Auch die Inder tun sich schwer mit bewaffneten Handelsschiffen
Eigentlich hätte man vermuten sollen, dass die Inder grundsätzlich keine Probleme mit einem, äh, robusten Vorgehen gegen somalische Piraten haben – in der jüngsten Vergangenheit sind ihre Kriegsschiffe recht hart gegen Piraten-Mutterschiffe vorgegangen, die sich bis vor die Küste des Subkontinents gewagt hatten.
Erstaunlicherweise gibt es aber offensichtlich auch in Indien die Diskussion, ob bewaffnete private Sicherheitsteams auf Handelsschiffen zugelassen werden sollen: Govt may allow armed guards on merchant ships – eine Entscheidung des indischen Innenministeriums wird demnächst erwartet. Möglicherweise hat da die Entscheidung der International Maritime Organisation, einer Unterorganisation der Vereinten Nationen, die Entscheidungsfindung beschleunigt.
Und: wie auch in Deutschland wird dort der Ruf laut, neben den privaten Sicherheitsdienstleistern auch staatliche Kräfte mehr einzubinden.
Nachtrag: Auf diese Webseite hätte ich schon eher stoßen sollen, aber habe sie erst jetzt gefunden: Oceans beyond piracy.
Also das ganze ist auch garnicht so einfach. Private Sicherheitsfirmen schön und gut, aber sollen diese Effektiv arbeiten bekommen sie ganz schnell Probleme, aus unterschiedlichen Richtungen.
Nur kurz meine Einschätzungen, Volljuristen mögen mich bitte berichtigen:
Schiff unter deutscher Flagge: Das führen von Kriegswaffen von privaten Sicherheitskräften und der Einsatz dieser im Geltungsbereich des StGB wäre auch im Rahmen der Notwehr nicht zulässig. Denn das eine kann keine Rechtfertigung für das andere sein. Schließlich sind die Kriegswaffen vor der Notwehr da. Zwar könnte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Ausnahmeregelungen erlassen, aber das würde allen Sichherheitsfirmen Tür und Tor öffnen und das scheut man glücklicherweise.
Deutsche Reederei – Flagge EU Staat
Witzigerweise schwelender Tarif – Konflikt und Anwendbarkeit des Rechts. Die EuGH Urteile zur Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit haben da ja tiefe Kerben geschlagen. Soll heißen – auch wenn das Schiff anders beflaggt ist, kann das Recht des wirtschaftlichen Eigentümers (Deutsche Reederei) gelten und da wären wir bei o.g. Problematik.
Deutsche Reederei – Flagge sonstwas
Da bleibt das Problem des Transports und der Proliferation von Kriegswaffen, immer dann wenn so ein Schiff deutsche Häfen anläuft. Wie es sich da genau verhält entzieht sich meiner Kenntnis.
Im großen und ganzen sehe ich die Lösung wirklich in staatlicher Hand. Natürlich kann ich nicht auf jedem Schiff ein Team einschiffen, das es dann bewacht, aber ich könnte es für einen Zeitraum auf vielen und die Piraten wissen natürlich nicht auf welchem. Das würde nach ein paar vermurksten Versuchen für große Abschreckung sorgen, einfach mal Übermacht demonstrieren anstatt Ohnmacht.
Mit den entsprechenden Halbautomaten (keine Kriegswaffen im Sinne des Gesetzes) wird sich doch so ein Dampfer ausreichend verteidigen lassen..
Auch die Inder werden sich des Paradoxons privater Sicherheitsdienstleister bewusst sein. Es gibt nämlich durchaus gute Argumente, private Sicherheitsdienstleister zu verbieten oder mindestens streng zu regulieren. Wenn die illegale Piraterie lediglich durch „legale Piraterie“ per „Sicherheitsgebühr“ ersetzt wird, ist auch niemanden wirklich geholfen.
Wenn jemand die Dienstleistung Sicherheit bereitstellt und seinen Job gut macht, dann gibt es eben keinerlei Vorfälle oder Gefahrenlagen. Es ist eben Sicherheit und ein sicheres Gefühl gewährleistet.
Diese Situation ist aber für Kundenakquise ausgesprochen unvorteilhaft, da z. B. Redereien sich die hohen Kosten für Sicherheitsdienstleister sparen, wenn die Welt sicher ist. Somit kommen Sicherheitsdienstleister ohne einwandfreies ethisch- moralisches Grundgerüst, schwarze Schafe gibt es überall, schnell zu der Überzeugung, dass ein gewisses Niveau an Unsicherheit und der ein oder andere Überfall gut fürs Geschäft sind. Sie machen also ihren Job entweder vorsätzlich nicht wirklich gut oder heuern gar regelmäßig ein paar dumme Jungs als Piraten an – natürlich geschieht das, ohne Verbindungen ziehen zu können. Ähnlich dem Kammerjäger, der den Werbezettel für sich in den Briefkasten und ein paar Kakerlaken ins Kellerfenster wirft …
Durch die Zulassung privater Sicherheitsdienstleister kann es also durchaus unsicherer werden.
Dazu kommt noch, dass Sicherheit ein Allmendegut ist. Da kommt es bei privatwirtschaftlicher Organisationsform schnell zur Tragik der Allmende.
In der Summe birgt also die Zulassung privater Sicherheitsdienstleister auch erhebliche Risiken. Die staatliche Bereitstellung des Gutes Sicherheit ist eigentlich der saubere Weg – wenn die staatlichen Stellen eben ihren Job machen und machen dürfen.
Mit Verlaub. Sicherheit ob zur See oder zu Land ist und bleibt ein öffentliches Gut. Der Rivalitätsgrad it gleich null und der Grad der Exkludierbarkeit ist und bleibt ebenfalls null. Oder sollte etwa wenn ein Mensch Sicherheit konsumiert für einen Zweiten keine Sicherheit mehr übrig sein?
Aus ökonomischer Sicht bleibt Sicherheit ein öffentliches Gut und wird es auch immer bleiben. Damit ist aus volkswirtschaftlicher Sicht nur die Bereitstellung durch den Staat effizient bzw. möglich. Ein Ökonom würde nie zur Privatisierung von Sicherheit raten, was aber nicht den Aspekt der Bewachung betrifft.
OT: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,765750,00.html
SPON-Artikel zur Piraterie in Somalia
Ist ja noch nicht mal wirklich OT ;-)
Ich sehe offtopic immer im engeren Sinne … es geht ja nicht um die indische Position zu bewaffneten Sicherheitsteams, also OT ;-)
Nun ja, Indien ist ein riesiges Land – mit riesiger Bürokratie.
Wenn man sich allein mal die homepage der Indischen Regierung anschaut und sieht, dass es da neben 34 „Cabinet Ministers“ auch noch sechs „Ministers of State with Independent Charge“ gibt sowie zusätzlich noch sage und schreibe 37 „Ministers of State“, dann wundert es einen nicht mehr, dass die Kompetenzen der Indischen Marine nicht in den Bereich Handelsschifffahrt hineinreichen.