Lieber mal alles mitnehmen.

Was machen diese Herren, die mit einem erkennbaren Haufen Gepäck vor einem olivgrünen Flugzeug warten, irgendwo auf einem Flughafen auf Kreta?

(Foto: Bundeswehr via flickr unter CC-Lizenz)

Nun, sie bereiten sich auf einen Ausflug nach Libyen vor, in der klaren Erwartung, dass sie durch libyische Kräfte nicht bedroht sind, ihre Waffen nicht werden einsetzen müssen und mithin nicht in eine bewaffnete Unternehmung einbezogen werden.

Dass die Fallschirmjäger und Feldjäger am 26. Februar dieses Jahres an Bord waren, als zwei Bundeswehr-Transall deutsche und andere europäische Zivilisten aus Nafura in der lybischen Wüste abholten, war eine Vorsichtsmanahme und geschah in der klaren Erwartung, dass die Soldaten die mitgeführten Waffen nicht würden einsetzen müssen. Für diese Vorsichtsmaßnahme hatten sie dabei: zwei Maschinengewehre MG3 mit jeweils 480 Schuss, zwei Gewehre G3 mit Zielfernrohren und jeweils 100 Schuss, 14 Gewehre G36 mit jeweils 150 Schuss und 23 Pistolen P8 mit insgesamt 750 Schuss. Die Schutzausstattung der beiden Transall C160 ESS bestand aus 1680 Scheinzielen zur Flugkörperabwehr (Chaffs und Flares).

Ganz klar: Nach Ansicht der Bundesregierung lag kein Einsatz bewaffneter Streitkräfte gemäß §2 Abs.1 Parlamentsbeteiligungsgesetz vor. Diese grundlegende Auffassung und die ganzen Details über die Bewaffnung – am Startflughafen auf Kreta lagerte noch ein bisschen mehr, unter anderem knapp 4.000 Schuss MG-Munition – teilte die Bundesregierung den Grünen in der Antwort auf deren Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 17/6196) mit. Denn zwischen Regierung und Opposition ist massiv umstritten, ob die Evakuierungsoperation Pegasus nun ein militärischer Einsatz war.

Fragen wir mal einen Beteiligten. Das hat bundeswehr.de schon getan:

Für die Absicherung der Transall während der Aufnahme der zu Evakuierenden in Nafurah ist als Führer der Sicherungskräfte Oberfeldwebel Henner G. verantwortlich. Sein Fallschirmjäger-Team besteht aus kampferprobten Soldaten, die sich bereits im Afghanistaneinsatz bewährt haben.

„Für solche Aufgaben muss man sich gut kennen“, sagt G., „blindes Vertrauen spielt eine sehr große Rolle.“ Der Oberfeldwebel wurde von einem erfahrenen Feldjäger begleitet. Oberstabsfeldwebel Hubertus T. hat acht Auslandseinsätze hinter sich und weiß, worum es geht: „Es ist wichtig, dass man vor einem Evakuierungseinsatz mögliche Szenarien durchspielt und sie bespricht. So kann man kaum überrascht werden.“ Vor Ort müsse man dann einen kühlen Kopf bewahren. „Jeder Einsatz ist anders, Routine darf sich hier nicht einschleichen“, so der Oberstabsfeldwebel, „trotz aller Freundlichkeiten sollte man sich ein gesundes Maß an Misstrauen bewahren.

Nun könnte man auch den Sprecher des Auswärtigen Amtes fragen:

Dafür muss man sich das Parlamentsbeteiligungsgesetz genau ansehen; das würde ich Ihnen empfehlen. Es gibt nach den §§ 3 und 5 sozusagen die Pflicht, im Vorhinein zu unterrichten, wenn sich ein bewaffneter Einsatz abzeichnen könnte. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es tatsächlich ein bewaffneter Einsatz war, muss die nachträgliche Zustimmung des Deutschen Bundestages eingeholt werden. In diesem Falle war es so, dass ein bewaffneter Einsatz bevorgestanden haben könnte. Nachträglich war es ein gesicherter Evakuierungseinsatz mit humanitärer Zielsetzung, also kein bewaffneter Einsatz. Demzufolge muss auch nachträglich keine Zustimmung des Bundestages eingeholt werden.

Nun gehen wir mal über die Petitesse hinweg, dass der AA-Sprecher damals noch meinte: In diesem Falle war es so, dass ein bewaffneter Einsatz bevorgestanden haben könnte, während die Bundesregierung doch jetzt in ihrer Antwort auf die Grünen-Anfrage die klare Erwartung, dass die Soldaten die mitgeführten Waffen nicht würden einsetzen müssen betont.

Die Grundfrage, die bleibt und die von Regierung und Parlamentariern offensichtlich unterschiedlich beantwortet wird: Was ist ein bewaffneter Einsatz? Oder, zugespitzt: Wenn schon schwer bewaffnete Soldaten auf Evakuierungsoperation kein Einsatz bewaffneter Streitkräfte sind – wo fängt denn dann ein solcher Einsatz an? Und ab wann muss die Regierung – und sei es aus nachvollziehbaren Gründen der Geheimhaltung und Sicherheit nachträglich – die Zustimmung des Parlaments einholen?

Das dürfte denn eine Frage für das Bundesverfassungsgericht werden. Denn bei den Grünen wird konkret eine Klage erwogen – und die jetzigen Aussagen der Regierung dürften die Bereitschaft dazu nicht gerade dämpfen.

(Übrigens ist auch die Truppe, die die Operation Pegasus durchgezogen hat, von der Haltung der Regierung nicht so begeistert. Nach der offiziellen Lesart waren sie nämlich gerade mal auf Dienstreise, halt nach Libyen. Dafür war’s ein bisschen viel Aufwand. Ganz zu schweigen von der Munition.)