Scharfe Schüsse auf den Strand
Der Kollege Stephan Löwenstein hat da einen kleinen Scoop, der nicht untergehen sollte: Nach F.A.Z.-Informationen sollen die europäischen Seestreitkräfte der Operation „Atalanta“ künftig auch gegen Einrichtungen somalischer Piraten an Land vorgehen. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee der EU lässt den Operationsplan überarbeiten.
Nun ist die Absicht so neu nicht – in der EU wie auch in der NATO war das in diesem Jahr schon heftig diskutiert worden. Bislang hatten sich allerdings die beteiligten Länder nicht auf dieses Vorgehen am Strand einigen können – wie zu hören war, war auch Deutschland nicht unbedingt dafür.
„Mit dem Wirken gegen die Piraterielogistik am Strand ist beabsichtigt, am Strand gelagertes Material, das für Pirateriezwecke verwendet wird oder werden soll, zu zerstören“, zitiert nun die FAZ einen Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums. Das klingt hinreichend harmlos. Im Klartext: wird das in der EU so gebilligt, werden die Kriegsschiffe der EU-Antipirateriemission künftig – leere – Piratenboote auch dann wegschießen, wenn sie auf dem Strand liegen. Und nicht wie in diesem Video aus dem Bordhubschrauber der Fregatte Köln zwar direkt vor der Küste, aber eben schon im Wasser…
Wie weit die Tiefe des Strandes als Raum ist wird dann später noch mal umdefiniert … 10, 20, 100 km …
Und wie unterscheidet man am Strand liegende Fischerboote von Piratenbooten?
@b Das Leben ist hart, grausam und gemein. Jede Entscheidung die ein militärischer Führer treffen muß, könnte auch immer die falsche sein ;)
Tja die Taurus wollen auch mal verwendet werden ;-)…kleiner Spaß
Deutschland wird sich aus bekannten Gründen soweit wie möglich um ein robustes Vorgehen drücken…obwohl wir als Handelsnation dort eigentlich unsere Interessen vertreten müssten.
Das SiPol gewurschtel in D wird munter weiter gehen. Aber wo kein Kompass da auch kein gerader Kurs möglich.
Ein weiterer Fall von „mission creep“.
Die Kernfragen jedes bewaffneten Konfliktes
Was soll mit (Zweck) und was soll in (Ziel) diesem Einsatz erreicht werden?
Welche Mittel sind hierfür notwendig?
sind weiterhin unbeantwortet.
Die Bekämpfung der Logistik ist ja auch nicht auf „Effekte“ von Schiffen begrenzt. Somit liegt darin das Potential einer erheblichen Eskalation.
Politik und Militärbürokratie fehlt eine Strategie – daher rutschen wir immer tiefer in einen Konflikt hinein – mit unabsehbare Folgen.
Na da sollte jemand noch mehr Uniformen in Wüstentarn kaufen und den Impfplan für Ostafrika überarbeiten.
Mal im Ernst. Damit ist doch alle gewünschten Eskalationen Tür und Tor geöffnet. Wenn es nicht ausreicht fliegt der Bordhubschrauber rum und fühlt sich von irgendwas bedroht und muss sich dann wehren. Sind sich die Parlamentarier da bewusst, wie sich die Misssion entwickelt?
@Roman:
Zumindest die im FAZ-Artikel genannten Befugnisse sind so allgemein gehalten, dass auch ein Einsatz von Luft- und Landstreitkräften möglich wäre. Naheliegend wäre bspw. der Einsatz von Spezialkräften (Kampfschwimmer sind ja sogar Seestreitkräfte…).
Wenn die Piraten auf die neue Lage reagieren (Schutz in der Bevölkerung), dann wären – temporäre – „boot on the ground“ der nächste Schritt der Eskalation. Zudem wäre nach der Logistik die Führung das logische Ziel.
Deutschland wird sich hier jedoch sicher zurück halten – wobei die Beweggründe wohl eher innenpolitischer Art sind.
@Bang50
…obwohl wir als Handelsnation dort eigentlich unsere Interessen vertreten müssten.
Was bedeutet „als Handelsnation Interessen vertreten“?
Hätte man das frühzeitig getan, wären die Fischer nicht zu Piraten und Wahabiten geworden! Saudi Arabien ist da wohl auch ein sehr großer Stabilitätsfaktor (⸮)
SiPo auf den Einsatz des Militärs zu reduzieren hilft, wenn denn überhaupt, nur kurzfristig!
„…. Aber wo kein Kompass da auch kein gerader Kurs möglich.“
Der Kompass wäre da: GG Artikel 87a. Man muss nur Kurshalten!
@Roman
„Sind sich die Parlamentarier da bewusst, wie sich die Misssion entwickelt?“
Wieso Parlamentarier? Das PSK ist eine reine Zusammenkunft von Angehörigen der Exekutive. Das hat mit dem Bundestag nichts zu tun…
@Elahan
„Der Kompass wäre da: GG Artikel 87a. Man muss nur Kurshalten!“
Aber die Verteidigung ist nun einmal nicht die einzige Aufgabe der Bundeswehr. Nicht umsonst lautet die Grundpflicht deutscher Soldaten NICHT „nur“ „…Deutschland verteidigen“, sondern vielmehr „…treu dienen“.
@Koffer
es lautet aber „… und das Recht und die Freiheit tapf zu verteidigen“ und nicht „oder“
Das treue Dienen bezieht sich auf das Recht und die Freiheit!
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
„ausdrücklich zuläßt.“ Artikel 24 (2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.
.“…..zur Wahrung des Friedens“ und nicht zur Mehrung des Wohlstandes.
Das ist aber ein Thema welches schon in andern Threads geführt wurde. Da gibt es zwei Auslegungsmöglichkeiten die auch juristisch/moralisch nicht klar sind.
Vielleicht hilft ja der Link und das StGB § 32 Notwehr weiter:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/kriegsrecht-duerfen-soldaten-ueberhaupt-toeten-11581837.html
@Elahan
Entschuldigung, aber natürlich ist die Sache JURISTISCH klar (moralisch mag man darüber natürlich streiten):
Das „tapfer verteidigen etc.“ hat lediglich deklamatorischen Charakter und ist eine „Unterpflicht“ zum „treuen dienen“.
Und Deutschland treu zu dienen ist keine Frage des wo und wodurch…
Natürlich ist es eine berechtigte Frage ob der Auftrag, der dieses treue dienen konkret ausgestaltet den Anforderungen des GG entspricht, aber warum sollte eine Piratenjagd (auch an Land) in Somalia dies nicht tun??
Och nö..müssen wir uns jetzt das Märchen von den armen Fischern die zu Piraten wurden und ob Deutschland nun seine Armee nur zur Landesverteidigung einsetzt, uns gegenseitig um die Ohren hauen?
Das geht Meilenweit an der Problematik vorbei.
Wie jede souveräne Nation besitzt auch Deutschland ein Interesse daran seine Anliegen zu vertreten. Dazu unterhält man Botschaften für die höffliche Kommunikation und am anderen Ende der Skala Streitkräfte. Man besitzt also einen Werkzeugkasten den man auch als solchen erkennen müsste und in einer ganzheitlichen Strategie anzuwenden wissen müsste. Das der SiPol Kindergarten Deutschland als Protektorat der USA nicht unbedingt genötigt wurde laufen zu lernen, ändert nichts an der Tatsache das die Amerikaner ihre Vormachtstellung in dieser Welt aufgegeben haben und sich wahrscheinlich schon in wenigen Jahren auf ihren Kontinent zurückziehen werden müssen.
Vor diesem geschichtlichen Hintergrund war die reine Selbstverteidigungsrolle ein schönes Luftschloss, welches mit der realen Welt überhaupt nichts zu tun hatte und in Zukunft noch weniger zu tun haben wird. Diesen Umstand sollte man im 21 Jh. einfach akzeptieren, wenn man sich ein böses erwachen ersparen möchte.
Papa ist bald nicht mehr da um nach seinen Kindern zu schauen. Dann wird sich zeigen ob die Kinder es besser machen oder sich noch ahnungsloser in Abenteuer stürzen oder gar keinen Mut mehr aufbringen zu handeln.
Luft nach oben um den Papa zu übertrumpfen wäre sicherlich reichlich. Wir werden schon bald feststellen was von der moralischen Überlegenheit der Kinder übrig bleibt. Ich sehe nämlich nicht das unser Vorrat an Moralin linear zu Dingen wie dem tiefen Verständniss der Welt und der Völker, diplomatischer Raffinesse, Weisheit, Gestaltungswille etc… etc… wächst. Diese Dinge scheinen ehr im Reziprok zu stehen.
Schaffen es die Kids nicht sehr schnell laufen zu lernen, dürfen wir bald ein Mogadischu 2.0 begrüßen oder uns darüber wundern das unsere Exportzahlen massiv einbrechen. In jedem Fall werden die Soldaten und die Bevölkerung darunter zu leiden haben.
There is no escape from the evil of power, regardless of what one does. […] Political ethics is indeed the ethic of doing evil. While it condemns politics as the domain of evil par excellence, it must reconcile itself to the enduring presence of evil in all political action.
Hans Morgenthau
Bei allen grundsätzlichen Fragen die zu klären sind, steht die Frage aus dem ersten Kommentar von „b“ ganz oben:
Wann darf ein Boot versenkt werden? Wenn die „Totenkopfflagge“ aufgemalt ist?? Oder dürfen wir künftig alle Boote zerstören die von Piraten genutzt werden könnten?
Mal abgesehen von Sinnhaftigkeit, bekämpfen wir weiterhin mit enormen Aufwand die Symptome und es ist mir nicht bekannt, dass wir nach den Ursachen suchen und andere Ansätze betrachten.
An dieser Stelle sei vielleicht nochmal der Hinweis auf einen Spiegel-Artikel aus dem Jahre 2008 erlaubt, der ein wenig mit dem Ammenmärchen aufräumt, die somalischen Piraten seien allesamt arme Fischersleut‘, denen von bösen Fangflotten aus dem Westen die Existenzgrundlage genommen wurde.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-56831303.html
@Koffer
Das Gelöbnis hat in erster Linie symbolische Bedeutung, denn die gelobte Erfüllung der Grundpflicht des Soldaten gelten unabhängig vom Leisten des Gelöbnisses. Die Grundpflichten des Soldaten finden sich im Soldatengesetz und dies kann in keinem Fall dem GG wiedersprechen. Die FdGO ist die Grundlage für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst und Dienen bedeutet nicht bedingungsloser Gehorsam.
Natürlich ist treu zu dienen keine Frage des wo und wodurch….aber des weshalb und warum! Vor der Erteilung eines Befehls hat der befehlende Vorgesetzte zu prüfen, ob sein Befehl rechtmäßig, zweckmäßig und angemessen ist. Ein Befehl muss nicht ausgeführt werden, sofern er keinen dienstlichen Zweck erfüllt, gegen die Menschenwürde verstößt oder seine Befolgung für den Soldaten unzumutbar ist. Der Soldat kann also entscheiden, ob er einem solchen Befehl nachkommt oder nicht. Dagegen darf ein Befehl nicht ausgeführt werden, wenn dessen Ausführung die Begehung einer Straftat oder einen schweren Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellt.
„…aber warum sollte eine Piratenjagd (auch an Land) in Somalia dies nicht tun??“
Ganz einfach, Piraten sind Kriminelle und Kriminelle mussen wie Kriminelle behandelt werden. Der Teufel steckt im Detail, was unterscheidet einen Piraten an Land von einem Einwohner in diesem Land? Woran erkennt man einen Piraten? Wie verhindert man Fremdschäden? Wie reagiert man angemessen? Ab wann wird ein bestimmtes Verhalten eines Soldaten in Somalia eine Straftat? Ist der Bestand oder die Sicherheit der BRD oder eines ihrer Verbündeter gefährdet? Was soll erreicht werden? Kann es erreicht werden? Haben wir Personal die sich dort Verständigen können? Gibt es andere Möglichkeiten die Situation nachhaltig zu verbessern? Für den Einsatz auf See wurde die Marine gefordert da es die Bundespolizei auf Grund von fehlendem Gerät nicht leisten kann. Könnten es andere Organisationen erreichen (zB Frontex).
@Bang50
„Vor diesem geschichtlichen Hintergrund war die reine Selbstverteidigungsrolle ein schönes Luftschloss…….“
Gerade die Geschichte hat gezeigt, dass eine glaubwürdige Verteidigung funktionierte und überall dort, wo der Gegner Schwächen erkannte diese meist auch genutzt wurden.
Ihrer neuen Doktrin zur Folge, wäre das Vorgehen der USA ja von Erfolg gekrönt! Der Preis der Interventionen wurde durch unglaubliche Schulden bezahlt, Dick Cheney und seine Clicke haben sich dumm und dämlich verdient und der Irak gleicht nicht gerade einem blühenden Land. Diese Geschichte wird gerade geschrieben und es sieht nicht gut aus! Der schrei nach noch mehr Militäreinsätzen halte ich langfristig für den falschen Weg und dies nicht aus Mitleid zu den Geschöpfen dieser Erde sondern aus Sorge um meine Kinder! Zwischen den Botschaften und den Streitkräfte gibt es eine große Zahl anderer SiPo Werkzeuge die man geschickt einsetzen könnte! Dazu benötigt es aber solide Arbeit mit klaren Vorgben/Zielen und entsprechenden Mitteln. Offentlichkeitswirksamer ist da eben die Kanonenbootpolitik auf komplizierte Situationen einfach Lösungen, das ist schlicht gesagt Volksverdummung.
@chickenhawk
und weil die Amerikaner alle Deutsche für Bayern halten welche sich von Weißwürsten und Knödel ernähren, gibt es in Deutschland keine Krabbenfischer! Somali 85%, Bantu und andere non-Somali 15% (einschließlich Arabs 30,000). Es gibt eine Vielzahl von ethnischen Gruppen in Somalia die außerhalb der somalischen Clanstruktur stehen. Zu ihnen gehören die an Flüssen lebenden Bauern und Fischer, die alteingesessenen Bewohner der Küstenregionen die vom Fischfang und Seehandel lebten und soziale Randgruppen. Aber warum soll es da anders laufen, keine Ahnung über die Gegebenheiten und Verhältnisse, aber erst mal einmarschieren und dann schauen wir mal, wird schon gut gehen. Doch plötzlich stellt man fest, dass nicht alle Terroristen (Piraten) sind, dass es dort Familien gibt und Menschen die eine andere Sprache sprechen. Das Elend vor Augen bekommt die Öffentlichkeit in der BRD mit und wir beginnen wieder Brunnen zu bohren Schulen zu bauen und die Gesellschaft zu gendern und haben dann keine Zeit mehr zu kämpfen. Wenn es so einfach wäre, warum regeln es dann nicht die Saaten, welche das Vermögen dazu besitzen?
@Elahan
Wie Sie vielleicht festgestellt haben, habe ich mich in meiner Argumentation NICHT auf die Eidesleistung sondern auf die Grundpflicht bezogen. Nach gängiger Rechtsauffassung beruhen in der Tat nicht auf der Eidesleistung, sondern auf der gesetzlich vorgegeben Pflicht ansich (dazu habe ich persönlich zwar eine andere Meinung, aber das ist hier ohne Belang).
Und natürlich darf das „treue Dienen“ nicht dem Grundgesetz widersprechen (die FDGO hat hiermit allerdings reichlich wenig zu tun – ist zwar ein schönes Schlagwort, was in der PolBil IMMER IMMER wieder auftaucht, aber ansonsten ist die vorliegende Frage davon reichlich unbetroffen). Aber warum soll es dem Grundgesetz widersprechen, wenn deutsche Soldaten deutschen Interessen in einem nichtstaatlichen Konflikt auf Weisung der Bundesregierung und in Einbindung in ein System kollektiver Sicherheit dienen?!
Und über die zweckmäßige Form der gewünschten Beteiligung entscheidet immer noch die Bundesregierung im Zusammenwirken mit dem deutschen Bundestag. Und wenn die sinnvollste Variante hier der Streitkräfteeinsatz sein sollte, dann spricht hier nichts dagegen.
Die strikte Trennung zwischen polizeilichen und Verteidigungsaufgaben ist grundgesetzlich nur INNER-staatlich relevant, d.h. im Einsatz in und vor Somalia spricht nichts gegen einen Bw-Einsatz.
Insbesondre weil für Piraten völkerrechtlich EXPLIZIT eine Zuständigkeit von Seestreitkräften statuiert ist!
Es geht doch nur darum, sich die Option offen zu halten, die Piratennester auch an Land angreifen zu können. Die Überschrift des Artikels: „Scharfe Schüsse auf den Strand“ umschreibt es kurz und knackig.
So bescheuert, dauerhaft Soldaten in Somalia stationieren und eine „Zivilgesellschaft“ aufbauen zu wollen ist (hoffentlich) niemand.
@Koffer
„Aber warum soll es dem Grundgesetz widersprechen, wenn deutsche Soldaten deutschen Interessen in einem nichtstaatlichen Konflikt auf Weisung der Bundesregierung und in Einbindung in ein System kollektiver Sicherheit dienen?!“
Wenn es dem
GG 24 (2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.
…entspricht, nichts!
Nur das Herbeiführen und Sichern muss dann eben auch das Ziel sein! Das Sichern verlangt, dass wir auch die Ursachen aufheben und dazu ist die Bw das falsche Werkzeug und da es oft Geld kostet und wenig Ruhm bringt wird dieser Punkt international eher vernachlässigt (siehe Libyen, Irak, und evtl auch AFG(schau mer mal))
„Und über die zweckmäßige Form der gewünschten Beteiligung entscheidet immer noch die Bundesregierung im Zusammenwirken mit dem deutschen Bundestag. Und wenn die sinnvollste Variante hier der Streitkräfteeinsatz sein sollte, dann spricht hier nichts dagegen.“
Genau deshalb ist die Willensbildung (dazu gehört auch dieser Blog) der Bevölkerung und ein evtl daraus resultierender Druck auf das Parlament so wichtig! Sollte der Einsatz der Bw die sinnvollste Variante sein, dann ist das eben so! Aber diese Feststellung sollte am Ende eines sinnvollen Entscheidungsprozesses stehen und nicht schon zum Beginn feststehen. Lage, Auftrag, Durchführung! Die Politik machte es in der Vergangenheit meist umgekehrt!
„Die strikte Trennung zwischen polizeilichen und Verteidigungsaufgaben ist grundgesetzlich nur INNER-staatlich relevant, d.h. im Einsatz in und vor Somalia spricht nichts gegen einen Bw-Einsatz.“
Das hängt vom Mandat ab, siehe AFG!
„Insbesondre weil für Piraten völkerrechtlich EXPLIZIT eine Zuständigkeit von Seestreitkräften statuiert ist!“
Ja, auf See!
Inzwischen nimmt die Medienmeute richtig Fahrt auf.
Inzwischen ist beim NDR schon die Rede von „Kampfhubschraubern“, die die EU zur Verfügung stellen will um die Dörfer und Rückzugsräume anzugreifen.
Folgende Überlegungen:
Wo sollen die her kommen? Der Tiger fliegt immer noch nicht richtig, schonmal gar nicht von Schiffen, die dort unten als Operationsbasis unverzichtbar sind. (Hier wären die Briten schon weiter, haben sie doch ihre Apaches recht erfolgreich vor Libyen von Schiffen eingesetzt).
Der NH-90 ist nicht und wird auf absehbare Zeit auch nicht von deutschen Schiffen aus einsetzbar sein (wohl eher nie).
Der MH-90 wird hoffentlich nie kommen, der MH-92 ist immer noch nicht bestellt.
Also wird sich der deutsche Anteil an diesen „Kampfhubschraubern“ auf Sea Lynx und Sea Kings vor Ort beschränken.
Bei aller Liebe, aber mit den etwa 4 Hubschraubern wird man nicht viel reißen können. Punktuelle Aktionen sind natürlich möglich, mehr aber nicht.
(Von Gedanken Richtung Personell Recovery usw im schlimmsten Fall fange ich gar nicht an)
International wird die Anzahl der Schiffe vor Ort auch im nächsten Jahr kaum ausreichen, die Schiffe des WFP zu schützen. Und alles, was darüber hinaus gehen soll, ist eng genäht.
Lasst uns doch die deutsche Luftwaffe hin schicken.
Ach nein, geht ja nicht. Hubschrauber, die dort unten einsetzbar sind gibt es nicht, lieber kaufen wir noch ein paar Eurofighter nach. Wer weiß, wann man die mal braucht….
Und die Marine soll sich lieber noch 20 Jahre mit den Sea Kings und den paar Lynx quälen. Wer braucht schon Marineflieger….
Wen schicken wir denn eigentlich in die Straße von Hormus, wenn die Muftis in Iran die Meerenge blockieren wollen? Phantoms? Hueys? Eine P3-C? Oder doch die Öl-Do?
NACHTRAG: Wer immer noch die „armen Fischer“ dort vor Ort bejammert lebt fern ab jeglicher Realität.
Sicherlich haben etliche der als Piraten angeheuerten Männer ehemals als Fischer gearbeitet. Aber die Kriminalität verspricht ein größeres Auskommen, gerade wenn man nicht viel zu verlieren hat.
Vielmehr ist dort die organisierte Kriminalität am Werke. Die Netzwerke dürften weit über die Landesgrenzen von Somalia hinaus reichen.
Dort wird schlichtweg ein Haufen Geld verdient, mit dem dann Drogen und Waffen beschafft werden, sicherlich auch für den weltweiten Terrorismus.
@TW
Ganz soo ein Scoop ist die Story nicht. Das ZDF hat über die Überlegungen schon vor einigen Wochen in „Berlin direkt“ berichtet: (einschließlich einer entsprechenden Aussage des Verteidigungsministers) – und schon damals waren die Überlegungen nicht wirklich neu (so wie das Problem)
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1516402/Was-tun-gegen-Piraten-vor-Somalia%253F#/beitrag/video/1516402/Was-tun-gegen-Piraten-vor-Somalia%3F
@Elahan
Sie haben in der Tat, die ausdrückliche Zuständigkeit von Streitkräften für Piraten ergibt sich in der Tat nur für hohe See.
Andererseits ist Somalia ein failed state, so daß hier keinerlei völkerrechtliche Bedenken gegen einen Einsatz von Piratennestern an Land bestehen.
Das Problem ist also kein völkerrechtliches, sondern einzig und allein ein verfassungsrechtlich deutsches.
Und die pseudo-rechtlichen Einwände, die gegen jeden Bw-Einsatz vorgebracht werden kaschieren doch nur die eigentlichen Bedenken:
In Deutschland gibt es eine starke pazifistische und (sicherheitspolitisch) isolationistische Tendenz quer durch (fast) alle Parteien und Gesellschaftsschichten.
Ob das richtig ist oder nicht ist die entscheidende Frage.
Aber man sollte diese zutiefst politische, ethische und moralische Frage nicht mit vorgeschobenen rechtlichen Bedenken zu verdecken suchen.
Und in soweit kann ich Bang50 nur uneingeschränkt zustimmen:
Es ist für Deutschland Zeit endlich erwachsen zu werden! Die Zeit in der andere unsere Drecksarbeit gemacht haben ist vorbei.
Entweder sind wir eine Mittelmacht mit Interessen (und auch internationaler Verantwortung) oder wir sollten unsere Außenpolitik wieder von den Vereinigten Staaten machen lassen…
@Koffer
„Und die pseudo-rechtlichen Einwände, die gegen jeden Bw-Einsatz vorgebracht werden kaschieren doch nur die eigentlichen Bedenken“
Da sind zwei Ebenen, einmal die saatliche und einmal die persönliche. Viele Soldaten sind der Meinung, dass ein Grundsatz der NATO, eben Militär nur zur Verteidigung einzusetzen, langfristig mehr Sicherheit bringt und dies auch im Sinn des GG wäre.
Andere sehen eben die sogenannte Rückkehr zur Normalität als die zukunftsichernde Maßnahme und glauben, dass das GG uns fesselt. Meiner Meinung nach sollte eine Intervention eines EU Staates in ein anderes Land gut überlegt sein und dies vor dem Hintergrund von SiPo Interessen und eben nicht nur von wirtschaftlichen bei denen man die SiPo vorschiebt. Wenn sie ihre Kinder oder Untergebenen für den Preis des Öls opfern möchten, dann ist das ihre Entscheidung, nur ich muss sie ja nicht teilen.
„Aber man sollte diese zutiefst politische, ethische und moralische Frage nicht mit vorgeschobenen rechtlichen Bedenken zu verdecken suchen.“
Zustimmung
„Es ist für Deutschland Zeit endlich erwachsen zu werden! Die Zeit in der andere unsere Drecksarbeit gemacht haben ist vorbei.“
Dass hatte schon eimal einer gefordert und wollte auf Augenhöhe große Politik machen, nur das ging ziemlich in die Hose. Auch damals ging es um Ressourcen. Wer macht für uns die Drecksarbeit? Ist es nicht so, dass wir für viele die Drecksarbeit machen! Wer hat denn die Sauerei im Nahen Osten angerichtet? Wer hat denn die Terroristen ausgebildet? Wer baut denn die Gotteshäuser der Wahabiten? Wer füttert denn Pakistan und Saudiarabien? Wer hat den die Baath Partei unter Saddam aufgemörtelt? Wer ist den Gaddafi in den Allerwertesten gekrochen!
„wir sollten unsere Außenpolitik wieder von den Vereinigten Staaten machen lassen…“
Wenn sie denn Aussicht auf Erfolg für uns hätte bitte. Nur die Interessen der USA sind andere als die der EU. Das eigentlich Problem ist doch, dass genau dies nicht erkannt wird. Die EU benötigt eine eigene SiPo und Definition ihrer Interessen. Nicht einmal das wird geschafft, aber dann in die große, weite Welt wollen und anderen zeigen wie man es macht!
Es wäre ein Leichtes für die Special Forces und Geheimdienste die Hintermänner der Piraten unschädlich zu machen, aber man stattet sie mit allen Annehmlichkeiten die der Westen zu bieten hat aus und es würde mich nicht wundern wenn sie wie die Söhne von Gaddafi durch die Welt jetten und deren Kinder die besten Schulen besuchen (Wo ging der kleine Kim nochmal zur Schule). Man muss sich schon fragen warum man sie nicht angeht!
@Elahan
Ich stimme Ihnen zu, dass SiPo-Interessen keinesfalls identisch sind mit allgemeinen wirtschaftspolitischen Interessen. Auch haben Sie sicherlich recht, dass Deutschland und auch die EU dringend eine Definition der eigenen Interssen benötigt (wobei ich mir erlaube anzumerken, dass die Interessen DEU sicherlich nicht immer deckungsgleich mit denen der EU sein dürften).
Insoweit habe ich Ihren letzten Beitrag voller Zustimmung gelesen…
…ABER
„Dass hatte schon eimal einer gefordert und wollte auf Augenhöhe große Politik machen, nur das ging ziemlich in die Hose. Auch damals ging es um Ressourcen.“
Wenn Sie mit der Nazi-Keule versuchen inhaltliche Argumente zu ersetzen, dann bedauere ich dies sehr. Lesen Sie dazu gerne auch
http://de.wikipedia.org/wiki/Godwin’s_law
„Wenn sie ihre Kinder oder Untergebenen für den Preis des Öls opfern möchten, dann ist das ihre Entscheidung[…]“
DAS ist ja noch lächerlicher, was soll denn dieses „Argument“?
@Elahan
Ab es so einfach für Spezialkräfte wäre, möchte ich bezweifeln, die amerikanischen Special Forces haben 1993 ziemliche Probleme in Somalia bekommen, gelinde ausgedrückt (Black Hawk Down?).
Und ich weiß nicht ob der Vergleich zwischen den Hintermännern der Piraterie und der nordkoreanische Diktatur so gut ist.
@Felix:
Zustimmung, ein Vergleich zwischen den Hintermännern der Piraterie und der nordkoreanische Diktatur ist falsch.
ABER:
Ich tue mich zunehmend schwer damit, ein verbrecherisches Regime (Iran, Syrien, Somalia in Teilen, Libyen zu Zeiten Gaddafis, usw) und terroristische Netzwerke jedweder Art als jeweils singuläres Ereignis zu betrachten.
Meiner Meinung nach machen westliche Journalisten und Parlamentarier (auch selbsternennte Experten im Internet) zwar diese Unterscheidung, dort wo in großem Maßstab illegal Geld gescheffelt wird, wo Drogen, Waffen und Menschen verschoben werden, tue ich mich schwer, an strikte Trennungen zu glauben.
Daher ist auch die Piraterie im großen Zusammenhang zu betrachten, einvernehmlich mit Drogenkriminalität oder zum Beispiel Waffenschmuggel.
Um den Bogen zurück zur Ausgangslage zu kriegen:
Wird denn wirklich der ATALANTA-OpPlan geändert oder geht es lediglich um den deutschen Ansatz, sich dem schon länger so vorliegenden Mandat anzunähern?
Ich bin mir nicht sicher, ob das EU-Mandat nicht schon länger (von Anfang an??) Operationen an den Küsten erlaubt hätte.
Zu meinem vorherigen Posting bzgl der Sea Kings und Lynx:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,806187,00.html
@TomTom
Deinem Aber will ich nicht wiedersprechen.
Ich finde, hier hat sich eine gefährliche Schieflage in der (Selbst?-)Definition der Aufgaben einer Armee eingeschlichen.
Ziel unserer Armee ist es, Frieden zu gewährleisten, nicht Krieg zu führen. Um das Ziel einer friedlichen Interaktion mit dem Rest der Welt gewährleisten zu können, muss die Bundeswehr die Fähigkeit haben, robust in aller Schärfe Krieg zu führen. „Si vis pacem, para bellum“ hat nach wie vor volle Gültigkeit. Krieg ist also nicht das Ziel, sondern der Schadensfall.
Wenn man Waffengewalt einsetzen muss, hat man schon ganz viel falsch gemacht. Gute Sicherheitspolitiker sind in der Lage, Die Kuh vom Eis zu holen, ohne alles niederbomben zu müssen. Dazu gehört aber eben auch die Fähigkeit, alles platt machen zu können – in der Hoffnung, dass der Gegner nie so dumm sein wird, einen dazu zu zwingen, diese Karte zu ziehen.
Bei Somalia hat man in den letzten 20 Jahren so etwa alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Zuerst ein halbherziger Militäreinsatz, den die somalischen Milizen aus dem Land gejagt haben, dann lange gar nichts, bis das Piraterie- und Kriminalitätsproblem zu groß gewachsen war. Dann ein multinationaler Flottenverband zur Sicherung der Handelsrouten, der aber durch ein eingeschränktes Mandat kastriert war. Es darf für Piraten keinen sicheren Hafen geben. Jemand, der sich für den Beruf des Piraten oder Lösegelderpressers entscheidet, muss jederzeit fürchten, getötet zu werden. Hierzu darf auch das somalische Hinterland nicht tabu sein und man sollte auch einigen Kenianern mal klar machen, dass falsches Spiel zwecks Bereicherung langfristig nicht funktioniert.
Für all solche Dinge sollte eine funktionierende Sicherheitspolitik einen umfangreichen Baukasten an Werkzeugen haben. Erst wenn Diplomatie, Nachrichtendienste, polizeiliche Zusammenarbeit etc. versagt haben, muss man schlimmstenfalls die militärische Karte ziehen. Wenn man das dann tut, dann aber richtig. Ein bisschen Krieg geht nun mal genau so wenig, wie ein bisschen schwanger …
Könnte es sein, dass unsere Außen- und Sicherheitspolitiker zu einer unfähigen Dilettantentruppe verkommen sind, die eben entsprechende diplomatische und nachrichtendienstliche Interaktion nicht mehr hinbekommen, und es daher immer häufiger zu heißen Kriegshandlungen kommt?
Wenn sich die USA nun von der Rolle des Weltpolizisten verabschieden – die US-Bevölkerung fordert einen neuen Isolationismus vergleichbar zur Monroe-Doktrin, da muss die Politik mittelfristig folgen – dann muss unserer sicherheitspolitischer Kindergarten ohne Babysitter auskommen. Ich fürchte, das wird schief gehen.
Dazu kommt noch, dass man in den USA gerade seine energiepolitischen Hausaufgaben macht. In wenigen Jahren werden die USA kein Öl mehr aus dem nahen Osten importieren. Sie werden dann auch ihr sicherheitspolitisches Engagement dort verringern und die Sicherung der Tankerrouten anderen überlassen.
@Sun Tzu
„Ziel unserer Armee ist es, Frieden zu gewährleisten, nicht Krieg zu führen. “
Ziel unserer Armee ist es Deutschland zu dienen.
Die Bewahrung des Friedens sollte zwar (nach meiner Meinung) persönliches Ziel jedes einzelnen Soldaten sein (so er sich denn nicht als Söldner betrachtet) und es sollte auch das Ziel der Bundesregierung sein.
Aber die Armee hat kein „Ziel“. Sie hat eine Aufgabe, ein Zweck.
Und dieser Zweck ist es als Mittel des Staates zu wirken und ihm in Krieg und Frieden zu dienen.
Wenn die Bundesregierung unterstützt durch den Bundestag der Meinung ist, dass dies Interventionen irgendwo auf der Welt einschließt, dann ist das ebenso Aufgabe der Armee.
Wem das nicht passt, der kann ja bei der nächsten BT-Wahl seine Stimme entsprechend abgeben.
@ Koffer
Ganz so flott mit den weltweiten Intervention geht es aber auch nicht !
Wie schon mehrmals hier erwähnt GG § 87 a „Verteidigung“, § 24(2) internationaler Bündniseinsatz, § 35 Amtshilfe. Das wars – mehr (legale) Einsatzmöglichkeiten für die Bw gib es nicht !
Die Frage der territorialen Reichweite des Art. 87a ist sicherlich eine gültige Frage, die Frage was alles dem Begriff „Verteidigung“ zuzuordnen ist ebenfalls, die Verwendungen der Bw unterhalb der sog. „Einsatzschwelle“ eine weitere, die Pflege internationaler Beziehungen (Art. 32, denn so lächerlich das klingt, dies ist eine der Ermächtigungsgrundlagen für die GSG9) auch, etc. etc.
Aber im Falle Somalias ist die Sache sowieso ganz einfach. Das unterfällt dem Art. 24 (2), denn nach gängiger Rechtsprechung (die ich übrigens aus inhaltlichen wie formalen Gründen ablehne) ist die EU und die NATO ein in eben diesem Art. genanntes System kollektiver Sicherheit.
Also ist es keine rechtliche Frage ob die Bw dort eingesetzt werden darf, sondern einzig und allein eine politisch/ethisch/moralische.
Alles andere sind Ausreden.
Auszüge aus dem Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands:
Deutschland stellt sich gemeinsam mit seinen Partnern und Verbündeten den Herausforderungen des Wandels und gestaltet ihn entsprechend seiner Verantwortung und seinen Interessen mit. Die Sicherheitspolitik Deutschlands wird von den Werten des Grundgesetzes und dem Ziel geleitet, die Interessen unseres Landes zu wahren, insbesondere:
(…)
den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstands zu fördern und dabei die Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen überwinden zu helfen
Transportwege – Ressourcen – Kommunikation
Deutschland hat aufgrund seiner immer engeren Verflechtung in der Weltwirtschaft besonderes Interesse an internationaler Stabilität und ungehindertem Warenaustausch. Wie viele andere Länder ist es in hohem Maße von einer gesicherten Rohstoffzufuhr und sicheren Transportwegen in globalem Maßstab abhängig und auf funktionierende Informations- und Kommunikationssysteme angewiesen. Verwerfungen im internationalen Beziehungsgefüge, Störungen der Rohstoff- und Warenströme, beispielsweise durch zunehmende Piraterie, und Störungen der weltweiten Kommunikation bleiben in einer interdependenten Welt nicht ohne Auswirkungen auf nationale Volkswirtschaft, Wohlstand und sozialen Frieden.
Deutsche Sicherheitspolitik berücksichtigt langfristig wirkende Rahmenbedingungen ebenso wie sich wandelnde Interessen. Zu den Konstanten gehören die geografische Lage Deutschlands in der Mitte Europas und die Erfahrungen der deutschen und europäischen Geschichte, die weltweite Verflechtung als Handels- und Industrienation ebenso wie internationale Verpflichtungen, die sich insbesondere aus unserer Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der NATO ergeben. Deutsche Sicherheitspolitik muss auch Entwicklungen in geografisch weit entfernten Regionen berücksichtigen, soweit sie unsere Interessen berühren.
@ Koffer
Wenn der Einsatz der Bw eine ethische Frage sein soll, dann hat @ Sun Tzu mit seiner Aussage „Ziel unserer Armee ist es den Frieden zu gwährleisten, nicht Krieg zu führen“ jedoch Recht. Die katholische Friedenslehre nach dem II. Vatikanischen Konzil fordert als Leitbild für der rechtschaffenen Soldaten, den „Soldaten als Diener des Friedens“ :
„Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei.“
Wer zu Mitteln der Gewalt greift, macht sich zwangsläufig im ethischen Sinne selbst schuldig. Es gibt keinen Gewalteinsatz, ohne dass sich derjenige, der die Gewalt einsetzt in irgend einer Weise mitschuldig macht. Es ist das klassiche Dilemma, schuldig werden durch Nichtstun oder schuldig werden durch Tun.
Reden Sie mal mit Soldaten, die Töten mussten. Nicht anonym per Knopfdruck, sondern durch Bekämfen des Gegners im Blickkontakt mit der eigenen Waffe. Dann können Sie die 1 Mio Euro Frage stellen, wie es sich anfühlt, wenn man einen Menschen töten muss. Wahrscheinlich werden Sie keine Antwort erhalten !
Uff wir drehen uns im Kreis.
Wir (damit meine ich die westliche Welt) haben ein Proplem. Wir haben vor über 500 Jahren mit unseren Segelschiffen die Welt erkundet und bei den sich schon damals gegenseitig massakrierenden Urvölkern die Moderne verbreitet. Schon bald haben wir uns eingestehen müssen, das wir unsere Kräfte überdehnt hatten und haben diese Landmassen im Chaos verlassen. So leidet heute Afrika nicht an der „ungerechten“ Weltwirtschaft oder weil wir keine fair trade Schokolade von dort kaufen. Sondern alleine an dem Schmelztigel von Stammesfeden, Ideologien der alten und neuen Welt, sekundärinteressen und von uns willkürlich gezogenen Grenzlinien.
In der selben Zeit befinden wir uns als die „Herren der Welt“ selbst in einer moralischen, gesellschaftlichen etc… Krise. Mut, Tatendrang, Disziplin, Technologie und ein enormer Reichtum an Wissen haben uns Bewunderung und z.t auch Respekt durch Angst eingebracht.
Diesen Kredit haben wir im 21Jh durch unsere Selbstabschaffung verspielt. Wir werden nur noch wahrgenommen als moralisch dekadent, kleinlich, überheblich, kraftlos, tatenlos. Länder wie China blicken offen herab auf die ehem. Lehrmeister und präsentieren sich als die besseren „Westler“.
Ich weine hier gewiss nicht den Kolonialzeiten hinterher. Doch ich gebe zu bedenken das unsere Ressourcen auf der einen Seite extrem gering sind (z.b an eigenem Nachwuchs) und wir auf der anderen Seite den massenhaften Zerfall von zig Staaten zu failed states im 21Jh konfrontiert werden.
Wenn wir also nicht wollen das jedes unserer Containerschiffe überfallen wird oder zig. Passagierflugzeuge über diversen Landmassen dieser Erde vom Himmel geholt werden oder wenn wir nicht wollen das Millionenströme von Flüchtlingen über das Mittelmeer kommen, dann müssen wir und verdammt nochmal am Riemen reißen!
Wir müssen unsere wenigen Mittel sparsam und klug einsetzen. Wir müssen darauf achten unsere Kräfte nicht zu überdehnen (Diesen Fehler hat ja gerade das letzte verbliebene Imperium begangen und sich damit selbst beerdigt) und wann immer es geht geschickte Diplomatie, Bestechung, Gheimdienstarbeit etc.. einzusetzen. Wenn wir wirklich dazu genötigt werden militärische Mittel einzusetzen, dann müssen wir so verdammt gut vorbereitet sein, das es keine Zweifel mehr geben kann. Dazu braucht man aber sehr fähige Leute die jede Stammesverwicklung im Taal XYZ kennen und die globalen Entwicklungen kennen.
Diese Leute muss man dann in eine vernetzte Struktur aus Diplomatie, Nachrichtendienst, Militär integrieren. Doch genau das sehe ich nicht! Damit geht die Gefahr einher, das wir uns auf das nächste idiotische Abenteuer mit viel iedologischem Getöse (Schaffung von Demokratie etc..) einlassen und am Ende in Mogadischu tote Fallschirmjäger durch die Strassen geschleift werden.
Der ahnungslose und planlose Schwachsinn fängt gerade wieder an, wie man im Artikel nachlesen kann.
@Sun Tzu: Ich will Ihnen gar nicht widersprechen, natürlich gibt es noch „viel Raum für Verbesserungen“ bei den Außen- und Verteidigungspolitikern in Deutschland und der EU.
Aber vielleicht baden wir momentan auch nur die Sünden der Politik der Paktstaaten aus?
Siehe Afghanistan, wo die Amis ihre heutigen Feinde selber ausgerüstet haben.
Siehe Iran, wo sie bald ggfs gegen ihre eigenen F-14 in den Krieg ziehen (müssen/wollen/sollen).
Und jetzt Somalia, ehemals Kolonie, dann pendelnderweise zwischen der Sowjetunion und den USA und schließlich ein schlichtweg für die Weltgemeinschaft lange Zeit nicht interessanter Bürgerkrieg.
Aber das wird etwas OT, zurück zum Thema:
Hat jemand Belege für eine tatsächliche Änderung des OpPlans gefunden? Oder kocht hier nur ein eigentlich schon 1 1/2 Jahre altes Thema hoch?
(So lange sollen sich schon entsprechende Arbeitsgruppen mit einer Ausweitung auf die Landmasse Somalias beschäftigen. Quelle: NDR Info)
@ Koffer
Sehe ich anders, hab mich aber möglicherweise nicht eindeutig genug ausgedrückt. Frieden gewährleisten ist ein Teil von Deutschland dienen. Ich halte übrigens gar nichts von Vasallentreue gegenüber der Politik. Auch das Primat der Politik ist kein schrankenloses Recht.
Man ist heute immer sehr Stolz auf Staufenberg. Ich hoffe, heutige Soldaten wären mental auch zum Tyrannenmord in der Lage, sollte dies nötig sein. Eigentlich ist es Bestandteil der Ausbildung, zu lehren, wann ein Befehl zu verweigern ist. Es hat schon seinen Grund, warum ein Soldat auf Volk und Land vereidigt wird, nicht auf die Regierung. Der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, kann eben auch bedeuten, die Waffe gegen die eigene politische Führung richten zu müssen. Glücklicherweise sind wir gegenwärtig von so was noch weit entfernt, der Grundsatz sollte jedoch klar sein.
„Ziel unserer Armee ist es, Frieden zu gewährleisten, nicht Krieg zu führen.“ Dieser Satz ist aus dem Blickwinkel von Sicherheitspolitikern gedacht. Der Grund, warum man als Staatswesen in einer freiheitlichen Demokratie eine Armee unterhält, ist eben, Frieden zu gewährleisten und nicht um Krieg zu führen. Man muss eben auch dann militärische Fähigkeiten aufrechterhalten, wenn gerade kein Feind sichtbar ist – nicht zuletzt, damit niemand auf feindliche Gedanken kommt, weil es ja so einfach wäre.
Dieses Paradigma wirkt sich auf Art, Struktur und Ausrüstung aus. Denn diesem Paradigma folgend ist Landesverteidigung, robuste Aufwuchsfähigkeit etc. die erste Priorität der Armee, multinationale Interventionsfähigkeit käme da erst wesentlich später.
Genau in diesem Punkt findet gerade ein Paradigmenwechsel statt, der höchst gefährlich ist.
Jedem in der Welt müsste klar sein: Deutschland angreifen ist Selbstmord! Heute gilt das noch, in naher Zukunft möglicherweise nicht mehr. Denn einerseits stellen wir selber die Nato durch mangelnde Bündnistreue in Frage – wir stehen also in Zukunft vielleicht allein/ohne die USA da, andererseits werden unsere Fähigkeiten zur Landesverteidigung gerade massiv abgebaut (wie viele Kampfpanzer haben wir noch?).
Wir schaffen damit gerade die Voraussetzung, dass andere Länder uns glaubwürdig drohen können, was der Anfang vom Ende einer nun 66-jährigen Periode ohne Krieg in Zentraleuropa sein könnte.
Genau bei solchen Überlegungen braucht man eigentlich ein Offizierskorps, das sich professionell in Akademien und Universitäten mit solchen Dingen auseinander setzt und der Politik beratend gegenübertritt. Dafür müssen aber strategische Ziele definiert und verfolgt werden. Eine Armee, die sich lediglich als zweckgebundenen Aufgabenträger definiert, ist lediglich Werkzeug einer Politik, der strukturell die nötige Expertise zur Organisation von Frieden fehlt. Eine solche Struktur wird bei der Erhaltung von Frieden versagen.
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Zitat: „Also ist es keine rechtliche Frage ob die Bw dort eingesetzt werden darf, sondern einzig und allein eine politisch/ethisch/moralische.
Alles andere sind Ausreden.“
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Volle Zustimmung. Es ist schon peinlich, was da einige Politiker immer so loslassen. Hat sich Herr Ströbele eigentlich schon geäußert?
@ Georg
Ich bin aktiver Soldat, natürlich habe ich schon mit Soldaten gesprochen, die töten mussten.
Die katholische Friedensethik hat mich immer mehr beeindruckt als die Auffassungen der (modernen) evangelischen Kirche (Luther hatte auch schlüssiges System, aber davon hat man sich leider nach ’45 weitgehend verabschiedet).
Unabhängig davon macht „Gaudium et spes“ (diese Pastoralkonstitution haben Sie ja zitiert) den einzelnen Soldaten aber nicht zum Hüter über den Frieden, sondern zum Diener am Staat und DIESER Dienst, dient dem Frieden unter den Völkern.
Das ist genau das was ich meine! Nicht die Armee hat die Aufgabe den Frieden zu bewahren, sondern der Staat (im Regelfall in dieser Frage vertreten durch die Exekutive). Die Armee hat die Aufgabe der Regierung zu dienen. Durch Kampf stellt sie den Frieden wieder her, durch Abschreckung verhindert sie den Angriff und durch Anbieten von (kriegerischen) Optionen ermöglichst sie wirkliche Diplomatie.
@Sun Tzu
„Genau bei solchen Überlegungen braucht man eigentlich ein Offizierskorps, das sich professionell in Akademien und Universitäten mit solchen Dingen auseinander setzt und der Politik beratend gegenübertritt. Dafür müssen aber strategische Ziele definiert und verfolgt werden“
Treffer im Ziel! Sehe ich genauso.
@ Bang50 | 29. Dezember 2011 – 19:51
Es ist immer wieder eine Freude, Ihre klugen Beiträge zu lesen.
Aber unsere Politiker werden weiterhin ihre Hände in Unschuld waschen und sich wundern, warum man irgendwo in der Welt die Segnungen einer Gender- Demokratie nicht will und die neu gebaute Straße so gar nicht dankt.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages wurde zur Zeit der Ägypten- Krise mal gefragt, wie er sich darüber informieren würde, was da denn so passiert. Antwort: Zeitung und Internet, z. B. Facebook. Und das war wohl ernst gemeint. Seitdem wundere ich mich nicht mehr über die Ahnungslosigkeit und Naivität unserer Politiker.
@ TomTom | 29. Dezember 2011 – 19:55
Die Hypothese, dass wir hier noch viele Altlasten z.B. des kalten Krieges wegräumen müssen, ist sicherlich richtig. Im Rahmen einer strukturellen Analyse ist das ja auch interessant.
Es ändert nur nichts daran, dass man den Mist im Endeffekt halt wegräumen muss. Und wenn man in der Vergangenheit aus Versehen ein Monster geschaffen hat, dann sollte man erst recht zusehen, dieses Monster zu erledigen.
Lt. Nachrichten (20:00 Uhr) im Deutschlandfunk haben sich jetzt die verteidigungspolitischen Sprecher von SPD und Grünen klar gegen die Überlegungen ausgesprochen. Herr Arnold bezeichnete die Idee als „abenteuerlich“, Herr Nouripour als „blanken Wahnsinn“:
http://www.dradio.de/nachrichten
@SunTzu
„„Ziel unserer Armee ist es, Frieden zu gewährleisten, nicht Krieg zu führen.“ Dieser Satz ist aus dem Blickwinkel von Sicherheitspolitikern gedacht.“
Ja, aus dem Blickwinkel von Sicherheitspolitikern haben Sie Recht.
Aber aus der Sicht der Armee ist die AUFGABE aber eben Deutschland zu dienen in allen Facetten des Dienens –> und dies meint für Soldaten eben auch und gerade Krieg zu führen.
Eben um den ZWECK (den Frieden und vor allem die Freiheit) zu erhalten, zu bewahren oder ggf. eben wiederherzustellen.
@ Koffer | 29. Dezember 2011 – 20:41
Im Prinzip sind wir offensichtlich einer Meinung.
Unser Knackpunkt ist denke ich folgende Frage: Wie viel „Sicherheitspolitiker“ müssen Generäle und hohe Offiziere sein?
Sie betonen in diesem Punkt das Primat der Politik, ich bin da der Meinung, dass möglicherweise andere qualifizierter für die Erledigung bestimmter Aufgaben sind.
Ich meine, hohe Offiziere sind eindeutig Sicherheitspolitiker und müssen Bestandteil der Diplomatie sein. Sie dienen hier der Exekutive, bringen aber ihre Expertise mit ein. Dieser Punkt wird bei uns aus ideologischen Gründen und der Überbetonung des Primats der Politik zu wenig berücksichtigt.
Wenn General Mattis, Kommandeur des US Central Command, auf Staatsbesuch in einem Land seines Verantwortungsbereichs ist, dann hat das dort eine höhere Bedeutung, als wenn unser Außenminister vorbeischaut.
Hier muss meiner Meinung in Deutschland noch viel dazu gelernt werden, wenn man wirklich Frieden erhalten möchte.
Besser als Bodentruppen wären „500 Kriegsschiffe“ zu entsenden und den Seeraum mal richtig zu überwachen.
Dort könnten sich dann auch die Marine des Irans und von Nordkorea ein neues Aufgabenfeld suchen.
Guten Rutsch und volle Fahrt vorraus!!
@Sun Tzu: Ich stimme Ihnen in fast allen Punkten zu.
Allerdings sehe ich die Generalität und Admiralität nicht als Sicherheitspolitiker.
Sondern als Berater der Bundesregierung auf der einen Seite und als Verantwortliche dem VM gegenüber auf der anderen Seite.
Leider scheint mir allerdings der Rat der Experten (nämlich eben dieser langgedienten Offiziere) wenig gefragt.
Vielmehr spielt Parteipolitik die entscheidende Rolle in unserer Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.
Sicherlich haben auch einige ewig gestrige Panzergeneräle dazu beigetragen, dass man sich eher auf externe Beraterfirmen verlassen will als auf das „eigene Haus“.
Aber grundsätzlich sollte Verteidigungspolitik nicht der Parteipolitik folgen.
Leider ist das bei uns aber der Fall.
@Sun Tzu
Was Ihr letztes Posting betrifft, stimme ich Ihnen aus vollem Herzen zu.
Ich bin durchaus der Meinung, dass der Primat der Politik in DEU vollkommen falsch verstanden wird.
Wir sind eben gerade in dieser Frage noch nicht (wieder) erwachsen.
@ Koffer 20:34 Uhr
Zitat: „Unabhängig davon macht “Gaudium et spes” (diese Pastoralkonstitution haben Sie ja zitiert) den einzelnen Soldaten aber nicht zum Hüter über den Frieden, sondern zum Diener am Staat und DIESER Dienst, dient dem Frieden unter den Völkern.
Das ist genau das was ich meine! Nicht die Armee hat die Aufgabe den Frieden zu bewahren, sondern der Staat (im Regelfall in dieser Frage vertreten durch die Exekutive). Die Armee hat die Aufgabe der Regierung zu dienen. Durch Kampf stellt sie den Frieden wieder her, durch Abschreckung verhindert sie den Angriff und durch Anbieten von (kriegerischen) Optionen ermöglichst sie wirkliche Diplomatie.“
Die Schwerpunktverschiebung, die Sie in dem Beitrag vollziehen, sehe ich anders.
Der Soldat soll Diener des Friedens sein und in dieser Funktion auch den Staat beeinflussen. Wenn der Staat sich also in Richtung Krieg bewegt, ist es die Aufgabe der Soldaten alles zu tun um den Frieden trotzdem zu erhalten. Hier muss mal die praktische Ausgestaltung des Primats der Politik hinterfragt werden. Die Mandatsvorlagen für den Bundestag bezüglich Auslandseinsätze und deren Verlängerung werden schließlich maßgeblich mit Zahlen der militärischen Führung, bzw. Militärs im BMVg gefüllt. Insofern haben die Militärs schon einen wesentlichen Einfluß was die Bundestagsabgeordneten beschließen – sowohl im positiven wie im negativen. Panzerhaubitzen hat allerdings erst ein Verteidiungsminister nach Kunduz gebracht, nicht der GI.
Ansonsten ist es Aufgabe des gebildeten Gewissen des Soldaten zu kontrollieren, was der Staat von ihm verlangt. Er ist nicht dem Staat in letzter Instanz verplichtet sondern seinem Gewissen. Deshalb halte ich die Entscheidung von Oberst Klein als eine begründete Gewissensentscheidung für absolut richtig und mache die Vorwürfe an die Politik und an die Spitze der militärischen Führung des BMVg, die jahrelang die Mängel der Kontingentberichte und z.B. des von-Heyst Bericht nicht entschlossen abgestellt haben und den Kommandeur vor Ort erst durch deren Nichthandeln in die ausweglose Situation gebracht haben.
Also letzte Instanz für die eigene Entscheidung ist nicht das treue Dienen dem Staat gegenüber sondern die Vereinbarkeit mit dem eigenen Gewissen.
@TomTom:
Welcher Rat von welchen Experten?
Unsere Generalität/ Admiralität ist eine Ansammlung von Ja-Sagern.
Das liegt teilweise sicher auch an der Politik, aber wenn ich sehe wie diese „Experten“ am 20. Juli reden und wie sie sonst handeln.
Zudem ist deren Expertenwissen ja auch oft auf die eigene Karriere beschränkt. Wirkliche Experten zu Krieg in Theorie und Praxis habe ich in diesen Reihen fast nie erlebt, aber viele opportunistische Technokraten.
@Georg
Natürlich ist (ethisch und christlich gesprochen) nicht der Staat die letzte Instanz, sondern das eigene Gewissen oder Gottes Wort, aber das ist ja staatsrechtlich gesprochen irrelevant.
Und die Grenze an der ein Offizier einem Befehl nicht folgen darf, weil sein Gewissen es verbietet liegt nun einmal sehr hoch!
Wir sind heutzutage schnell bei der Hand die Gewissensentscheidung über den Gehorsam zu stellen, aber grundsätzlich ist nun einmal der Gehorsam für einen Soldaten der Regelfall und der Widerstand die (absolute) Ausnahme.
Ich stimme Ihnen zu, dass wir in Deutschland dringend die konkrete Ausgestaltung des Primats der Politik überprüfen müssen.
Primat der Politik heißt nicht Einmischung in alles und jedes und Nichtachtung der fachlichen Expertise.
Da machen es uns die Briten und die Amerikaner ja deutlich vor, wie so etwas besser zu machen ist.
Aber das hat nichts damit zu tun, dass die Armee zu allererst einmal ein Werkzeug des Staates ist und deswegen kann ihr ZWECK und Ziel nicht der Frieden sein (sondern „lediglich“ die höhere, abstrakte Aufgabe), sondern ihr Zweck und Ziel ist es als Werkzeug des Staates zu DIENEN.
Unabhängig davon finde ich, wird heutzutage der (kurzfristige) Frieden sowieso viel zu stark gewichtet. Das Recht und die Freiheit, dass sind Werte, die über dem (kurzfristigen) Frieden stehen und dahinter muß nach meiner Meinung der (kurzfristige) Frieden immer zurücktreten.
Das ändert aber nichts an meiner Meinung, dass das letzte und höchste Zielt natürlich wahrhafter, umfassender und dauernder Frieden sein muß.
@Memoria:
Auch ich tue mich oft schwer, die Generalität als Experten für das aktuelle Geschehen zu betrachten.
Allerdings sehe ich deren Expertise auch als Ergebnis des Weichwaschens durch den Dienstweg.
Es ist natürlich angenehmer, klar zu melden anstatt ständig auf Missstände hinzuweisen. Man will ja noch was werden….
Hier begünstigt das „System“ das Dummhalten der eigenen Führung.
Trotzdem muss sich die Politik auf ihre Spitzensoldaten verlassen können. Und in meinem jugendlichen Leichtsinn muss ich daran glauben, dass die Herren wissen, wovon sie reden. Oder zumindest entsprechende Vorlagen bekommen aus ihren Stäben.
Ich gebe mich aber auch keinen Wunschträumen hin: Entscheiden tut der Staatssekretär, da kann der General sich auf den Kopf stellen und mit dem Po Fliegen fangen…
Auf der anderen Seite schafft es ein Insp Lw, den Haushältern erfolgreich zu verkaufen, wofür D weit über hundert €-Fighter braucht. Das zumindest zeigt, dass einiges geht, wenn man es richtig anstellt.
Und die Marine zB ist grundsätzlich gut aufgestellt, hier darf auch ein Lob nicht fehlen.
Von den Belangen der Marinefliegerei abgesehen stehen die blauen Jungs ganz gut da, besonders im Vergleich zu den anderen TSKs.
Dies darf man wohl den Führungskräften der Marine zuschreiben, die die letzten 10 Jahre + an den Hebeln saßen.
Also ist vielleicht doch nicht alles verloren?
Jetzt müssen sich die werten Herren nur richtig entscheiden, wenn es um die Ausweitung des Mandats von ATALANTA geht.
Hier kann man viel richtig, aber noch viel mehr falsch machen.
„Wir sind eben gerade in dieser Frage noch nicht (wieder) erwachsen.“
Dieser Gedanke kommt mir auch des Öfteren (Arnold , die Linke usw.)
(allerdings halte ich das (wieder) für sehr denkwürdig)
denn das Verhalten der aktuellen Opposition in Sachen militärische Interventionen jedweder Art, schein einem Dogma Unterworfen zu sein.
Einem Dogma welches eine eigene Beteiligung (Kampfhandlungen der BW ) ausschließt, bzw. verteufelt.
Dadurch wird einen Grundsatz der Demokratie, nämlich dem der freien Meinung und den daraus resultierenden hochflexiblen Handlungsmöglichkeiten einer demokratischen Gesellschaft, zunichtegemacht. Dies scheint bei vielen nicht konservativen (von lat. bewahren) Politikern seltsamer weise noch nicht angekommen zu sein.
Auffällig in diesem Dogma scheint mir, dass jedes vernünftige Argument der Militärs für eine Intervention, mit immer den 2 gleichen Argumenten totgeschlagen wird.
1. Der Täter wäre das Opfer
Dazu kann ich nur sagen, jedem Mensch stehen bestimmt Rechte zu, aber halt auch Pflichten, und das heißt auch, das selbst wenn ein Mensch in Notlage ein Verbrechen begeht um seine Lage bzw. die Lage seiner Umwelt zu verbessern, trotzdem nicht in einen Immunitätsstatus verfallen darf, so wie er anscheinend von der Linkspartei insbesondere für Taliban und Piraten gefordert wird.
2. Jede Militärische Aktion sei ein UNBERECHENBAREN Risiko
Richtig ist wohl, das eine Militärische Aktion immer die Option mit dem höchsten Risiko ist, da ganz konkret Menschenleben direkt und unmittelbar auf dem Spiel stehen und eine neues Eskalationslevel eintritt. Falsch ist aber das Mantra vom Unberechenbaren. Unberechenbar wird es erst wenn man sich naiv gesagt, einfach nur raushält und damit weckguckt. (Siehe Peacekeeping)
Soh jetzt genug „geschmolle“ für mein Alter gehöre ich jetz eigenlich in die Ponte (Pontstaße)!
@Koffer
“Wenn Sie mit der Nazi-Keule versuchen inhaltliche Argumente zu ersetzen, dann bedauere ich dies sehr.
Das war kein NS Angriff, sondern ein militärisch getragener Angriff auf den Osten mit dem Ziel an Rohstoffe zu kommen. Nicht alles was in den 12 Jahren geschah fällt unter den Begriff Faschismus. Es lag mir deshalb fern die Nazi-Keule zu schwingen.
Auch die UDSSR und andere Staaten hatten in dieser Zeit und den Jahren davor ihre Territorien erweitert um an Rohstoffe zu gelangen.
“Wenn sie ihre Kinder oder Untergebenen für den Preis des Öls opfern möchten, dann ist das ihre Entscheidung[…]”
DAS ist ja noch lächerlicher, was soll denn dieses “Argument”?
Das ist die Frage die ich mir stelle, wenn ich in einen Einsatz gehe und ich finde dies auf keinen Fall lächerlich. Es ist einfach sich selbs in Gefahr zu bringen aber oft ist es schwieriger wenn man Verantwortung für einen Nächsten trägt. Wenn man dann auch noch der Meinung ist, dann bitte! Ich hatte dies ihnen ja auch nicht unterstellt sondern ich schrieb „Wenn…“ Es geht in diesem Fall um die Gretchenfage. Ihren weiteren Ausführungen entnahm ich, dass das Opfern von deutschen Soldaten nur für wirtschaftliche Interessen, auch für sie nicht hinnehmbar wäre!?
@Prediger
Das Weißbuch ist im Übrigen eine Diskussionsgrundlage der Regierung und kein ersatz für das GG:
„..Ich hoffe und wünsche, dass das vorliegende Weißbuch einen Impuls für eine breite gesellschaftliche Debatte darüber geben wird, wie Deutschland seine Sicherheit in Frieden und Freiheit auch unter den bestehenden Bedingungen des 21. Jahrhunderts erfolgreich schützen kann.
Berlin, den 25. Oktober 2006
Dr. Angela Merkel“
Eine breite gesellschaftliche Debatte blieb aus!
@Felix
„Und ich weiß nicht ob der Vergleich zwischen den Hintermännern der Piraterie und der nordkoreanische Diktatur so gut ist.“
Ich habe nicht die nordkor. Diktatur und die Hintermänner verglichen, sondern den Umgang mit Personen und deren Angehörigen die auf der einen Seite verteufelt werden und für deren Bekämpfung wir unsere Soldaten in den Krieg schicken würden und auf der anderen Seite pflegt die feine Gesellschaft gute Kontakte und hofiert sie.
@Elahan
1. „“Wenn Sie mit der Nazi-Keule versuchen inhaltliche Argumente zu ersetzen, dann bedauere ich dies sehr.“
„Das war kein NS Angriff, sondern ein militärisch getragener Angriff auf den Osten mit dem Ziel an Rohstoffe zu kommen.““
Was ist denn das für ein Unfug? Wenn Sie in einer Diskussion über Somalia mit dem Unternehmen Barbarossa gleichsetzen, dann kann ich das ja nur als „Nazi-Keule“ bezeichnen und ablehnen. Das ist doch keine inhaltliche Diskussion, sondern nur billige Polemik…
2. „Es ist einfach sich selbs in Gefahr zu bringen aber oft ist es schwieriger wenn man Verantwortung für einen Nächsten trägt. Wenn man dann auch noch der Meinung ist, dann bitte! Ich hatte dies ihnen ja auch nicht unterstellt sondern ich schrieb “Wenn…” “
Alleine mit dem „wenn“ haben Sie bereits unterstellt, eine solche Argumentationsstrategie ist reichlich billig! :(
„Es geht in diesem Fall um die Gretchenfage. Ihren weiteren Ausführungen entnahm ich, dass das Opfern von deutschen Soldaten nur für wirtschaftliche Interessen, auch für sie nicht hinnehmbar wäre!?“
ICH habe dies nicht zu entscheiden! Dies ist Entscheidung der Bundesregierung, der ich durch Eid und Treue verpflichtet bin und der ich (als Stellvertreter für Deutschland) diene.
Wenn man einem Soldaten diese Entscheidung aufbürdet, dann entlässt man die Politiker aus DEREN Verantwortung!