell schon seit über einem Jahr läuft – aber diejenigen, die sich auf diese Reform einlassen und auch einlassen wollen, bei der Frage nach ihrer Zukunft immer wieder vertröstet werden. Was auch den Gutwilligsten auslaugt und vielleicht aufgeben lässt.
• Irgendwo bleibt vieles hängen auf dem Weg von der Führung des Ministeriums bis zu den Soldaten in den Einheiten. Um eine Analogie zu gebrauchen: Mir kam das ähnlich vor wie der Befehl eines Brigadekommandeurs zum Antreten zu einem bestimmten Zeitpunkt; und jede Ebene darunter gibt vorsichtshalber ein bisschen Zeit dazu. Am Ende stehen die Soldaten drei Stunden vor der eigentlich befohlenen Zeit auf dem Antreteplatz… Ich weiß, dass Militär oft genug so tickt, aber drei Stunden vorher ist auch unpünktlich. Genau so verändert sich eine Änderung im Zug der Reform auf dem langen Weg durch die verschiedenen Ebenen.
• Dass eine solche Neuausrichtung davon lebt, dass allen klar ist, wohin der Weg geht, scheint eine Binsenweisheit. Und dennoch passiert anscheinend genau das nicht: Jenseits des Eindrucks, die Reform sei allein dem Druck schrumpfender Haushalte geschuldet, scheint unten bei der Truppe wenig Reformziel anzukommen. Nein, das ist nicht die vom Verteidigungsminister oft geäußerte Einschätzung, man müsse die Reform nur richtig erklären, dann werde sie auch verstanden. Es ist ein tief sitzender Zweifel beim Soldaten, dass aus diesen ganzen Umwälzungen wirklich etwas sinnvoll Neues entsteht. Und auf diesen Zweifel geht die Spitze nicht (oder zu wenig? ) ein.
Das waren meine Eindrücke – im Überblick. Ich freue mich, wenn Teilnehmer der Runde aus ihrer Sicht das ergänzen. Und vor allem mal wissen lassen, wie sie das Gespräch empfunden haben.
Na das klingt doch tatsaechlich recht interessant. Schade dass ich nicht dabei sein konnte. Eine generelle Frage: Hatten Sie bzw. die Teilnehmer das Gefuehl dass der Staatssekretaer von irgendwelchen Vor-Ort Realitaeten ueberrascht/empoert war? Oder ging es doch wieder auf das alte Beschwichtigen und Anzweifeln drauf heraus?
Nichts von diesen Punkten ist in irgendeiner Art neu. Mich würde auch vielmehr die Reaktion des Staatssekretärs interessieren!
Ganz kurz „mein Senf dazu“:
Ich finde die Aktion toll- ich hatte letzen Monat die Möglichkeit den Sts kurz zu hören und zu sprechen und war sehr positiv überrascht- Der Eindruck der hängen blieb: er ist „ein Guter“! Wenn im Ministerium das Ruder des „Supertankers Bundeswehr“ mit verkrusteten Behördenstrukturen (z.B.: frage ich mich immer: merkt das überhaupt jemand, wenn 40% einer Einheit fehlen? Wenn das jemand merkt: Wer? Und wo tut es dann weh? Wenn es nicht im Einsatz schmerzt oder Leben gefährdet, wie ist das dann zu beurteilen?) hart gelegt wird, was kommt davon real unten an? Und von dem, was unten ankommt, was kommt davon als Feedback wieder oben an? Durch die sehr hierarchische Struktur wird ja alles auf dem Weg von oben nach unten und wieder von unten nach oben „abgestimmt“. Sts Beemelmans sagte in einer Rede, dass er z.B. Immer nachfrage, wenn ihn redundante Informationen von unterschiedlichen Quellen erreichen um herauszufinden, ob und warum die gleiche Arbeit von verschiedenen Org-Einheiten erledigt wird. Er versucht also die Prozesse zu hinterfragen wo ihm das möglich ist. Das klang so, als würde er das eben im dem ihm sichtbaren Horizont tun. Das finde ich sehr ehrenwert, zeigt aber auch, dass der Einfluss eines Sts auf den ihm sichtbaren Horizont beschränkt ist. Das ist zwar eine triviale Erkenntnis, aber ich finde es sehr bemerkenswert, dass Herr Beemelmans aus dieser Erkenntnis versucht, die sehr hierarchische Struktur zu durchbrechen und sich „echtes“ ungefiltertes Feedback holt.
Globale Dinge wird er nicht im Alleingang ändern können -wohl aber traue ich ihm zu, an der einen oder anderen Stellschraube etwas zu drehen oder Prozesse neu zu organisieren, so er denn Kenntnis davon erlangt. Ich hoffe also, das „Face to Face-Gespräch“ ist in diesem Sinne genutzt worden!
Einige Antworten waren schwach und ausweichend (wie zu erwarten), viele Antworten waren aus meiner Sicht aber auch wirklich stark, überzeugend und persönlich authentisch rüber gebracht!
Vor allem fand ich gut, dass er viel Geduld mit unserer teilweise ja durchaus für soldatisch/ministerielle Verhältnisse heftigen Kritik geübt hat.
Außerdem hat mir der Schalk gut gefallen, mit dem er das eine oder andere beantwortet und auch persönlich erzählt hat ;)
Für mich war eindeutig, das ihm teilweise der gemeinsame Zeichenvorrat fehlte (es ist halt etwas anderes wenn ein B11 über 10 Jahre pendeln muss, als ein A9 sein ganzes Leben zu ständig wechselnden Orten oder ist halt auch etwas anderes wenn er von einer grundsätzlichen Verbesserung des Beschaffungdprozesses spricht, bei der es sich u. Jahre handelt und die Truppe hat einen Planungs- und Wahrnehmungshorizont von wenigen Monaten).
Aber andererseits hat mich sein zutiefst „dienendes“ berufliches Selbstverständniss gefallen, von dem sich einige Offiziere/Berufsunteroffiziere mal etas abschneiden könnten.
Und das Thema eindeutige Führung und Verantwortung scheint ihn mehr zu bewegen, als den eine oder anderen General!!!
Also, wer jetzt zu diesem Gespräch ging mit der Erwartung, dass der StS sagen würde: Jetzt wo SIE es SO sagen, werde ich noch heute Abend dem Minister eine Vorlage machen! Der wurde natürlich enttäuscht, aber wer ihn in einem informellen Umfeld mal klein lernen wollte und auch eigene Fragen mal „antesten“ wollte, für den waren es sicherlich keine verschwendeten 2 1/2h!
Und die „Häppchen“ des Militärbischoffs waren lecker :) defintiv besser, als was der schmale Rep-Fonds eines Kdr hergibt ;)
@Koffer
Das ist doch mal ganz schoen zu hoeren. Scheint fast so als ob er immer noch das Dienstverstaendnis eines jungen Offiziers hat (er war ja anscheinend selber Leutnant/Oberleutnant in der franz. Armee(?!)) als das eines Generals.
Die beschriebenen Probleme sind hinreichend bekannt. Dazu trugen auch wohl einige Generale während des vertraulichen Teils der Bundeswehrtagung vor. Was die Kritik und die Ergebnisse der letzten Studien betrifft, war Nachsteuerungswille des BM angezeigt. Doch irgendwie passiert nichts oder in der Truppe spürt man nichts. Das Problem der zu großen Strukturen für die derzeitige personelle Unterfütterung ist seit Monaten erkannt. Ich verstehe einerseits, dass man bezüglich der personellen Ziele Linie halten will. Aber ich verstehe nicht, dass man in den Dienststellen mit Spitzenbelastung wie Einsatz etc. nicht nachsteuert! Teile der Bw laufen bereits massiv im roten Drehzahlbereich. Wie ich oben aufgeführter Berichterstattung entnehme, hat er dazu nichts gesagt. Schade.
Mich wundert es nicht, dass es in dem Gespräch munter zuging. Das findet auch so in der Truppe statt. Die Soldatinnen und Soldaten sind offen. Sie haben eh in der überwiegenden Mehrheit den Eindruck, dass sie nichts (mehr) zu verlieren haben. Die Zahl derer, die bereits jetzt einen Antrag gestellt haben, die Bundeswehr im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes- trotz schlechter Angebote- zu verlassen dürfte bei 5000 liegen, mit steigender Tendenz.
Das Gespräch war zu etwas gut. Ein Gespräch ist immer zu etwas gut. Der Reform hat es nicht geholfen. Dazu ist Beemelmans auch nicht der richtige Mann.
Er leistete seinen Wehrdienst 1985 und 1986 in der französischen Armee. Dort absolvierte er auch eine Offizierausbildung – Beemelmanns ist Oberleutnant der Reserve der französischen Streitkräfte. Als Offizier hat er nicht wirklich gedient und so ist seine Erfahrung in der Armee eher die eines Wehrpflichtigen, doch sollte dies kein Hinderungsgrund für eine sachliche Auseinandersetzung sein :-) Dass er die Vorgaben des Minister umsetzt und nach außen vertritt ist seine Aufgabe, denn die Verantwortung trägt, die Entscheidungen trifft der Minister und der steckt im Vorwahlkampf! Der Sack ist zu….bis nach der Wahl.
@Elahan
„Beemelmanns ist Oberleutnant der Reserve der französischen Streitkräfte. Als Offizier hat er nicht wirklich gedient und so ist seine Erfahrung in der Armee eher die eines Wehrpflichtigen, doch sollte dies kein Hinderungsgrund für eine sachliche Auseinandersetzung sein :-)“
Gerade hierzu hat er einige Dinge erzählt und persönliche Wertungen dargelegt, die mir bewiesen haben, dass er ein Offizier ist (wiewohl natürlich „nur“ ein Offizier mit dem Erfahrungshorizont eines subalternen, im Ausland unter den besonderen Bedingungen der damaligen französischen Wehrpflicht-Armee gedienten, aber dennoch: ein Offizier :) ).
Und hinsichtlich Traditionsverständnis, Erziehung und Ausbildungserfordernisse hat er ein Verständnis für die Bedürfnisse eine Armee bewiesen, die manch einem höheren deutschen Offizier leider abgeht…
@Koffer
Was wieder beweist! Man muss nich Lokführer sein um über Probleme der Bahn kompetent diskutieren zu können. Es ging mir um den Einblick den man in eine Streitkraft hat und die ist bei allen Fähigkeiten die ein Mensch besitzt bei 12 Monaten Wehrpflicht beschränkt, nicht um den Habitus. Evtl ist er ja einfach nur klug, beherrscht seinen Job und diese Fähigkeit besitzen bekanntlich auch andere ehemalige Wehrpflichtige!
@Elahan, Koffer
Als ROA wird man Leutnant. Muss man dann nicht Wehrübungenen leisten um beförtert zu werden? Er wird also ein bisschen Einblick haben, auch wenn er kein Experte ist.
Aber da sind wir wieder, auch wenns negativ klingt: Man darf die Frösche nicht fragen, wenn man den Teich trockenlegen will.
Oder anders gesagt: Man muss kein Frosch sein um den Teich trocken legen zu können.
Ich denke mit dem richtigen Input aus allen Dienststellen und wenn die Reform nur am Sparwillen und an militärischen Bedürfnissen orientiert werden würde hätte sie ein Erfolg werden können. Aber das ist ja politisch so gewollt…
Und bei dem von Ihnen geschilderten Eindruck habe ich das Gefühl, dass der StsS auch nur treu dient, wenn auch auf einer höheren Ebene ;)
@ Hans
„… auch nur treu dient, …“
Das mit dem „auch nur“ halte ich für unangemessen.
Oder soll sich Ihrer Meinung nach, ein Beamter der Bundesrepublik Deutschland, nicht „treu dienend“ verhalten?
Beamte der Bundesrepubilk Deutschland leisten einen Beamteneid, der ähnlichen Charakter hat, jedoch nicht vergleichbar, wie ein der Eid ist, den Berufs- und Zeitsoldaten auf das Recht und die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland“ schwören.
Wollen Sie, dass Soldatinnen und Soldaten als Berufs- und Zeitsoldaten, lassen wir mal die Freiwillig Wehrdienstleistenden zunächst außen vor, „nur“ treu dienen“?
Nix für ungut.
@J. König
Da hab ich aber ungewollt Emotionen geweckt.
Die FWDL eingeschlossen will ich natürlich nicht dass Soldaten „nur“ treu dienen.
Vielmehr wollte ich ausdrücken dass der StsS sich mMn oftmals in der gleichen Situation wie die Soldaten befindet und die Vorgaben der politischen Führung umsetzen muss.
Mir kommt das vor man will beruhigen und langsam weiter alles Dümpeln lassen .
Fakt ist es gibt kein Geld für anfangsfinanzirung , es gibt auch keine bestellungen mehr .
wie die Zuküftige jg Btl ausgestatet sind ? ja mit Boxer aber Nächstes jahr lauft der Vertrag aus mit den Boxer von den 680-190=490 ist noch keiner bestellt man weis nicht ob wieder Gruppenfahrzeuge dabei sind oder Nächtes los mit Mk 30 ist stadt GMW 40
in weier Planung ist Boxer GSI aber man weis am ende nicht was bestellt ist
Nächtes jahr im jan solten die ersten GFF Klasse 2 ( Verbesserten version kommen ) Eagle V oder AMPV aber es ist Nov und immer noch nicht bestellt .Sonderfahrzeuge dadurch ?
@ Hans
Es ist o.k. und angekommen.
Ich bin kein Beamter.
Ein Beamteter Staatssekretär, egal in welchem Einzelplan,nimmt Führungsverantwortung nach Recht und Gesetz in Vertretung (und nicht im Auftrag) des Ministers war. Deshalb fand ich es eher außergewöhnlich, dass in der besagten Causa der Weg über ein „bloggergespräch“ gewählt wurde. Das fand ich, bezogen auf das Politikverhalten in Deutschland, schon bemerkenswert, was, so glaube ich ,nicht unbedint mit Wertschätzung des Blogadmin zu tun haben dürfte. Der ist eh unabhängig.
Ich finde es schade, dass es bei der Diskussion hier wieder „nur“ um die Person des Sts geht und ob er als „Oberleutnant der Reserve der französischen Streitkräfte“ den nötigen Erfahrungshorizont besitzt die Bundeswehr zu reformieren.
Als Teilnehmer an dem Gespräch möchte ich feststellen, dass der militärische Erfahrungsbereich des Sts groß genug ist, um die Probleme an der Basis zumindest zu verstehen! Ob er nun etwas daran ändern kann, dass bezweifel ich. Es ist ja auch nicht seine primäte Aufgabe.
Natürlich ist der Sts im Fahrwasser des Ministers ins Ministerium gekommen. Doch versteht er sich selbst als parteiloser, verbeamteter Staatsdiener und in dem Gespräch hatte ich den Eindruck, dass man sachlich offen – und eben nicht politisch korrekt – mit Ihm über die aktuellen Probleme der Bundeswehr sprechen kann.
Auch wenn sein militärischer Erfahrungshorizont natürlich nicht an die eines Sts a.D. Jörg Schönbohm herranreichen kann, er ist der richtige Mann für den Job. Denn der Minister hat Ihn eben nicht wegen seines militärischen Erfahrungshorizontes in diese Position gebracht – sondern wegen seiner Erfahrung in der Verwaltung. Und es wurde deutlich, dass der Sts seine Hauptaufgabe darin sieht, das Zuständigkeitsgewirr im Ministerium zu entwirren, was ja auch eine wichtige und richtige Aufgabe ist.
Ich glaube die Sehnsucht nach jemanden mit militärischem Erfahrungshorizont in der politischen Führungsebene der Bundeswehr rührt daher, dass die Basis das Gefühl braucht „verstanden“ zu werden. Ich bin mir sicher, dass sowohl der Sts als Oberleutnant der Reseve, als auch der Minister als Sohn des Generalinspekteurs genug „militärische“ Erfahrung und vorallem Geduld zuzuhören haben, um die Probleme im Dienstalltag zu verstehen.
Der für mich persönlich interessanteste Punkt an dem Gespräch: die Probleme mit Material und Personal sind in allen TSK ähnlich, doch offensichtlich werden diese von den zuständigen Inspekteuren unterschiedlich nach „oben kommuniziert“.
Dank für den ersten Absatz Ihres Beitrags, das verdeutlicht mal wieder die typisch deutsche Diskussionskultur: gute Ansätze mit sachfremden Argumenten zerreden.
@Fabian:
Und welcher Inspekteur hat(te) die rosarote Brille auf?
Wahrscheinlich keiner in blauer Uniformjacke.
@Memoria:
Die Frage kann ich nicht beantworten, da der Inhalt des Gespräches vertraulich bleiben soll. Es liegt jedoch an der Natur der Dienstes, dass die vertikale Kommunikationskultur in den TSK unterschiedlich ausfällt. Grau, Blau und Marineblau sind halt unterschiedlich sozialisiert.
Bei der Feststellung oben handelt es sich um eine persönliche Einschätzung am Ende des Gespräches. Ich weiß nicht, ob andere Teilnehmer dies genauso gesehen haben.
@Fabian
„Ich finde es schade, dass es bei der Diskussion hier wieder “nur” um die Person des Sts geht und ob er als “Oberleutnant der Reserve der französischen Streitkräfte” den nötigen Erfahrungshorizont besitzt die Bundeswehr zu reformieren.“
Wieso? Ich fand das spannende an dem Gespräch, dass man gerade etwas (aus meiner Sicht äußerst positives) über die Person und den Charakter des StS erfahren hat.
Warum sollte man solche positive Dinge nicht auch ansprechen dürfen?
Na ja, miteinander reden ist immer besser als übereinander reden. Es schafft vielleicht, wahrscheinlich, Verständnis für die unterschiedlichen Ansichten und Positionen der Parteien, es löst jedoch ohne Handeln, bzw Korrektur der Handlung, keine Probleme.
Insofern finde ich es gut, dass der Staatssekretär sich die zwei Stunden Zeit genommen hat um mal die Ansichten von engagierten Soldaten ungefiltert zu hören, ein Bewusstseinswandel wird jedoch wahrscheinlich durch dieses eine Gespräch nicht erreicht worden sein und war auch nicht zu erwarten.
O.K., es war sicherlich ein gutes Gespräch. Aber, was hat er den angenommen oder über welche Ausführung denkt er denn nach? Gibt es Nchsteurerungsgedanken zur Reform? Oder ist alles gut und braucht keine Veränderung?
@koffer
Vorgesetzte brauchen nicht unser Lob. Sie brauchen unser Vertrauen. Die Art wie hier über die militärische Vergangenheit des Sts diskutiert wird, sagt nichts über das Vertrauen aus, welches er genießt.
Natürlich erwartet man von einem „Gedienten“ mehr als von einem reinen Zivilisten. Doch er könnte wie Schönbohm. General a. D. seien, es wäre letztlich egal.
– Vertrauen erwirbt man nicht durch Reden oder Gespräche, mögen sie auch noch so offen und ehrlich gewesen seien, sondern Vertrauen gewinnt man durch Taten. Sagen was man tut, tun was man sagt – auch wenn es unbequem ist.
Weder der Inhalt des Gespräches, noch die Vita von Beemelmans finden mein Interesse. Ich höre was sie reden und ich sehe was sie tun. Und ich habe die Ohren geschlossen, weil mich nur die Wahrheit interessiert.
@Pionier
„Gibt es Nchsteurerungsgedanken zur Reform? Oder ist alles gut und braucht keine Veränderung?“
Ohne in die Inhalte dieser Runde zu gehen (das würde ja den „Spielregeln“ widersprechen): Natürlich hat der StS nicht nach irgendeinem der Punkte gesagt: JA, GENAU jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen, jetzt muß ich heute Abend noch mit Chef sprechen…“
Dennoch hat er das eine oder andere Detail aufgenommen und „mitgenommen“ (so zumindest hatte ich den Eindruck).
Sehr wohl hat er allerdings auf einen von ihm geforderten und vorangetriebenen und ab nächstem Jahr beginnenden (die anderen Teilnehmer der Runde mögen mich korrigieren, aber es war doch nächstes Jahr für die ersten Verbände/OrgStrukturen, oder?!), Qualitätssicherungsprozess hingewiesen, der immer ein Jahr nach Einnahme einer neuen Struktur beginnen soll und jeweils die Umsetzung dieser „Teilfähigkeit“ evaluieren wird.
@Fabian
Offensichtlich habe wir hier eine andere Auffassung.
Für mich ist es sehr wohl wichtig, von wo ein Vorgesetzter (auch wenn der StS jetzt kein Vorgesetzter im militärischen Sinn ist) herkommt kommt, welchen Charakter und welches Selbstverständnis er hat.
Gerade bei einem höheren Vorgesetzten Interessiert mich Selbstverständnis und Ansichten in den grundsätzlichen Fragen viel mehr als irgendwelche einzelne Entscheidungen in Sachfragen im Ministerium, von denen ich sowieso ja aus meiner Ebene nie genau wissen werde, welche Faktoren alle mit hineingespielt haben!
@Koffer:
„Sehr wohl hat er allerdings auf einen von ihm geforderten und vorangetriebenen und ab nächstem Jahr beginnenden […], Qualitätssicherungsprozess hingewiesen, der immer ein Jahr nach Einnahme einer neuen Struktur beginnen soll und jeweils die Umsetzung dieser “Teilfähigkeit” evaluieren wird.“
Klingt für mich nach dem Ansatz zur Reform der Reform.
Davon aber mal abgesehen: Eine Evaluierung und Nachsteuerung der letzten Reformen hatten wir die Jahre regelmäßig (halt mit der nächsten Reform ;) ), Kernproblem vieler war und ist aber (a) das Zustandekommen derselbigen ( Entscheidungen und deren Kommunikation) sowie (b) ganz massiv die Umsetzung. Grade bei den Schließungen hilft eine Evaluation nach Ausführung der Truppe genau nichts.
Insofern sehe ich wie erwartet aus diesem Gespräch wenig Neues kommen und harre einmal der Aktionen von oben…
Eine interessante Runde war es allemal. Leider sind nicht alle Fragen beantwortet worden. (Wie auch zu erwarten war.) Vernünftige Antworten auf Dinge die gerade passieren sind wohl auch zu viel verlangt.
Feststellen darf man aber, dass viele, die die Reform und die damit verbundenen Entscheidungen, die viele Soldaten und deren Familien bis ins Mark treffen, selbst in keinster Weise zu tragen haben, im Gegenteil, sie sind sehr weich gefallen.
Danken möchte ich dem Kommentator „Koffer“, der es schön zusammenfasste. Auch wenn Herr Bemelmanns die Situation eines Pendlers aus persönlicher Erfahrung kennt. So darf man feststellen, dass sich dies doch „nur“ auf die zeitliche Trennung von der Familie bezieht. A9 mit mehreren hundert Kilometern vor der Brust oder B11 inklusive den Vorzügen des Bonn-Berlin-Gesetzes (ich gehe davon aus, dies gilt auch für StS) lässt eine Verwendung in Berlin eventuell leichter ertragen.
Um eines gleich vorweg zu nehmen. Soldat sein heißt, Mobilität leben. Diese Mobilität muss aber auch machbar sein.
Dass Herr StS Bemelmanns sich aber nicht nur die zwei Stunden für das Gespräch vorgenommen, sondern auch noch in die Verlängerung gegangen ist und sich offen der Diskussion gestellt hat ist und bleibt anerkennenswert. Vielen Dank dafür.
Ich finde es ebenfalls gut, dass StS Bemelmanns sich neben seinem ordentlichem Informationsgang (Arbeitsmuskel Ministerium) auch die unkonventionelle Kommunikation an den Ebenen vorbei offen hält. Er könnte es sich erheblich leichter machen und einfach auf die Norm verweisen.
Wie bei Teilnehmern und Vorrednern zu lesen, scheint dieser unkonventionelle Informationsaustausch aber auch unbedingt nötig zu sein, da im „ordentlichen Informationsgang“ die Methode „stille Post“ umfangreich um sich greift.
Also: Um die Informationen aus dem Apparat um die Perspektive der praktischen Realität anzureichern – Regelmäßig mit der Truppe reden – Sie halten für uns alle die Knochen hin. (Je weniger je besser.)
Weiter so Herr StS Bemelmanns!