Private Waffenträger gegen Piraten: Warte, warte noch ein Weilchen (Update: Reeder-Ultimatum)

Der Verkehrsgerichtstag in Goslar, eine zum 50. Mal stattfindende Veranstaltung, macht sonst meistens mit Vorschlägen zum Umgang mit Trunkenheit am Steuer und ähnlichen Delikten von sich reden. Diesmal wollen sich die Fach-Juristen mit einem Aspekt befassen, der zwar den Normalbürger nicht direkt betrifft, aber mit dem Verkehr im Sinne weltweiter Handelsströme sehr viel zu tun hat: Der Piraterie vor Somalia. Und der deutschen Antwort darauf – über die Beteiligung der Deutschen Marine an der europäischen Anti-Piraterie-Operation Atalanta hinaus.

Da werden die Experten dann auch zu hören bekommen, dass es mit einem nicht unwichtigen Aspekt dieser deutschen Antwort noch eine Weile dauern wird. Wir erinnern uns: Im Juli vergangenen Jahres hatte der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Parlamentarische Staatsekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto, ein Umschwenken Berlins in der Frage privater bewaffneter Wachmannschaften angekündigt: Wir stellen die Ampel von Rot auf Gelb.

(Foto: Bundeswehr via flickr unter CC-Lizenz)

Nicht zu spät. Denn seit einiger Zeit ist belegt, dass am Horn von Afrika noch kein Handelsschiff gekapert wurde, das ein bewaffnetes Sicherheitsteam an Bord hatte  – ob nun militärisch oder privat. Und ebenso klar ist, dass die Deutsche Marine und die Bundespolizei trotz der – gemessen an der Gesamtzahl der Schiffe deutscher Reedereien – geringen Zahl von Schiffen unter deutscher Flagge kaum sicherstellen könnten, ihnen Soldaten oder Polizisten für die Passage am Horn von Afrika mitzugeben. Die Lösung, auf die sich die Runde im vergangenen Sommer verständigt hatte: Private Waffenträger ja, aber erst nach staatlicher Zertifizierung.

Und der Stand im Januar 2012, ein halbes Jahr später? In der vergangenen Woche verständigten sich die beteiligten Bundesministerien – Wirtschaft, Innen, Verkehr – grundsätzlich auf ein Konzept zur Zulassung von privaten bewaffneten Sicherheitskräften (PBS) an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge. Kernaussage: zugelassen werden über eine Änderung der Gewerbeordnung nur Unternehmen, die zertifiziert sind – und für die Zertifizierung sind zuständig: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und Bundespolizei. Die Zertifizierung wird befristet, außerdem ist der Einsatz der privaten Waffenträger 24 Stunden im Voraus mindestens dem Point of Contact zu melden. Ohnehin muss ein solches Team im Gefahrenabwehrplan, der wiederum von den Behörden gebilligt werden muss, grundsätzlich aufgeführt werden.

So weit, so kompliziert. Und wann kommt die Neuregelung? Das Terminziel für die Änderung der Gewerbeordnung, heißt es in dem Konzpt, ist ein Beschluss des Bundeskabinetts bis Ostern. Das gesamte Gesetzgebungsverfahren soll bis spätestens Ende des Jahres abgeschlossen werden. Von einer Änderung des Waffenrechts, die den Privaten zum Beispiel vollautomatische Waffen erlauben würde, ist übrigens nicht die Rede.

Na, da ist ja noch ein bisschen Zeit. Bis dahin könnten die Reeder wohl schon – auch ohne Zertifizierung – die privaten Waffenträger anheuern. Hatte doch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages im vergangenen Jahr festgestellt, dass der Einsatz privater Wachmannschaften (die ohnehin für ihre anderen Aufträge Genehmigung zum Führen von Schusswaffen haben können) an Bord deutscher Schiffe nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht verboten ist.

Update: Den deutschen Reedern dauert das, wen wundert das, zu lange. Sie verlangen nun einen Gesetzentwurf innerhalb der nächsten zwei Wochen und drohen anderenfalls mit Ausflaggung.