Unklarheit über Afghanistan-Abzug? War nicht so gemeint

Beim Abzug aus Afghanistan geht alles nach Plan. Doch, doch. Und wenn jemand in einem Interview was anderes sagen sollte, ist er einfach falsch verstanden worden. Oder seine Zitate wurden aus dem Kontext gerissen.

So zum Beispiel bei NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Der hatte gestern dem britischen Guardian gesagt:

From now until the end of 2014 you may see adaptation of our presence. Our troops can redeploy, take on other tasks, or even withdraw, or we can reduce the number of foreign troops,” he said. “From now until the end of 2014 we will see announcements of redeployments, withdrawals or drawdown … If the security situation allows, I would not exclude the possibility that in certain areas you could accelerate the process.”

Und der Guardian hat das missverstanden und dann noch die Überschrift drüber gesetzt: Nato withdrawal from Afghanistan could be speeded up, says Rasmussen. Das stimmt natürlich nicht, pariert NATO-Sprecherin Oana Lungescu heute morgen auf Twitter:

@Guardian quoted @NATO SecGen out of context. No change in strategy or timeline. No link between drawdowns and insider attacks

@NATO SecGen said gradual drawdown til end 2014. Pace, scope in certain provinces depends on situation on ground. Timeline remains the same

@NATO SecGen set out position at @NATO press conference http://www.nato.int/cps/en/natolive/opinions_90374.htm … @Guardian

So ist das mit den Interviews. Wie leicht gerät da etwas durcheinander. Das passiert sogar einem deutschen General. Generalleutnant Reinhard Kammerer, stellvertretender Heeresinspekteur, hatte Mitte September in einem Interview der Leipziger Volkszeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) kritische Worte für die Abzugsplanung vom Hindukusch gefunden:

„Wenn ich an die militärische Planung denke, dann würde ich von der Politik schon gern wissen wollen, wie es weitergeht nach 2014.
(…)
Allen sei klar, dass die heutige Mission dann zu Ende sein werde und es eine Nach-Isaf-Mission geben soll. Unbeantwortet seien aber die Fragen, wie diese aussehen soll, was Deutschland dann mache und was die Partner leisten? „Darauf müssen wir uns in der Bundeswehr vorbereiten. Es sind nur noch zwei Jahre bis dahin. Da hätten wir gern mehr Klarheit“, fordert der Kommandeur Einsatz. Er habe aber noch niemanden getroffen, der ihm einigermaßen verlässlich sagen konnte, welchen Plan es für die Zeit nach 2014 gebe, so der Drei-Sterne-General. „Wir brauchen aber zeitlichen Vorlauf, um das Gewünschte an Personal und Material dann auch sicherstellen zu können.“
Kammerer kritisierte auch, dass es dem Isaf-Hauptquartier in Kabul kaum gelinge, den Abzug zwischen den Nationen zu koordinieren, weil viele Staaten ihre eigenen Pläne machten und sich der gemeinsamen Koordination nicht so richtig unterwerfen wollten.

Harsche Worte. Aber noch am gleichen Tag widerrief Kammerer öffentlich (in einer Pressemitteilung, die ich damals nicht gesehen hatte und die auf der Webseite des deutschen Heeres gut versteckt ist – danke für den Leserhinweis):

Mein in der Leipziger Volkszeitung am 14. September 2012 erschienenes Interview hat bezüglich des darin angesprochenen deutschen ISAF-Engagements nach 2014 zu Nachfragen und Irritationen geführt.
Daher stelle ich klar:
Meine Einlassungen zur Fortsetzung des Einsatzes gründeten vor allem auf Eindrücken, die ich während meines letzten Besuchs in Afghanistan Anfang Juli 2012 gewonnen habe. Die Fürsorge für die Soldaten im Kommandobereich des Heeresführungskommandos, das Streben nach auch künftig bestmöglicher Ausbildung und Ausrüstung waren mir Motiv, darauf hinzuweisen, dass eine möglichst frühe Klarheit über die Fortsetzung des Einsatzes wünschenswerte Voraussetzung für die notwendige Vorbereitung ist.
Dabei räume ich ein, zum Zeitpunkt des Interviews mit der Leipziger Volkszeitung keine genaue Kenntnis über den aktuellen Stand der bereits beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr, im Bundesministerium der Verteidigung und auf der internationalen politischen und militärischen Ebene zwischen den ISAF Partnernationen stattfindenden Abstimmungsprozesse gehabt zu haben.
Nach Kenntnisnahme der diesbezüglichen Aktivitäten kann ich feststellen, dass alles getan wird, um die benötigten Planungsgrundlagen frühestmöglich zu gewinnen, und meine im Interview mit der Leipziger Volkszeitung ausgedrückten Sorgen insofern unbegründet waren.

Dann ist ja alles gut. Bei Rasmussen wie bei Kammerer. Bei ISAF wie bei der Bundeswehr.