Der deutsche Veteran: Ex-Soldat mit Einsatzmedaille
Die Diskussion über den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit Veteranen der Bundeswehr läuft ja schon eine Weile – und sowohl Verteidigungsminister Thomas de Maizière und der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus haben diese Debatte engagiert mit angeschoben.
Allerdings war bislang immer offen geblieben (oder besser gesagt: von niemandem so richtig definiert worden), was in Deutschland heutzutage unter einem Veteranen zu verstehen ist. Das hat der Minister gestern mit einer Definition zu klären versucht, über die es sicherlich auch noch eine Debatte geben wird: Veteranen im heutigen deutschen Sinne seien ehemalige Soldaten mit Einsatzbezug, also in der Regel mit Einsatzmedaille.
Das wird natürlich zu der Situation führen (und das sieht auch de Maizière), dass der 28-jährige ausgeschiedene Zeitsoldat nach einem Auslandseinsatz als Veteran angesehen wird, der Berufssoldat auch nach dem sechsten Einsatz noch nicht – so lange er noch aktiv ist. Ob das zu einem umstrittenen Punkt führt, wird natürlich davon abhängen, was es künftig bedeutet, als Veteran angesehen zu werden.
Zur Dokumentation die Rede de Maizières am (gestrigen) Mittwochabend beim Jahresempfang des Wehrbeauftragten (zuvor hatte der Minister, so höre ich, sich in ähnlicher Form vor dem Verteidigungsausschuss geäußert):
(Vielen Dank an den Kollegen, der mir den Mitschnitt zur Verfügung gestellt hat – ich war da technisch etwas desorganisiert.)
Wollte der Minister nicht gerade eine Mehrklassenbetrachtung vermeiden?
Jenseits der Begrifflichkeit, die vielen aktiven Soldaten sauer aufstoßen dürfte, kann ich den Ansatz insofern verstehen, dass die aktiven Soldaten ja in der Bundeswehr betreut würden, die ehemaligen aber nicht. Geht man aber einmal davon aus, dass sinnvollerweise die gleichen Stellen beide Gruppen betreuen, dann wirft das direkt wieder Fragen auf.
Und ist der Soldat, der zur Zeit des kalten Krieges and der Grenze Wache geschoben hat und sich seine Karriere hindurch auf den dritten Weltkrieg vorbereitet hat um russische Panzerarmeen in der norddeutschen Tiefebene zu bekämpfen, ein schlechterer Soldat, als ein 28 jähriger Stuffz, der mal 2 monate lang in Bad Kunduz Dienst geschoben hat und in seiner Umgebung zufällig mal 15 minuten lang Kugeln von Wilden vorbeiflogen?
Ja, ist so provozierend gemeint, denn darauf läufts doch hinaus.
TdM tut sich damit keinen gefallen.
Vielleicht ist ein Blick über den Zaun hilfreich. Wikipedia schreibt zum Begriff »Veteran« im Abschnitt über die Vereinigten Staaten:
Es kommt dort also nicht darauf an, ob man im Ausland oder gar im Kampf eingesetzt wurde. Vielmehr gilt bei den Amerikanern: Wer einmal die Uniform trug, ist Veteran.
Für die Festlegung von Ansprüchen, welche der (ehemalige) Soldat erwirbt, gilt indes eine geringfügig weitergehende Definition:
Für Kampfeinsätze oder zur Anerkennung bestimmter Tätigkeiten gibt es besondere Auszeichnungen, welche aber für die Charakterisierung als »Veteran« nicht erheblich sind.
Andere Kriterien gelten aber für die Mitgliedschaft in manchen Veteranenverbänden, etwa den »Veterans of Foreign Wars«. Dort kommt es tatsächlich darauf an, ob man in einem Kriegsgebiet unter Gefahr für das eigene Leben eingesetzt war.
Nach herrschenter Meinung ist ein Veteran ein „Kriegsteilnehmer“. An „Kriegshandlungen“ haben deutsche Soldaten nach 1945 erst wieder ab den 90’er Jahren in Form von Auslandseinsätzen teilgenommen. Das der kalte Krieg kein heißer wurde ist sicherlich ein großer Verdienst dieser Genaration von Soldaten, die durch ihre Präsents verhindert haben, das es zu einen weiteren Krieg in Zentraleuropa gekommen ist. Im Feuer gestanden haben diese Kameraden jedoch nicht. Der 20 Jährige HG der in AFG war hat daher sicherlich mehr „gemeinsame“ Erfahrungen mit seinem Großvater der noch im 2. WK kämpfte als mit seinem Vater, der im kalten Krieg in der Bw diente.
Es wird schwierig, da eine befriedigende Definition zu finden. Für mich sind z. B. die tödlich verunglückten Starfighter-Piloten echte Veteranen des Kalten Kriegs. Denn hätte es die allgegenwärtige Bedrohung durch den Warschauer Pakt nicht gegeben, hätte man auch den Aufbau der Luftwaffe nicht in so einem halsbrecherischen Tempo unter Hintanstellung von Sicherheitsbedenken vorangetrieben.
Oder auch (aber das ist sicher deutlich strittiger) die jungen Wehrpflichtigen aus dem Ruhrgebiet, die in den 60er, 70er und 80er auf der Fahrt von und zu ihren Standorten in Norddeutschland auf der Autobahn tödlich verunglückten. Denn deren Lebensplanung sah eigentlich auch etwas anderes vor.
Wenn ich dem BM (bzw. dem Mittschnitt) richtig zugehört habe, dann sprach er von ehemaligen Soldaten UND Soldaten mit Einsatzerfahrung. Ab Minute 4.
@Peter
Wer redet hier von einem besseren oder schlechteren Soldaten? Letztenendes kriegt jemand der sich sein Leben lang auf die Olympiade vorbereitet hat aber trotzdem nie mitgemacht hat auch keine Medaille. Der Drittplazierte allerdings schon.
Ich sehe allerdings sehr wohl worauf Sie herauswollen. Meines Erachtens nach wuerde es etwas mehr Sinn machen wenn es Kampf- bzw. Einsatzveteranen und regulaere Veteranen gaebe. Letztenendes ist es schliesslich doch so dass jemand der fuer 12 Jahre der Bundeswehrbuerokratie ausgesetzt war genauso PTS-anfaellig ist wie Helmandveteran.
Eine Frage hat der Bundesminister der Verteidigung nicht beantwortet: Was ist mit Soldaten, die während ihrer aktiven Dienstzeit nie in einem Einsatz waren und erst als Reservisten zum Beispiel in Afghanistan oder im Kosovo waren?
Von den zur Zeit 6300 deutschen Soldaten im Einsatz weltweit sind rund 400 Reservisten (vom Mannschaftsdienstgrad bis hin zum Oberst). Das sind um die 6,5 Prozent der Soldaten im Einsatz. Werden diese Soldaten dann Veteranen sein oder nicht?
Es gibt übrigens nicht wenige Reservisten, die eine „Einsatzmedaille Gold“ als Auszeichnung erhalten haben. Die meisten Einsatztage – um die 1500! – hat meines Wissens ein Oberstabsfeldwebel der Reserve.
Wer so ein Diskussion vom Zaun bricht, lenkt von der Caos-Reform ab! Besser wäre man würde sich verhalten, wie es bei Witt auch angebracht gewesen wäre……nicht beachten!
Die Regierung soll sich Um ihre Verantwortlichkeit kümmern! Fürsorge
„Für- sorge“ umfasst alle Maßnahmen und Bestrebungen im weitesten Sinne, die zum Wohle der Soldaten und der zivilen Mitarbeiter sowie deren Familienangehörigen dienen. Die Sorge um das persönliche Wohl der Soldaten, Beamten, Arbeitnehmer und ihrer Familien wird in der Bundeswehr als eine zentrale Führungsaufgabe verstanden. „Wie die Dienst- und Treuepflicht der Soldaten und der zivilen Mitarbeiter ihre Einstellung zu Bundeswehr und Staat prägt, so bestimmt die Fürsorge- und Schutzpflicht des Bundesministers der Verteidigung dessen Verhältnis zu Soldaten, Beamten und Arbeitnehmern.“
Den besonderen Eigentümlichkeiten des Dienstes, des soldatischen wie des zivilen, wird dadurch Rechnung getragen, daß besondere dienstliche und außerdienstliche Betreuungseinrichtungen bereitgestellt werden. Dem einzelnen Bundeswehrangehörigen soll zudem auf diesem Wege ermöglicht bzw. erleichtert werden, am Leben der zivilen Gesellschaft teilzunehmen.“
Das Gegenteil passiert! 20 Jahre Reform ist eine Sauerei!
@ Peter 12:07
Ja, ganz einfach ein simples ja. Und zwar weil sie ganz konkret zwei Bezüge durcheinandermischen, die rein gar nichts miteinander zu tun haben und das zu allem Überfluss auch noch an Wertigkeiten wie „besser“ und „schlechter“ knüpfen.
Der „HG“ aus „Bad Kunduz“ lief bei weitem ein höheres Risiko, sein Leben zu verlieren, als Vattern jemals zuvor in der Lüneburger Heide – es sei denn, es war zuviel Schnaps im Tee. Um mal ähnlich gehaltvoll zu argumentieren, wie sie…
Und gleich gehts wieder los, Innendienst vs Patrouille, Round 99, Fight!
Was ein Kindergarten auf höchster Ebene.
Warum ist es denn eigentlich nötig zu prüfen wer Veteran ist? Wird das ein neuer Dienstgradzusatz oder werden daran irgendwelche Vergünstigungen gebunden?
Gäähn!
20:15 3sat könnte interessant werden und auch anschließend scobel (Krieg und Drogen).
Das Thema kommt leider nur indoor an. Ausserhalb der Bw etc. interessiert Reform oder Veteranen keine Sau.
Ob mir der Begriff gefällt oder nicht. Immerhin hat man nun etwas. Außerdem ist ‚Einsatzbezug‘ dehnbar, denn der Einsatz (im Inneren / UN / ORF / Katastrophe / etc.) ist weit gesteckt. Das ist auch gut so.
Wichtiger sind die Folgeschritte und die drehen sich wie Elahan schreibt um Fürsorge. Dann muss man Farbe bekennen und tatsächlich Mittel bereitstellen etc. und die soziale wie gesellschaftliche Dimension bedienen. Bisher sind wir noch beim ersten Schritt. Ich bin froh, dass endlich einer den Mumm hat, eine Definition und ein Ziel zu äußern. Und das der V.-Ausschuss wohl fraktionsübergreifend Zustimmung signalisiert. Das finde ich klasse. Nun muss man sehen, was sich daraus entwickelt.
Natürlich soll das nicht von den Missständen der Reform ablenken. Allerdings braucht man die Veteranensache auch nicht aus Prinzip schlecht reden.
@ meinemeinung
Man muss bei dieser Statistik nur eines beachten: Die meisten Reservisten im Einsatz sind im „echten“ Leben Beamte in Diensten der Bundeswehr, welche für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Einsatzes zu einer Wehrübung einberufen werden.
Das macht natürlich bei der Betrachtung ob Veteran oder nicht keinen wesentlichen Unterschied…
Grundsätzlich finde ich viel die Frage warum der Minister diese scharfe Trennung zwischen Aktiven und ehemaligen möchte, viel interessanter.
Mir persönlich ist das zu „schwarz-weiß“ gedacht.
Auch die meisten obigen Kommentare zeigen wieder: Diese Veteranendiskussion ist im Grunde ein Ärgernis. Sie spaltet aufgrund von unüberwindbaren Definitionsproblemen die Armee bzw. die Ehemaligen, sie wird vom Großteil der Gesellschaft weder verstanden noch mitgetragen, sie suggeriert eine in Wahrheit unterentwickelte generelle Bereitschaft zu einer offenen „Debatte“ über Fragen verteidigungspolitischer Art, und sie lenkt viele Betroffene damit von wahrlich wichtigeren Themen der Streitkräfte ab.
Das Beste wäre, das BMVg lässt entweder die Finger von einem Thema, in dem man sich offenbar verrannt hat und nicht so recht weiter weiß. Oder es entscheidet möglichst rasch und autokratisch, wer sich denn nun Veteran nennen darf oder muss. Und dann warten wir mal ab, ob mit dem Etikett auch was konkret Brauchbares verbunden werden kann und was es dem einzelnen letztlich nützt. Zweifel sind m.E. angebracht.
Guten Tag,
zu diesem Thema kann man im KOMPASS (Der katholische Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr-Ausgabe 6/12) einiges an Informationen herausziehen. Meiner Meinung nach eine gute Aufbereitung des Themas zur aktuellen Problematik. Hier der passende link:
http://www.katholische-militaerseelsorge.de/index.php?id=420