Deutschland auf Standby beim Atalanta-Angriff

Mittelbar waren die Deutschen schon dabei, vergangene Woche, als die EU-Antipirateriemission Atalanta erstmals am somalischen Strand zuschlug und Boote der Piraten zerstörte. Nahe dem Zielort beim Piratennest Haradhere kreuzte der deutsche Einsatzgruppenversorger Berlin: Sein schwimmendes Hospital, das Marine-Einsatz-Rettungszentrum (MERZ) stand in Bereitschaft. Für alle Fälle, sagt Fregattenkapitän Martin Waldmann, Kommandant der Berlin und bis zum (gestrigen) Montag Kommandeur des deutschen Atalanta-Kontingents.

Die EU und die beteiligten Nationen hüllen sich bislang weiterhin in Schweigen auf die Frage, welche Marine den aufsehenerregenden ersten Schlag nach der Ausweitung des Atalanta-Mandats führte. (Zwar erklärten die Niederlande und Deutschland recht schnell, dass ihre Soldaten daran nicht beteiligt waren – was sowohl die Spanier als auch die Franzosen wals wahrscheinlichste Akteure erscheinen lässt.) Auch Waldmann geht da nicht in die Details, sagt aber: Das war eine Chance, die die EU genutzt habe, um ein Zeichen zu setzen. Keine Ausweitung auf einen Bodenkrieg, nur eine sinnvolle Option mehr – immer mit der politischen Vorgabe, mit einer solchen Aktion gegen Piratenlogistik kein Menschenleben zu gefährden.

Auch wenn die Deutschen bei dieser Aktion nur als medizinische Helfer bereitstanden – absehbar werden auf das neue Atalanta-Kontingent unter Fregattenkapitän Ingolf Schlobinsky mit der Fregatte Bremen solche Aufgaben zukommen. Da sind zwei Dinge interessant, die vom scheidenden Kommandeur Waldmann noch dazu zu hören waren: Zum einen fliegen – auf jeden Fall die deutschen – Hubschrauber selbst dann nicht über Land, wenn sie Ziele innerhalb des Zwei-Kilometer-Streifens am Strand angreifen sollte. Die Waffenwirkung reiche auch so. Und zum anderen müssen sich die Deutschen die speziellen Einsatzregeln (Rules of Engagement, ROEs) für die, wie es im EU-Militärenglisch heißt, Disruption of Pirate Logistic Dumps (DPLD) nicht nur von der Atalanta-Kommandokette freigeben lassen – sondern auch aus Deutschland. Ohne grünes Licht aus dem Einsatzführungskommando in Potsdam oder, gegebenfalls, aus dem Verteidigungsministerium läuft nichts.

Unter dem Motto dumm gelaufen ist dagegen wohl zu verbuchen, das ausgerechnet mit dem faktischen Inkrafttreten der neuen Atalanta-Möglichkeiten die deutschen Fähigkeiten im Einsatz deutlich schrumpfen: Der Einsatzgruppenversorger mit Hospital, weit reichenden Hubschraubern vom Typ Sea King und seinen zahlreichen eingeschifften Spezialisten wird durch die deutlich kleinere Fregatte mit ihren kleineren Helikoptern vom Typ Sea Lynx und weniger Platz für zusätzliche Kräfte ersetzt. Auf der Berlin waren zum Beispiel zusätzliche Ärzte an Bord geholt worden – im Hinblick auf die schon vor Monaten in der EU verabredete, dann aber erst im Frühjahr tatsächlich umgesetzte Ausweitung des Mandats.