Klatsche vom Finanzminister
Das war ja fast zu erwarten: Für seinen Entwurf des Reformbegleitgesetzes, mit dem vor allem der Abbau von Soldaten und Beamten einer kleineren Bundeswehr beschleunigt werden soll, hat das Verteidigungsministerium eine fette Klatsche vom Bundesfinanzministerium kassiert. Die Stellungnahme des zuständigen BMF-Referatsleiters vom 9. Januar, die Augen geradeaus! vorliegt, zerlegt den Entwurf massiv – und dabei geht es den Kassenwarten gar nicht in erster Linie darum, dass die geplante Bundeswehrreform zu teuer würde.
Die Kritik ist viel grundsätzlicher. Mit den Regelungen vor allem für den vorgezogenen Ruhestand der Soldaten und Beamten würde, um es mal in die Alltagssprache zu übersetzen, ein Fass aufgemacht, dass weit über die Streitkräfte hinaus Probleme für die ganze Verwaltung schaffe. Das vernichtende Fazit gleich im ersten Satz: Dem Entwurf eines Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (Bundeswehr – Reformbegleitgesetz – BwRefBeglG) und Ihrem Schreiben vom 1. Dezember 2011 kann BMF gegenwärtig nicht zustimmen.
Gewichtigster Kritikpunkt der Mitarbeiter von Finanzminister Wolfgang Schäuble: So großzügige Vorruhestandsregelungen würden dazu führen, dass der geplante Personalabbau kaum über eine Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter in anderen Verwaltungsjobs erreicht würde. Im Wortlaut:
Der Gesetzentwurf kann jedoch in der gegenwärtigen Ausgestaltung das zentrale Ziel nicht erreichen, überzähliges Personal vorrangig durch Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst „abzubauen“. Wesentliche Gründe für diese Einschätzung liegen darin, dass der beabsichtigte Vorrang einer anderweitigen Verwendung vor der Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer Vorruhestandsregelung – insbesondere für Berufssoldaten/Berufssoldatinnen – keine gesetzliche Verankerung findet und dabei zugleich die vorgesehenen Vorruhestandsregelungen übermäßig großzügig ausgestaltet werden sollen. Darüber hinaus fehlt zahlreichen Vorschriften die zeitliche Befristung. Entsprechend wird im Abschnitt zur Berechnung des Erfüllungsaufwands der einzelnen Instrumente im GE (s. Begründung, Teil A VI., S. 40 – 44) davon ausgegangen, dass sowohl bei Berufssoldaten/Berufssoldatinnen als auch bei Beamten/Beamtinnen der überwiegende Teil des Personals durch Vorruhestandsregelungen abgebaut wird. Diese Einschätzung wird für realistisch gehalten, da die Versorgungsregelungen besonders großzügig ausgestaltet sind.
Nach hiesiger Auffassung sollten aber Vorruhestandsregelungen erst nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten zum Personalabbau (z. B. Weiterverwendung im öffentlichen Dienst, modifizierte Altersteilzeitregelung) zur Anwendung kommen. Insbesondere sollte zunächst geprüft werden, ob – neben der üblichen Fluktuation durch Altersabgänge – die neu geschaffenen haushaltsrechtlichen Möglichkeiten zur Weiterverwendung von Beamtinnen und Beamten in anderen Bereichen der Bundesverwaltung ausreichen. Im Entwurf des Haushalts 2012 sind rund 850 neue Planstellen und Stellen ausgebracht, die nur mit Überhangpersonal besetzt werden dürfen. Darüber hinaus wurde neu geregelt, dass zur Unterbringung von Überhangpersonal auch im Haushaltsvollzug Planstellen umgesetzt und neue Planstellen ausgebracht werden dürften (§ 15 E-HG 2012). Das Instrument des Vorruhestands sollte ferner auf eine bestimmte Fallzahl begrenzt werden, die deutlich geringer ist, als die insgesamt abzubauende Personalzahl. Diese Begrenzung sollte im Gesetz in den Vorschriften selbst verankert werden.
Vor allem könnten Beschäftigte in anderen Bereichen ähnliches verlangen:
Es ist daher zu befürchten, dass die beabsichtigten Vorruhestandsregelungen eine erhebliche Präjudizwirkung für alle anderen Stellenabbaubereiche und Bereiche mit Personalüberhängen entfalten, insbesondere vor dem Hintergrund des Art. 3 GG. Eine sachliche Begründung für die Ungleichbehandlung weist der GE nicht aus.
Das BMF kann dem GE insgesamt daher erst und nur dann zustimmen, wenn einerseits in geeigneter Weise der Vorrang anderweitiger Verwendung von Soldaten/innen und Beamten/innen der BW in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes vor der Inanspruchnahme von Vorruhestandsregelungen gesetzlich sichergestellt wird, und wenn andererseits die vorgeschlagenen Vorruhestandsregelungen nochmals besonders auf Ihre Erforderlichkeit, ihre gleichheitsgerechte Ausgestaltung im Vergleich zu anderen Versorgungsempfängern sowie auf mögliche Präjudizgefahren geprüft und besonders begründet werden.
Gerade bei den Berufssoldaten legen die Finanzer ein besonders kritisches Maß an:
Ferner bestehen Zweifel, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Abbau des Personalumfangs unabdingbar erforderlich sind. BMVg kann durch die jährliche Fluktuationsrate von 20.000 Soldaten (2.500 Berufssoldaten/Berufssoldatinnen und 17.500 Zeitsoldaten/Zeitsoldatinnen) und der ohnehin bestehenden „Regenerationsmöglichkeiten“ im Bereich der Zeitsoldaten/ Zeitsoldatinnen den Personalabbau steuern. Die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Vorruhestandsregelungen für Berufssoldaten bedarf einer vertieften Begründung.
Eine Zustimmung des BMF zu dem GE ist insgesamt erst möglich, wenn eine § 44 GGO genügende vertiefte Begründung der Notwendigkeit aller vorgeschlagenen Maßnahmen zur Personalanpassung, insbesondere auch der möglichen Kumulation von Leistungen vorliegt. Nach hiesigem Eindruck erscheinen die Maßnahmen zum Teil widersprüchlich und lassen zudem erhebliche Mitnahmeeffekte erwarten. Die Verknüpfung von einerseits Vorruhestandregelungen mit Ausgleichszahlungen oder Beurlaubung bis zu drei Jahren zur beruflichen Weiterbildung bei vollen Bezügen mit andererseits dauerhafter Gewährung von Weiterverpflichtungsprämien für Zeitsoldaten, die nicht auf den Bereich der Mannschaften beschränkt bleiben, in einem Gesetzesvorhaben schafft zum Teil einander widersprechende Anreize. Es erscheint außerdem fraglich, ob die vollständige Verlagerung der beruflichen Ausbildung auf einen Zeitraum nach Dienstende nicht zu vorzeitigen Nachbesetzungen der freiwerdenden Stellen und damit zu zusätzlichen finanziellen Belastungen führt. Vor diesem Hintergrund wird um weitere Erläuterung der Notwendigkeit sämtlicher Maßnahmen gebeten.
Nun kann sich natürlich selbst der des Beamtenrechts unkundige Laie vorstellen, dass die zuständigen Menschen im Finanzministerium aus ihrer Lebensrealität ein bestimmtes Berufsumfeld kennen, das sich von dem eines Soldaten recht grundsätzlich unterscheidet. Da kommt man dann zu der Einschätzung, dass es ein widersprechender Anreiz ist, einerseits Soldaten vor dem regulären Ende ihrer Dienstzeit aus der Truppe wegzuschicken und zugleich Nachwuchs mit Prämien gewinnen zu wollen. Aber die Diskussion sollten dann die Ministerialbeamten untereinander führen.
Wenig überraschend auch, dass das Finanzministerium über einzelne Vorschläge für steuerfreie Leistungen (in Versalien) ABLEHNUNG schreibt – zum Beispiel bei den vorgesehenen Einmalzahlungen für ausscheidende Berufssoldaten. Aber auch bei den vorgesehenen steuerfreien Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Reservisten. Über einen Teil der Begründung könnte man (wiederum als Nicht-Fachmann) breit grinsen, wenn es nicht im Grunde genommen bitter wäre:
Eine Steuerfreiheit dieser Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 26a EStG scheidet ebenfalls aus. Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke (§§ 52 bis 54 AO) sind bis zur Höhe von insgesamt 500 Euro im Jahr steuerfrei. Reservisten üben eine solche Tätigkeit jedoch nicht aus, da durch ihre Tätigkeiten keine steuerbegünstigten Zwecke gefördert werden.
Die Kenner mögen mich korrigieren: Der Dienst von Reservisten in der Bundeswehr ist kein steuerbegünstigter Zweck? Na, die Gespräche der Vertreter von Verteidigungs- und Finanzministerium werden vermutlich nicht einfach. Vielleicht muss dann doch Ressortchef Thomas de Maizière mal persönlich mit seinem Parteifreund Schäuble reden. Hatte de Maizière doch betont: Ein goldener Handschlag passt nicht in die Zeit, und es ist auch kein goldener Handschlag.
Beim Reservedienst geht es vermutlich darum, diejenigen zu entschädigen, die nicht im Rahmen einer offiziellen Übung – dann ersetzt der Bund das Gehalt -, sondern die, die parallel zu ihrem Beruf Reservearbeit leisten, ähnlich, wie bspw. ein Fußballtrainer im Amateurbereich, der eine Übungsleiterpauschale erhält.
Vermutlich (wir Steuerexperten…). Aber darum geht’s ja nicht, sondern darum, dass offensichtlich diese Arbeit nicht steuerbegünstigt ist. im Unterschied zum Fußballtrainer im Amateurbereich?
Hier sollten die Haushälter aus dem BMF mal nachlesen, welchen großzügigen Regelungen sie seinerzeits bei der Privatisierung von Bundespost und Bundesbahn zugestimmt haben. In der Konsequenz wurde damals jeder Beamte ab 50 egal ob Lokführer, Postbote oder Fernmeldetechniker in den vorzeitigen Ruhestand abgeschoben. Wenn jemand nicht freiwillig zustimmte, dann war er plötzlich für seinen Job als Regierungshauptsekretär bei der Bundesbahn überqualifiziert und sollte quer durch die Republik nach Berlin versetzt werden. Bei der Bundespost wurde schlagartig die große Mehrheit wegen Dienstunfähigkeit ab 50 pensioniert.
Dies wäre auch die Konsequenz bei der jetzt anstehenden Bw-Reform. Wenn die Regelung im Altersband III mit 50+ nicht kommen würde, wird es massiv in Richtung Dienstunfähigkeit gehen.
Im Übrigen, niemand hat versucht die Bundesbahn- oder Bundespostbeamten in einem anderen Resort einzusetzen und dies waren Verwaltungsbeamte, keine Soldaten.
Die Herren vom BMF scheinen nicht ganz verstanden zu haben, dass ein Abbau von ‚überschüssigen‘ BS möglichst gleichmässig in allen Altersgruppen zu erfolgen hat, um eine strukturelle Unwucht zu vermeiden. Das ist aus Beamtenperspektive vielleicht auch etwas Neues.
Das stimmt, man misst hier ganz offensichtlich mal wieder mit zweierlei Maß. Von goldenem Handschlag zu reden, wenn man dauerhaft (auch nach überschreiten der gesetzlichen Altersgrenze!) Ansprüche in Höhe von satten 40% bei gleichzeitiger Hinzuverdienstgrenze als attraktiv betrachtet, ist natürlich folgerichtig. Aber doch an der Realität vorbei……
Ich gehe aber davon aus, dass man dem Herrn MinR noch einiges nachschieben können wird an Argumentation.
Die Beamten aus dem BMF haben noch nicht realisiert, dass der gesamte Bw-Personalkörper umgebaut werden soll. Im Grunde genommen will die Bw-Führung nur noch Soldaten im Lebensalter von 20 – 45 Jahre und einige wenige lebensältere Soldaten in Spitzendienstposten für höhere Führungsfunktionen.
Damit ist eigentlich ein Umbau wie bei der Bundesbahn und der Bundespost verbunden, d.h. weg vom Berufsbeamtentum / Berufssoldatentum mit einer lebenslänglichen Verwendung also Soldat. Statt dessen sollen die Masse der ausscheidenen Soldaten, nämlich die Zeitsoldaten nicht mehr in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden, sondern die erworbenen Pensionsansprüche parallel zum Rentenversicherungsrecht portiert werden, so dass sie ab der allgemeinen Altersgrenze (zukünftig 67 Jahre) für ihre Dienstzeit als Soldat Pension bekommen und für ihre nachfolgende berufliche Tätigkeit Rente gemäß der allgemeinen Rentenversicherung. Für die Bw wäre diese Neuregelung ein gutes Geschäft, denn die Rentenbeiträge müssten beim Ausscheiden aus dem Dienst nicht mehr als Einmalbetrag gezahlt werden, sondern könnten ab 67 Jahre als monatliche Pension gezahlt werden. Und im übrigen wird nicht jeder Mann 67 Jahre alt, die Sterblichkeit bei Männer ist zwischen dem 52. und 58. Lebensjahr relativ hoch.
Was bedeutet dies jetzt für das Altersband II, also BS von 40 – 50 Jahre ?
Bei der momentan vorgesehenen Reform sollen die erworbenen Pensionsansprüche sofort ausgezahlt werden, d. h. nicht erst mit 67 Jahren. Zum Beispiel würde ein 45 jährigen Stabsfeldwebel mit Familie ungefähr soviel Pension bekommen, wie er auch Sozialhilfe nach Hartz IV erhalten würde. Der Unterschied ist nur, er darf bis zu einem bestimmten Betrag hinzuverdienen.
Wie schaut es mit der Weiterbeschäftigung von frühpensionierten Soldaten im Verwaltungsdienst bei anderen staatlichen Behörden aus ?
Es gibt ja bereits einen Zugang für ehemalige Soldaten zu diesen Behörden. Dies ist der zugenannte Eingliederungs- oder Zulassungsschein für ausgeschiedenen SaZ 12 Soldaten. Sie müssen jedoch die komplette Laufbahnausbildung für den mittleren technischen oder nichttechnischen Dienst nachholen. Für den gehobenen Dienst, z.B. für ausscheidene Offiziere des militärfachlichen Dienstes müsste ein Fachhochschulstudium im allgemeinen Verwaltungsdienst oder für die Finanzverwaltung von 3 Jahren Dauer nachgeholt werden.
Ist dies für einen 45 jährigen Offz milFD aus den militärischen Führungsgrundgebieten S1, S2, S3 oder S4 eine realistische Option ?
In den meisten Fällen muss diese Frage verneint werden.
Im Übrigen sind die sogenannten Vorbehaltsstellen für ausscheidene Zeitsoldaten bei fast allen Landes- und Bundesbehörden in den letzten Jahren zahlenmäßig zurückgefahren worden. Warum wurde dies gemacht ?
Die zivilen Behörden wollen weniger ehemalige Soldaten in ihren Reihen haben und jetzt kommt das BMF und sagt Soldaten ab in die zivilen Behörden.
Da diese Absicht offensichtlich realitätsfremd ist, geht es eigentlich nur um die Kürzung der Übergangsfinanzen, der Abfindungen für ausscheidene Soldaten ohne die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung im öffentlichen Bereich realistisch zu erhöhen.
Da der Antrag eines Berufssoldaten aus dem Dienst auszuscheiden freiwillig ist, d.h. er kann nicht erzwungen werden, wird diese Vorgehensweise im Fiasko enden !
So wird der Umbau des Personalkörpers der Bundeswehr nicht gelingen !
Wo kann ich eigentlich beantragen, dass
1. „FDGO“ in Fundamentalistisch Demographische Geschäfts-Ordnung umbenannt wird, und
2. Meine Grundbezüge als Geiselhaftentschädigung anerkannt werden ….und die Zulagen als Schmerzensgeld
;-))
Außerdem schlage ich den BMF für den Nobelpreis in Physik vor, er hat definitiv eine Zeitmaschine erfunden…funktioniert zwar nur in Richtung Vergangenheit, aber immerhin
,-))
Da fällt mir nicht mehr viel ein.
Offenbar gab es weder auf Leitungs- noch auf Arbeisebene eine informelle Vorabsprache bevor die formalle Ressortabstimmung eingleitet wurde.
Die Minister hätten (ggf. mit dem Kanztleramt) Eckpunkte festlegen müssen, an denen dann die Arbeitsebene gebunden wäre. Zudem hätte das BMVg vorab die roten Linien des BMF erkennen müssen.
Natürlich sind die Einlassungen des BMF typische BMF-Logik (insbesondere die Sache mit den Reservisten), aber es ist die Aufgabe des BMVg für die eigene Sache zu werdben und einen Gesetzentwurf profesionell vorzubereiten.
Jede Neuwahl in nem Sportverein wird da professioneller vorbereitet.
Der Minister ist hierfür persönlich verantwortlich zu machen – er ist immer mehr eine Enttäuschung und erinnert manchmal sogar schon an Jung.
Sein Stern sinkt aus meiner Sicht mit der Sache erheblich.
Wir.sind.Stümper.
@ T.W.:
Übrigens: den Brief gibt es angeblich in der Form gar nicht (Volksverdummung mit Steuergeldern):
„Eine Sprecherin von Schäuble trat dem Eindruck entgegen, das Finanzministerium habe den Entwurf aus dem Verteidigungsressort kritisiert: „Es gibt keinen Brandbrief von uns.“ Der Entwurf zur Bundeswehrreform befinde sich derzeit in der Ressortabstimmung. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.“
http://www.n-tv.de/politik/Schaeuble-findet-Reform-zu-teuer-article5352881.html
@betonfalke | 29. Januar 2012 – 12:03
Es geht doch nicht darum, ob das BMF die gewollte Zielrichtung verstanden hat. Das hat es mMn schon.
Die Frage ist doch, ob diese Zielrichtung mit den gewählten Mitteln rechtssicher erreicht werden kann. Und das geht nicht so einfach – weder im Verhältnis zu allen anderen Beamten dieses Landes noch durch Altersdiskriminierung innerhalb der Bw. Natürlich kann man im begründeten Ausnahmefall den Regelweg verlassen, aber eine solche saubere Begründung hat das BMVg nunmal nicht vorgelegt. Wenn ich dann noch einerseits teuer Personal abbauen will und andererseits teuer neues Personal verpflichten will, dann muss der Haushälter „Stopp“ schreien.
@Memoria
Da ist der Spiegel Opfer seiner eigenen Formulierung geworden… Natürlich gibt es keinen Brandbrief, sondern die Stellungnahme des BMF zum Gesetzentwurf des BMVg.
Falls die Sprecher/innen mal intern nachforschen wollen, gebe ich denen gerne Geschäftszeichen und DOK-Nummer.
@ Tom
Rechtskonform geht der Abbau mit dem Mittel der vorzeitigen „Dienstunfähigkeit“. Dies wurde ja ausführlich bei Bundespost und Bundesbahn praktiziert !
Dies wird sicherlich teurer als das jetzt geplante Reformbegleitprogramm. Diese Vorgehensweise wird nicht so zielgenau sein wie das jetzt geplante Programm, denn ein lebensälterer Berufssoldat kann z.B. untauglich für den Auslandseinsatz sein, aber trotzdem noch den Anforderungen an den Auftrag im Inland entsprechen.
Dieses Fass der DU sollte vom BMF besser nicht aufgemacht werden !
Die Idee des Soldaten auf Zeit mit Pensionsberechtigung (ab allgemeiner Altersgrenze) hat das BMF noch nicht verinnerlicht.
@Georg:
Weil es ein anderes mögliches, in jedem Einzelfall gerichtlich überprüfbares, für den Betroffenen aber uU dennoch unvorteilhaftes „Verfahren“ gibt, soll das BMF in seiner Stellungnahme lieber nicht auf die Rechtsmängel und deren Folgen im Gesetzentwurf hinweisen?
Frei nach dem Motto: Wir beugen das Recht zum Wohle der betroffenen Soldaten und der Bw, verstoßen dabei gegen bestehende Gesetze und öffnen die Büchse der Pandorra für alle anderen Beamten; selbst wenn dieses in Summe dem Steuerzahler deutlich teurer kommt; ach ja, eine fundierte Begründung liefern wir natürlich auch nicht, das hat schon so seine Richtigkeit.
@ Tom
Nein, nur gleiches Recht für alle (Art 3 GG); wie dieses Recht eben in der Praxis bei der Privatisierung von Bundesbahn und Bundespost angewendet worden ist, oder macht man dieses Verfahren nur wenn die privatwirtschaftlichen Interessen bei der Privatisierung von Staatsvermögen dahinterstehen ?
Bei BP und BB wurde damals eine Menge Schindluder getrieben. Aber zum einen geschah dies unter deutlich anderen Vorzeichen (bessere Haushalts- und Wirtschaftslage, kein AGG, enormer Beamtenüberhang in allen Resorts, …). Zum anderen muss sich Unrecht doch nicht wiederholen.
Warum sollen Soldaten im besten Lebensalter, die noch fit genug für einen Bürojob sind nicht in anderen freien(!) Stellen der Staatsverwaltung unterkommen? Es macht doch keinen Sinn, diesem Soldaten ohne Mehrwert Pension zu bezahlen und gleichzeitig die freie Stelle im Entwicklungsresort mit einem neueingestellten Beamten zu besetzen.
P.S.: Wenn der Gesetzgeber (Bundestag!) das Ganze dennoch so will wie das BMVg, dann kann er es auch gegen die Anmerkungen des BMF beschließen. Und anschließend den Schwarzen Peter rumreichen. ;-)
@T.W.:
Schon klar. Das BMF nutzt aber – wie so oft im Ministeriumssprech – eine doppeldeutige Formulierung („Es gibt keinen Brandbrief“), um von der wirklichen Situation abzulenken. Ähnliche Fälle: Übergabe der Sicherheitsverantwortung und Abzug der Kampftruppen bis 2014, bestmögliche Ausbildung und Ausrüstung, etc.
Die Doppeldeutigkeit der Formulierungen ist ganz bewußt angelegt – gegenüber Presse, Öffentlichkeit und Parlament. So verschleiert die Ministerialbürokratie fortlaufend die Realität – und kann trotzdem nicht der Lüge überführt werden. Ich frage mich aber auch warum u.a. der SPIEGEL immer wieder in diese Falle tappt (Skandalisierung ist eben oft ein Bumerang).
Ein so umfassend ablehnender Brief ist auch keine Normalität in der Ressortabstimmung.
Am kommenden Mittwoch soll es ein Abstimmungsgespräch auf Abteilungsleiter-Ebene geben.
Ich bleibe dabei: der ganze Vorgang ist eklatantes Führungsversagen von de Maizère.
Nach der Post Privatisierung konnte die Beamten fast ohne Abstriche von Leistungen in Vorruhesand gehen. Diese Regelung haben die nach dem Massen Missbrauch von Post oder Telekom verschärft.Wer jetzt in Vorruhestand gehen will, muss mit schmerzhaften Abzügen rechnen.
[Einfach mal die Pöbeleien entfernt. T.W. ]
Na, dann mache ich halt noch 4 Jahre mit 100% Gehalt und 0% Motivation :)
Andererseits ist der Begründungsnotstand von PSZ nachvollziehbar. Ohne gebilligtes PSM gibt es eigentlich keine Möglichkeit, die Notwendigkeit von personalstrukturellen Umbau dezidiert darzulegen………… Erst mal Hausaufgaben machen und dann Entwürfe einbringen, könnte man raten.
@Berufssoldat
Ich setze Ihre Kommentare einfach mal auf moderiert.
[@Berufssoldat – Wenn Sie auf Art. 5 GG meinen verweisen zu müssen: Der gibt Ihnen das Recht, Ihre Meinung zu sagen. Aber noch lange nicht das Recht, hier im Blog ausfallend zu werden. Sie können natürlich Ihre eigene Webseite aufmachen. T.W. ]
von einem renommierten Berufspolitiker (TdM) kann man bessere Hausarbeiten erwarten.
Einfach wie hinge…
Enttäuscht werden wohl viele sein, sollte(!!) das Reformbegleitprogramm nicht wie geplant Gesetz werden können.
Aber: Für wen wäre es denn attraktiv, wer hätte denn realistischerweise gehen können?
Sicherlich nicht der gesunde, trainierte Spezialist. Den hätte man so oder so halten müssen, schlichtweg um die Bw nicht völlig von jeglicher Erfahrung zu befreien.
Dazu kommt, dass nur wenige Verwendungen eine nahtlose Anschlußbeschäftigung im zivilen Sektor erlauben (von Zuverdienstgrenzen mal abgesehen).
Der (oft genug vorhandene) Sesselpupser ohne Auslandsverwendungsfähigkeit oder Borddienstverwendungsfähigkeit (Marine) wäre ja schön blöd, wenn er seinen Arbeitsplatz mit Gleitzeit und ohne Gefahr für einen Auslandseinsatz, ohne Wochenenddienste oder Bereitschaften vorzeitig verlassen würden, selbst wenn er die Abschläge finanziell hinnehmen könnte.
Denn ohne die „Härten des Dienstes“, möglicherweise in einem Amt, kann man recht behütet seine letzten Jahre absitzen und sich auf den Ruhestand vorbereiten.
Natürlich gibt es genügend verdiente Soldaten, denen wohl jeder ein vorzeitiges Dienstzeitende gönnen würde, das will ich gar nicht klein reden.
Denkt man dann an die jungen BS, denen eine Rückstufung zum SaZ mit vollem BFD-Anspruch in Aussicht gestellt wurde, fragt sich wer von denen gegangen wäre. Denn auch wenn sich die Rahmenbedingungen selten zum Guten ändern, viele sind wohl doch (immer noch) gerne Soldat.
Und das Altersband II ist sowieso stiefmütterlich behandelt worden, allerdings handelt es sich hierbei auch um das Rückrat der Bw, allein von der Altersstruktur her.
Aber für die Masse wären die Angebote wohl eher nicht attraktiv genug gewesen, auch 5000€ für die entsprechenden Dienstjahre sind nicht so viel, wenn nicht direkt eine Stelle in Aussicht ist.
@skiffle:
Volle Zustimmung.
Das Kernelement der – laut TdM – „größten Bundeswehrreform seit der Gründung“ (Anpassung des Peronalkörpers) hat er offenbar einfach in 08/15-Manier dem Apparat überlassen. Und gleichzeitig fordert er – wieder mal – von seinen Untergebenen mehr „Freude an der Übernahme von Verantwortung“ (heutiger Tagesspiegel am Sonntag).
Der beste Beweis für das Reden ist das Tun.
Aber dass ist vielleicht von einem Verwalter zuviel verlangt – aber dann ist er auch der falsche Mann auf seinem Posten.
Wir.verwalten.Deutschland.
TdM stand als Innenminister vor nicht allzu langer Zeit vor einer großen Polizeireform.
Deren Ausgang ist noch allen in Erinnerung.
Nun steht er als Verteidigungsminsister vor seiner nächsten Reform …
Vielen Soldaten ist klar. Entsprechende Einsparungen gehen nur über den Personalkörper. Durch die Umorgasisation wirdnnunmal nichts gespart. Im Gegenteil! Keiner will berechnen, was man zukünftig an Infra/IT-Mittel für BMVg und Kdo’s braucht. Da wird für die Truppe wieder nicht viel übrig bleiben. Attraktive Unterkünfte für den Nachwuchs wird dann wohl auf 2020 ff geschoben. Gelingt die Personalreduzierung nicht, dann floppppt ebenso das neue Personalstrukturmodell. Beförderungsfalls- und Einweisungszeiten werden länger als kürzer und die Motivation sowie Dienstzufriedenheit wird steigen. Wie sage zuletzt ein Kamerad: Das Reformbegleitgesetz ist sicherlich nicht alles, aber ohne dies ist alles nichts. Mit Blick auf die Sparauflagen und den Personalumbau trifft das den Kern. Leider wurde der ursprüngliche Entwurf bereits von Fachleuten als nicht ausreichend bewertet. Sollte noch mehr weggestrichen werden … dann Mahlzeit. Diese Woche ist wohl der show
… down. Am 31. Januar treffen sich die zuständigen Abteilungsleiter der verschiedenen Ressorts und am 02. Februar ggf. die Staatssekretäre. Mal sehen ob sich dann eine Einigung ergibt!? Angeblich war doch vorher alles besprochen!?! Am Donnerstag oder Freitag wissen wir mehr. Vielleicht rechent man dann das Personalstrukturmodell nur noch mit 160.000 ;-( (verzeiht die Tipppfehler – am Handy bin ich nicht so tipppppsicher)
… und bereits am 15 Februar 2012 soll der Gesetzentwurf im Kabinett verabschiedet werden. Dafür sind die Differenzen aber noch recht groß und wohl eher grundsätzlicher Natur.
Der Minister ist aber weiterhin der Meinung, dass die personelle Feinplanung im Frühjahr abgeschlossen sein wird (heutiger Tagesspiegel am Sonntag).
Zudem hat man die Truppe bereits über den unabgestimmenten (!) Entwurf umfänglich „informiert“ und so eine Erwartungshaltung bzw. Enttäuschung geschaffen. Nur auf welcher Grundlage?
So schafft man Vertrauen zu Beginn einer großen Reform bzw. Neuausrichtung…
Aber was will man von einer Organisation erwarten, die mindestens 13 Jahre (in Worten: dreizehn Jahre) braucht, um den Haar- und Barterlass an die aktuelle Rechtssprechung anzupassen?
auflösen.und.neu.aufstellen.
Vielleicht sollte der Wahlspruch auch heißen:
ihr.macht.michfertig.
Nachfrage @Z: PSM? PSZ? Bitte auch an die denken, die nicht nur in Abkürzungen denken. =) Danke.
Ich denke mal, es war zu erwarten das solche Schwierigkeiten kommen. Einen Personalkörper, der teilweise schlicht überflüssig aber verbeamtet ist abzubauen wird eben hart. Das der Verteidigungsminister sich darum mangels juristischem Fachwissen nicht persönlich kümmern kann ist ihm meiner Ansicht nach nicht wirklich anzulasten. Höchstens, dass sein Personal schlampt.
Aber welcher gute Jurist arbeitet denn auch bei der Bundeswehr/BMVg für ein Bruchtel des Gehalts, was er in der freien Wirtschaft verdienen würde? (Ich gehe mal davon aus, dass der Gesetzentwurf von Juristen gemacht wurde…)
Wir.machen.das.mit.den.Fähnchen
@ CMS
PSM = Personalstrukturmodell
Abteilung PSZ im BMVg
Abt. PSZ = Abteilung fuer Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten
@CMS:
„Das der Verteidigungsminister sich darum mangels juristischem Fachwissen nicht persönlich kümmern kann ist ihm meiner Ansicht nach nicht wirklich anzulasten.“
Der Minister de Maizère ist promovierter Jurist und erfahrener Verwaltungsbeamter. Soviel zum mangelnden juritischen Fachwissen.
Er hätte erkennen können und müssen, dass der Kern der Neuordnung der Bundeswehr nicht im normalen Verewaltungsverfahren zu lösen ist (zumal seine Dissertation sich mit informellen Verfahren im Bundeskartellamt befasste….).
Hier ist politische Führung erforderlich – und die gab es offenbar nicht.
@Memoria
Ich würde den Minister nicht verfrüht verschreien! Bei der Frage des Haushaltes hat er auch recht erfolgreich und professionell, aber in aller Stille, mit dem BMF die Probleme vom Eis geholt, die sein Vorgänger dort durch vollmundige Versprechen erzeugt hatte!
@Koffer:
Hier hat er aber offenbar vorab keine Absprachen getroffen. Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen.
Bin gespannt, ob man sich in dieser Woche WIRKLICH einigt oder wiedermal Prüfaufträge an die Arbeitsebene verteilt werden.
Ein Ruhmesblatt ist es sicher nicht.
@ Tom Tom
Ich habe jetzt über 13 Jahre die dienstliche Realität in der Truppe beobachten dürfen.
Und am eigenen Leib erleben dürfen.
Besonders im jüngsten Altersband ist eine sehr grosse Enttäuschung zu beobachten.
Diese hängt jedoch weniger mit den fehlenden Beförderungsmöglichkeiten, sondern mit den Rahmenbedingungen des Dienstes zusammen:
Zu wenig Personal vor Ort, um Aufsicht und Ausbildung der Soldaten zu gewährleisten.
Kein ausreichendes Material um Soldaten erfolgreich auszubilden.
Immens hohe Abwesenheiten vom Heimatstandort zwischen den Einsätzen.
Falsche Struktur der Truppe: führt vor jedem Einsatz zur völligen Umgliederung
auf Einheitsebene. Der Grundsatz Train as you fight wird niemals realisiert.
Und nicht ganz zu vernachlässigen: Das Versprechen dass mit jeder Reform und ihrem Abschluss alles wieder planbar werden würde, wurde nie eingehalten.
Aus Erfahrung wissen gerade die Soldaten in den Verbänden, dass es nur schlechter wird. Das glauben sie zumindest.
Es tut mit in der Seele weh, junge motivierte Offiziere aus der BwUni zu erhalten, und beobachten zu müssen, wie gerade die besten ihre wegversetzung aus dem Verband herbeisehnen.
Das Problem, warum Soldaten die Motivation liegt in dem Gefühl begründe, die geforderten Ausbildungshöhen mit den wenigen verfügbaren Ausbildern und Material nicht erreichen zu können.
Der Umstand, dass dieses Jahr nicht einmal Munition zum erlernen des sicheren Umgangs mit der Handfeuerwaffe zur Verfügung stand, ist ein sichtbares, aber nicht einmal das schlimmste Symptom des Zustandes unserer Bundeswehr.
Und das wachsende Gefühl stetig auf sich gestellt zu sein und von Tag zu Tag improvisieren zu müssen tut ein übriges:
Insbesondere die Gruppe der jungen Offiziere, egal ob SaZ oder BS verliert den Glauben daran, in einer ernst gemeinten Armee zu dienen.
@Memoria
Ich würde da nicht darauf wetten, dass dies keine Absicht war. Ggf. glaubt er seine Ziele nur so erreichen zu können (wie des Umweges über öffentlichen Druck).
Das mag übrigens auch funktionieren. Das ständige Konsensdenken in DEU hilft ja höchstens der Mittelmäßigkeit zum Sieg, aber nicht der besten Option für ein Problem!
@Rene
„Diese hängt jedoch weniger mit den fehlenden Beförderungsmöglichkeiten, sondern mit den Rahmenbedingungen des Dienstes zusammen“
Ganz genau! Bin froh, dass das endlich mal einer öffentlich sagt.
Diese ganze Diskussion in der Öffentlichkeit wird doch nur von den Stabsschranzen und Gewerkschaftern des Bw-Verbandes geprägt.
Und das genau für diese Personengruppe die einzig wichtig Frage die frühzeitige Einweisung in A14 bzw. die Ausweitung der A9Z ist ist doch klar.
Aber die wirklich wichtigen Fragen der Motivation, wie Ausrüstung, Auftrag, fordernde und gleichzeitig interessante Dienstgestaltung, dass wird dadurch gerne unterschlagen!
Keine Klatsche sondern einfach der Ausdruck, dass die Damen und Herren vom BMF anderen Ressorts das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gönnen. Fragen wir doch mal die Betroffenen Soldatinnen und Soldaten sowie Beamtinnen und Beamten der Bundeswehr ob sie die Regelungen im Entwurf als „attraktiv“ empfinden. Im Alterband unter 40 und über 50 könnte man ggf. positive Stimmen hören aber für die 40-50-jährigen? Ich sage nur: Hinzuverdienstgrenzen beim Wechsel in die zivile Wirtschaft. Und mal ganz ehrlich: Eine Vermittlung in den Öffentlichen Dienst als Schwerpunkt? Das geht vielleicht für die Beamtinnen und Beamten (Anm.: die das BMF im eigenen Haus sicherlich nicht haben will, Stichworte: Beförderungschancen, ggf. höhere Besoldung über Hinzuverdienstgrenzen zwischen 120% und 130% etc.) aber Soldatinnen und Soldaten? Vor dem Hintergrund des Fach- und Führungskräftemangels in der zivilen Wirtschaft muss doch das Ziel die Vermittlung in die freie Wirtschaft sein! Das BMF hat den Schuss nicht gehört! Und im Übrigen sind die Herren bei Hr. Schäuble auch große Anhänger der Versteuerung der jährlichen Abfindungssummen. Es lebe das Neid-(Ressort-)prinzip! Was ich nicht kriege, soll auch kein anderer bekommen…
@Rene | 29. Januar 2012 – 22:51
Das bringt es auf den Punkt:
Die Bundeswehr ist die nicht ernst gemeinte Armee.
Die meisten, und vor allem die drängensten, Probleme in der Bundeswehr und im BMVg sind darauf rückführbar dass es die Entscheider und Beeinflusser auf den strategischen und politischen Ebenen mit dem eigentlichen Daseinszweck der Streitkräfte nicht ernst meinen. Ja sie verdrängen diesen teilweise sogar bewusst und unterdrücken jede ernsthafte Beschäftigung damit in der Öffentlichkeit. Das ist zwar weltweit kein einmaliges Phänomen aber wir Deutschen treiben es auf die Spitze…
Ich habe das Gefühl dass die letzten Anteile an systemisch wirksamer Ernsthaftigkeit in der deutschen Verteidigungs- und Rüstungspolitik mit dem Kalten Krieg aufgegeben wurden.
Wenn bereits der, für mich persönlich mit 43 Jahren, nicht sehr attraktive Versuch eines „Reformbegleitgesetzes“ scheitert, und dabei eine solche Abfuhr für die Bw herauskommt, sind wohl eher eine grundsätzliche Fragen zu stellen:
– Ist den politisch Verantwortlichen klar was sie da eigentlich tun?
Ein Umbau in diesem Ausmaß trifft jeden einzelnen Soldaten! Zu Motivation unter den gegebenen Umständen haben ja bereits einige Beiträge verfasst. Die Baustelle Reform, Transformation oder wie die ganzen kläglichen Versuche bisher genannt wurden, haben aus meiner Sicht die Zusammenarbeit bis auf die unterste Ebene erschwert, die Motivation beschädigt und Verwirrung gestiftet. Aus welchem Grund sollte es diesmal anders sein?
@Rene:
Auch ich habe das eine oder andere Jahr Diensterfahrung, aber vielen Dank für Ihren Insiderbericht ;-).
Und natürlich kann ich auch bestätigen, dass viele SaZ schon länger innerlich gekündigt haben.
Und man kann denen nicht mal einen Vorwurf machen.
Trotzdem gibt es im Bereich der BS etliche, die gerne Soldat sind.
Auch wenn die Rahmenbedingungen alles andere als rosig sind und es kaum Aussicht auf Besserung gibt…
Während ich die genauen Abläufe, die zu dieser Stellungnahme des BMF geführt haben, nicht kenne, müssen hier nicht zwangsläufig Fehler im BMVg oder beim Minister selbst gelegen haben.
Wenn ich mal die Absichten und Sichtweisen beider Ministerien gegenüber stelle, wird deutlich, dass sie konträre Absichten verfolgen, die in Abstimmungssgesprächen kaum überin zu bringen sind:
Das BMVg
– hat einen kopflastigen und in Teilen überalterten Personalkörper,
– muss aus Kostengründen Personal abbauen,
– hat kaum gangbare Möglichkeiten dieses Personal zwangsweise zu entfernen,
– muss Anreize schaffen, damit das richtige Personal selbst geht,
– betrachtet nur den eigenen Personalkörper mittelfristig.
Das BMF
– muss ressortübergreifend denken,
– muss die Langzeitkosten bedenken,
– muss entstehende Begehrlichkeiten in anderen Bereichen bedenken,
– will ressortübergreifend, einheitliche Lösungen erreichen.
Daraus folgt, dass das BMVg ein Reformbegleitgesetz speziell für die Soldaten und Beamten der Bw verabschieden möchte, um kurz- und mittelfristig Personal mit halbwegs attraktiven Konditionen abbauen zu können. Das BMF dagegen will verhindern, dass durch zu attraktive Konditionen Langzeitkosten entstehen und Beamte aus anderen Bereichen in absehbarer Zeit die gleichen Konditionen verlangen. Ein spezielles Gesetz für das BMVg ist auch nicht im Sinne des BMF, weil sonst demnächst das nächste Ministerium kommt, und Sonderregelungen will. Auch dem letzten Rechnungsprüfer im BMF wird klar sein, dass man einen Oberstleutnant A14 nicht mehr effizient zum Sachbearbeiter im Finanzamt umschulen kann, aber irgendwie müssen sie eine kostengünstigere Alternative vorschlagen, weil sonst alle Beamtengruppen ähnliche Konditionen wollen, und jedes Ministerium plötzlich eigene Versorgungskonditionen entwickelt. Gleiches gilt für die Abfindungszahlungen: für das BMVg noch zu gering, um effektiv zu sein, für das BMF schon viel zu großzügig. Das BMVg sieht die Reformbegleitmaßnahmen intern aber als alternativlos an, wie die weltfremden Gegenvorschläge vom BMF zeigen, und daher läuft das auf eine Führungsentscheidung im Kabinett hinaus.
Da aber in den nächsten Jahren viele gemütliche Posten im Amt an der Heizung weggestrichen werden, bin ich für die Einführung von SIDAF-Btl beim GÜZ, SchÜbZ und ÜbZI. Die erfahrenen StFw und Oberstlt können dann als Soldaten in darstellender Funktion Dorfälteste, Polizeichefs oder ANA-Kdr spielen, dabei ihre Erfahrungen in der Ausbildung weitergeben und bekommen dazu noch Außendienstzulage.
@ T.Wiegold | 29. Januar 2012 – 14:24-
Ich sehe es so: Das BMVg hat ein Papier erarbeitet. Das BMF hat Stellung genommen-und unter verpflichtender Beachtung der gegeben Gesetzeslage wohl noch nicht einmal unkorrekt. Und Sie-sowie andere, haben es dankenswerterweise öffentlich gemacht.
Ich muss denjenigen Recht geben, die den Ball nun beim BMVg vermuten. Diese sollten nachbessern und die Anmerkungen des BMF einfach mal sachlich (sic!) analysieren-dann können Sie und andere auch anderes berichten. Aber nicht nur deshalb: Kommt das BMF zu dem Schluss ohne Gesetzesänderungen sei hier nicht anders vorzugehen, dann solle beim Fehl einer Einigungsmöglichkeit die Ministerialbürokratie des BMVg diesen Ball aufnehmen und solche Vorschläge in den BT einbringen.
Noch ist da zwar nichts verloren, aber wäre ich Minister, würden in meinem Ressort nun die Fetzen fliegen-vielleicht war DAS Absicht? War es vielleicht Absicht darzustellen: Wir haben unsere Vorstellungen ins BMF gegeben, die haben (auch) Gesetzesnivellierungsbedarf festgestellt, um eigenen Gesetzesinitiativen mehr Nachdruck zu verleihen? Ich weiß es nicht.
Das einzige auch, was ich tun kann, ist den Soldatinnen/ Soldaten/ zivilen Mitarbeiterinnen/ Mitarbeitern egal welcher Statusgruppe die Daumen zu drücken, dass sich Thomas de Maizière sich solch eine Blöse, wenn man es denn so sehen will, was ich nicht tue, nicht noch einmal geben will bzw. es sich noch zum Guten wendet und meinem Abgeordneten einen Brief zu schreiben kommt es im BT zur Abstimmung.
Etwas zum Begriff „fetzen fliegen lassen“. Nun, betrachte ich es sachlich: Das BMVg schickte sein Wunschpapier in das BMF hinein und es kam Nachbesserungsbedarf heraus. Da muss erstmal niemand etwas „falsch“ gemacht und/ oder unzweckmäßig ausgestaltet haben. Fetzen fliegen lassen meint hier demnach auch nur erstmal: dass hier viel Arbeit in kurzer Zeit zu leisten ist, der durchaus enge Zeitplan wurde ja bereits hier skizziert, und dass diese Arbeit nun auch zu machen ist. Auch verweise ich nun auf die unbedingt als verbesserte Position bzgl. Gesetzesänderungs-, schaffungs und -anpassungsinitiativen, allein dadurch, weil man ja nun nicht als einziges Ressort den Bedarf dazu feststellte-klar, das muss noch nichts heißen, kann es aber.
Ich begrüße hier die Berichterstattung ausdrücklich, da hier dann doch ein gewisser öffentlicher Druck eben dies zu leisten aufgebaut wird-wenngleich ich nicht implizieren will, dass dieser (Arbeits-)Bedarf seitens des BMVg nicht festgestellt wurde.
@ Echo | 30. Januar 2012 – 9:02
Noch dazu man bedenken sollte, dass militäraffine zivilwirtschaftliche Verwendungsbereiche innerhalb der ersten 5 Jahre wohl auch auszuschließen sind.
@sachlicher
Es bleibt allerdings die Frage, warum der Entwurf des BMVg im Vorfeld dann schon quasi öffentlich gemacht wurde. Das dies Begehrlichkeiten (in der Bw) wecken würde, war doch wohl klar.
Ich ging fest davon aus, dass die Eckpunkte auf Leitungsebene zwischen den Häusern zumindest grob abgestimmt waren…
Wenn dies nicht der Fall war und der „nicht goldene Handschlag“ (sinngemäß nach TdM) in der Ressortabstimmung deutlich nach unten korrigiert wird, dann dürfte der interne Eindruck fatal sein. Und ein Glanzstück von Kommunikationsstrategie wäre es eben auch nicht…
Wo das BMF zweifelsohne Recht hat, ist die fehlende Festlegung der Regelungen zum Ressortwechsel, welcher ja als erste Lösung festgeschrieben ist (viele Soldaten scheinen sich direkt auf die Zurruhesetzung abzustützen).
Hier warte ich gespannt auf spätere Ausführungsbestimmungen.
@ Ralf G. | 30. Januar 2012 – 15:21
Da ich Optimist bin, habe ich versucht das „Positive“ darzustellen.
Ihre Fragestellung bzw. Ihre Einwände bzgl. der sich abzeichnenden Probleme sehe ich natürlich als vollkommen berechtigt an. Und auch ich hätte mir gewünscht, hätten BMF und BMVg von Anfang an mit einer Stimme gesprochen, eine gemeinsame policy vertreten und ausgestaltet.
Auf die Ausführungsbestimmungen zu warten, ist sicher notwendig, vorher kann man kaum Aussagen von Relevanz treffen.
Wie geschrieben: Ich drücke ALLEN Betroffenen die Daumen, dass es sich gut ausgehen wird, viel mehr kann ich hier leider nicht tun.
Vielleicht kann mir jemand von den Experten hier weiterhelfen. Irgendwie verstehe ich das alles nicht…
Das BMF äußert sich angeblich so: „ Die Pläne …verfehlen das zentrale Ziel, überzähliges Personal der BW kostengünstig abzubauen“
BMVg selbst geht in seinem Papier vom 18.10.2011 mit Mehrkosten für „Instrumente der Personalanpassung“ in Höhe von 570 Mio € bis 2015 aus.
Nach meiner Kenntnis der Grundrechenarten sind 70 (% Versorgung) weniger als 100 (% aktives Gehalt). Demzufolge müsste man doch mit einer möglichst raschen Zurruhesetzung überzähligen Personals Haushaltsmittel sparen und keine zusätzlichen Kosten generieren. Natürlich unter dem Strich -über die einzelnen Haushaltstöpfe hinweg- betrachtet. Logisch wäre es noch günstiger die Leute anderweitig weiterzubeschäftigen. Aber wie bereits mehrfach ausgeführt wird es ja oft illusorisch sein, zumindest ältere Soldaten/Beamte einem anderem Dienstherrn/Arbeitgeber zu verkaufen.
Wo ist jetzt hier mein Denkfehler?
Wenn der abzubauende Soldat wirklich nirgends (weder Bw noch sonstwo im öffentl. Dienst) mehr eingesetzt werden kann, dann wären 70% günstiger als 100%.
Solange aber irgendwo in diesem Land Neueinstellungen im öffentlichen Dienst stattfinden, ist die Versetzung der Zuruhesetzung vorzuziehen – denn 70% (Zuruhesetzung) + 100% (Neueinstellung) > 100% (Versetzung). Und ganz ehrlich, mit wenigen Ausnahmen kann man theoretisch fast jeden Soldaten umschulen – dauert auch nicht länger, als einen Schulabgänger auzubilden.
Und das BMF bemängelt, dass das BMVg gemäß altem Entwurf die Zuruhesetzung der Versetzung vorgezogen hat.
Das BMF argumentiert natuerlich kameralistisch und grundsaetzlich sachlich korrekt….Muss es ja auch als Hueter der Kameralistik.
BMVg argumentiert Personalstrukturentwiklungs-orientiert und hat vor allem den vorrangig dringlichen Abbau des UE55 Personal im Auge. Und bei diesem Personalkoerper der UE 55 BS ist eine Umschulung und WVwdg in einem anderen Ressort/Behoerde als Angestellter (?) oder Beamter (?) insgesamt fuer den Haushalt aufwendiger als der vorzeitige Ruhestand mit 70%. Nur wenn der Abbau des UE55 Personals zuegig gelingt, kann neben den Reduzierungseffekten auch der in einigen Bereichen gehemmte Verwendungsaufbau wieder in die Gaenge kommen.
@klabautermann
Das sollte vermutlich in den neueren Refombegleitgesetz-Thread?
Übrigens… WVdg soll bestimmt Weiterverwendung heißen? ;-)
@klabautermann
Ü55 dürften nicht so viele sein (wann war nochmal die Altersgrenze bei UmP/StOffz?). Es geht wohl eher um das Altersband Ü45 – und da lohnt sich eine Weiterverwendung durchaus.
@T.W. ja und ja ;-))
@Tom
als B3/Marine, Jahrgang 1952 könnte ich bis 31.12.2014 meine Staatsalimente beziehen obwohl ich das Maximum meiner Pensionsansprüche bereits erreicht habe. Was glauben Sie, was für ein Zug in den Verwendungsstau Marine kommt, wenn ich dieses Jahr freiwillig in Ruhestand gehen dürfte? Ich kanns Ihnen grob sagen: bis zu 10 StOffz – Bewegungen würde das auslösen….Personalfluß ist zwar höhere Mathematik, in einer Vollkostenrechnung aber unerlässlich…..das aber ist ein NoNo für beamtete Kameralisten….also bleib ich eben weiter in kameralistischer Geiselhaft, ganz tapfer für das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes nach Lesart des Beamtenbundes ;-))