Fregatte „Köln“ stellt Piraten-Mutterschiff (Update)
Nachdem es in der vergangenen Nacht nur etwas unklare (und nachträglich veränderte) Infos zum jüngsten Anti-Piraten-Einsatz der Fregatte Köln gab, werden jetzt die Einzelheiten etwas deutlicher:
Dem deutschen Kriegsschiff, in den vergangenen Wochen ohnehin im Indischen Ozean recht aktiv und erfolgreich, scheint ein wesentlicher Schlag gegen eine so genannte Pirate Action Group gelungen zu sein. 70 Seemeilen südlich der somalischen Halbinsel Xaafuun stellte die Besatzung der Köln am Dienstag ein Piraten-Mutterschiff mit 21 Personen an Bord. Über dieses Schiff mit dem Namen Shu Ai 03 habe ich bislang nichts finden können, aber Name und Nummerierung deuten darauf hin, dass es sich um ein gekapertes Fischerboot möglicherweise aus Taiwan handelt, dass als Mutterschiff genutzt wurde. Korrektur: Es handelt sich offensichtlich um eine Dhau, die die Seestreitkräfte nach dem Typ mit dem Namen Shu’ai bezeichnen und durchnummerieren; der eigentliche Schiffsname scheint Deer zu sein, wie auf dieser Übersicht der NATO gezeigt.
Als sich zunächst der Bordhubschrauber der Köln und später die Fregatte dem Mutterschiff näherten, wurden Gegenstände über Bord geworfen, heisst es in einem internen Bericht. Das ist die übliche Praxis der Piraten, Waffen und andere einschlägige Ausrüstung wie Enterhaken und Leitern verschwinden zu lassen. Dem Wunsch der Köln, die Shu Ai 03 zu boarden, wurde nicht widersprochen (was angesichts der Feuerkraft einer Fregatte und ihres Hubschraubers nicht viel heißt…)
Die mutmaßlichen Piraten an Bord sollen für Angriffe auf den Frachter Elka Athina und den Gastanker BW Broker verantwortlich sein. Alle 21 Besatzungsmitglieder wurden zu Verhören auf die Köln gebracht.
Nachtrag: Von den 21 Personen an Bord der Dhau waren nach den bisherigen Erkenntnissen 19 Piraten, die beiden übrigen Jemeniten, die zur ursprünglichen Besatzung des Bootes gehörten. Die Dhau mit diesen beiden Seeleuten, unterstützt durch seemännisches Personal der Fregatte Köln, fährt jetzt Richtung Jemen. (Wenn ich das richtig verstehe, fahren jetzt also deutsche Matrosen mit einer Dhau zur See, im Indischen Ozean…)
Zur Einordnung noch mal die Karte – etwa 70 Seemeilen (gut 100 Kilometer) südlich der markierten Halbinsel Xaafuun griff die Köln zu:
(Karte: OpenStreetMap)
Die Köln hat ja richtig zu tun in den letzten Wochen. Kann man bereits davon sprechen, dass ihr Einsatz, jetzt schon, ein voller Erfolg ist? Ich denke: Ja.
Wie wäre es mal mit einem U-Boot, Kampftauchern und einem großen Netz zur Beweissicherung :)
„Die Dhau mit diesen beiden Seeleuten, unterstützt durch seemännisches Personal der Fregatte Köln, fährt jetzt Richtung Jemen. (Wenn ich das richtig verstehe, fahren jetzt also deutsche Matrosen mit einer Dhau zur See, im Indischen Ozean…)“
Das sehe ich auch so. Tja, die Bundeswehr macht halt viel möglich, um sich als spannender Erlebnisarbeitgeber anzupreisen. ;-)
Die Dhau versenken und im Jemen neu (gebraucht) kaufen wäre vermutlich preiswerter, als sie aufwändig rüberzuschippern. Welcher Aufwand wird wohl betrieben werden müssen, damit man sichergeht, dass die Dhau nicht erneut gekapert wird und dann deutsche Soldaten in Feindeshand landen?
Schippert denn jetzt die Köln wenigstens zum Schutz hinter der Dhau her?
Denn die Gewässer, welche man durchqueren muss, sind ja in punkto Sicherheit durchaus nicht mit der Kieler Förde zu vergleichen.
Das Bild würd ich gern sehen, wie ein paar 11er im BGA auf der Dauh rumschippern :)
@Buzz
http://www.youtube.com/watch?v=3KzOu7UxlqU
Deutsche Seeleute auf einer Dhau – oh Gott, was sagt die SBG (See-Berufs-Genossenschaft) denn dazu? Haben die auch die vorgeschriebenen Aushänge für die Mülltrennung und -Beseitigung gemäß MARPOL ausgehängt? Und was sagt die Versicherung, wenn sich da einer einen Splitter vom Holzdeck einfängt?
@ f28
Mein Gedanke… Ob die schon eine(n) Gleichstellungsbeauftragte(n) gewählt haben?
Auf so einer Dhau macht sich im übrigen auch die Segelausbildung bezahlt, die man auf der Gorch Fock erfahren hat…
Jetzt mal ernsthaft:
Wenn die Köln jetzt tatsächlich die Reise von dieser Halbinsel bis zum Jemen unternimmt, um die Dau zu retten und die beiden Seeleute dort abzusetzen, scheint mir das eine reichlich unsinnige Entscheidung zu sein: Man verbrennt Treibstoff, der wahrscheinlich schon nahe dem Gesamtwert der Dau liegt, blockiert eine gesamte Fregatte samt Mannschaft für mehrere Tage und setzt zudem die Matrosen auf der Dau einem zusätzlichen Risiko aus (Auch wenn es wohl nicht allzu hoch sein dürfte, die Dau ist ja bisher auch geschwommen, und überfallen wird die wohl auch keiner, wenn da die Köln hinterherdümpelt).
Sieht jedenfalls nach Lage der Informationen für mich nach einem sehr ineffizienten Mitteleinsatz aus. Anders sähe es natürlich aus, wenn die Köln sowieso auf dem Weg in die ecke gewesen sein sollte und nun nur einen kleinen Umweg fährt.
Naja, der Herr Kaptain wird shcon wissen, warum er es so und nicht anders handhabt.
Fregatten jagen kleine Fischerboote mit Kriminellen an Bord. Gaaaanz toll. Dafür werden unsere Steuergelder verprasst! Sowas nutzloses.
@
Prediger
Ich hatte 1sec gehofft das es ein ernstgemeinter Link war :)
@all: Sofern es wirklich so ist, dass die KÖLN nun einige Tage damit verbringt, die Dhau nach „Hause“ zu begleiten, so ist das sicherlich nicht die Entscheidung des Kommandanten.
Dafür gibt es einen nicht zu kleinen Stab, der solche Entscheidungen trifft. Und die Besatzung wird sicherlich nicht alles gut finden oder gerne tun. Aber darum geht es schlichtweg nicht. Und schließlich ist es so, dass alles juristisch einwandfrei sein muss, nicht dass man einem Piraten die Lebensgrundlage nimmt…..
Da wundert es schon, dass die KÖLN in den letzten Wochen doch recht resolut vorgehen durfte.
Richtig so, wozu fährt sie sonst in den Einsatz?
Machen die anderen Schiffe von ATALANTA denn ähnlich viele Fänge?
So-so, also hat die KÖLN jetzt die 19 Piraten an Bord, wenn ich richtig gelesen habe.
Was machen sie nun mit denen?- Wahrscheinlich schon bald wieder freilassen und an Land absetzen, schätze ich.
Da hätte ich mal ’ne bessere Idee:
Lasst doch die Piraten nur gegen Lösegeld wieder frei. Sagen wir mal so um die 100.000,- USD pro Nase – macht 1,9 Mio – damit hätte die Marine schon einen Teil ihrer Kosten (für die Begleitung der Dhau) wieder raus.
An Land in Somalia (oder in Nairobi?) sitzen doch die Piraten-Häuptlinge, schwerreiche Bosse, wie man hört. Denen auch mal ein Lösegeld abzuknöpfen – das hätte doch was!
der staat als lösegelderpresser…. dürfte aus juristischer sicht ehr suboptimal sein. (was machen wir wenn nicht gezahlt wird?die brüder kiel holen?)desweiteren wage ich einfach mal zu bezweifeln das jene „häuptlinge“ ernsthaftes interesse am wohlergehen ihrer „mitarbeiter“ haben…
@Buzz
Ich habe den Link natürlich nur aufgrund des interessanten pädagogischen Ansatzes, den die Szene zwischen 0:42 und 0:46 enthält, gewählt… Insofern verwehre ich mich ausdrücklich gegen den Vorwurf fehlender Ernsthaftigkeit ;-)
@Janmaat
„Lasst doch die Piraten nur gegen Lösegeld wieder frei. Sagen wir mal so um die 100.000,- USD pro Nase – macht 1,9 Mio – damit hätte die Marine schon einen Teil ihrer Kosten (für die Begleitung der Dhau) wieder raus. “
Außerhalb Deutschlands hat man schon über unkonventionelle Lösungen dieser Art nachgedacht. Der von Ihnen vorgeschlagene Ansatz würde vermutlich daran scheitern, dass das Leben der Piraten auch aus der Sicht ihrer eigenen Leute wertlos ist. Man würde keine zehn Cent Lösegeld (bestimmt gibt es einen völkerrechtlich schöneren Ausdruck dafür) mit der Androhung ihrer Festhaltung oder Tötung durchsetzen können, geschweige denn eine Freilassung der entführten Schiffe und Besatzungen. Die z.T. in Familiennetzwerken operierenden Piraten wären vermutlich sogar eher froh, wenn noch mehr nutzlose Esser bzw. überzählige Söhne in europäischen Gefängnissen gut versorgt werden.
Die Verwundbarkeiten der Piraten liegen an anderer Stelle. Die Ernährungssituation der Bevölkerung, aus der die Piraten kommen, ist z.B. hoch prekär. Würde man die Ernährungssituation gezielt anpassen (u.a. durch Unterbrechung von Hilfe), wären die Piraten vermutlich bald zu Konzessionen gezwungen.
Es gibt weitere unkonventionelle Ansätze, von denen jedoch vermutlich keiner in Deutschland jemals diskutiert werden wird oder gar zur Anwendung kommen könnte. Statt dessen leistet sich Deutschland solche Lachnummern wie die im Beitrag beschriebene und findet es noch nicht einmal peinlich.
„Die Verwundbarkeiten der Piraten liegen an anderer Stelle. Die Ernährungssituation der Bevölkerung, aus der die Piraten kommen, ist z.B. hoch prekär. Würde man die Ernährungssituation gezielt anpassen (u.a. durch Unterbrechung von Hilfe), wären die Piraten vermutlich bald zu Konzessionen gezwungen.“
Sagen Sie doch einfach aushungern… Und spätestens jetzt sollten Sie sich hier als Funkkreisteilnehmer abmelden.
@ Orontes
Aushungern ist zwar richtig, Sie aber setzen definitiv an der falschesten Stelle an. Das Aushungern der Basisbevölkerung ist, neben der starken moralischen Bedenklichkeit, einfach nicht zielführend. Schon in Viet Nam fruchtete diese Taktik nicht. Man schürt lediglich den Hass gegen die übermächtigen „Invasoren“ und säht Ungerechtigkeit, da die bestraft werden, die nichts für oder gegen die Piraterie können.
Die Auslöschung der Piraterie erreicht man m.E. nur, wenn drei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:
* Kontrolle über die Gerichtsbarkeit in den Staaten von denen aus Piraten operieren (in der Karibik waren das Kolonialstaaten und Mutterland)
* alternative Möglichkeiten für Besatzungen, sich den Lebensunterhalt zu verdienen
* unbedingte Härte in der Vorgehensweise gegen die Köpfe der Organisationen (Kapitäne und Geldgeber)
Die Weltgemeinschaft kümmert sich derzeit nur halbherzig und erledigt keinen Punkt richtig. Der letzte Punkt mag uns in den zeiten unserer so zivilisierten Gesellschaft unangenehm aufstoßen, man muss jedoch die Situation in der Gegend richtig bewerten. Menschen in solchen Ländern müssen stets zwischen für uns unvorstellbaren Übeln entscheiden.
Piraterie muss daher fortan auf ganzer Linie das größere Übel sein!
@orontes
Ihr Vorschlag ist nur in diesem Zusammenhang neu:
Das Kaiserreich hat auf diese Art die Herrero in Südwest zur Aufgabe gezwungen.
Und in Deutschland gibt es vereinzelt Gedenkstätten, die dem von Ihnen vorgeschlagenen Umgang mit Menschen und Menschenrechten gewidmet sind:
Flossenbürg, Bergen, Buchenwald, Dachau etc…
Ihre Äußerungen überschreiten wieder einmal bei weitem das erträgliche Maß.
Sie sollten sich aus diesem Kreis nicht abmelden, sondern abgemeldet werden.
Wenn sie schon nicht verurteilt und auf Dauer eingesperrt werden, dann sollten sie wenigstens irgendwo weit weg der Heimat an der Küste abgesetzt werden.
Sollen sie sehen wie sie wieder nach Hause kommen…
Das ist doch irgendwie cool.
Das lustigste was ein 11er heute machen kann, mit ner Dhau rumschippern.
Das ist fast wie zu Graf Luckners Zeiten :)
Godwin is strong in this thread :(
@Jeff Costello
„Das Kaiserreich hat auf diese Art die Herrero in Südwest zur Aufgabe gezwungen.“
Ihnen ist also durchaus bekannt, was für Maßnahmen der Kampf gegen bestimmte Gegner erfordern kann. Warum wollen Sie mich dann aus der Diskussion (aus der ich mich ja ohnehin schon weitestgehend zurückgezogen habe) ausschließen? Ist es so unerträglich für Sie, ab und zu an die Realität dieser Welt erinnert zu werden?
@ Orontes & alle:
Das mit der Lösegeldforderung an die Piratenhäuptlinge war von mir eher satirisch gemeint. Wir wissen doch alle, dass so etwas niemals ernsthaft in Frage käme.
Inzwischen hat die KÖLN ja alle 19 Piraten – brav und fürsorglich und wie üblich – an der somalischen Küste wieder abgesetzt. (Grummel-grummel!)
Zahlen wir für so etwas unsere Steuergelder?