Noch ein Piraten-Prozess in Hamburg?
Seit fast einem Jahr läuft vor dem Hamburger Landgericht der Prozess gegen mutmaßliche Piraten aus Somalia, die den deutschen Frachter Taipan gekapert hatten – und jetzt könnte ein weiteres Verfahren hinzukommen. Nach einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks prüft die Hamburger Justiz, ob sie ein Verfahren gegen die mutmaßlichen Seeräuber eröffnet, die 2009 den Frachter Courier entführt hatten – und die neun Somalier aus Kenia nach Hamburg holt.
Hintergrund ist die Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts in der vergangenen Woche: Die Richter hatten zwar die Festnahme der mutmaßlichen Piraten durch Soldaten der deutschen Fregatte Rheinland-Pfalz für rechtmäßig erklärt, nicht aber die Übergabe an die Justiz Kenias.
Ein solches Verfahren wäre allerdings die Absage an das – von der EU jedenfalls – angestrebte Prinzip, festgesetzte Piraten vor Gerichte in der Region zu bringen.
Nachtrag: Die Fregatte Köln hat unterdessen die Dhau mit den zwei jementischen Seeleuten in der Heimat abgeliefert. Vorher hatten die Deutschen die Maschine des als Piraten-Mutterschiff genutzten Bootes wieder flott gemacht und ein Tau aus der Schiffsschraube entfernt. Bilder von deutschen Marinesoldaten, die auf der Al Jabal zur See fahren, habe ich leider noch nicht gefunden – aber das Bild der Dhau, die von der Köln eskortiert wird…
(Foto: EUNAVFOR)
Und noch ein Nachtrag: Gerade die Köln mit ihrem erfolgreichen Anti-Piraterie-Einsatz der vergangenen Wochen wird als erste Fregatte außer Dienst gestellt. Dabei hat sie erst seit zwei Tagen einen neuen Kommandanten…
Noch mehr somalische Piraten vor Hamburger Gerichten. Na klar!
Gute Idee aus der Karnevalshochburg. Kölle aalaf! Danke an die Pappnasen. Jetzt können sich alle arbeits- und einkommenslosen Rechtsanwälte für die „armen“ Somalis engagieren und sie auf Staatskosten nach Hamburg holen lassen. Da wartet im Vergleich zur kümmerlichen Lehmhütte in Berbera der pure Luxus. Darf dann auch die Familie nachgeführt werden? Ich warte da noch auf ein Urteil des VerwG Köln…
Äver, et kütt wie et kütt: Der Kriminelle siegt über den Gutmenschen. Das ist moderner Darwinismus. Ich könnte …
Nun kommt es wie es kommen mußte:
Heute Piraten und morgen ein Talib. Oder sind die Bedingungen in AFG Gefängnissen besser als in Kenia?
Es wird Interessant werden, zu schauen ob das Urteil vor Obergerichten Bestand hat.
@JeffCostello
Zur Qualiaet in AFG Gefaengnissen gab es dieses Jahr schon nen UNAMA Report.
UNAMA Report
http://unama.unmissions.org/Default.aspx?tabid=1741&ctl=Details&mid=1882&ItemID=15279
Interessant ist auch die Reaktion der ISAF dazu.
ISAF Reaction
http://www.isaf.nato.int/article/isaf-releases/isaf-outlines-proactive-detainee-safeguards.html
Ich spar mir jetzt mal die Executive Summary wiederzugeben (2 Seiten). Der Schluesselsatz fuer diese Debatte hier lautet:
„Under the Convention against Torture States are prohibited from transferring individuals to another State’s custody where a substantial risk of torture exists. Rules of the International Security Assistance Forces (ISAF) also state that consistent with international law, persons should not be transferred under any circumstances where there is a risk they will be subjected to torture or other forms of ill-treatment.
[…]
In early July 2011, US and ISAF military forces stopped transferring detainees to NDS and ANP authorities […] based on reports of a consistent practice of torture and mistreatment of detainees in NDS and ANP detention facilities in those areas. In early September 2011, in response to the findings in this report, ISAF stated that it stopped transferring detainees to certain NDS and ANP installations as a precautionary measure.“
Rechtlich gesehen ist die Sache relative klar. Unser Staat muss in Gefaegnissen nen Mindeststandard einhalten (z.B. nicht foltern), daher darf er auch nicht durch sein Handeln (Ueberstellung von Gefangenen nach Somalia/AFG) dazu beitragen, dass diese Standards durch andere verletzt werden. Sein handel waere ja der Grund fuer die Verletzung.
Mann sollte anmerken, dass Mindeststandards =/= deutsche STandards sind.
Das Prinzip ist alt. (Es verhindert im Uebrigen auch, dass man eine Person in die USA ausliefern darf welcher dort die Todesstrafe droht, da die Todesstrafe in Deutschland verboten ist.)
Klar, sehe ich auch das Problem, dass die kooperation mit einigen Staaten stark eingschraenkt wird, aber was ist die Alterantive*? Die Handlungen von Dtld. im Ausland ausserhalb eines rechtlichen Rahmes fallen zu lassen sicher nicht.
KP
*Lange Palette von Optionen: Anderes Land gewinnen fuer Prozess, rglm. Kontakte zu Regierung Kenias … langfristig: Ausbildung von Kenia’s Justizbeamten, …
Die erste 122er geht außer Dienst. Schade, schade. Die schönsten Schiffe, auf denen man bei der Deutschen Marine zur See fahren kann.
Das nun leider die schon immer sehr erfolgreiche Köln außer Dienst geht, mag zwar schade sein und angesichts ihrer Erfolge in ATALANTA auf den ersten Blick unvernünftig, betrachtet man jedoch den Drei-Phasen-Zyklus einer Fregatte (Ausbildung-Einsatz-Werft), so wird deutlich, dass es eine rationale und durchaus vernünftige Entscheidung ist. Der Werftaufenthalt wir eingespart und somit auch Millionen Euro, die der Steuerzahler zu tragen hätte.
Fast jeder bemängelt doch zu Recht, dass immer erst Standorte aufwendig modernisiert werden, um sie dann zu schließen.
Freuen wir uns hier mit einem weinenden Auge über die zweckrationale Entscheidung die Fregatte vor der teuren WLZ außer Dienst zu stellen und nicht erst danach.
BG,
MR
Als ehemaliger Kölnfahrer muss ich sagen sehr schade , es war immer schön gelegentlich mal etwas von „meinem“ Schiff hier zu lesen.
Rational kann man es verstehen, ich hoffe nur für alle zukünfigen Seefahrer das sie durch das neue Konzept genauso eine enge Bindung an ihr Schiff und ihre Kameraden bekommen und eine tolle Zeit haben.
Die KOELN begleitet die Dhau nach Hause.
Danke für das schöne Foto!
Es symbolisiert auf anschauliche Weise die gesamte ATALANTA Mission:
Mit maximalem Aufwand – minimale Ergebnisse erzielen.
(Leider kann man auf der EUNAVFOR website keine Kommentare mehr schreiben, sonst ….)