„Bild“: Todesschütze von Isa Khel von Afghanen freigelassen (mit Update)
Deutsche Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) haben nach einem Bericht der Bild-Zeitung einen der Aufständischen festgenommen, der an dem Gefecht in Isa Khel bei Kundus beteiligt gewesen sein soll, bei dem am Karfreitag 2010 drei Bundeswehrsoldaten ums Leben kamen. Der Mann gelte als Drahtzieher des Hinterhalts, schreibt das Blatt – und sei nach seiner Festnahme von den afghanischen Behörden wieder frei gelassen worden.
(Nachtrag: Die Erklärung des KSK liegt inzwischen auch Reuters vor.)
Unter Berufung auf das KSK heißt es bei Bild, der Afghane habe zwar seine Anwesenheit bei dem Gefecht eingeräumt, es habe aber keine hinreichenden Beweise für eine unmittelbare Tatbeteiligung gegeben. Deshalb sei der bereits am 6. März dieses Jahres Festgenommene Anfang Juni wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Wenn sich das so bestätigt, ist das ein Rückschlag – für die Zusammenarbeit der deutschen ISAF-Truppen mit den Afghanen. Und jenseits des Militärischen für den zivilen Aufbau, weil es auch an einer vertrauenswürdigen Justiz zu hapern scheint (letzteres mit allem Vorbehalt, weil die vorgelegten Beweise nicht bekannt sind).
Kunduz, Afghanistan, – April 03, 2010. Taliban insurgents pose in front of a burning German military vehicle in Isaa Khail village of Char Dara district of the northern Kunduz Province April 3, 2010. Three German soldiers were killed and five others seriously injured in fighting in Kunduz, the German Army Command in Potsdam said on Friday. REUTERS/Wahdat via fotoglif.com
Update: Der dpa-Kollege Can Merey, der Afghanistan im Blick hat, hat eine Information, die das Ganze doch in neuem Licht erscheinen läst:
Kabul (dpa) – Ein des Mordes an Bundeswehr-Soldaten beschuldigter Afghane, den die afghanische Justiz wieder freigelassen hatte, ist nach Angaben aus deutschen Sicherheitskreisen nicht an der Tat beteiligt gewesen.
Der Mann trage zwar einen ähnlichen Namen wie einer der Verdächtigen, sei aber unschuldig, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Freitag aus zuverlässiger Quelle. Bei einer Operation von Bundeswehr-Spezialkräften und afghanischen Einheiten sei der falsche Mann festgenommen worden. Er sei nach den vorliegenden Erkenntnissen unschuldig und zu Recht aus der Haft entlassen worden.
Ich darf auf die Quelle verweisen: nach Angaben aus deutschen Sicherheitskreisen.
Und noch ein Nachtrag: Die Fragen und Antworten dazu aus der Bundespressekonferenz am 15. August. Die Antworten kommen von Stefan Paris, Sprecher des Verteidigungsministeriums, und Andreas Peschke, Sprecher des Auswärtigen Amtes:
Frage: Es gab am Freitag, wo wir uns unglücklicherweise hier nicht treffen konnten, mehrere Geschichten und Meldungen über einen Vorgang in Afghanistan, nämlich die Festnahme eines Verdächtigen, der möglicherweise an einem Anschlag auf die Bundeswehr beteiligt war, und seine anschließende Freilassung durch die afghanischen Behörden. Man hatte im Nachgang das Gefühl, dass es sehr verschiedene Einschätzungen dieses Vorgangs gab. Vielleicht können die beteiligten Ministerien noch einmal Ihre Sicht auf diese Dinge darstellen. Am Freitag hat das Auswärtige Amt gesagt, man würde mit der Botschaft in Kontakt stehen und diesen Fall prüfen. Vielleicht kann das Auswärtige Amt das Ergebnis dieser Prüfung darstellen, wie sich dieser Fall aus deutscher Sicht darstellt.
PARIS: Ich glaube, es ist chronologisch sinnvoll, dass ich beginne.
Ich kann das, was am Freitag gemeldet worden ist, nur noch einmal bestätigen. Es hat eine Festnahme einer Person in Afghanistan gegeben, und zwar am 6. März 2011. Diese Festnahme erfolgte durch afghanische Sicherheitskräfte mit Unterstützung der im Bereich RC North eingesetzten Kräfte der Taskforce 47, also Spezialkräften der Bundeswehr.
Der Festgenommene war zu diesem Zeitpunkt dringend verdächtig, bei dem Anschlag am 2. April – das ist der sogenannte Karfreitag-Anschlag – auf eine deutsche Patrouille mit drei deutschen Gefallenen und mehreren Verwundeten beteiligt gewesen zu sein. Im Nachgang zu diesem Anschlag hat es verschiedene Operationen gegeben, auch mit Unterstützung der Spezialkräfte der Bundeswehr. Bei einer Gelegenheit sind in der Nacht auf einem Gehöft eben diese Person und auch andere Personen angetroffen worden. Der Tatverdacht, von dem ich eben sprach, gründete sich auch darauf, dass die Person auf einem Foto abgebildet war, das an dem Anschlagsort vom 2. April aufgenommen worden war.
Dieser Punkt und auch andere Punkte, insbesondere die Auffindesituation, sprachen dafür, dass die afghanischen Kräfte diese Person festgenommen haben. Wie es in Afghanistan der Fall ist, wurde diese festgenommene Person dann den afghanischen Justizbehörden – der Staatsanwaltschaft – übergeben.
Dann ist für mich die Geschichte aus Sicht der Kommandospezialkräfte, respektive Verteidigung, beendet, weil die Festnahmesituation eindeutig so war: dringender Tatverdacht, Person durch afghanische Sicherheitskräfte festgenommen und dann an die zuständigen afghanischen Behörden übergeben. Das ist unser Job. Den haben wir erfüllt. Wir haben in dem Moment den Richtigen festgenommen, weil der dringende Tatverdacht bestand.
Danach ist er dem Vernehmen nach durch die afghanischen Justizbehörden auf freien Fuß gesetzt worden. Das kann ich aber nicht bestätigen, weil ich für diese Behörden nicht spreche. Ich habe Ihnen gesagt, dass er danach freigelassen worden sein soll. Ich weiß es aber nicht genau.
PESCHKE: Ich kann an der Stelle gerne den Ball aufnehmen.
Es ist in der Tat so, dass, wie Herr Paris es gerade beschrieben hat, eine Person festgenommen wurde. Die Person war in den Händen der afghanischen Ermittlungsbehörden. Soweit wir die Ermittlungszwischenstände nachverfolgen konnten, haben sich die Verdachtsmomente, von denen Herr Paris hier gerade gesprochen hat, im Laufe der Ermittlungen bisher nicht erhärtet, sodass diese Person auf freien Fuß gesetzt wurde. Das ist der Ermittlungsstand.
Ich kann das nur in der Form wiedergeben, wie uns der Ermittlungsstand vorliegt. Es ist eine Ermittlung, die von afghanischen Ermittlungsbehörden geführt wird. Ich kann nur sagen, dass wir natürlich aufgrund der Relevanz des Vorgangs für uns – es handelt sich um einen Anschlag gegen deutsche Kräfte, der hier in Rede steht – erwarten, dass die afghanischen Ermittlungsbehörden alles daran setzen, zu einer umfassenden Aufklärung zu kommen, dass dieser Fall weiter untersucht wird, dass weitere Aufklärung betrieben wird und dass im Rahmen der Möglichkeiten, die gegeben sind, alles daran gesetzt wird, diesen Vorgang rechtsstaatlich nachzuverfolgen und aufzuklären. Das ist unsere klare Erwartung. Mit dieser sind wir noch einmal an die afghanischen Behörden herangetreten.
Zusatzfrage: Es gibt auch Berichte, die bei Ihnen im Haus vorliegen, die besagen, dass dieser Verdächtige sich dem sogenannten Reintegrationsprogramm für mittelwichtige oder weniger wichtige Talibankommandeure angeschlossen hat, das ja massiv von der Bundesregierung unterstützt wird. Dieses Programm sieht unter anderem eine Amnestie vor. Heißt das aus Sicht des Auswärtigen Amtes, dass Taliban, die sich diesem Programm anschließen, sozusagen für Taten, die sie zuvor begangen haben – möglicherweise auch tödliche Anschläge auf die Bundeswehr -, eine volle Amnestie genießen?
PESCHKE: Nein, das heißt es mit Sicherheit nicht. Es ist in der Tat so, dass es Hinweise darauf gibt, dass diese in Rede stehende Person in das Reintegrationsproramm der afghanischen Regierung aufgenommen wurde. Das ist allerdings ein Vorgang, der noch der abschließenden Klärung bedarf. Dazu stehen wir im Kontakt mit den afghanischen Behörden.
Das sind aber zwei verschiedene Paar Schuhe. Wenn Anschläge geplant und ausgeführt werden, wenn es Verdachtsmomente gibt, dass bestimmte Personen an solchen Vorgängen beteiligt sein könnten, muss aus unserer Sicht diesen Verdachtsmomenten zunächst einmal in aller Konsequenz im Rahmen der dafür zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Möglichkeiten nachgegangen werden. Das ist auch ein Grund, weshalb wir sehr viel Wert auf die Ausbildung der afghanischen Behörden, insbesondere der Justizbehörden, legen, damit die Nachverfolgung solcher möglichen Straftaten im Rahmen rechtsstaatlicher Möglichkeiten möglichst effektiv erfolgen kann.
Wir wissen alle um die Defizite, die es im Bereich der afghanischen Justiz noch gibt. Es ist deswegen für uns und für die internationale Staatengemeinschaft ein wesentlicher Ansatzpunkt, dabei zu helfen, dass diese Defizite abgestellt werden können, damit solche Fälle gründlich nachverfolgt werden können und damit in solchen Fällen für entsprechende Aufklärung gesorgt werden kann. Den Ermittlungsstand in diesem Fall habe ich Ihnen geschildert. Dieser ist so, wie er ist. Aber selbstverständlich erwarten wir von der afghanischen Seite aufgrund der Relevanz des Vorgangs für uns – ich habe schon gesagt, dass es sich um einen Verdächtigen im Zusammenhang mit einem Anschlag gegen die Bundeswehr handelt -, dass sie die Aufklärung in diesem Fall nicht ruhen lässt, sondern weiter vorantreibt. Sollten sich neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Person ergeben, erwarten wir natürlich entsprechende justizielle Schritte.
@ Orontes
„Es wäre schön, wenn die Moralisten irgendwann einmal erkennen würden, dass es keine sauberen Kriege gibt die durch Humanität und Moral gewonnen werden, sondern dass sich derjenige durchsetzt, der besser in der Anwendung organisierter Gewalt ist als sein Gegner.“
Ich hoffe, dass Sie mich jetzt nicht falsch verstehen. Die nachfolgende Passage ist auch keine Interpretation Ihres Zitates, sondern eine sorgenvolle Anmerkung dazu.
Ich möchte mahnend einwerfen, dass man bei einer rechtlichen und moralischen Entgrenzung kriegerischer Gewalt sehr schnell auf die schiefe Bahn der moralischen Enthemmung geraten könnte. Homo homini lupus.
Ich halte es da nämlich mit der Generalbundesanwaltschaft, S. 64: “Die Tötung unbeteiligter Menschen kann nie angemessen im menschenrechtlichen Sinne sein.”
Das ist auch der Grund, warum sich mir bei „akzeptablen Kollateralschäden“ die Nackenhaare aufstellen. Solche Begriffe führen meines Erachtens zu einer sprachlichen Enthemmung.
Soweit zum „ius in bello“. Zum „ius ad bellum“ kann ich Ihre Meinung durchaus nachvollziehen.
@JoHoMe, Orontes
ich werde mich wahrhaftig nicht in ihre – für mich sehr interessante und lehrreiche – Diskussion inhaltlich einmischen, however: mein ganz persönliches Gefühl ist, dass in der Aufbereitung/Nachbereitung der Operationen wie ISAF oder Counter Piracy etc. wir auf eine sprachliche und damit kommunikative Barriere treffen. Zum einen haben sich ‚Fachsprachen‘ weiter entwickelt um heutzutage existierende Realitäten beschreiben und kommunizieren zu können, andererseits ist unser politischer, moralischer und rechtlicher Kanon sprachlich aus einer Zeit, in der es bestimmte Realitäten so nicht gab. Allein das Wort ‚Zivilist‘ – im Kontext „unbeteiligter Menschen“ – und seine umfassende Exegese könnte wahrscheinlich ganze Bibliotheken füllen.
Ein Oberst Klein hat aber leider nicht die Zeit eine umfassende, situationsbezogene Exegese des insgesamt relevanten politischen, moralischen und rechtlichen Regel-Kanons vorzunehmen…er ist in einer Gefechtssituation, die sich einen Dreck um den bereits angesprochenen Kanon kümmert.
Ein Gefecht führt man nicht mit policy and doctrin, sondern mit tactical procedures und best combat practice.
@klabautermann
„Einn Gefecht führt man nicht mit policy and doctrin, sondern mit tactical procedures und best combat practice.“
In der Tat. In Deutschland scheint es aber gar nicht darum zu gehen, sich im Gefecht durchzusetzen. Man will sich viel lieber moralisch gut fühlen, auch um den Preis der Niederlage.
@ Georg
Danke für Ihr Lob und für die ergänzenden Quellen und anregenden Lesestoff.
Auch als protestantischer Christ teile ich Ihre Ansicht. Gerade das Wissen um diese Schuld sollte uns regelmäßig zur Selbstprüfung anhalten. Nicht umsonst führte der Weg von Oberst Klein nach dem Angriff in ein Gotteshaus.
@Klabautermann
„Ein Gefecht führt man nicht mit policy and doctrin, sondern mit tactical procedures und best combat practice.“
Wie die Generalbundesanwaltschaft seitenlang eindrucksvoll belegt, hat Oberst Klein genauso das Gefecht – mit tactical procedures und best combat practice – über durchaus einen längeren Zeitraum geführt, unter Beachtung der Regeln des deutschen Rechts als auch des hummanitären Völkerrechts.
Die spannende Frage bleibt der Bundestag. Nach den ersten Äußerungen grüner und SPD-Politiker schwant mir da genauso wie Herrn Orontes Böses.
@Orontes
[CynMode ON] der akzeptable “ Preis der Niederlage“ bedeutet aber tote und verwundete deutsche Soldaten als ‚angemessener“ zu betrachten als „Kollateralschäden“ [CynMode OFF]….
@JoHoMe, Orontes
wir sind da völlig einer Meinung: die Entscheidungen von Oberst Klein lagen völlig innerhalb des taktischen, rechtlichen Lösungsfeldes.
Und mich gruselt in der Tat auch, dass ausgerechnet die Instanz, die den Einsatz der BW mandatiert hat, nun in Teilen anfängt sich von der eigenen Zustimmung moralisch und pseudo-rechtlich zu distanzieren, in einer Phase, in der wir gerade die Rückendeckung des ganzen Parlaments mehr denn je brauchen.
@klabautermann | 14. August 2011 – 13:46
Das ist nicht zynisch, sondern objektiv was Sie da feststellen. Haben die großen Medien in Deutschland in der Öffentlichkeit längst so etabliert. Leider.
@Orontes | 13. August 2011 – 21:07: Nein, die ist konkret gemeint. Es geht mir auch nicht um Kollateralschäden, z. B. wenn ein die INS begleitender Journalist bei einem Luftschlag getötet wird, sondern ganz konkret als legitimes militärisches Ziel gilt und entsprechend behandelt wird, nur weil er mit seiner Berichterstattung für Propaganda der INS wirkt.
Als Beispiele könnte man Paul Refsdal oder den ermordeten Syed Saleem Shahzad nennen. Sind das „legitime militärische Ziele“?
Update durch die Bild: http://www.bild.de/politik/ausland/taliban/bekam-deutsche-hilfe-19410746.bild.html
Durchaus interessant…
@ klabautermann | 14. August 2011 – 13:06
„Ein Gefecht führt man nicht mit policy and doctrin, sondern mit tactical procedures und best combat practice.“
Das ist natürlich so. Nichts desto trotz sollte erwähnt werden, dass diese mit dem geltendem Recht abgestimmt sind. Oder anders: wer sich an „tactical procedures und best combat practice“ hält, der kämpft auch rechtlich sauber.
Ansonsten muss natürlich gelten: Der Kommandeur/ Befehlshaber führt das Gefecht, nicht der Rechtsberater-der trägt`s ja schon im Namen: er berät.
@ Nico | 16. August 2011 – 9:00
„Update durch die Bild: http://www.bild.de/politik/ausland/taliban/bekam-deutsche-hilfe-19410746.bild.html
Durchaus interessant…“
Ja, und nein.
Nein, weil es unsere ureigenste Art ist mit Straftätern umzugehen: Strafen, Resozialisieren. -damit gleich zu eventuellen „Rachegedanken“ bzw. Reden a la`: dann beseitigen wir eben nur noch und nehmen nicht mehr gefangen…Ich bin überzeugt, dass die KSK weiter als Profis agieren werden. Und jeder deutsche Polizist, der einem Straftäter begegnet, den er fest nahm und der nun „lediglich“ zu Bewährung verurteilt wurde, kann es sicher bestätigen: Manchmal ist es schwer das, als subjektiv zu gering empfundende, Sühnemaß als Maßnahme zur Herstellung des Rechtsfriedens zu respektieren und zu verstehen, aber eben doch notwendig.
Ja, weil der Punkt „Strafe“ etwas kurz geraten erscheint. Auch wenn mir das politische Interesse, welches dahinter steckt einleuchtet.
Es mag schmerzen, solch einen Mann öffentlich zu sehen, wie er „lediglich“ seine, nun ja, nennen wir sie mal so: Resozialisierung ohne adäquate Strafe antritt. Und doch ist das unspektakulärer Teil der Bekundungen seitens der Politik mit allen Kräften am Frieden zu arbeiten, nicht mehr und nicht weniger.
Nico | 15. August 2011 – 14:29
@ Orontes | 13. August 2011 – 21:07: „Als Beispiele könnte man Paul Refsdal oder den ermordeten Syed Saleem Shahzad nennen. Sind das “legitime militärische Ziele”?“
Konkret hier: nein. Das hat aber auch niemand so konkret behauptet.
Syed Saleem Shahzad ist nicht während einer Kriegshandlung ums Leben gekommen, sondern IN Pakistan als pakistanischer Bürger. Somit ist er auch nicht „irgendein Kollateralschaden“. Die Frage, ob er rechtmäßig getötet wurde, beantworte ich bewusst nicht. Man sprach seitens pakistanischer Ermittlungsbehörden von Mord, den es aufzuklären gelte. Das lasse ich so stehen.
Paul Refsdal
Wer den Norweger wo nun auch immer genau tötete. Refsdal war kein Angehöriger einer legitim kämpfenden Konfliktpartei. Somit kein Kombattant. Er folgte auch keine Streitmacht in derem konkretem Auftrage, soweit die Quellen das darstellen. Insofern war er ganz normaler Zivilist, der sich an das ortsübliche geltende Recht zu halten hatte und umgekehrt von diesem „geschützt“ bzw. von den Kräften die die Einhaltung überwachen, zu schützen gewesen wären. Er starb definitiv nicht als Kombattant-es sei denn er war zu diesem Zeitpunkt Mitglied einer regulären Konfliktpartei im Kampf mit einer anderen, was aber nicht der Fall gewesen sein kann-die Taliban bzw. die Kräfte, die darunter zusammengefasst werden sind keine legitime Konfliktpartei, schon gar keine Kombattanten. Sie sind schlicht während Ihrer Kampfhandlungen: Verbrecher, sie verstoßen gegen afg Recht bzw. in AFG geltendes Recht, nicht mehr und nicht weniger.
Gern wird kolportiert, dass Refsdal bei den Taliban weilte und von den US-SK getötet wurde. Das weiß ich nicht, aber wäre dem so:
Legitimes militärisches Ziel in Form einer Person ist und bleibt NUR der Kombattant. Alle anderen, die das HVR definiert (Zivilisten, ziviles Gefolge von SK, Sanitätskräfte) sind keine Kombattanten, somit auch keine legitimen Ziele.
ABER: Selbstverständlich dürfen sie bekämpft werden-aus Notwehr, aus Nothilfe heraus, bzw. um es kurz zu machen: Die Rechtfertigungsgründe des deutschen StGB entsprechen bekanntermaßen den völkerrechtlich anzulegenden Maßstäben an einen Tötungsvorgang.
Den Bereich des „Kollateralschadens“: Das HVR ist eindeutig-Nichtkombattanten dürfen nicht unmittelbar durch eine Kampfhandlung bekämpft werden. Es ist bereits bei der Planung zu berücksichtigen, dass dieser Personenkreis geschohnt wird. Es zwingt aber eben nicht dazu, sich durch Beachtung dieser Regularien selbst „aufzuopfern“ sprich den eigenen Tod in Kauf zu nehmen.
Sollte also Paul Refsdal im „Weg“ gestanden haben und von den US-SK getötet worden sein, kann hier final nur ein US-Richter Rechtsfrieden herstellen-dazu wäre die Bewertung viel zu umfangreich, als dass man hier auch nur 10% der Eventualitäten darlegen könnte. Sollten die Taliban ihn getötet haben, dann nur -geschah es in AFG- die afghanischen Behörden der Judikative. Ich weiß, das klingt zynisch und bitter. Aber ändern lässt sich in der Bewertung daran nichts.
Anmerkung: Kriegsreporter ist kein Status nach HVR. Man ist Kombattant -als Angehöriger einer legitimen Konfliktpartei- oder etwas anderes, evtl. ziviles Gefolge wenn man in deren Auftrag handelt. Somit ist die Teilnahme an Kampfhandlungen grundsätzlich untersagt (Rechtfertigungsgründe/ Schuldausschlussgründe einmal ausgenommen).
@sachlicher
klabautermänner drücken sich halt etwas verkürzt aus ;-)
Ich habe mir sehr sorgfältig all Ihre heutigen Kommentare hier im AG durchgelesen und ich verneige mich…..und das meine ich absolut so wie es geschrieben steht…..Ihr Nick ist allerdings nicht ganz zutreffend gewählt……ich schlage ‚kundiger‘ vor ;-))
Unter Aporie versteht man allgemein ein in der Sache oder in den zu klärenden Begriffen liegendes Problem oder eine auftretende Schwierigkeit, weil man zu verschiedenen entgegengesetzten und widersprüchlichen Ergebnissen kommt, ein systemischer Selbstwiderspruch sozusagen…den man weder mit Hilfe von sokratischen, aristotelischen, scholastischen, heuristischen oder analytischen etc. Methoden zu einer allgemeingültigen und -verbindlichen Erkenntnis auflösen kann ;-))
Leider gibt es immer noch zu viele Deterministen, für die eine Welt mit zunehmender und real-existierender Aporien-Dichte ein entsetzlicher Gedanke ist…..solche Menschen findet man häufig gerade unter Politikern, insbesondere den ‚Tütensuppen-Politikern‘ = Problemsuppentüte auf, heißes Wasser drauf und fertig ist die Lösungssuppe.
Heinz Beierlein hat mal gesagt : ‚Die Profis sterben aus, und die Arschlöcher vermehren sich wie die Karnickel !‘
Ich grüße Sie von Profi zu Profi ;-))
@klabautermann
Nicht verkürzt sondern gezielt, um unter der Gegnerschaft entsprechende Verwirrung zu stiften…
Jaaahhh…die Arschlochdichte…Einer der Gründe gewesen warum ich meinen BS zurück gegeben hatte…
Was mich daran erinnert, wir wollten ja noch ein paar Sachen unter „Ausschluss der Öffentlichkeit“ diskutieren!
Master Wiegold, would you kindly pass my data to Master Klabautermann?
@ Sachlicher
Ein „krimineller Afghane“ soll hier nicht resozialisiert werden, sondern ein offensichtlicher Kollaborateur von gegnerischen Kombattanten sollte bis zum Ende des Bürgerkrieges in ein Kriegsgefangenenlager weggesperrt werden. Man muss die Dinge beim richtigen Namen nennen.
@Sachlicher
..“tactical procedures und best combat practice” hält, der kämpft auch rechtlich sauber.
Hierzu bleibt nur anzumerken, wenn die ROE nicht mehr hergibt, wird er entweder mit Blut bezahlen oder sich beschmutzen müssen.
… unsere ureigenste Art ist mit Straftätern umzugehen
BTW gibt es hier auch andere Meinungen…
Ihre Beschreibung trifft vielleicht für die Politik und der deutschen Judikative zu, demzufolge hat sie also auch Einfluss auf polizeiliche Massnahmen – aber innerhalb Deutschlands.
Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, diese „Aktionisten“ von Isa Khel als Straftäter zu betrachten.
Es bleibt jedoch für mich die Frage, ob Oberst Klein nicht gegen tactical directives von ISAF (u.a. zu show of force) verstossen hat. Der Bericht der Bundesanwaltschaft legt derlei zumindest nahe.
*g
für mich stellt sich diese Frage nicht :
a) warum sollte ich nachträglich etwas in Frage stellen, was offensichtich war – die Flugzeuge waren stundenlang zu hören!
b) mit solchen „Vermutungen“, schwingt eine Anklage mit, welche ich nicht Unterstützen könnte. Wobei „legt nahe“ bei einem Bericht, ja wohl sowas von wischiwaschi ist.
Das Urteil war, nebenbei bemerkt, ein anderes.
Für mich stellt sich eher die Frage: Falscher Thread?
@ klabautermann | 16. August 2011 – 21:46
Danke für den Willkommensgruß und Ihre Worte. Ihren Vorschlag „Kundiger“ zu verwenden, muss ich leider ablehnen. Derlei würde ich als unzulässige Eitelkeit betrachten. Ich schreibe hier, wie alle anderen auch, nur meine Meinung und lese mit großem Interesse die der Anderen. Ich grüße Sie ebenfalls und verspreche an meiner Rechtschreibung zu feilen.
@ Georg | 16. August 2011 – 22:18:
Zunächst: Danke für Ihre sachliche Widerrede, die zum Nachdenken anregte. Ich möchte nun noch betonen, dass ich kein Oberlehrer sein will, ich aber Ihre Worte nicht einfach so stehen lassen möchte. Darum gleich zur Beantwortung:
1. Es ist eingetreten wovor der Dr.jur.im Ministeramt -nein der richtige, Doktor, also Dr. Jung- als eben solcher immer Angst hatte: Die Vermischung der Rechtsbegriffe mit der subjektiven Beurteilung des Wahrgenommenen.
Wir sind uns einig, dass die Frauen und Männer in AFG jeden Tag Situationen vorfinden, die man mit „Krieg“ ganz vortrefflich bezeichnen kann. Und dass es für diesen Personenkreis jeden Tag tatsächlich und nicht nur als Worte gilt: tapfer zu verteidigen.
Ich bin auch für eine klare, wenngleich dann: harte, Sprachregelung. Nur darf diese dann nicht darin gipfeln, dass sie rechtmäßge Handlungen konterkarriert, in dem man mittels der Sprache sie in einen falschen Rahmen einbettet.
2.a) Sie schreiben: Ein “krimineller Afghane” soll hier nicht resozialisiert werden, sondern ein offensichtlicher Kollaborateur von gegnerischen Kombattanten sollte bis zum Ende des Bürgerkrieges in ein Kriegsgefangenenlager weggesperrt werden. Man muss die Dinge beim richtigen Namen nennen.
2.b) Ich antworte: Dann nennen wir es beim Namen.
– Der Festgenommene war kein Kombattant. Er war und ist ein mutmaßlicher Verbrecher, von mir aus auch ohne mutmaßlich. Was soll disem Mann denn bitteschön Kombattantenstatus verleihen? Die Mitgliedschaft der Taliban? Dann wären die Taliban, bzw. die darunter subsumierten Kräfte, regulär kämpfende Streitkräfte. Das sind sie nicht, und auf welcher Grundlage sollen sie das denn auch sein?.
Nennen wir es also klar beim Namen, was dieser Mann ist: Er war (ist?) Mitglied einer schnöden Verbrecherbande, die tagtäglich gegen geltendes Recht verstößt.
Noch etwas, soldatisch gesehen alles andere als Triviales: Erheben Sie den Mann in den Kombattantenstatus, bescheinigen Sie ihm regulär gekämpft zu haben. Wofür wollen Sie ihn dann bestrafen? Gut, Sie können ihn dann in ein Kriegsgefangenenlager sperren, dort aber mitnichten „bestrafen“ oder „resozialisieren“. By the way: Sollten Sie ihm Verfehlungen als Kriegsgefangener vorwerfen, die er während der vorher stattgefundenen Kampfhandlungen ausgeführt haben soll, dann wäre ein bereits institutionalisiertes oder vom UNSR einzusetzendes internationales Gericht -welches soll mal offen bleiben- zuständig-nur weil die USA das anders sehen, sehen wir das in der Bundesrepublik doch bitte schön nicht auch anders.
-Es ist nicht Aufgabe von Soldaten Recht zu sprechen bzw. politische Ziele zu formulieren in bzw. für AFG. Sie haben dieses durchzusetzen. Es ist ein herausragend poitives Merkmal der Bundeswehr, dass sie dieses uneingeschränkt anerkennt.
-Es ist in der unsrigen Wahrnehmung ein Krieg. Aber auch die Generalsbundesanwaltschaft spricht in der Verfahrenseinstellung von ROE`s usw. , also von Einsatzregeln. Müsste sie das denn, wenn es ein „Krieg“ wäre? Mitnichten. Dass das HVR für uns Deutsche in AFG gilt ist unbestritten, aber aus anderer Grundlage heraus: ALLE völkerrechtlich relevanten Rechtsormen wurden in Deutsches Recht, stets geltendes, umgesetzt. Gern wird betont, dass ja Artikel 5 des Washingtoner Vertrags genau das aussagt: Krieg, dass die UNSR Resolution 1386 genau das aussagt: Krieg beenden.
Versuchen Sie es sich bitte so zu erklären: Krieg gibt es aber nuneinmal „nur“ zwischen legitim kämpfenden Konfliktparteien-von mir aus waren das die Taliban als sie die Regierung in Kabul stellten. Sind aber die „Aufständischen“, die Drogen-, Waffen-, Menschenhändler und eben Taliban immer noch eine regulär kämpfende Konfliktpartei? Das sind sie nicht.
Dr. Jung gilt zu Recht als hervorragender Jurist. Und er könnte Ihnen das noch viel, viel besser erklären. Wenn Sie von Krieg, von Gefallenen, Verwundeten sprechen wollen, dann bin ich ganz bei Ihnen. Ich spreche auch davon: in meiner Umgangssprache. Wenn Dr. Jung dies nicht tat und nicht konnte, dann weil er eben den im vorigen Absatz genennten Personenkreis nicht in den Rang regulärer Konfliktpartei erheben wollte und konnte, sein Umgangssprache ist darüber hinaus ganz offensichtlich Juristensprache.
Minister Dr. Jung hat vieles in seinem Kopf gehabt, bei seiner Sprachregelung evtl. folgendes:
1. Auf Grundlage Artkel 5, UNSR-Resolution 1386 wurde ein Angriff rechtlich legitim beantwortet.
2. Als dieser Angriff so weit abgewehrt war, dass die AFghanen eine neue Regierung wählten, und AFG wieder zu dem wurde, was man -wenngleich aus dt Sicht unter Schmerzen- als regulär regierter Staat bezeichnen kann, begann zu gelten:
Wir unsterstützen den Staat AFG bzw. genauer: die legitime Regierung bei der Durchsetzung ihres ebenso legitimen Gewaltmonopols. Erkannten wir nun die „inländischen Gegner“ an, dann hieße das völkerrechtlich: Wir würden diese zu einer legitimen Konflikpartei in einem Bürgerkrieg, über dessen Legitimität ein internationales Gericht zu befinden hätte, erheben.
Dass hieße völkerrechtlich wiederum: dass wir uns dann neutral verhalten müssten und die Regierung nicht mehr unterstützen dürften. Das ist UN-Recht, nachzulesen bei der in wiki angegebenen Quelle: Schindler, Dieter: Bürgerkrieg, in: Staatslexikon – Recht, Wirtschaft, Gesellschaft – in 5 Bänden, Band 1, 7. Aufl. 1985, Spalte Spalte 1050 und beachten Sie dazu bitte, wie ebenfalls wiki empfiehlt, die Rechtsprechung im Falle der vietnamesischen Intervention in Kambodscha bzw. die sowjetische in AFG. Sonst sollten Sie in dieser Frage bitte nicht wiki konsultieren.
Zusammenfassung: In der Bewertung aber: AFG ist ein souveräner Staat, war es stets und hatte auch stets eine anerkannte Regierung -die nicht similar zur Talibanregierung war-, der sein Gewaltmonopol nicht allein durchzusetzen vermag, weil Verbrecher -nicht aber Kombattanten- ihm dieses streitig zu machen gesuchen. Dazu haben beide Seiten internationale Unterstützung, wobei die Unterstützung für die Talib dann immer noch ungesetzlich wäre, wenn sie zur Bürgerkriegspartei aufstiege.
Politisch hat sich die Regierung in AFG in Abstimmung mit den internationalen Bündnispartnern darauf geeinigt, aussteigungswillige Taliban in ein Programm aufzunehmen, welches sie wieder zu „rechtschaffende“ Bürgern machen soll. Nicht aussteigungswillige Taliban sollen Gefangen genommen und betraft werden, evtl. werden sie dabei eben getötet.
@ mwk | 16. August 2011 – 22:40
Auch Ihnen Danke ich für Ihre ehrlichen Worte. Da ich diese Woche Urlaub habe, amtworte ich Ihnen auch gleich:
1.a) Sie schreiben: Hierzu bleibt nur anzumerken, wenn die ROE nicht mehr hergibt, wird er entweder mit Blut bezahlen oder sich beschmutzen müssen.
1.b) Ich antworte: Recht gibt Orientierung und Handlungssouveränität. Man sollte daher bitte nicht eigenes Recht „erfinden“, wie das in Deutschland gern getan wird. Wohin das führt, haben Sie bei der Diskussion um die ROE`s gemerkt. Als dt Soldaten einen „Angreifer“ laufen lassen mussten, sobald er seine Waffe niederlegte. Das stand aber nie in den internationalen ROE`s sondern war eine dt „Erfindung“. Deutschen Soldaten wurde darüber hinaus eingebleut: ja, aber ihr müsst bei einem Angreifer aufpassen, dass er alt genug ist und bei einer Angreiferin, dass sie nicht schwanger ist, usw. Auch das ist, gelinde gesagt, Unsinn bzw. war auch so eine dt Erfindung. Das StGB-im Einklang mit dem Völkerrecht also von mir aus das deutsche VStGB- ist wie das Völkerrecht eindeutig: Liegt ein Rechtfertigungsgrund vor (und das ist Notwehr, wie in unserem kleinen Beispiel, bekanntermaßen), dann düren die dt Soldatinnen und Soldaten kämpfen: ohne Altersprüfung und Schwangerschaftstests durchführen (lassen) zu müssen.
Dass gemeinhin Soldatinnen und Soldaten im Grenzbereich agieren, mit einem Bein rechtskonform, mit dem anderen nicht, ist unbenommen. Dass ich ihnen dafür mit Hochachtung und Respekt begegne auch. Und auch das beliebte Sprichwort: vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand, hat so etwas von Geltungsrang. Aber: Wer das Recht kennt, der ist handlungssicher und jeder dt Soldat bekommt bereits in der AGA das HVR, bekommt die ROE`s des jeweiligen Einsatzgebietes ausreichend und ebenengerecht vermittelt. Und es braucht keinen Kombattanten als gegenüber, man muss nicht selbst Kombattant sein, um gerechtfertigt zu töten, zu verwunden, oder allgemein: zu bekämpfen.
Verabschieden wir uns bitte endlich von dem Gedanken, dass Recht uns handlungsunsicher macht, ja: machen soll. Wir müssen den turn schaffen: Erst das Recht ermöglicht es einem Soldaten aus einer Demokratie, einem Angehörigen einer Parlamentsarmee die Waffe legitim einzusetzen. Und klar: dann soll er es auch.
Kurz: Niemand muss sich nirgends unwidersprochen „bekämpfen“ lassen. Niemand sollte aber ohne Rechtsgrundlage von seiner Schusswaffe Gebrauch machen.
Noch kürzer: Wer im Recht ist, der darf auch drauf hauen.
2.a) Sie schreiben: BTW gibt es hier auch andere Meinungen…
2.b) Ich antworte: Selbstverständlich, und solange diese Äußerungen GG-konform sind, bin ich der Meinung, dass diese auch vorhanden sein und ausgesprochen werden dürfen.
3.a) Sie schrieben: Ihre Beschreibung trifft vielleicht für die Politik und der deutschen Judikative zu, demzufolge hat sie also auch Einfluss auf polizeiliche Massnahmen – aber innerhalb Deutschlands.
3.b) Ich antworte: In der Tat schrieb ich aus einer dt Sichtweise heraus. Aber lediglich, um diesen „Moment des Außergewöhnlichen“, wie es der Redakteur der BILD-Zeitung suggeriert im verlinkten online-Artikel, zu entschärfen, damit man wieder sachlich werden kann.
Das politische Ziel ist es momentan, Ex-Talib bzw. Talib in das politisch-gesellschaftliche AFG mit einzubeziehen bzw. ihnen die Chance zum „Aussteigen“ zu geben. Solche Vorgänge kennen wir aus dem Post-Franco Spanien genauso wie aus Afrika, Südamerika und Asien. Darum wird dieser Mann nicht in ein Gefängnis verbracht sondern in ein „Aussteigerprogramm“ eingebunden. Das muss einem nicht gefallen, und mir gefällt das auch nicht, sollte dieser Mann gemordet haben, aber respektieren sollte man das.
4.a) Sie schreiben: Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, diese “Aktionisten” von Isa Khel als Straftäter zu betrachten.
4.b) Ich antworte: Mir nicht, aus den unterschiedlichsten Gründen.
@ Memoria | 16. August 2011 – 23:19
1.a) Sie schreiben: Es bleibt jedoch für mich die Frage, ob Oberst Klein nicht gegen tactical directives von ISAF (u.a. zu show of force) verstossen hat. Der Bericht der Bundesanwaltschaft legt derlei zumindest nahe.
1.b) Ich antworte: Gehen wir jetzt einfach mal von der Tasache aus, dass Oberst i.G. Klein alleinig den Angrifff befahl und bleiben wir bei „Show of Forces“, sonst wäre die Kommentierung des Gesamtberichts fällig, dafür ist aber a)kein Platz und b) bin ich nicht kompetent genug, um hier der Generalbundesanwaltschaft die Gegenrede zu führen.
Ist es denn Aufgabe von O i.G. Klein gewesen, den Angriff so zu fliegen, dass er mit den ROE`s konform ist, oder ist das nicht viel mehr Aufgabe des Piloten? In der Tat ist es das: Aufgabe des Piloten. Sehen Sie: McChrystal hat sich ein solch dermaßen unsägliches Eigentor geschossen, dass es schon peinlich war.
Können wir davon ausgehen, dass der Pilot den Angriff rechtskonform ausführte? Ja. Die Generalsbundesanwaltschaft kommt zu einem eindeutigen Ergebnis, was sich von mir aus etwas wischi-waschi liest, aber in der Konsequenz eindeutig ist: Wir müssen davon ausgehen, und sei es „nur“ aus dem, moralisch betrachtet, recht schwachen Grund, dass wir dem Piloten nichts gegenteiliges beweisen können.
@sachlicher
in der Tat hat in solch einer close combat support situation der „supported commander“ nur die tactical (advisory) control und der supporting mission leader/commander hat national tactical command und release authority. Falls also in der amerikanischen Auslegung der ROE ein show of force nicht zwingend vor einem weapon release vorgeschrieben ist, dann ist der ganze Bekaempfungsvorgang in der Tat rechts- und ROE-konform abgelaufen….es lag (wie ich an anderer Stelle schon mal geschrieben habe) im taktisch/rechtlich legitimen Loesungsfeld.
@ klabautermann | 17. August 2011 – 12:43
Sie schrieben: ….es lag (wie ich an anderer Stelle schon mal geschrieben habe) im taktisch/rechtlich legitimen Loesungsfeld.
Ich antworte: Ich komme zum selben Schluss. Dazu gilt zu bemerken, dass die Field Manuals der US AF in allen Punkten dem entsprechen, was man gemeinhin als Völkerrecht bezeichnet.
Das beantwortet zwar noch nicht, ob der Pilot sich auch daran hielt. Aber diesen Punkt beantwortete ja die Generalbundesanwaltschaft wie ich versuchte auszuführen. ICH habe keine Infos, kein Wissen, folglich keine Veranlassungen, die gegen die Feststellung dieser Behörde sprechen dürfen. Ergo ich es übernehme, mehr noch: zu übernehmen habe.
@sachlicher
wir sind voellig d’accord ;-)
@Klabautermann, Sachlicher:
Nach Presseberichten sah die NATO-Untersuchungskommission dies mit Blick auf die Einhaltung von Weisungen und SOPs anders:
http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-angriff-in-afghanistan-gegen-regeln-verstossen-1.132777
Aber ich will die Diskussion an dieser – unpassenden Stelle – nicht in die Länge ziehen.
Hm, irgendwie mischen sich jetzt brutal die Threads zum Luftangriff von Kundus und zur KSK-Festnahme? Das wird vermutlich nicht nur für mich, sondern für alle Leser ein wenig verwirrend…
@ T.Wiegold
tja, das ist ja eben das Dilemma. Manchmal muessen Sodaten wie Soldaten denken und handeln und manchmal muessen sie wie Staatsanwaelte denken und wie Polizisten handeln und dann muessen sie wie Sodaten denken und wie Polizisten handeln und…..Scheiss Job hab ich mir ausgesucht
@ T.Wiegold | 17. August 2011 – 13:29
Ich würde gern antworten. Welchen Thread schlagen Sie vor, falls die Beantwortungsabsicht okay für sie ist.
@ klabautermann | 17. August 2011 – 13:34
…Scheiss Job hab ich mir ausgesucht…
Nun ja, aber das war Ihnen doch spätestens nach der ersten Wachbelehrung durch den OvWa klar, oder? ;-)
@Sachlicher
Das hängt davon ab, worauf… es gibt sowohl den Thread zur KSK-Festnahme
http://augengeradeaus.net/2011/08/bild-todesschutze-von-isa-khel-von-afghanen-freigelassen/
als auch zwei aktuelle Threads zum Kundus-Luftschlag…
http://augengeradeaus.net/2011/08/kundus-kommandeur-klein-wehrt-sich/
http://augengeradeaus.net/2011/08/achtung-g2/
@sachlicher
*g
die 1. Vergatterung liegt mehr als 40 Jahre zurueck …..hatte ich wohl vergessen bis dann dieses neue Rollenbild fuer Soldaten erfunden wurde: the universal security executive with soft- and hardskills and -kills
*sbg
Sachlicher | 16. August 2011 – 18:36:
Zu Punkt 1: Mir ging es mehr darum, dass der Artikel der Bild zeigt, wie viel diese „Resozialisation“ wirklich Wert ist. Im November gibt er seine Waffen ab, im Frühjahr wird er wieder festgenommen. Ein Schelm, wer jetzt denkt, dass da nur jemand seinen Winter in Ruhe verbringen wollte, weil er zwar zum harten Kern der INS (siehe IMU) gehört, aber nicht nach Pakistan kann. Mehr habe ich nicht gemeint.
Zu Punkt 2: Die von mir genannten Beispiele habe ich gewählt, da diese sehr nahen Kontakt zu den INS hatten und diesen auch entsprechend genutzt haben. Die Ermordung von Mr. Shahzad spielt da überhaupt nicht mit rein, auch wenn ziemlich klar ist, wieso und von wem er getötet wurde.
Weiterhin wäre mir auch nicht bekannt, dass Paul Refsdal nicht mehr unter den Lebenden weilt.
Sie führen in Ihrem Kommentar ja sehr ausführlich aus, ob oder ob kein Kombattantenstatus vorliegt oder ob es sich um Kollateralschäden handelt oder nicht, was jedoch meine Frage an Orontes nicht beantwortet. Dieser hatte ja festgestellt, dass Propaganda eine Kampfhandlung sei und daraus hergeleitet, dass die Personen auf dem Bild, ich zitiere, „legitime militärische Ziele (und keine Kollateralschäden)“ seien.
Daher wollte ich von ihm wissen, wie es sich dann z. B. mit den von mir genannten Journalisten verhält.
Was unterscheidet einen Kameramann der INS von Paul Refsdal?
Was unterscheidet den Afghanen, der sich vor dem brennenden Dingo-Wrack am Ortseingang fotografieren lässt, von Mr. Shahzad? Vgl. http://bit.ly/oCIJRL
Macht sich die BILD der Propaganda für die INS schuldig, wenn sie (aus welchen Quellen auch immer…) Fotos zerstörter Bundeswehrfahrzeuge veröffentlicht, aktuellstes Beispiel der Marder?
Allesamt „legitime militärische Ziele“?
Ihrem Kommentar entnehme ich, dass dem nicht so ist, wobei man sich hier vielleicht über die Definition von >>Teilnahme an Kampfhandlungen<< streiten lässt. Mich interessiert jedoch, ohne Ihren Beitrag in irgendeiner Weise herabwürdigen zu wollen, primär eine Antwort von Orontes. ;-)
Mittlerweile haben sind Sie ja mehrmals auf die juristischen Betrachtungsweise eingegangen, welche sicherlich (auch wenn mir die rechtliche Kompetenz und die Zeit fehlt, sie ins Detail zu überprüfen) insgesamt richtig und der allgemein, sprich an den relevanten Stellen, anerkannten Definition entspricht. Der Realität entspricht sie allerdings nicht, was Ihnen hoffentlich bewusst ist.
Im vorletzten Satz bitte das „haben“ ignorieren …
@ T.Wiegold | 17. August 2011 – 13:50
Ich möchte gern auf den Post von Memoria | 17. August 2011 – 13:13 antworten, und tue das dann mal hier: http://augengeradeaus.net/2011/08/achtung-g2/
@ Nico | 17. August 2011 – 13:54:
Danke für die Antwort.
Zunächst entschuldigen Sie bitte den Fauxpas bzgl. Paul Refsdal. Ja: Er lebt zum Glück.
Sie schrieben: Der Realität entspricht sie allerdings nicht, was Ihnen hoffentlich bewusst ist.
Bitte erläutern Sie mir diesen Passus.
Die Realität ist, das ISAF als Unterstützung einer (Bürger-)Kriegspartei fungiert. Ob die das Zettelchen mit „international anerkannte Regierung“ angeklebt bekommt oder nicht hat nur diplomatische und juristische Bewandtnis, es ändert nichts daran, dass „on the ground“ die Verhältnisse denen eines bewaffneten Konflikts mit regional verschiedenen Heftigkeitsgraden und nicht denen der Verbrechensbekämpfung entsprechen, was durch die Afghanen auch so wahrgenommen und praktiziert wird. Vergleiche mit dem dt. Herumgeeiere bzgl. Krieg / kein Krieg sind durchaus möglich.
Um es mal einfacher darzustellen: „Wir“ kämpfen gegen „die“. Und weil es für „uns“ besser ist, „denen“ einen entsprechenden Status abzuerkennen (oder auch gar nicht erst anzuerkennen), tun „wir“ das einfach.
Straftäter bekämpft man nicht im Gefecht auf Kompanie- oder sogar Batallionsebene, sondern mit der Polizei. Ist die Polizei nicht mehr in der Lage, der Bedrohung des Staates Herr zu werden, ist es auch keine Verbrechensbekämpfung mehr. Ob die Gefährdung des Staates jetzt durch eine politisch-religiöse (wie in Afghanistan) oder eine im Wortsinn verbrecherische Organisation (wie in Mexico) besteht, ist dabei letztlich zweitrangig, denn irgendwann übernehmen beide staatliche Funktionen, was man ja bei beiden Beispielen in unterschiedlicher Stärke erkennen kann.
Die Idee mit der Verbrechensbekämpfung funktioniert auch nur solange, solange der, der das Verbrechen seiner Verlautbarung nach bekämpft, der Stärkere ist.
Wenn (ganz bewusst nicht falls) die INS wieder den Großteil Afghanistans beherrschen, wird es da die ein oder andere Änderung im Bezug auf die Deutungshoheit, wer den der Verbrecher ist und bestraft werden muss, geben. Da können Sie anerkennen wen Sie wollen, am Ende siegt das Recht des Stärkeren.
dass, denn … Fehler über Fehler heute. Bitte um Entschuldigung.
@ Nico | 17. August 2011 – 15:40
1.a) Sie schrieben: Um es mal einfacher darzustellen: “Wir” kämpfen gegen “die”. Und weil es für “uns” besser ist, “denen” einen entsprechenden Status abzuerkennen (oder auch gar nicht erst anzuerkennen), tun “wir” das einfach.
1.b) Ich antworte: Wenn Sie das tun -den Status verändern, wie Sie es zu gedenken pflegen-, dann darf die Partei, die sich afg Regierung nennt genauso wenig legal von außen unterstützt werden, wie die anderen beteiligten Parteien. Außerdem: Welchen Status meinen Sie denn den „INS“ zuerkennen zu müssen? Mit Verlaub aber hier folge ich Ihnen nicht.
2.a) Sie schreiben: Um es mal einfacher darzustellen: “Wir” kämpfen gegen “die”.
2.b) Ich antworte: Ein dt Soldat der Bw kämpft nur gegen „die“, wenn er es auch darf und nur so gegen die, wie er es darf. Oder heißen Sie einen Einsatz gut nach „gusto“ -wessen denn eigentlich? Ihrem?
3.a) Sie schreiben: Straftäter bekämpft man nicht im Gefecht auf Kompanie- oder sogar Batallionsebene, sondern mit der Polizei.
3.b) Ich antworte: Das steht nirgends, ist lediglich Ihr persönliches Empfinden. Auch das GG, um bei Ihrer dt Sichtweise zu bleiben, kennt Szenarien, worin das in DEU möglich wäre.
4.a) Sie schreiben: …, denn irgendwann übernehmen beide staatliche Funktionen
4.b) Was sie noch lange nicht zum „Staat“ bzw. zu legitimen staatlichen Handlungsträgern macht. Und de facto? Nehmen wir einmal an, es ist so. Nehmen wir weiterhin an, wir würden sie sogar als „Staat“ anerkennen, einfach so. Dann ändert sich bis auf dann evtl. vorliegendem Kombattantenstatus beider Seiten und bis auf einige weitere Rechtsgrundlagen und Marginalien nichts wirklich wesentliches. Der Charakter, wie Sie hier so schön ausführen, bliebe gleich, lediglich der Rahmen in dem wie gekämpft werden darf änderte sich.
Aber gut, juristische Positionen wollen Sie ja mit „empirischen“ Waffen schlagen.
5.a) Sie schrieben: Die Idee mit der Verbrechensbekämpfung funktioniert auch nur solange, solange der, der das Verbrechen seiner Verlautbarung nach bekämpft, der Stärkere ist.
5,b) Mit Verlaub, das ist logisch, aber ein Allgemeinplatz ohne inhaltlichen Wert in meinen Augen.
6.a) Sie schrieben: die INS wieder den Großteil Afghanistans beherrschen,
6.b) Sie definieren die INS in AFG als eine Konfliktpartei. Das ist empirisch nicht haltbar.
7.a) Sie schrieben: Die Realität ist, das ISAF als Unterstützung einer (Bürger-)Kriegspartei fungiert.
7.b) Nein. Das spiegelt weder die Empirie noch das Recht wider.
Fazit: So sehr ich Ihnen zugestehen möchte, sich als „empirischer Realist“ zu gerieren. Es gelingt Ihnen nicht. Sie liefern „Geschmacksurteile“ ab. Das ist in einer Diskussion ja durchaus auch angenehm zu lesen. Ich respektiere Ihre Meinung und schreibe ja auch lediglich die meine. Bitte haben Sie aber Verständnis, dass ich Ihnen in Ihrer nicht folge.
Eine Frage zum Schluss zu Ihrem Passus: „…und nicht denen der Verbrechensbekämpfung entsprechen, …“ Warum nicht bzw. wie hat denn Verbrechensbekämpfung Ihrer Meinung nach auszusehen und womit begründen Sie das?