Verpflichtungsprämien, Abbauprämien und neue politische Beamte

Der Umbau – und in Teilen Abbau und Verkleinerung – der Bundeswehr ist eine detailreiche, komplizierte Angelegenheit. Die großen Linien hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière zwar schon im Herbst verkündet; für die Umsetzung sind allerdings viele Einzelheiten zu regeln, zum Teil auch per Gesetz. Inzwischen gibt es einen ersten (Referenten)Entwurf eines Gesetzes zur Begleitung der Refom der Bundeswehr (Bundeswehr-Reformbegleitgesetz – BwRefBeglG) – allerdings noch nicht mit den anderen Ministerien abgestimmt. (Vor allem das Finanzministerium und das für das Beamtenrecht zuständige Bundesinnenministerium werden dazu bestimmt noch was zu sagen haben; die Stellungnahmen der anderen Ressorts waren bis zum letzten Arbeitstag des Jahres 2011 erbeten worden.)

Die Feinheiten dieses Entwurfs sind etwas für Kenner des Soldaten- und des Beamtengesetzes; auch für den Nicht-Juristen oder -Verwaltungsfachmann finden sich allerdings bereits einige interessante Regelungen:

Die Verpflichtungsprämie für Zeitsoldaten, bislang nur begrenzt eingeführt, soll auf Dauer möglich werden (allerdings Ende 2016 überprüft werden). Voraussetzung für die Gewährung der Prämie ist, dass die personellen Zielvorgaben für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zu nicht mehr von 90 vom Hundert erfüllt werden konnten und für die notwendige Personalergänzung sich keine ausreichende Bewerbungslage abzeichnet – und die Prämie kann auch nur für die Tätigkeitsbereiche gezahlt werden, in denen dieser Personalmangel herrscht, definiert als zehn Prozent Unterdeckung in einem halben Jahr.

Als Verpflichtungsprämie sind 1.000 Euro für jedes Jahr Verpflichtungsdauer vorgesehen. Im äußersten Fall also – bei einem der neuen SaZ 25 – 25.000 Euro, realistischerweise meist wohl eher zwischen 8.000 und 12.000 Euro. Die Bereiche, für die gezahlt wird, können dabei sehr eng definiert werden – zum Beispiel nur für bestimmte Laufbahnen, Fachtätigkeitsbereiche wie Flugzeugmechatroniker oder sogar nur für spezielle Fachtätigkeiten wie Spezialist für ein bestimmtes Flugzeugmuster. Diese bundeswehrspezifische Lösung soll den Personalgewinnungszuschlag aus dem Fachkräftegewinnungsgesetz ergänzen.

Um den Zielen Attraktivität des Dienstes und Vereinbarkeit von Familie und Beruf näherzukommen, sollen Soldatinnen und Soldaten künftig zusätzliche und abwendbare Kinderbetreuungskosten erstattet werden – im Einzelfall und auf Antrag während ihrer beruflichen Fortbildung. Die Einzelheiten werden allerdings nicht im Gesetz, sondern durch eine Rechtsverordnung des Ministeriums geregelt.

Neue Bestimmungen gelten künftig für den so genannten Berufsförderungsdienst, der Zeitsoldaten den Übergang in einen zivilen Beruf erleichtern oder ermöglichen soll. Die Neuregelungen sehen unter anderem vor, dass für Zeitsoldaten mit kürzerer Verpflichtungsdauer die Ansprüche auf Förderung steigen; künftig gilt bereits für eine vierjährige Verpflichtungszeit ein Anspruch auf ein Jahr Berufsförderung. Allerdings wird zugleich der Beginn der Förderung nach hinten verschoben: Die Soldaten gehen nicht mehr wie bisher schon in ihrer aktiven Dienstzeit in den Förderungsdienst, sondern erst nach Dienstzeitende – um die Verwendungsdauer der Soldaten auf Zeit auf Dienstposten zu erhöhen. Damit wird die Verkleinerung der Truppe ein wenig aufgefangen, weil die Professionalisierung im Einsatz verbessert und der Regenerationsbedar erheblich gesenkt werden soll.

Umfangreiche Bestimmungen sieht das Reformbegleitgesetz für den zielgerichteten Abbau von Berufssoldaten und Beamten vor. Dafür gibt es ein Personalstrukturanpassungsgesetz (PersStruktAnpG) und ein Bundeswehrbeamten-Ausgliederungsgesetz (BwBeamtAusglG). Die Grundlinien dafür hatte der Minister bereits im Herbst genannt, jetzt werden sie gesetzlich definiert und zugleich bis Ende 2017 befristet.

Unter anderem sollen Berufssoldaten künftig für den Dienst in einer anderen Behörde für eine bis zu drei Jahren dauernde Probezeit unter Belassung der Geld- und Sachbezüge beurlaubt werden können – de facto zahlt die Bundeswehr also anderen Stellen im öffentlichen Dienst das Gehalt ihres Mitarbeiters. (Bislang waren nur befristete Abordnungen in eine andere Bundesbehörde möglich.) Wenn der Sold im neuen – öffentlichen – Job geringer ausfällt als bisher, ist als Ausgleich eine Einmalzahlung vorgesehen. Berufssoldaten über 50 Jahre und Bundeswehrbeamte über 55 Jahre können auf Antrag in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden und dann sofort die Altersversorgung erhalten, die ihnen bei der Arbeit bis zur Pensionierung zustehen würde.

Das Reformbegleitgesetz beschränkt sich allerdings nicht auf die Attraktivitätssteigerung für neue und Abschiedsprämien für alte Soldaten. Mit einer Änderung des Bundesbeamtengesetzes sollen im Verteidigungshaushalt drei neue Stellen für politische Beamte geschaffen werden: Der Präsident oder die Präsidentin des neuen Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr und des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr sollen künftig den Status eines politischen Beamten bekommen. Als Begründung nennt der Gesetzentwurf, dass sie dann nach §54 des Bundesbeamtengesetzes jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können – und das sei auch nötig: Das Amt … gehört wegen der besonderen Aufgabenstellung der Bundesämter als zentrale Bundesoberbehörden der Bundeswehr zu den Ämtern, bei denen es in hohem Maße darauf ankommt, dass sich der jeweilige Amtsinhaber … bei der Durchführung der ihm obliegenden Aufgaben jederzeit in voller Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Zielen und Auffassungen der Bundesregierung befindet.

Dabei mag auch eine Rolle gespielt haben, wie die Autoren des Entwurfs argumentieren, dass Generale bereits heute jederzeit in den Ruhestand versetzt werden können – und so viele Dienstposten wie möglich künftig sowohl zivil als auch militärisch besetzt werden sollten, so dass an der Stelle gleiche Bedingungen nötig seien. Allerdings soll es ja in der Vergangenheit auch wichtige Bundesämter gegeben haben, deren Präsidenten vom jeweiligen Minister nicht gegen ihren Willen abgesetzt werden konnten. Jedenfalls so lange ihnen kein Verstoß gegen Amtspflichten vorgeworfen werden konnte.

Fachleute werden vermutlich noch viele weitere interessante Einzelheiten in dem Entwurf entdecken; warten wir’s mal ab.

In einem entscheidenden Punkt gibt auch der Gesetzentwurf noch keinen Aufschluss: wie die Personalstruktur der Streitkräfte künftig aussieht und, zum Beispiel, wie viele Dienstposten für Generale und Admirale es in der neuen Bundeswehr geben wird, bleibt noch offen. Das wird erst mit dem neuen Personalstrukturmodell festgelegt. Es war eigentlich bis zum Ende vergangenen Jahres angekündigt, lässt aber noch auf sich warten.