Sag’s dem Staatssekretär
Die Reform, pardon, die Neuausrichtung der Bundeswehr ist hier bei Augen geradeaus! schon vielfach Thema gewesen, vielfach gab es – nicht zuletzt von Betroffenen – Kritik, und vielfach richtete sich die Kritik persönlich gegen einen Mann: Staatssekretär Stéphane Beemelmans. Nicht besonders überraschend, ist er doch der Verantwortliche für Administration und Ausrüstung.
Nun ist es (ob berechtigt oder nicht) relativ einfach, hier in den Kommentaren verhaltene bis heftige und teilweise persönliche Kritik an Beemelmans zu üben. Der Staatssekretär macht deshalb ein Angebot an die Leser von Augen geradeaus!: Er will mit euch reden. Persönlich.
Um das konkret zu machen: Am Freitag, den 9. November, nachmittags von 14 bis 16 Uhr, steht Staatssekretär Stéphane Beemelmanns einem Kreis von Lesern dieses Blogs zum direkten Gespräch zur Verfügung – um über die Neuausrichtung der Bundeswehr zu reden. In Berlin.
Nun können aus praktischen Gründen nicht hundert oder mehr Betroffene und Interessierte dem Mann gegenübersitzen. Das wäre eine Vorlesung und kein Gespräch. Sinnvoll, das habe ich mit dem Ministerium so besprochen, wäre ein Kreis von rund 20 Leuten, die zu dem Thema etwas zu sagen haben oder wissen möchten/müssen.
Ich habe da natürlich die undankbare Aufgabe, aus den – vermutlich – mehr Interessenten diese rund 20 Leute herauszufiltern. Das wird zwangsläufig nicht objektiv sein können, ich kann nur die Kriterien möglichst transparent machen – zum Beispiel wäre eine Runde nur von pensionierten Generalen genau so unsinnig wie ein Kreis nur von SaZ8 der Infanterie, um mal zwei Pole zu nennen. Für meine Auswahl werde ich Prügel bekommen, aber das muss ich wohl in Kauf nehmen.
Also: Wer das Angebot annehmen möchte, wer dem Staatssekretär direkt etwas zu dem Thema Reform sagen möchte, vielleicht auch konkrete Probleme und widersinnige Planungen benennen kann und am 9. November 2012 nach Berlin kommen kann und will, schreibt mir eine E-Mail an
9nov2012 [et] augengeradeaus punkt net
Bitte mit möglichst nachvollziehbarer Erläuterung, warum der/diejenige kommen und mit Beemelmans sprechen will. Ich bemühe mich dann, so schnell wie möglich die Runde zusammenzustellen – deshalb wäre ich für Rückmeldungen bis zum 26. Oktober spätestens dankbar.
Der genaue Ort in Berlin, an dem das Gespräch dann stattfindet, steht noch nicht ganz fest – ich habe was in Planung, muss aber noch Gespräche führen. Und außerdem erfahren den genauen Ort nur die Teilnehmer. Bisschen OpSec kann ich doch auch.
Ich hab‘ mich ja aus der Diskussion bewusst rausgehalten…
Also: Es ist ein Angebot Beemelmans, und ich bin nur der, der das organisiert. Ob es gewünscht ist, ist eine Frage an meine Leser – ich nehme da eine sehr neutrale Position in der Mitte ein, weil ich weder Teil des Ministeriums noch Teil der (betroffenen) Truppe bin.
Bislang – ich gebe zu: das überrascht mich – gibt es 50 Kommentare, mit einer erkennbar ablehnenden Tendenz aus verschiedenen Gründen, und eine (1) E-Mail mit Interessenbekundung.
Ich warte mal weiter ab, wie sich das entwickelt, und sage nur so viel: Leute, es ist eure Entscheidung. Nicht meine.
(Zu den vorgeschlagenen Alternativen: Der Staatssekretär war ausdrücklich an einem persönlichen Gespräch interessiert, nicht an Online-Chats oder Video-Hangouts. Und dass statt einem Treffen mit Gesprächspartnern der Wiegold mit einer Liste von Fragen da hingeht, die er brav abarbeitet – das wird nicht stattfinden.)
Ich persönlich finde das ganze gut.
Kein Gespräch bei einer Dienststelle mit Vorgesetzten und Untergebenen, bei dem vorher Gespräche und Aussagen abgestimmt werden.
Klar ist unklar, was dabei rauskommt, aber jede Chance, der Führung Erkenntnisse aus der Basis zu vermitteln, sollte genutzt werden.
Leider kann ich an dem Termin nicht, ansonsten hätte ich das eine oder andere Problem, das ich gerne allgemein ansprechen würde und ich denke, dass auch ein StS das Feedback aufnimmt.
Und dafür, dass T. Wiegold als Blogger so ein Gesprächsangebot bekommt, zeigt doch, dass wir uns dafür einsetzen, dass da zumindest positiv Kritik angebracht wird.
Ich finde im Ergebnis das ganze gut und hoffe, dass es genug Interessenten gibt, die an dem Termin anwesend sind.
Mein YouTube Video-Tipp:
http://www.youtube.com/watch?v=YerlLMeeKcw&feature=youtube_gdata_player
Da gibt es viele Aussagen bei denen man nachhaken kann und mit rund um Frieden, meint er natürlich die BRD nicht Europa!
Jedes Gespräch ist eine Gelegenheit und wenn dabei nichts entsteht, hat man die Gelegenheit nicht genutzt!
@ Tiberius
danke für die Info.
@ all
mein Beitrag sollte niemanden abschrecken, zu so einer Veranstaltung zu gehen. Aber meine Erfahrung mit solchen Gesprächen ist die, die in dem Beitrag zum Ausdruck kommt. Jeder der Spaß daran hat, sollte das Gespräch suchen und seine eigenen Erfahrungen machen. Aber er sollte nichts erwarten, dann kann er nur positiv überrascht werden. zur Verdeutlichung:
Auf die Ergebnisse der Umfrage des DBwV und des SoWi Institutes der Bw hat das Haus reagiert, in dem kommentiert wurde, dass die Betroffenen die Reform nicht verstanden hätten und es verständlich sei, dass sie unsicher seien, da viele Entscheidungen im Personalbereich noch nicht getroffen seien.
Die Betroffenen haben aus meiner Sicht aber sehr wohl verstanden, dass mit dieser Reform ein großer Teil von Ihnen zu Pendlern werden muss. Das Standortentscheidungen ohne jeden Bezug zu Familienfreundlichkeit, oder Nachwuchspotential getroffen wurden. Sie haben verstanden, dass Wirtschaftlichkeit nur eine Rolle spielt, wenn es darum geht, Fürsorgemaßnahmen zu unterlassen. Sie haben verstanden, dass Respekt vor der Leistung von Bestandssoldaten in den Überlegungen zur Reform keine Rolle spielt. Sie haben verstanden, dass das Top-down Prinzip sich als untauglich entlarvt hat. Sie haben aber auch verstanden, dass man an allen bereits jetzt deutlich erkennbaren Fehlentwicklungen aus politischer Eitelkeit festhalten will.
Ich wage die Prognose, dass, wenn die Personalentscheidungen getroffen sind und den Betroffenen mitgeteilt werden, das Ergebnis einer gleichartigen Umfrage keinen Deut besser sein wird, als das letzte. Denn dann werden diejenigen, die jetzt noch hoffen nicht betroffen zu sein, vielleicht auch betroffen sein.
@T.W.
Thomas, von wem ging die Initiative aus ?
@ll
Ich verstehe die meisten Kommentare hier nicht, ehrlich gesagt. Wer will und kann, soll sich anmelden und basta. Dieses ewige General- und Politiker-bashing ist doch langweilig. Die Regierung hatte für eine Neuausrichtung BW nur ein politisches Durchsetzungszeitfenster von knapp 1,5 Jahren und davon hat der zG mindest 6 Monate verbraten…….
@klabautermann
Ups, dachte das hätte ich deutlich gemacht: Es war ein Angebot Beemelmans.
Warum sind denn die Kommentare hier zu dem Gespräch mit dem StS Beemelmanns so negeativ bzw. so abwehrend ?
Dies hat ja sicherlich einen Grund. Natürlich ist es immer gut, wenn man bei Meinungsverschiedenheiten miteinander spricht und versucht die Diskrepanzen zu überwinden. Das Problem ist nur, dass man versucht Personal, dass nach 6 Reformen der Bundeswehr in 20 Jahren zermürbt worden ist, zu motivieren begeistert eine 7. Reform mitzugehen und in der Ferne ist schon absehbar, dass diese durch eine 8. Reform ersetzt werden muss.
Dabei hatten die betroffenen Soldaten keine Mitsprachemöglichkeiten. Dies ist durchaus vergleichbar mit der Werksschließung von Nokia in Bochum vor einigen Jahren. Entscheidungen werden von der Geschäftsführung getroffen, ohne sich um die personellen Verluste zu kümmern, die diese Entscheidungen mit sich bringen.
Die Nokia-Mitarbeiter sind auf die Straße gegangen und haben protestiert, leider erfolglos und mussten sich einen neuen Job suchen.
Die betroffenen Soldaten und zivilen Mitarbeiter (Beamte) dürfen nicht auf die Straße gehen und protestieren. Sie werden versetzt, müssen oftmals eine Wochenendehe führen, pendeln was in der Realität stets materielle und idelle Verluste mit sich bringt.
Es sind ähnlich sachfremde Argumente wie bei der Werksschließung in Bochum angebracht worden.
Insofern ähnliche Auswirkungen auch wenn kein direkter Arbeitsplatzverlust droht.
Ältere Soldaten sind zur Anteilnahme an unseren Staat, an unserem Gemeinwesen erzogen worden. Nun erleben sie, dass standortpolitische Entscheidungen im diametrialen Interessenskonflikt zu ihnen getroffen werden. Sollen sie nun den Staat und die Regierung dafür nun hochleben lassen ?
Es vollzieht sich gerade ein innerer Bruch zwischen Dienstherren und weiten Teilen der Bundeswehr. Fürsorge, als Ausgleich für das treue Dienen und das Ertragen von Widrigkeiten des Berufes, wird immer mehr zurück gedrängt. § 31 SG kennt niemand, § 7 SG jeder Soldat.
Die Erkenntnis ist die, dass Standortentscheidungen genauso wie in der Wirtschaft Werkschließungen abgewickelt werden, dabei trotzdem der Anspruch treu zu dienen eingefordert wird. Ergebnis ist Frustration in weiten Bereichen, der vom Dienstherrn ignoriert wird.
Die Befürchtung einer Maulwurfjagd, die hier mehrfach geäußert wurde, ist m.E. wenig stichhaltig. Dies allein schon deshalb, weil keiner der Gesprächsteilnehmer beim Sts sich mit seinem Blog-Namen vorstellen muss. Er outet sich allenfalls als Mitglied der Augengeradeausgemeinde, aber das kann ja eigentlich nicht schädlich sein.
Diese Diskussion wirft generell die Frage nach dem Selbstverständnis eines Bloggers auf. Ich halte einen Diskurs, bei dem die Teilnehmer grundsätzlich anonym bleiben, für durchaus sinnvoll. Dies aber nicht, damit nun jeder Spekulatives als Tatsachen verkaufen (man darf durchaus spekulieren, sollte das aber kenntlich machen) oder ohne jedes Risiko wehrlose Dritte mit fragwürdigen, unkultivierten Mitteln quasi unter der Gürtellinie angreifen kann. Sondern deshalb, weil durch die Anonymität eine gewisse Waffengeichheit in der Diskussion erreicht wird. Jedes Argument wird damit ernst genommen, ganz unabhängig von Dienstgrad, Berufserfahrung, Hierarchien, Herkunft, Alter etc.
Das bedeutet aber auch, wenn es funktionieren soll, dass sich jeder selbst diszipliniert und die Grenzen einer Aussprache nach Form und Inhalt respektiert. Man sollte also den Mut aufbringen, so zu argumentieren, wie man es auch unter Klarnamen tun würde. Das wäre nicht nur für alle und insbesondere die Sache hilfreich, sondern entzieht dann auch der Maulwurfdebatte den Boden.
@Georg 12. Oktober 2012 – 12:09
Das trifft meiner Ansicht nach den Kern der Sache. Es ist einfach zu offentsichtlich, dass aus rein politischen Gründen gewisse entscheidungen getroffen wurden, ohne Rücksicht auf die Sachlage und die berechtigten Interessen der Soldaten. Daher stellt sich für mich die Frage: Warum soll ich mit dem Herrn staatssekretär diskutieren. Auf der Sachebene ist da nix zu erreichen, da die Sachebene nicht Grundlage für Entscheidungen ist. Was soll ich ihm also erzählen, dass diese Entscheidungen sachlich unsinnig, unbegründet, zu teuer, ineffizent oder sonst noch was sind. Das ist für ihn uninteressant, dass weiß er ja eh. Ich muss auch meiner Unzufriedenheit keinen Ausdruck verleihen, die generelle Unzufriedenheit ist ja bekannt…ich habs halt nicht verstanden, die Reform. Nur – ich hab sie eben wohl verstanden und deshalb bin ich unzufrieden. Kann er als Politiker aber niemals zugeben.
@KaLeBe
Mein Selbstverständnis ist, das ich im Schutze der Anonymität natürlich das sage und denke, wozu ich auch mit Klarnamen stehen würde. Aber trotzdem muss ich mir das Leben nicht zusätzlich erschweren, indem ich jedem auf die Nase binde, wer ich bin und was ich denke, insbesonders nicht den Kameraden und Vorgesetzten, mit denen ich täglich zusammenarbeite. Das mache ich dann lieber in einer persönlichen Diskussion. Im Übrigen ist die Kritikfähigkeit mancher Vorgesetzten so etwas von gnadenlos unausgeprägt, dass es sehr wohl ein Problem sein könnte, öffentlich Kritik zu üben. Gerade wenn man im Ministerium arbeitet.
@ Tiberius
Habe ich verlangt, dass Sie jedem auf die Nase binden müssen, wer Sie sind? Keineswegs. Das habe ich nicht. Die Anonymität ist ja auch ein Kennzeichen von Blogs. Aber das entbindet niemanden von der (leider uneinklagbaren) Verpflichtung zu fairem Umgang miteinander. Wir sind also in der Sache nicht uneinig. Zur Kritiktoleranz von Vorgesetzten und insbesondere im Ministerium sage ich lieber nichts und will Ihnen auch nicht widersprechen.
@KeLaBe
Nein, haben Sie nicht verlangt, hab ich vielleicht nur so verstanden ;-). Wir sind da in der Tat weitgehend einer Meinung.
@Tiberius:
Das ggf. Entscheidungen aus rein politischen Gründen getroffen wurden wäre sicherlich noch nicht einmal das Problem, der Soldat ist schließlich dem Primat der Politik verpflichtet.
Das, was der Truppe regelmäßig stinkt ist, wenn man sie (zumindest mal gefühlt) belügt und dann auch noch dergestalt für dumm verkaufen möchte, dass man gleichzeitig unterstellt die Leute wären dumm genug es nicht zu merken.
Die negativen Aspekte kann man nicht aus der Welt schaffen und damit muss sich die Truppe abfinden, aber oftmals entstehen ohne Sinn und Verstand zusätzliche unnötige Härten welche abgemildert oder teilweise sogar vermieden werden könnten und da setzt oftmals die durchaus konstruktive Kritik der Truppe an.
@FNU SNU:
„Ich persönlich finde das ganze gut.
Kein Gespräch bei einer Dienststelle mit Vorgesetzten und Untergebenen, bei dem vorher Gespräche und Aussagen abgestimmt werden.“
Auch davon gab es genug ohne sinnvolle Ergebnisse.
@schleppi 11:23
Danke, genau so sehen die Sachlage viele Kameraden und Kollegen, mit denen ich mich austausche – und dies nicht nur in meinem aufzulösenden Standort. Dann muss ich mich nicht auch noch in einem öffentlichen Gespräch sehenden Auges wieder als einer darstellen lassen, der die Reform und die daraus resultierenden Notwendigkeiten nicht verstanden hat. Wer hin gehen möchte, soll hingehen. Erwartungen bei mir über ein zielführendes Ergebnis, sind gleich NULL.
Mich bewegt einzig noch immer die Frage, warum die Leitung des Hauses diesen Weg geht. Was soll der „sittliche“ Nährwert sein? Mir fällt auch nach zwei Tagen nachdenken nur ein, dass es sich um eine Alibiveranstaltung handeln wird.
Gerne lasse ich mich hinterher eines Besseren belehren.
Die politische Führung der Bundeswehr hat im Vorfeld der Reform intensiv für diese geworben und dazu aufgefordert diese nicht nur einfach passiv umzusetzen, sondern aktiv mitzugestalten. Anschließend wurden jedoch durch politische Entscheidungen sehr schnell Tatsachen geschaffen, so dass es den Bundeswehrangehörigen gar nicht möglich war mitzugestalten! Darunter leidet die Akzeptanz der Reform.
Doch machen wir uns doch nichts vor: Standort-, Struktur- und Ausrüstungsentscheidungen sind doch nur der Rahmen der Reform. Die Diskussion um diesen Rahmen wurde leider nie auf eine Sachebene gebracht (trotz mehrerer Versuche, wie den der Weizsäcker-Kommission). Die Politik wollte sich verständlicher Weise in diesem Bereich nie das Ruder aus der Hand nehmen lassen.
Ich denke es war notwendig, gewisse politische Entscheidungen zügig zu treffen und entschieden umzusetzen. Zugegebenermaßen vielleicht manchmal ohne öffentlich nachvollziehbaren Gründe und entgegen der Interessen der anvertrauten Soldaten. Dies war notwendig, um verkrustete Strukturen aufzubrechen und die Reform nicht durch eine ewige öffentliche Diskussion zu diskreditieren (Anm.: mit den „verkrusteten Strukturen“ meine ich nicht die Bundeswehr, die sich ja seit Jahren in einer Dauerreform befindet und bisher in jeder Reform dem Primat der Politik mit bemerkenswerter Stille und Treue gefolgt ist. Den Rest können Sie sich denken.).
Doch die Reform geht weiter und es gibt noch jede Menge Sachfragen zu klären, um den politischen Rahmen zu füllen. Meiner Erfahrung nach ist die Mehrheit der Soldaten sehr emotional mit Ihrem Beruf verbunden. So sehr, dass man in jeder Messe der Bundeswehr einen Biertisch finden wird, an dem mit Begeisterung „die Bundeswehr verbessert“ wird. Wir haben ein schier unerschöpfliches Reservoir an guten Ideen – nur dringen diese nicht bis zu den Entscheidungsträgern vor. Das ist schade.
Dies ist ein Grund, weshalb im Rahmen der Reform nicht an den Messen gespart werden sollte, auch wenn deren Betrieb ohne Wehrpflicht natürlich teurer wird. Die Messen haben neben der sozialen Funktion auch die für das „Unternehmen Bundeswehr“ wertvolle Kapazität des „Think-Tanks“ in der Breite. Ich kenne kein anderes Unternehmen, in dem die Mitarbeiter in dieser Weise in Ihrer Freizeit und abteilungsübergreifend zusammenkommen, um gedanklich die Prozesse und Strukturen Ihres Unternehmens zu verbessern. Nur gelingt es uns nicht, diese Ideen zu nutzen. Vielleicht, weil das Instrument des „kontinuierlichen Verbesserungsprogramms“ (KVP) für manche Ideen ungeeignet ist oder nicht ausreichend Feedback gegeben wird.
Oh – und schon habe ich zwei wichtige Sachfragen außerhalb des politischen Rahmens über die man dringend sprechen müsste. Und Sts Beemelmans scheint mir sowohl für die Messen, als auch das KVP Programm der richtige Ansprechpartner – schließlich hat er die Abteilungen Personal; Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung sowie Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen unter sich.
Hier wird von höchster politischer Stelle versucht, die Basis wieder in die Reform mit einzubinden, um auf die Erfahrungen der Truppe bei den noch anstehenden Entscheidungen zurückgreifen zu können. Vielleicht haben wir den ein oder anderen Berufssoldaten nach 20ig Jahren Dauerreform endgültig abgehängt. Das wird gem. meiner Truppenerfahrung die Minderheit sein. Wenn man jetzt ehrlich und ergebnisoffen den Dialog über die Details der Reform sucht, so wird man viel Respekt und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen können.
Das ist jedoch nicht mit einem zweistündigen Treffen mit nur 20 interessierten Leuten getan. Man wird diese Arbeit nicht medienwirksam ausschlachten können, denn man muss den Soldaten die Gelegenheit geben vertraulich mit der politischen Führung zu sprechen und Ihre Gedanken in mehr als nur einer „Frage an den Sts“ zu formulieren. Und letztlich sind die wenigsten guten und sinnvollen Ideen kostenlos zu haben! Will man also glaubwürdig bleiben, so wird man auch Geld in die Hand nehmen müssen.
Ich finde die Idee des informellen Treffens mit dem Sts gut. Ich wünsche dem Sts einige interessante Gespräche und Anregungen. Es sind jedoch umgerechnet leider nur 6 Minuten pro Teilnehmer. Ich frage mich: wo bleibt da der Dialog?!
Ich hoffe nicht, dass dieses Treffen zu einer Show der Selbstdarsteller gerät, die Ihren Namen und Gesicht beim Sts bekannt machen wollen.
Weder Messewesen noch KVP-Programm sind meine Prioritäten. Der Rüstungsprozess (und die „Qualität“ deutscher Rüstungsgüter) und die kritische Personallage sind die akuten Probleme meiner Einheit.
Ein anderer Staatsekretär hat sich kürzlich zwei Stunden Zeit genommen um meine Einheit zu besuchen. Im Programm blieben immerhin 50 Minuten um mit meinen Soldaten zu sprechen. Die wenigsten Antworten konnten sofort gegeben werden. Dafür haben sich eine Woche lang unsere vorgesetzten Dienststellen mit einigen dort längst bekannten Problemen beschäftigt. Die schriftliche Antwort des Staatssekretärs war umfangreich, aber leider politisch reingewaschen – vielleicht nur eine Konsequenz der mit falschem Loyalitätsverständnis zur Politik gegebenen Rechtfertigungen der vorgesetzten Dienststellen. Insofern möchte ich die Erwartungen an dieses Treffen bremsen. Doch zeigen beide Initiativen, dass man „da oben“ sehr bemüht um die Basis ist – ein beruhigendes Gefühl, oder?
Meine Ideen konnte ich damals leider nicht anbringen, da ich es wichtiger fand, dass „meine Jungs“ ihre Fragen stellen können und auch bei einer kleinen Einheitsgröße sind 50 Minuten sehr wenig Zeit, wenn man freie Antworten von Politikern erhält.
Sie sehen, Herr Wiegold, mir liegt das Thema am Herzen und ich bin bereit Zeit und Kraft in die Bundeswehrreform zu investieren. Ich habe viele gute und wichtige Ideen. Nicht alle zu meinem Vorteil – jedoch aus der praktischen Notwendigkeit heraus.
So müssen meiner Meinung nach die Mindeststehzeiten im Dienstgrad deutlich verlängert werden. Wir müssen den Enddienstgrad heute nicht mehr bis zu einer Pensionierung mit 54 Jahren erreicht haben, sondern erst mit 62 Jahren. Doch haben in meiner Laufbahn die meisten Kameraden Ihren Enddienstgrad bereits mit 40 Jahren erreicht – schwierig diese dann noch zu motivieren. Auch würde dies zwangsläufig zu einer Verschlankung der Strukturen führen. Wer erst im Alter von 55 Jahren die Besoldungsgruppe A14 erreicht, der muss erst dann mit einem entsprechen „wichtigen“ Dienstposten versorgt werden!
Wir sollten die Stehzeiten auf den Dienstposten – gerade in der Anfangszeit einer Laufbahn bei der Bundeswehr – auch für Generalstäbler – verlängern! Dies würde die Dienstzufriedenheit erhöhen und den Erfahrungsgewinn begünstigen. Außerdem müssen auch Untergebene erst Vertrauen in einen Vorgesetzten gewinnen. Wenn dieser alle zwei Jahre wechselt, so schadet dies, gerade in Truppenverwendungen, dem Vertrauen in die Führung.
Statt den Dienst bei der Bundeswehr durch Gehaltssteigerungen attraktiver zu machen – und damit zu fördern, dass sich Leute in den Ämtern bei viel zu gutem Gehalt bei geringer Leistung ausruhen – sollte man die Zulagen in der kämpfenden Truppe deutlich erhöhen. Wie effektiv solche Maßnahmen sind zeigt sich an den neuen DZA Sätzen. Seit die DZA-Sätze erhöht wurden, habe ich kein Problem mehr Wachgänger zu finden. Einige Soldaten entziehen sich den Dienst in der kämpfenden Truppe durch teils vorsätzliche Herbeiführung eines einsatzbeschränkenden Gesundheitszustandes (keine Verwendungsfähigkeit). Würde der Dienst in der kämpfenden, fliegenden oder seefahrenden Truppe entsprechend ent- und belohnt werden, so würde es hier deutlich weniger Ausfälle geben.
Das sind die drei Themen, die mir besonders am Herzen liegen. Eine Fragestunde (auch wenn es zwei Stunden sind) beim Staatssekretär nutzt mir wenig. Ein Impulsvortrag von 10 Minuten zu allen drei Themen zusammen und anschließender Diskussion würde mehr nützen. Vielleicht bin ich in 20ig Jahren in einer beruflichen Situation solche Vorträge halten zu dürfen (aber dann ist vielleicht auch schon meine Auffassungsgabe durch den Bundeswehralltag eingeschränkt oder meiner Karriere zum Opfer gefallen).
Vielleicht sollten Sie vielmehr die Nutzer auffordern ein maximal 5-minütiges Video mit ihrer Idee, ihrer Meinung oder ihrem Anliegen zur Bundeswehrreform zu posten. Dann sollten andere Nutzer abstimmen dürfen, welcher Beitragenden seine Idee in einem Impulsvortrag mit anschließender Diskussion vor dem Staatssekretär präsentieren darf.
Was eigentlich ein Kommentar in Ihrem Forum gedacht war, ist nun zu einem zweiseitigen Brief* geworden. „Niemand liest mehr als eine Seite“ – vielleicht habe ich Ihr Interesse bis hierher schon verloren. Doch bei einem solch emotionalen Thema, mit so vielen Ideen, konnte ich mich leider nicht auf eine Seite beschränken.
(*Diese umfangreiche Äußerung habe ich erst auf Bitte von Herrn Wiegold hier als Kommentar gepostet. Als Bundeswehrangehöriger bevorzuge ich es, mich mit meiner Meinung aus der Öffentlichkeit herauszuhalten, dem französischen Bild der „grande muette“ entsprechend. Dies ist aber heute manchmal nicht mehr sinnvoll oder zielführend.)
@ Fabian
Es gibt schon noch welche, die mehr als eine Seite verkraften. Auch aus diesem Beitrag wird für mich deutlich, wie wenig ernstgemeint in der Sache das angebotene Gespräch ist. Es ist nicht nur eine Frage des Zeitrahmens. In dem Beitrag lesen wir von 3 Themen. Wie viele gibt es insgesamt? 250 ? 1000? Ich glaube es heißt mehr für die Sache zu tun, wenn wir alle Themen hier im Blog öffnen könnten. Hier ist die Möglichkeit Öffentlichkeit herzustellen. Hier können die schwammig ausweichenden Antworten der Politiker aufgedeckt werden. Hier könnten auch konkret Fehlentwicklungen angesprochen werden. Dieser Blog wird gelesen. Ich denke,er gehört mittlerweile zur Pflichtlektüre der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Sichereitspolitiker. Das ist eine Chance. Vermutlich wäre es aber besser, wenn TW einen Parallelblog einrichten würde, der nur die Neuausrichtung zum Gegenstand hätte.
@Fabian
Netter Beitrag, aber was sie im Bereich der Zulagen skizzieren, ist teilweise fehlerhaft.
Absichtliches herbeiführen eines einschränkenden Gesundheitszustandes ist ein Dienstvergehen und dementsprechend sollte hier verfahren werden.
Beim fliegenden Personal ist es so, 28 Tage nicht flugfähig gibt ne Meldung und die Zulage ist weg.
@Fabian:
„Anschließend wurden jedoch durch politische Entscheidungen sehr schnell Tatsachen geschaffen, so dass es den Bundeswehrangehörigen gar nicht möglich war mitzugestalten! Darunter leidet die Akzeptanz der Reform.“
Das würde ich aus Truppensicht so nicht unterschreiben wollen. Die Vorlagen für die Entscheidungen des BMVg kamen aus der „Truppe“ – da ist halt die Frage nach der Ebene, welche da zugearbeitet hat, aber, rein mal von den Aussagen der militärischen Führung aus, liegt die Schuld da nur zum Teil bei der Politik.
Ausserdem bestünde immer noch die Möglichkeit mitzugestalten, wenn man die Truppe denn liesse, aber da tut sich halt das Spannungsfeld zwischen uneingeschränktem Einsatzauftrag, Budget, Infrastrukturmaßnahmen und der Operation am offenen Herzen des laufenden Athleten auf… auch hier ist es nicht unbedingt die politische Ebene, die sich sperrt. Die Wahrheit dürfte wie so oft irgendwo in der Mitte liegen.
Der Unwille, hier die Planungen im Sinne der Soldaten anzupassen, ist teilweise sogar auf Regiments oder Battaillonsebene beheimatet – und das unter anderem sogar mit guten Absichten, zum Beispiel ein überlangen auftragsloses „abhängen“ zu verhindern. Dass das teilweise wiederum dazu führt das am anderen Ende Personal „verheizt“ wird hat sicherlich nicht nur die Politik zu verantworten.
Nur, da reden wir dann wieder von angepassten Lösungen im Einzelfall und nicht globalen Problemen, die man beim StS adressieren sollte.
„Wir sollten die Stehzeiten auf den Dienstposten – gerade in der Anfangszeit einer Laufbahn bei der Bundeswehr – auch für Generalstäbler – verlängern! “
Grade hier tut sich doch mit den Kompetenzbereichen, mit dem Wegfall des Pflichttors Chefverwendung et cetera doch schon einiges… aber auch das ist eigentlich ein Problem welches im Prinzip unterhalb des BMVg gelöst werden müsste.
„Einige Soldaten entziehen sich den Dienst in der kämpfenden Truppe durch teils vorsätzliche Herbeiführung eines einsatzbeschränkenden Gesundheitszustandes (keine Verwendungsfähigkeit).“
Das wiederum ist originären Aufgabenfeld des Disziplinarvorgesetzten. PersAbw und SDBw machen einem da das Leben nicht leicht, aber da kann man durchaus etwas machen… und wieder eigentlich kein Thema für den StS.
Wenn man derlei Dinge von oben nach unten einsteuert, dann halte ich das nur für bedingt zielführend.
Auch TdM ist bekannt, dass nachgesteuert werden muss! Dumm ist nur, dass bestimmte Entscheidungen als falsch erkannt wurden aber jetzt bewusst aus politischen Gründen auf die lange Bank geschoben. Der Schadensfall ist, dass der Minister alles tut um bestimmte Dinge (z.B. Standortentscheidungen) nicht gändert werden können.
Intressanter wird es
Wenn Herr R der nächste Präsident würde
da würde vielles Falsch sein .er will wieder ein Starkes Amerika
und will sich mit China und Russland anlegen um Us Intressen durchzu bringen
da für ist BW gar nicht gerüstet angefangen von Fehlender Luftabwehr und Panzerabwehr sehr Stark Reduziert
Daraus muss man dann eine Frage ableiten! Ist ihm bekannt, dass die BRD keine flächendeckende Luftabwehr mehr hat? Dass wir keine brauchbare verbunkerte Luftraumüberwachung haben werden? Was ersetzt den Gepard? Wie werden UAV bekämpft?
@Elahan:
TdM weiß das nachgesteuert werden muss? Und was genau? Und wann?
Und warum brauchen wir noch ne flächendeckende Luftverteidigung auf allen Ebenen?
Gegen wenn?
Nicht falsch verstehen: Eine funktionierende LV ist sicher notwendig, aber nicht mehr auf dem Niveau von 1976.
1976 wo stand dieses Datum bei mir?
Die LV sollte funktionieren dabei ist das Niveau egal!
Das Dach muss dicht sein und dann kann man sich über die Farbe der Ziegel unterhalten!
P.S. Gepard ReiseberichtBrasilien.pdf googeln
Neben Verteidigung war Abschreckung eine unserer Kernkompetenzen! Beides verlieren wir im Moment und das ist der eigentliche Skanal! Eine Streitkraft die sich weder verteidigen noch glaubhaft drohen kann ist überflüssig. Eine Streitkraft kostet ein Vermögen und keine Streitkraft ggf noch viel mehr!
Ist er der Meinung, dass die BRD in der Lage ist ihre Grundbedürfnisse in der SiPo gewähren kann?
Ist „Breite vor Tiefe“ nicht der Beweis, dass wir nicht Durchhaltefähig sind?
Die Behautung, dass die Tiefe durch die Partner gewährleistet wird setzt voraus, dass es eine Reformabstimmung mit ihnen gab! War das so?
Woher bekommen wir den Nachwuchs? Woher das Geld für die Umzüge?
Wo ist das Geld für die Betreuung und Unterkünfte?
Die Stehzeiten bis zur Einweisung nehmen zu, Betreuungseinrichtungen schließen, Verpflegung wird nicht mehr gewährleistet, pers Ausrüstung nicht mehr vollstandig, ärztliche Versorgung schlechter, Reisekosten gedeckelt, Überstunden nehmen zu, trennung von Familie auch uvm! Kann es sein, dass die Soldaten diese Refom mit bezahlen werden!
Da läuft nicht nur im Detail was falsch!
@Elahan:
Dann sagen Sie es doch dem Staatssekretär – eine einmalige Chance!
Vielleicht kann man ihn in dem Zusammenhang auch über die nationale Zielvorgabe befragen, die ist ist nämlich das Grundübel der Neuausrichtung. Ein Größenvergleich mit den aktuellen (!) Streitkräfteumfängen von Frankreich und Großbritannien verbunden mit dem Anspruch „Breite vor Tiefe“ ergibt die Größe der Bw im Jahr 2017.
Diese Ausgangslage ist offensichtlich nicht durchdacht geschweige denn kriegstheoretisch fundiert.
Wenn man von dort aus losgeht landet man irgendwann auch bei der LV. Wobei man sich Fragen muss wieviel LV wir noch brauchen, wenn man unsere aktuellen luft- und bodengestützen Fähigkeiten – trotz aller Kürzungen – betrachtet.
Ihre Argumentation fordert eine weiterhin umfangreiche LV ein, weil das auch bisher so war (daher mein Vergleich mit 1976).
Wir haben keine verbunkerten Einsatzführungsstellen mehr? So what?
LV brauchen wir auch in Zukunft (gerade mit Blick auf UAV), aber abgeleitet aus realistischen Kriegsbildern.
Darüber macht sich der Sts aber offenbar keine Gedanken.
@Memoria
Zustimmung setzt jedoch voraus, dass man mögliche Kriegsbilder erforscht und die notwendigen Ableitungen durchführt.
Einsatzführungsstellen müssen geschützt sein, sonst kann man sein Hirn auch auf der Schulter tragen.
@Elahan
„Einsatzführungsstellen müssen geschützt sein“ und Datenübertragungskanäle müssen gehärtet sein und so weiter und so weiter……..somit wären wir in einem klassisch symmetrischen Protection of the Homeland und nicht in einem Defence of the Homeland Denkmuster….no way, Hosez !! Kann sich niemand mehr leisten.
@Elahan 09:23
Stimme voll zu.
Sind das nicht genügend Baustellen, die seitens Ministerium erst einmal akzeptiert werden müssten? Anschließend intern kommuniziert, um Lösungen, die nicht an den Menschen in der Bundeswehr vorbei gehen, zu erarbeiten. Mit den Sprüchen: „Die Kritiker haben die Reform nicht verstanden“ und „die großen Linien stimmen“, kommen wir nicht weiter.
@klabautermann
Wer nicht in der Lage ist sein Land zu schützen, braucht es nicht zu verteidigen!
Brandschutz ist besser als Brandbekämpfung!
Ich denke, T.W. würde sich freuen, Sie/euch alle in berlin zu sehen ;-)
@Th. Wiegold & @all:
1.) Werden bzw. sind auch Zuhörer bei der „Veranstaltung“ zugelassen?
2..) M.M.n. könnte sich die Veranstaltung „Sag’s dem Staatssekretär“ zwischen den Extremwerten „Alibi-Veranstaltung“ und „ultimatives Bashing“ bewegen. Beides erscheint bei 20 Fragen und 2 Std angesetzter Zeit, was jeweils 3 Minuten Redezeit entspricht, fast vorprogrammiert. Dies kann und darf aber nicht das Ziel sein, denn „Frag es den Staatssekretär“ dürfte Th. Wiegold sicherlich gemeint haben!
3.) Eine der Fragestellungen könnte m.M.n. inhaltlich sein:
Mein Name ist …, ich war … und vertrete (Gesellschaftsname), ein Verbund von Luftfahrttechnischen Betrieben und Luftfahrtunternehmen.
Sg Hr. StS Beemelmans: Repräsentativ für viele sehr viele und auch kostenintensivere Beschaffungsvorhaben – nicht nur im Bereich Luftfahrt – darf ich das Projekt „Basisschulungshubschrauber“ aufgreifen.
2002 Bedarfsfeststellung durch die Truppe und das BWB. August 2004 erstes Interessensbekundungsverfahren durch das BWB. September Vorstellung des Prototyps PZL-SW-4 gegenüber einer 10-köpfigen Bundeswehrdelegation in Swidnik / Polen. Der PZL SW-4 ist u.a. ein Schulungshubschrauber der PZL Swidnik SA, einer 100%igen AgustaWestland Tochter und hat sich an der Polnischen Air Force Academy mit 20 nach NATO- und MAWA-Kriterien eingeführten Exemplaren ab 2005 bestens bewährt. Mitte 2005 zweitens Interessensbekundungsverfahren. Mitte 2008 Teilnehmerverfahren. Mai 2010 Aufnahme des nichtöffentlichen Verhandlungsverfahrens mit neun geladenen Bietern. September 2010 nur ein einziger Bieter gibt ein formal vollständiges, jedoch unrealistisches und deshalb unwirtschaftliches Angebot ab. Zwei Bieter erklären sich formell zu einem Angebot außer Stande, alle anderen Bieter sind zuvor kommentarlos „abgesprungen“.
Zwischenzeitlich erfolgten durch die Bundeswehr mehrfache Evaluierungen des Hubschraubertyps EC 120 mit mehrfachen negativen Ergebnissen, wie die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in einem Untersuchungsbericht anlässlich eines schweren Flugunfalls sowie diverser Zwischenfälle im Ausbildungsbetrieb der Bundespolizei veröffentlichte.
Seit Ende 2010 herrscht beim Basisschulungshubschrauber Latenz. Mit einer zu engagierten, fachlich dilettantischen und zu deutlich auf den „Wunschkanditaten“ abgestimmten Leistungsbeschreibung nebst Bewertungsmatrix ist man fürchterlich „auf den Bauch gefallen“. Die Bieter – auch die des „Wunschkanditaten“ – wurden mit technisch und wirtschaftlich grundsätzlich nicht realisierbaren Forderungen konfrontiert. Nach Rüge eines der Bieter musste das Vergabeverfahren mangels „wirtschaftlichen Ergebnis“ aufgehoben werden.
Fakt ist, dass seit Jahren und auch durch den Bundesrechnungshof samt Rechnungsprüfungsausschuss mehrfach verifiziert, allein aus Betriebskostenersparnis sich das Invest in neun neue BSHS binnen weniger als 7 Monaten reamortisiert hätte!
Fragen:
Rechtfertigen Kompensationsaspekte aus Minderabnahmen von A400M, UH-TIGER und NH90 gegenüber EADS und EUROCOPTER im konkreten Fall eine weitere Latenz?
Wann wird das Beschaffungsverfahren BSHS unter damit zwingenden haushaltsrechtlichen Vorgaben und objektiven Anforderungskriterien reaktiviert?
@Klabautermann:
„somit wären wir in einem klassisch symmetrischen Protection of the Homeland und nicht in einem Defence of the Homeland Denkmuster“
Im vorliegenden Fall wohl eher „Defense of the budget“ ;)
Viele der Rechnungen, was am Ende günstiger sei, haben sich ja im Nachhinein als, ich formuliere vorsichtig, nicht vollumfänglich korrekt herusgestellt – nicht immer ist die vermeintlich billigere Lösung am Ende am kostengünstigsten.
@Kerveros
Zustimmung, ich meinte mit meinem Einwand ja nur, dass Verteidigungsplanung mehr ist als Streitkraefteplanung a la Bundeswehrplan…….am Ende des Tages muss man als Staat in einer nicht existenziellen Bedrohungslage eben den EPl 14 und dessen BIP Quotienten nicht ueber Gebuehr mit Ausgaben belasten, die im klassischen Sinne nicht Verteidigung, sondern sicherheitspolitisches Krisenmanagement sind.
Ich bin für das Gespräch, denn viele Ideen und Erkenntnisse der Basis werden doch nie direkt oben vorgetragen, sondern weggefiltert. Und steter Tropfen höhlt den Stein.
Ein Beispiel: Im Geschäftsbereich des BMVg gibt es keinen Rahmenvertrag mit der Deutschen Bahn über sogenannte Business Tarife. Somit kauf jeder irgendwie seine Fahrkarten für Dienstreisen, teilweise über die Reisekostenstellen und insb. im BFD selber übers Internet oder sonstwo, werden dann ja auch 100% erstattet. KVP Vorschläge zum Verhandeln eines Rahmenvertrages werde abgeleht nach dem super Motto: Wurde schonmal vorgeschlagen, aber nicht umsetzbar.
Eine andere Bundesbehörde mit ca. 40.000 Mitarbeitern (nicht BPol), schafft es seit Jahren, zwischen 10 und 25% Rabatt mit der Bahn zu verhandeln und dementsprechend auch Einsparungen zu erzielen.
Es ist blanke Verschwendung wenn nicht sogar Veruntreuung, dass hier die Ideen der Mitarbeiter grundsätzlich abgebügelt werden und man nicht in der Lage ist, die Ideen und Vorschläge der Mitarbeiter umzusetzen.
Wenn man doch die Soldaten bei der Reform „mitnehmen“ wil, und das Instrument KVP hat, sollten die Vorschläge doch auch ernsthaft geprüft werden und nicht einfach alle abgebügelt werden.
Losgelöst von der hier geführten Diskussion…
Wie viele Interessensbekundungen sind es denn mittlerweile?
@NMWC
Deutlich weniger als Kommentare ;-) gerade mal eine Handvoll.
Aber noch können wir ja ein wenig abwarten.
In Anlehnung an NH-90 darf ich fürs weitere Abwarten – allerdings nur Blog-intern – den Arbeitstitel BSHS-02 vorschlagen, wie immer dies auch zu deuten ist. >:-)
@FNU SNU:
„denn viele Ideen und Erkenntnisse der Basis werden doch nie direkt oben vorgetragen, sondern weggefiltert“
Mag im Prinzip richtig sein, trifft aber im konkreten Fall nicht zu. Wie gesagt, die StS und (stellv.) Inspekteure waren direkt in den Verbänden und haben das direkte Feedback erhalten, die Adjutanten fleissig Punkte aufgeschrieben und danach ist wie so oft nichts passiert.
Da kann man natürlich die Führung verteufeln – oder sich mal überlegen was da genau passiert:
Die entsprechenden Probleme werden Prüffälle, man gibt sie in den unterstellten Bereich und bekommt dann Ergebnisse für eine eventuelle Entscheidung. Das heisst effektiv, dass die Leute, die schon beim bottom-up ihr böser Filter waren, letzten Endes die gleichen Argumente im top-down Verfahren liefern werden mit den gleichen Schlußfolgerungen… da ist die Frage weniger OB es oben ankommt, als mit welchen Begründungen und Empfehlungen. Das ist übrigens eines meiner Kernprobleme mit dem Wehrbeauftragten, der dann den Bock zum Gärtner macht, indem er Vorfälle im Bereich BMVg durch eben selbiges bearbeiten lässt/lassen muss und somit die Objektivität der Ergenisse immer hinterfragen lässt.
@Kerveros
Danke, eine treffende Analyse unserer Führungsstruktur und die damit zusammenhängenden Probleme. Gerade in der momentanen Situation der Neuausrichtung ist kaum zu erwarten, dass sich an den Grundproblemen schnell etwas ändert.
Selbst wenn die Führung der Teilbereiche willens wäre, sich der offensichtlichen Problemfälle anzunehmen, können sie das Übel nicht alleine, ohne ihre Stabsabteilungen, lösen. Dort sitzen aber die gleichen Zuarbeiter, die schon die jetzigen Entscheidungen vorbereitet haben und theoretisch, in letzter Konsequenz dann Entscheidungsvorlagen erstellen müssten, die diametral gegenläufig zur ersten Entscheidung stehen würden. Puh, ist das vorstellbar?
Es sein denn, man besinnt sich auf die Fach- und Sachkompetenz an der Basis, dort wo die Auswirkungen der Entscheidungen „ausgebadet“ werden müssen. Hier liegt m.E. die Lösung des Problems.
Warum soll ein Dienststellenleiter gemeinsam mit seinem Stab hier nicht kompetent mitarbeiten können. Er kennt seinen Laden! Man müsste es eigentlich nur wollen. klingt ziemlich einfach, oder?
Es muss dann „nur“ noch jemand TdM eine Entscheidungsänderung beibiegen und dieser müsste ebenso mitspielen wollen. Nach dem bisherigen politischen Agieren , zumindest schwierig.
Eins sollte nicht passieren. Aussitzen der Fehlentscheidungen bis nach der Wahl 2013!!!
also, Kopfgeld ist ja ne prima Sache.
Ich lobe hiermit 5 NOK aus für denjenigen, der mir den Schuldigen für dieses BW-Neuausrichtungsdesasters nachweislich benennen kann – politisch tot oder lebendig!
Wahrscheinlich war es Barschel……
Mich würde von denn viellen Fragen die mich Intressieren
Warum deutschland keine Mot Gren BTL aufstellen .