Im Rahmen der Gewerbeordnung gegen Piraten

Ein Dreivierteljahr nach der Ankündigung des zuständigen Parlamentarischen Staatssekretärs, die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz privater bewaffneter Sicherheitsdienste gegen Piraten auf deutschen Schiffen zu regeln, kommt Bewegung in die Sache. Das Bundeswirtschaftsministerium verschickte in der vergangenen Woche zur so genannten Ressortabstimmung einen Gesetzentwurf an andere Ministerien der Bundesregierung: Wie bereits bekannt, sollen die Details in der Gewerbeordnung geregelt werden und für alle Sicherheitsfirmen gelten, die bewaffnete Schutzdienste auf Schiffen unter deutscher Flagge anbieten – also gerade auch für ausländische Firmen. Das Bundeskabinett soll nach derzeitiger Planung am 18. April über den Entwurf entscheiden.

Kernpunkt des Gesetzes zur Zulassung von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen ist eine Neufassung des Paragraphen 31 der Gewerbeordnung:

Bewachungsgewerbe auf Seeschiffen; Verordnungsermächtigung

(1) Wer Bewachungsaufgaben nach § 34a Absatz 1 auf Seeschiffen seewärts der Begrenzung der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone durchführen will, bedarf abweichend von § 34a der Zulassung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bundesamt). Die Zulassung kann mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutz der Allgemeinheit oder der Auftraggeber erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen zulässig. Die Zulassung ist im Benehmen mit der Bundespolizei zu versagen, wenn der Antragsteller

1.nicht die Anforderungen an die betriebliche Organisation und Verfahrensabläufe, einschließlich der Maßnahmen zur Sicherstellung der fachlichen und persönlichen Geeignetheit und Zuverlässigkeit der eingesetzten Personen, erfüllt,
2.nicht die Anforderungen an die Geschäftsleitung sowie an die mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragten Person hinsichtlich der persönlichen Geeignetheit und Zuverlässigkeit erfüllt,
3.den Nachweis einer Betriebshaftpflichtversicherung nicht erbringen kann.

(…)

(4) Das Bundesamt veröffentlicht und aktualisiert auf seiner Webseite regelmäßig eine Liste der nach Absatz 1 zugelassenen Bewachungsunternehmen.

Dass für diese Dienstleistung auf See eine andere Regelung gelten soll als für sonstige private – und ebenfalls bewaffnete – Wachdienste zum Beispiel beim Geldtransport, begründet das Wirtschaftsministerium mit der besonderen Situation an Bord von Schiffen:

Der Einsatz von Bewachungsunternehmen als Schutzmaßnahme gegen Piraterie stellt gegenüber dem herkömmlichen Bewachungsgewerbe eine Sondersituation dar, die einer besonderen Regelung bedarf. Die Leistungen werden auf hoher See erbracht, wo im Notfall anders als im Binnenland nicht mit der schnellen Unterstützung von hoheitlichen Kräften gerechnet werden kann. Das Sicherheitspersonal muss unter anderem auch über ausreichende maritime Kenntnisse verfügen. Die Bundesregierung möchte mit der Einführung eines speziellen Zulassungsverfahrens für Bewachungsunternehmen, die auf Seeschiffen Bewachungsleistungen erbringen wollen, diesen besonderen Erfordernissen Rechnung tragen. Es soll sichergestellt werden, dass nur zuverlässige und qualifizierte Sicherheitskräfte zum Einsatz kommen, um damit das Risiko von Gewalteskalationen zu senken. Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO – International Maritime Organisation) hat – bislang noch vorläufige – Leitlinien für den Einsatz von privaten bewaffneten Sicherheitskräften erstellt (MSC.1/Circ. 1405/Rev.1). Das geplante unternehmensbezogene Zulassungsverfahren orientiert sich eng an diesen Leitlinien. Für die Zulassung wird das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zuständig sein. Es wird hierbei durch die Bundespolizei unterstützt.

Die Einführung des geplanten Zulassungserfordernisses soll durch eine Änderung der Seeeigensicherungsverordnung ergänzt werden. Diese wird den Reedern nur den Einsatz von durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zugelassenen Bewachungsunternehmen auf Schiffen unter deutscher Flagge erlauben. Die geplanten Maßnahmen werden dazu beitragen, die Rechtsicherheit für Reeder, die Bewachungsunternehmen einsetzen wollen, zu erhöhen.

Das bedeutet unter anderem auch, dass nicht – wie beim Geldtransport – die Zuverlässigkeit eines Wachmannes, sondern die Zuverlässigkeit eines Unternehmens das Entscheidende wird – denn die Firma wird zertifiziert, nicht der einzelne Mitarbeiter. Das hat einen simplen Grund: Nach Schätzung der Bundesregierung bieten derzeit ca. 160 bis 180 Unternehmen weltweit diese spezielle Art von maritimen Sicherheitsdienstleistungen an. Die Zahl der in Deutschland niedergelassenen Bewachungsunternehmen, die maritime Sicherheitsdienstleistungen anbieten, beträgt derzeit weniger als zehn, heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf. Mit personenbezogenen Überprüfungen weltweit wäre eine deutsche Behörde schlicht überfordert. Allerdings soll per Verordnung die Möglichkeit geschaffen werden, auch eine ausländische Zertifizierung anzuerkennen.

Auch so sollen die Behörden durch die Neuregelung auf Personalaufstockung hoffen können: Ein Mehrbedarf an Personalmitteln von etwa einer Million Euro steht als Schätzung im Entwurf, elf Planstellen sollen neu geschaffen werden – die höchstdotierten davon im Wirtschaftsministerium selbst ( 1 A14/15; 1 A12/13).

Inwieweit sich die Neufassung praktisch auswirkt, bleibt abzuwarten – denn deutsche Reeder betreiben zwar die drittgrößte Handels- und sogar die größte Containerflotte weltweit. Doch nur ein kleiner Teil davon fährt unter deutscher Flagge. Und nur für diese Schiffe gilt die deutsche Gewerbeordnung.

Bei der ganzen Detailregelung bleibt das Anti-Piraten-Geschäft aus Sicht des Wirtschaftsministeriums übrigens eine Sache von Wirtschaft und Polizei: Die Begriffe Marine oder Seestreitkräfte kommen in dem ganzen Gesetzentwurf nicht vor. Auch ein Ausfluss der deutschen Sicht, dass Pirateriebekämpfung allein Polizeiaufgabe ist?