Atalanta: Am Strand, aber nicht an Land (neu: Mandatstext)

Erwartungsgemäß hat das Bundeskabinett heute ein neues Mandat für die deutsche Beteiligung an der EU-Antipirateriemission Atalanta verabschiedet – und genau so erwartungsgemäß hat die Opposition bereits angekündigt, dieser Ausweitung des Mandats nicht zuzustimmen.

Kernpunkt der Aufgabenerweiterung für die EU-Piratenjäger ist ja die Möglichkeit, künftig auch an Land, an der somalischen Küste, zu agieren. Wie das konkret im Mandat gefasst ist, weiß ich derzeit nicht, weil mir der Mandatstext noch nicht vorliegt, aber klar ist schon: Bis zu zwei Kilometer tief sollen die EU-Seestreitkräfte agieren können, vor allem vom Hubschrauber aus. Das sei zusätzliches Wirken am Strand, nicht an Land, zitiert die Webseite des Verteidigungsministeriums den Ressortchef Thomas de Maizière dazu.

Im vom Kabinett beschlossenen Mandatsentwurf heißt es konkret:

Das Einsatzgebiet der EU-geführten Operation ATALANTA besteht aus den somalischen Küstengebieten und inneren Küstengewässern sowie den Meeresgebieten vor der Küste Somalias und der Nachbarländer innerhalb der Region des Indischen Ozeans. Hinzu kommt der Luftraum über diesen Gebieten. Innerhalb dieses Einsatzgebietes wird auf Vorschlag des Operationskommandeurs ein zur Erfüllung seines Auftrages zweckmäßiges Operationsgebiet durch den Rat der Europäischen Union bzw. dessen Gremien festgelegt.
Deutsche Einsatzkräfte dürfen bis zu einer Tiefe von maximal 2.000 Metern gegen logistische Einrichtungen der Piraten am Strand vorgehen. Sie werden hierfür nicht am Boden eingesetzt. Die Durchführung etwaiger Rettungsmaßnahmen bleibt davon unberührt. Angrenzende Räume und das Hoheitsgebiet von Staaten in der Region können zu den Zwecken „Vorausstationierung, Zugang, Versorgung sowie Einsatzdurchführung“ mit Zustimmung des jeweiligen Staates und nach Maßgabe der mit ihm zu treffenden Vereinbarungen genutzt werden. Im Übrigen richten sich Transit- und Überflugrechte nach den bestehenden internationalen Bestimmungen.

Was der militärische Sinn der Ausweitung ist, hatte Atlanta-Kommandeur Duncan Potts den Parlamentariern in Berlin schon Ende März erläutert. Erstmals in der Geschichte der Mandatierung der Auslandseinsätze der Bundeswehr durchs Parlament sieht es derzeit allerdings so aus, als ob dafür keine breite Mehrheit im Bundestag zu Stande kommt.

Vor allem die Sozialdemokraten lehnen die Ausweitung ab (die Linkspartei auch, das kommt aber weniger überraschend). Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gernot Erler sieht eine Veränderung des Mandats, nicht nur eine Ausweitung:

Die beschlossene Erweiterung des bisherigen Bundeswehreinsatzes vor der Küste Somalias auf mögliche Operationen gegen Einrichtungen der Piraten in Küstennähe ist eine Scheinlösung und birgt zudem zahlreiche Risiken für Soldaten und Zivilisten.

Die bislang praktizierte Pirateriebekämpfung auf See hat zu einem sichtbaren Rückgang der Erfolgsquote der Piraten geführt. Diese positive Entwicklung setzt die Bundesregierung aufs Spiel. Die Behauptung, es handele sich lediglich um eine Erweiterung der bislang auf See praktizierten Handlungsoptionen,stellt eine Verschleierung der tatsächlichen Veränderung des Mandatscharakters dar.

Nachtrag: Hier der komplette Text des neuen Mandats: Antrag BuReg_Atalanta