Leo und kein Ende (3): Ob’s geheim ist, bleibt geheim
Das umstrittene Leopard-Panzergeschäft mit Saudi-Arabien war natürlich heute erneut Thema der Bundespressekonferenz. Und nach den Aussagen von Regierungssprecher Steffen Seibert ist selbst geheim, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel die Möglichkeit hat, die Geheimhaltung des Bundessicherheitsrats für dieses Ergebnis aufzuheben…. weil ja die Geschäftsordnung des Bundessicherheitsrats geheim ist.
Nicht geheim ist allerdings, dass und warum die Bundesregierung Saudi-Arabien trotz Differenzen in Menschenrechtsfragen für einen wichtigen Partner hält.
Zum Reinhören:
(Direktlink: http://audioboo.fm/boos/407503-leopard-bundespressekonferenz-08-juli-2011
In Deutschland geistert der Irrglaube umher, alles müsse ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden, um „gut“ zu sein.
Gefährlich. Denn das ist definitiv nicht so. Sobald Sicherheit, Menschenleben o.ä. bedroht sind, von Diplomatie ganz zu schweigen und anderen nicht von jedermann überschaubaren Dingen, kann Geheimniskrämerei überlebenswichtig sein.
Gefährlich. Denn wenn Geheimes nur noch Geheim gehalten werden kann, wenn niemand überhaupt irgendwas erfährt, dann wird das über lang zu Geheimniskrämerei à la USA führen: Ein Dienst überwacht den anderen, denn sobald etwas ans Tageslicht kommt, wird ALLES aufgedeckt. Zumindest gefordert, und in Deutschland wäre das das selbe. Kein anderes Land würde auf Anträge der Opposition hin Agenten und Kommandosoldaten enttarnen.
@JSG
Übermäßige Geheimhaltung ist Gift für eine Demokratie und Nährboden für jegliche Art von Korruption. Wenn der mündige Staatsbürger, der regelmäßig (Wahlbeteiligung!) und aufgrund seines fundierten politischen Willens seine Vertreter wählen soll, tatsächlich gewünscht ist, dann muss er so viel wie möglich über das erfahren, was in seinem Namen beschlossen wird und warum. Enthält man ihm solche entscheidenden Informationen auf breiter Basis vor, wird auch der engagierteste Wähler irgendwann aufgeben. Die stetig sinkende Wahlbeteiligung ist für mich ein deutlicher Beleg dafür, dass immer mehr Menschen den Glauben auf echte Veränderung auf repräsentativ-demokratischem Weg aufgegeben haben.
Die Gutsherrenart, mit der unpopuläre Entscheidungen durchgedrückt werden, ist heute einfach nicht mehr haltbar. Wir leben doch nicht mehr im Feudalismus!
Zum Thema Geheimhaltung schrieb vorgestern Rainer Bonhorst einen amüsanten Text auf dem Blog „Achse des Guten“:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/alles_streng_geheim/#When:21:19:00Z
@JSG:
Absolut richtig!
@Hackworth:
Definiere „übermäßige Geheimhaltung“ !
Die Einstufung von Sachverhalten als Verschlusssache erfolgt nicht nach Gefühl und Wellenschlag. Es gibt klare Regeln wie diese Sachverhalte einzustufen und in Folge zu behandeln sind. (SÜG, VSA).
Und das mit dem „mündigen Staatsbürger/ Wähler mit Sachverstand: Wenn ich diverse
Kommentare und Verhaltensweisen von Politikern, Journalisten und Hobbykommentatoren und das bauchgesteuerte Wahlverhalten zur Kenntnis nehme, so frage ich mich ernsthaft wovon Sie reden.
@Chickenhawk:
Um das Geschreibsel dieses Herr B. gut zu finden braucht man wohl ein besonderes Gemüt!
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,773253,00.html
Opposition scheitert mit Veto gegen Panzer-Deal
Die Argumente der Regierung zu Saudi Arabien sind lachhaft:
– Saudi Arabiens „moderate Öffnung“ gegenüber Frauenrechte (ein Witz!)
– Geheimdienstzusammenarbeit mit denen ist gut (Wir betreuen die salafistischen Terroristen gemeinsam?)
– Friedensplan der Saudis ist Klasse (wir unterstützen den aber nicht, im Gegenteil)
– G20 (die Saudis haben viel Geld)
– Israel, Israel, Israel ….
– Saudi Arabiens gewaltsame Einmischung in Bahrain wird nicht erwähnt
– Saudi Arabiens jüngster Krieg gegen die Houtis wird nicht erwähnt
– Saudi Arabiens Förderung von Terrorismus wird nicht erwähnt.
Es gibt übrigens kein Gesetz das einen Bundessicherheitsrat definiert bzw dessen Geschäftsordnung festlegt. Das da alles Geheim ist kann die Regierung daher in Sekundenschnelle ändern.
Einfach genial !
Die Regierung hat nun mit Hilfe der bekannten whistleblower und der Enthüllungsmediatoren es doch tatsächlich geschaft, in dieser Angelegenheit
1.die Koalitionsfraktionen (insbesondere FDP) in die Pflicht zu nehmen;
2.durch Ablehnung des Offenbarungsantrages im Bundestag die Entscheidung des BSR parlamentarisch quasi zu billigen;
3. ein Lehrstück in Sachen realpolitischer Gewaltenteilung abzuliefern und
4. international ein klares Signal in Sachen deutsche Sicherheitspolitik zu senden.
Man möchte fast glauben, dass dies eine sehr professionelle spindoctor Inszenierung war.
Alle konnten ihre Punkte und Positionen machen…die Medien hatten eine profitable Sommertheater-Ouvertüre und die Saudis brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen, dass der deal politisch noch gekippt wird.
„Udo Hansen. Der ehemalige Leiter des Grenzschutzpräsidiums Ost, einst schon wegen seiner Methoden als Chef des Bundesgrenzschutzes am Frankfurter Flughafen in die Kritik geraten, hatte sich 2008 aus Gesundheitsgründen in Ruhestand versetzen lassen, dann aber umgehend als Berater für EADS in Saudi-Arabien angeheuert. Kurz nach Abschluss des Rüstungsgeschäfts kehrte er zurück. In der vergangegen Woche wurde er vom Berliner Senat zum neuen Polizeipräsidenten ernannt.“
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2011/0707/politik/0058/index.html
Sollte das stimmen, ist es doch noch schlimmer als das was Ströbele der Regierung unterstellt. Ob diese Aktionen zu einer Entspannung in der Region beitragen ist doch mehr als fraglich. Sicherheit geht anders.
International ein klares Signal in Sachen deutsche Sicherheitspolitik???
Es mag ein klares Signal sein aber wohl keines was zum Frieden in der Region einen Beitrag leistet und wir sind dabei, den Verhandlungsbonus mit dem Iran zu verspielen!
P.S. zum Kommentar oben:
„Insgesamt 77 Beamte werden seit zwei Jahren in Saudi-Arabien eingesetzt, um dort Grenzschützer auszubilden. Das bestätigt die schwarz-gelbe Bundesregierung nun auf eine parlamentarische Anfrage der Linken.“
Wie ja schon vor Wochen in der Presse bildet die BP die saudi-arabischen Sicherheitskräfte für den Kampf gegen Demonstrationen und die Erstürmung von Häusern aus. Die Ausbildung hat wohl auch dazu beigetragen, dass die saudi-arabischen Sicherheitskräfte die Proteste der Opposition im benachbarten Bahrain brutal und effizient niederschlagen konnten.
Demokratie bedeutet nicht, dass jeder Bürger alles wissen muß. Auch eine Demokratie muß sich schützen. Und dazu gehört auch Geheimhaltung. Demokratie bedeutet, dass die Regierung den Mehrheitswillen der Bevölkerung umsetzt, egal wie unvernünftig dieser auch möglicherweise ist. Dies ist das einzige Kriterium für Demokratie. Nicht Wahlen, Menschenrechte, Meinungsfreiheit, Schwulenrechte usw.. In einer Demokratie ist allein das Volk der Souverän. Der mehrheitliche Volkswille bricht im Zweifel jedes Gesetz, jede internationalen Regel, jede internationale Verpflichtung, denn das Volk ist in einer wahren Demokratie der einzige Bestimmer. Nicht Parteien, die z.B. in Deutschland keine 3% der Bevölkerung repräsentieren. Sonst ist es keine Demokratie.
@TOM
Bezüglich mündiger Wähler: Da haben wir ein Henne-Ei-Problem. Hält der Staat Dinge geheim, weil der gemeine Wähler unfähig ist zu erkennen, was gut für ihn ist? Oder muss der Bürger in politischer Unmündigkeit verharren, weil seine Regierung ihm immer weniger Begründungen(„alternativlos“) und dafür immer mehr Kasperletheater präsentiert, während die wahre Politik in Hinterzimmern und auf Ministerialbeamtenebene passiert?
@Stefan(10)
„Demokratie bedeutet nicht, dass jeder Bürger alles wissen muß. “
„Demokratie bedeutet, dass die Regierung den Mehrheitswillen der Bevölkerung umsetzt, egal wie unvernünftig dieser auch möglicherweise ist.“
Dann stelle ich mal die offensichtliche Frage: Was ist, wenn es der mehrheitliche Bürgerwille wäre, dass jeder Bürger grundsätzlich alles wissen darf, was in seinem Namen und mit seinem Geld geschieht? :)
Nachtrag @TOM
„Die Einstufung von Sachverhalten als Verschlusssache erfolgt nicht nach Gefühl und Wellenschlag. Es gibt klare Regeln wie diese Sachverhalte einzustufen und in Folge zu behandeln sind. (SÜG, VSA).“
Und weil die Regeln klar sind, sind sie automatisch gut und nicht zu hinterfragen? Das ist ein Nullargument und genau das unkritische Befehlsempfängerdenken, das nicht nur in Deutschland und nicht nur im letzten Jahrhundert zu unvorstellbarem, menschengemachten Leid geführt hat. Es sind UNSERE Regeln, und WIR müssen entscheiden dürfen, ob sie gut sind oder nicht. Aber wenn man nicht mal über die Regeln selbst entscheiden kann, geschweige denn den konkreten Fall, auf den sie angewandt werden, kann das einer Demokratie nicht zuträglich sein.
[…]Das ist ein Nullargument und genau das unkritische Befehlsempfängerdenken, das nicht nur in Deutschland und nicht nur im letzten Jahrhundert zu unvorstellbarem, menschengemachten Leid geführt hat[…]
Oh Gott, jetzt wirds aber richtig schlecht hier… Don´t fight the settings: Bitte schnell noch einmal nachschauen, was direkte und was repräsentative Demokratie ist und dann kurz weiterblättern zu dem Teil, welche der beiden Formen wir in Deutschland haben. Wenn sie diese Form mit ihrer Bürgerinitiative geändert haben, sehen wir weiter…
@Hackworth | 09. Juli 2011 – 15:45
Zitat: „Dann stelle ich mal die offensichtliche Frage: Was ist, wenn es der mehrheitliche Bürgerwille wäre, dass jeder Bürger grundsätzlich alles wissen darf, was in seinem Namen und mit seinem Geld geschieht? :)“
Dann muß die Regierung dies offenlegen.
Nur werden die Panzer nicht im Namen der deutschen Bürger verkauft. Der Verkauf kostet dem deutschen Bürger auch kein Geld. Die Panzer werden durch ein Privatunternehmen verkauft. Über die Besteuerung erhalten die deutschen Bürger Geld.
Teltschik und Rühe sprechen sich gegen die Panzerlieferung aus. Die zählen wohl noch in der CDU Basis. Merkel hat da ein Problem …
@Stefan
„Nur werden die Panzer nicht im Namen der deutschen Bürger verkauft. Der Verkauf kostet dem deutschen Bürger auch kein Geld. Die Panzer werden durch ein Privatunternehmen verkauft. Über die Besteuerung erhalten die deutschen Bürger Geld.“
m(
Waffenexporte sind natürlich ausnahmslos genehmigungspflichtig, ob Privatunternehmen oder nicht, das ist doch grade der Kern der Debatte. Somit geschieht dieser Export sehr wohl in unser aller Namen; ohne Zustimmung der Bundesregierung wäre dieser Deal nicht zustande gekommen. Und wie kommen Sie auf die Idee, dass der Leo-Verkauf Deutschland Geld koste? Oder dass das Geld in dieser Frage überhaupt eine entscheidende Rolle spielt?
@Hackworth | 09. Juli 2011 – 19:21
Zitat: „Und wie kommen Sie auf die Idee, dass der Leo-Verkauf Deutschland Geld koste? Oder dass das Geld in dieser Frage überhaupt eine entscheidende Rolle spielt?“
Auf diese Idee bin ich keineswegs gekommen. Ganz im Gegenteil. Bitte lesen Sie meinen Beitrag richtig.
Diese Idee scheinen Sie wohl eher zu haben. So soll doch hier, nach Ihrer Meinung, der Bürger wissen, was mit seinem Geld geschieht.
Zitat: “Dann stelle ich mal die offensichtliche Frage: Was ist, wenn es der mehrheitliche Bürgerwille wäre, dass jeder Bürger grundsätzlich alles wissen darf, was in seinem Namen und mit seinem Geld geschieht? :)”
@ b
Eher nicht, sondern zu den alten Dummen, die im Nachhinein versuchen ihre eigene Dienstzeit schön zu reden. Insbesondere Rühe sieht da gerade nicht gut aus. Wenn so manche Herren in den letzten Jahren sich so vorgedrängelt hätten, dann könnte man ihn auch den schlechtesten Verteidigungsminister aller Zeiten nennen.
@Stefan
Ich habe nirgends geschrieben, dass der Leo-Verkauf Geld koste, das wäre doch ziemlicher Unsinn, oder? Ich habe auf Ihren allgemeinen EInwurf geantwortet bezüglich Geheimhaltung.
@Hackworth
Zitat: „Ich habe nirgends geschrieben, dass der Leo-Verkauf Geld koste, …“
Ich auch nicht.
Sie haben geschrieben.
Zitat: “… , dass jeder Bürger grundsätzlich alles wissen darf, was … mit seinem Geld geschieht? :)”
Da habe ich Sie wohl falsch verstanden, denn mit dem Geld der Bürger geschieht ja offensichtlich nichts, bei diesem Panzergeschäft. ;-)
Dann schreib ich es, wenn sich von Euch keiner traut :-)
Der Leo Verkauf kann uns noch teuer zu stehen kommen.
Auch der Iran hatte uns als Moderator und Leumund im arabischen Raum betrachtet.
Nun verspielen wir das Vertrauen welches man uns entgegen brachte, dies nur für den schnöden Mammon und für Panzer die eben nicht für eine Verteidigungsstrategie eines Staates stehen sondern eher für die Sicherung der Regierungsmacht in SA.
Ob der Iran uns wirklich so betrachtet, sei einmal dahingestellt; ich bezweifle das irgendwie doch sehr stark. Als Moderator wird man auch nur solange akzeptiert, bis man etwas vorschlägt, was gegen die Interessen des Irans läuft. Ausserdem hat Deutschalnd bereits klar gegen die Machtentwicklungen des Irans Stellung bezogen. Das Tischtuch ist bereits zerschnitten, wie kleine Spitzen a lá Überflugsgenehmigung zeigen.
Und was die Sicherung der Regierungsmacht anbelangt: SA hat derzeit nach offenen Quellen um die 1300 KPz, davon nicht unerheblich viele moderne M1 Abrams (die man auch mit MOUT Sets nachrüsten könnte und die dann besser „gegen Demonstrationen“ wären) – glaubt hier wirklich einer im Ernst, dass die auf 200 Leoparden angewiesen sind, um ihre Macht zu erhalten??
Aber stimmt, laut Presse und Politiker mit gefährlichem Halbwissen ist der Leopard ja eine ultimative Kampfmaschine, denn verfügt ja über (Zitat) „sogar ein Maschinengewehr[…]“.
Noch etwas vergessen: SA hat ebenfalls eine Nationalgarde, welche die Polizei unterstützt. Das sind die, die auch gegen Demonstrationen vorgingen – leider hat diese aber keine Panzerzüge… Soviel zum Einsatz gegen Deomonstranten…
Ein wenig OT, aber Afghanistan erhält trotz mehrmaligem Wunsche keine SPz Marder!
Quelle: http://www.pr-inside.com/de/deutschland-will-keine-marder-schuetzenpanzer-an-r2704001.htm
Tja warum sollen wir die Marder auch verschenken, das ganze Material, Munition etc. und dann auch noch die Ausbildung irgendwelcher ANSF-Typen bezahlen? Verschrotten ist wohl günstiger, sorgt hier für Arbeitsplätze^^ und birgt nicht das Risiko, das demnächst mit irgendwelchen Mardern „Völkermord“ in abgelegenen Tälern begangen wird.
Abgesehen von der Tatsache, dass den Leopard 2 als ultimative Waffe gegen Aufständische zu verkaufen der blanke Hohn ist (jedenfalls für alle, die je mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung konfrontiert waren), finde ich es bedenklich, wie so kurze Zeit nach dem außenpolitischen Debakel in Tunesien und Ägypten (erst stützen unsere Regierungen jahrzehntelang die „Garanten der Stabilität“, dann fällt uns plötzlich auf, dass eben diese ihr Volk und dessen Demokratiebestrebungen brutal unterdrücken) jetzt gleich das nächste Fettnäpfchen ins Visier genommen wird.