Nach dem Tod Osamas: Und wie geht’s weiter?
Das Top-Thema heute ist natürlich der Tod von Osama bin Laden – und ich bewundere die Kollegen von der New York Times für die dennoch streng professionell sachliche Überschrift: BIN LADEN KILLED BY U.S. FORCES IN PAKISTAN, OBAMA SAYS, DECLARING JUSTICE HAS BEEN DONE
Interessant wird die Frage, welche politischen Auswirkungen das hat – nachdem sich der Jubel in Washington gelegt hat und mögliche Racheakte geschehen sind (oder auch nicht). Wird es jetzt innenpolitisch in den USA schwieriger, den – auch dort unpopulären – Krieg in Afghanistan zu rechtfertigen? Ist aus amerikanischer Bevölkerungssicht damit genügend Rache geübt für 9/11?
Es mag ja zynisch klingen – aber von solchen, eigentlich nebensächlichen Fragen hängt einiges ab. Auch die Zukunft des deutschen Engagements am Hindukusch.
(Die Rede des US-Präsidenten zum Nachlesen hier.)
@T. Wiegold
„Wird es jetzt innenpolitisch in den USA schwieriger, den – auch dort unpopulären – Krieg in Afghanistan zu rechtfertigen?“
Ich würde es andersherum formulieren: Es wird vermutlich leichter, das Ende des Einsatzes zu rechtfertigen, den die USA ohnehin nicht mehr lange in dieser Intensität durchhalten könnten.
Was die politischen Auswirkungen angeht, so stößt der Vorfall vielleicht eine Diskussion darüber an, warum man jahrzehntelange kräftezehrende und nicht erkennbar erfolgreiche Nation-Building-Einsätze durchführen muss, wenn man deren Ziel auch mit ein Spezialkräfteoperation und wesentlich geringerem Aufwand erreichen kann.
Na dann wird sich McCain aber freuen, denn nach der Logik hat sich Lybien ja erledigt, wenn Gaddafi weg ist.
Wo ein Bin Laden herkam, koennen auch wieder neue entstehen. Kurzfristig muss man nun Afgh und den Irak erfolgreich zu Ende bringen, mittelfristig die Ursachen fuer den Terrorismus islamistischer Praegung beseitigen(und damit meine ich nicht die Fuehrer, sondern die oekonomischen Umstaende) Nur dann haben wir(jedenfalls von dort) nachhaltig unsere Ruhe.
@T. Wiegold
Ich habe im Augenblick keine Zeit für einen längeren Kommentar, wollte aber darauf hinweisen, dass die URL für diesen Blogbeitrag einen kleinen Fehler enthält:
http://augengeradeaus.net/2011/05/nach-dem-tod-obamas-und-wie-gehts-weiter/
Es muss richtig heißen: nach dem Tod Osamas, nicht: nach dem Tod Obamas
@ldr
Die Frage ist ob wir die Ressourcen dafür haben und ob die Uberdehnung die sich ergibt wenn man mehr tut als man kann, andere Akteure ermutigt Dinge zu tun, die sie nicht getan hätten, wenn wir nicht heillos verzettelt wären.
Bin Laden wollte den Westen ausbluten. Ich denke er war ziemlich erfolgreich.
Kurze Anmerkung am Rande:
Das erklärt dann auch die ISAF-Warnung an alle Ausländer in Afghanistan, die gestern auf Free Range International erwähnt wurde (May Day):
„The ISAF (International Security Assistance Force) has taken an unusual step by issuing a warning to all internationals, alerting of coordinated “spectacular attacks”, kidnapping of internationals, suicide bombings, and all manner of general mayhem to kick off Sunday, 1 May. To the best of my knowledge, this is the first time ISAF has ever distributed a written warning to internationals at large, it’s also the first time ISAF has used social media to reach out to the general public. […]
The UN has sent all their internationals scurrying to seek shelter in local PRT’s and declared “WHITE CITY” countrywide. This means emergency road movements only. Afghan security forces (ANSF) are out in force all over the country. Our local workers are now clearly spooked, but oddly none of them seem to know of any specific threat. As I write this, a frantic effort is being made throughout the south to confirm that there are no missing internationals as (I’m guessing) the Taliban claim to have one in their possession.“
Justice has been done?.. Naja.. vor Gericht wäre mir bin Laden leiber gewesen.. dann hätte man vielleicht am Ende halbwegs von Gerechtigkeit reden können. So ist mir das ein wenig zu alttestamentarisch… aber ich vermute dass das in der Aussage eher der amerikanischen Rechten so geschuldet ist mit ihrer High Noon Duellmentalität wie im alten wilden Westen (ich hab lange genug in den USA gelebt um zu wissen, dass sich das Bild in den USa sicher differenzierter darstellt, aber in der Tendenz geht es aber teilweise sehr wohl in diese Richtung). Innenpolitisch mag diese Rhetorik gut und richtig sein, aber in Hinblick auf die Wirkung der USA in der Welt emfinde ich diese Aussage doch als hochproblematisch, weil sie suggeriert, dass die USA es mit der Gerechtigkeit nicht so genau nehmen könnten und Rache deutlicher im Vordergrund steht als sie oft behaupten.
@icharbeitegern
„Naja.. vor Gericht wäre mir bin Laden leiber gewesen.. dann hätte man vielleicht am Ende halbwegs von Gerechtigkeit reden können. “
Den Fehler haben die Amerikaner glücklicherweise vermieden. Er könnte ja nur auf Grundlage von 2001 bereits bestehenden Rechtsgrundlagen verurteilt werden, die aber möglicherweise nicht für angemessene Urteile ausreichen. Ein Prozess wäre für AQ möglicherweise ein Propagandaerfolg geworden. Konsequenterweise schafft man mit den Drohneneinsätzen ja bereits Situationen, in denen sich der Feind erst gar nicht ergeben und danach zu einem InfoOps-Problem werden kann.
@LdR
„mittelfristig die Ursachen fuer den Terrorismus islamistischer Praegung beseitigen(und damit meine ich nicht die Fuehrer, sondern die oekonomischen Umstaende) “
Die These, dass das Problem eine Folge ökonomischer Umstände sei, ist seit langem erledigt. Militante Islamisten kommen im Durchschnitt aus einem überdurchschnittlich wohlhabenden Hintergrund, sind weit überdurchschnittlich gebildet und interessieren sich kaum für wirtschaftliche Anliegen.
Zu den politischen Folgen: Man könnte die Frage stellen, warum sich Bin Laden offenbar über längere Zeiträume nahe der pakistanischen Hauptstadt (und nicht etwa in den angeblich pakistanischer Kontrolle entzogenen FATA) aufhalten konnte, und warum sich z.B. wichtige Teile der Führung der Taliban unbehelligt an Orten wie Karachi bewegen können, und was dies über die Eignung Pakistans als Partner bei der Bekämpfung dieser Kräfte aussagt.
Angesichts der vorhersehbaren Reaktionen in der pakistanischen Bevölkerung könnte man auch die Grundannahme westlicher Politik diskutieren, dass militante Islamisten unter Muslimen nur eine winzige, isolierte Minderheit darstellen. Wenn Al-Qaida unter Muslimen isoliert wäre, müsste es dort ja nach dem Tod OBLs Freudenkundgebungen geben und nicht etwa antiwestliche Massendemonstrationen.
Gut Ding braucht eben Weile – wenn man sich überlegt, wie lange diese Jagd dauerte und wie viel Geld man investieren musste …
Ich vermute, dass der Tod dieses Verbrechers in der Exitstrategie der USA eine große Rolle spielen wird. Afghanistan ist nach unseren Maßstäben in manchen Regionen unregierbar und ein großer Teil der Bevölkerung hat einfach keine Lust, sich an unsere Spielregeln zu halten (Bildung, Menschenrechte). Man hat den Obermacker – der Rest ist afgh. Innenpolitik, für die die von uns ins Amt gesetzte Regierung verantwortlich ist.
Für den Fall, dass Islamistengruppen im großen Stil ausgebildet werden, könnte eine Trägergruppe (Reichweite?) in der Nähe eine billigere Alternative darstellen.
Die amerikansche Bevölkerung wäre für einen Abzug sicher dankbar und hätte im Gegensatz zu uns, auch weniger Probleme mit gelegentlichen Strikes. Und (!) OBAMA hat endlich wieder eine Erfolgsmeldung.
bin Laden vor Gericht wäre genauso eine Farce geworden, wie Saddam Hussein´s Verurteilung. Abgesehen von der astronomischen Gefährdung, die von so einem Event ausgeht (z.B. Geiselnahme von US-Bürgern, um den Angeklagten freizupressen etc. etc.).
Es ist gut so wie es ist – möge er in alle Ewigkeit schmoren.
Es wird spannend zu beobachten, wie sich das Verhältnis der USA zu Pakistan entwickelt.
bin Laden wurde in Abottabad (benannt nach einem britischen General) gestellt, einer Stadt mitten in Pakistan, die vom pakistanischen Militär dominiert wird. Dort befindet sich eine bedeutende pakistanische Militärakademie, in dem Viertel leben viele pensionierte Militärs. bin Ladens Unterschlupf war ein Riesenkomplex, welcher die umliegenden Häuser wie eine große Burg überragte und offenbar speziell für bin Laden errichtet wurde.
Gleichwohl verfügte das Gebäude weder über Telefon-, noch über Internetanschluss. Der Müll wurde auf dem Gelände selbst verbrannt.
Es ist kaum vorstellbar, dass bin Laden nicht von höchsten Kreisen in Pakistan gedeckt wurde. US-Quellen geben an, dass es sich um einen ausschließlich von US-Kräften durchgeführten Einsatz handelte, während die Pakistanis behaupten, es sei eine gemeinsame Aktion gewesen.
Die offiziöse deutsche Reaktion ist in jedem Fall vorhersehbar. Man wird das ganze irgendwie heikel finden wie in dieser Gefälligkeitsstudie für die Bundesregierung:
http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2011_S3_bdk_ks.pdf
Gleichzeitig wird man sich wohl weiterhin darauf verlassen, dass andere Staaten mit ihren eigenen Methoden das Problem von uns fernhalten. Die Fälle, bei denen andere Staaten z.B. dezent über bevorstehende Reisebewegungen militanter Islamisten informiert wurden, damit sie außerhalb des Gültigkeitsraums deutschen Rechts dann von anderer Stelle getötet oder verhört etc. werden konnten, sind ja dokumentiert und werden von den üblichen politischen Verdächtigen ja auch lauthals beklagt.
Das scheint allgemein zum neuen Markenzeichen hypermoralischer deutscher Politik zu werden. Der gleiche Ablauf ist beim „Atomausstieg“ zu beobachten, der darauf beruht, dass man nuklear erzeugte Elektrizität aus Frankreich bezieht, so wie der Ausstieg aus kontroversen Methoden der Terrorismusbekämpfung darauf beruht, dass für uns töten und foltern. Hauptsache, Deutschland kann sich unschuldig und moralisch überlegen vorkommen. Oder mit anderen Worten: Jeder will die Wurst essen, aber keiner will sehen, wie sie hergestellt wird.
Einem Kommentar von kp im „The Long War Journal“ zufolge ist dies das Haus (Gehöft) von Osama bin Laden in Abbottabad:
http://maps.google.com/maps?q=Pakistan+Military+Academy,+Abbottabad+pakistan&oe=utf-8&client=firefox-a&ie=UTF8&hl=en&hq=Pakistan+Military+Academy,&hnear=Abbott%C4%81bad,+Abbottabad,+Khyber+Pakhtunkhwa,+Pakistan&ll=34.181489,73.247395&spn=0.045017,0.065145&t=h&z=14
A = Pakistan Military Academy
B = Osama bin Laden’s Compound
„The Long War Journal“
http://www.longwarjournal.org/archives/2011/05/al_qaeda_emir_osama.php
@J.R.: Das hatte damit nichts zu tun, sondern bezog sich auf die für den 1. Mai angekündigte „Frühjahrsoffensive“ der Taliban.
Ich glaube operativ ist das nicht allzu bedeutend, aber vor allem die Symbolwirkung ist natürlich (for all the right or wrong reasons) überaus wichtig.
Mein erster Gedanke war, dass es einen Abzug aus Afghanistan wie von Obama angekündigt leichter machen wird. Hier ist natürlich die Symbolwirkung wichtig. Für den Insurgency in Afgh. ist OBL natürlich nicht wichtig (ich kann das natürlich nicht mit intel untermauern, aber ich glaube die meisten Experten waren sich einig, dass Al Qaida so de-zentral organisiert war/ist, dass er nicht mehr die Bedeutung hatte wir vor 9/11 bzw. noch bis kurz danach).
Zweitens könnte es vielleicht den Startschuss geben für eine Counterterrorism-Vorgehensweise die den Counterinsurgency ablöst. Gerade im Kontext von einem sukzessiven Truppenabzug wird „Hearts and minds“ schwieriger und Operationen diesen Kalibers einfacher. Auf der anderen Seite braucht man auch die Intel um solche Operationen durchzuführen und das geht in aller Regel besser wenn man zumindest ein paar Hearts and minds für sich gewonnen hat.
Bleibt abzuwarten….desto mehr ich darüber nachdenke, desto weiter spekuliere ich in meinem Kopf.
Was Pakistan angeht….bin mir nicht sicher…..der ISI hat ja sehr schnell klargemacht dass sie davon wussten bzw. beteiligt waren, während Washington das Gegenteil äußerte. Zunächst sieht es so aus als hätten es die USA alleine gemacht, denn sonst wenn eine Operation rauskommt betonen alle Stellen immer das es in Zusammenarbeit mit den Pakistanischen Behörden passiert ist. Könnte einfach Nachwirkungen des CIA Agenten Tumults sein oder tatsächlich daher rühren, dass sie das alleine machen wollten, damits auch klappt (und nicht vorher geleakt wird).
In jedem Fall die nächsten Tage werden interssant und es wird klar werden, ob es sich um einen symbolischen Sturm im Wasser handelt und dann alles wieder zu business as usual übergeht, oder ob auf Grund der symbolischen Wirkung ein policy shift kommt (Afghanistan wind down etc.)
@Orontes: Treffende Analyse. Aber ich glaube dass es weniger die politische Klasse ist, die nicht sehen will wie die Wurst gemacht wird – ganz im Gegenteil selbst Idealisten haben immer wieder erkannt das man um die Wurstproduktion nicht rumkommt – sondern dass es die Bevölkerung bzw. Wählerschaft (und da liegt der Knackpunkt) ist die Wurstproduktion nicht sehen will. Man braucht sich nur mal Kommentare bei Zeit.de oder anderen Zeitungen zu Artikeln durchlesen, die BW, Afgh. oder ähnliches behandeln. Nicht das diese Leute repräsentativ für die Gesamtbevölkerung wären, aber es gibt schon Einsichten.
@ Orontes:
Ob nun RAF(nicht die Royal Air Force) oder bin Laden; dass die Drahtzieher und ideologischen Führer einer Terrorbewegung meist sogar der Schicht entstammen, die sie später angreifen, ist nichts Neues. Aber, die Saat fällt nur auf fruchtbaren Boden, wenn sich eine große Anzahl an Menschen als Sympathisanten oder gar Unterstützer mobilisieren lässt. Junge Menschen, die ohne Job und ohne Ziel durchs Leben taumeln, sind nun mal die gefährlichste Waffe, egal ob sie aus Zehlendorf kommen oder aus dem Gaza-Streifen.
Langfrisitg kann man dem Extremismus nur durch eine ökonomische Perspektive den Nährboden entziehen. Einzige Ausnahme bilden staatliche Akteure, aber selbst der iran spielt für die Hisbollah nicht so eine große Rolle wie die Jugendarbeitslosigkeit im Südlibanon.
Nachtrag:
bin Ladens Unterschlupf befand sich praktisch in unmittelbarer Nähe der pakistanischen Militärakademie (dem Pendant zum britischen Sandhurst oder zum amerikanischen West Point):
http://en.wikipedia.org/wiki/Pakistan_Military_Academy
@LdR
„Aber, die Saat fällt nur auf fruchtbaren Boden, wenn sich eine große Anzahl an Menschen als Sympathisanten oder gar Unterstützer mobilisieren lässt. Junge Menschen, die ohne Job und ohne Ziel durchs Leben taumeln, sind nun mal die gefährlichste Waffe, egal ob sie aus Zehlendorf kommen oder aus dem Gaza-Streifen. “
Auch was Sympathisanten angeht, ist der Zusammenhang fraglich: Die RAF hatte z.B. nie relevante Unterstützung unter Arbeitern; ihr Sympathisantenkreis stammte größtenteils aus dem akademischen Umfeld. In Großbritannien (nur ein aktuelles Beispiel) sind die Sympathisanten militanter Islamisten ebenfalls eher an Unis zu finden als in der pakistanischen Unterschicht. Und warum ist die Unterstützung für das Umfeld der Al-Qaida im ärmeren Afghanistan geringer als im wohlhabenderen Pakistan?
Davon abgesehen lässt sich mit Identitätsthemen („Angriff auf den Islam“ in welcher Form auch immer etc.) unter Muslimen weltweit Unterstützung mobilisieren, auch in ärmeren Bevölkerungsgruppen. Die Mobilisierungswirkung scheint aber vom ökonomischen Hintergrund relativ unabhängig zu sein.
Bei solchen Thesen wirkt m.E. immer noch das marxistische Denken nach, welches westliche Sozialwissenschaften seit den 60ern durchsetzt: Jeder Konflikt wird hier standardmäßig auf irgendeine ökonomische Ursache zurückgeführt, und jede politische Handlungsempfehlung ist erst einmal sozialpolitischer Art. So langsam sollte man m.E. aber erkannt haben, dass solche Annahmen zu simpel sind.
Ganz davon abgesehen wäre „Beseitigung der ökonomischen Ursachen“ politisch ohnehin nicht operationalisierbar. Selbst wenn es „ökonomische Ursachen“ gäbe, könnte man kaum etwas an ihnen ändern. Die Politik wäre mit so einer Aufgabe ebenso überfordert wie mit Nation-Building in Afghanistan (was übrigens auch damit gerechtfertigt wurde, dass man irgendwelche sozialen „Ursachen“ des Terrorismus bekämpfen solle anstatt die Terroristen). Man versucht Armutsbekämpfung seit 60 Jahren ohne sichtbaren Erfolg. Die ökonomische Situation großer Teile der Bevölkerung z.B. Pakistans ist von Faktoren (z.B. kultureller Art) abhängig, die sich von Außen kaum ändern lassen. Man wird sich also in jedem Fall etwas anderes einfallen lassen müssen, wenn man Erfolg haben will.
Die Terroristen zu bekämpfen anstatt irgendwelche vermuteten „Ursachen des Terrorismus“ (egal ob Armut, „Failed States“, Mangel an Demokratie etc.) ist da m.E. naheliegend und zeigt in der Regel auch schnelle Resultate bei relativ geringem Aufwand.
Wenn man sich in die Zeit nach 9/11 zurückversetzen könnte: Würde man mit heutigem Wissen wohl erneut „Ursachen des Terrorismus“ durch Demokratisierung des Irak und Nation-Building in Afghanistan bekämpfen, oder einfach Spezialkräfte gegen AQ in Marsch setzen?
Wie die Kollegen von Kings of War bemerken, hat lustigerweise Wikipedia einen der besten Artikel. Der setzt sich selbstverständlich aus Agentur- und Presseartikel zusammen ist aber erstaunlich gut. Er ist außerdem geschützt, kann also nach den 400 edits nicht ohne weiteres bearbeitet werden.
http://en.wikipedia.org/wiki/Death_of_Osama_bin_Laden
@orontes
Die Vermengung des Ausstiegs aus der Kernenergie und der dutschen Haltung zu Spezialoperationen ist weder sachlich noch politisch hilfreich.
Was Sie mit „sehen wie die Wurst gemacht wird“ oder kontroverse Methoden verniedlichen und umschreiben, heißt andernorts Mord und Totschlag.
Die deutsche Zurückhaltung und Ablehnung willkürlicher (dh schuldig bei Verdacht, ohne faires Verfahren) Tötungen und Folterungen entspricht unserer Rechtsordnung. Ich hoffe nicht, dass Sie das ändern wollen, obwohl Ihr Kommentar so klingt.
Wenn andere Staaten das anders handhaben liegt es in deren Verantwortung und ist damit deren Problem. Und ein Problem sehe ich durchaus, wenn man SoldatenFolter und Mord befiehlt und diese damit zu Verbrechern und Mördern macht.
Interessant ist das Xinhua eine ganz andere Darstellung des Vorganges hat:
Obama wird die Gelegenheit nutzen den Abzug aus Afghanistan zu beschleunigen. Es passt ja auch hervorragend in den politischen (Wahl-)Kalender das der Tod Osamas jetzt erneut bestätigt wurde.
@b: wundert mich nicht. Xinhua ist mit der China Daily die einzig überlebenden Propaganda Werkezeuge in der Volksrepublik. Da Pakistan ein enger Verbündeter von China ist (um Indien in Schach zu halten). Das China das ganze jetzt so darstellt als wäre es eher ein Operation der Pakistani ist klar….man gibt ihnen die Möglichkeit das Gesicht zu bewahren.
Spiegel Online titelte heute morgen im LIveticker:
„US-Militär soll Obama auf See bestattet haben“
http://www.bildblog.de/29967/wer-im-glabhaus-sitzt/
Hört sich nach Militärputsch an… *g*
@Chickenhawk: Hab ich auch an mehreren Stellen gelesen (u.a. in dem Wikipedia-Artikel den ich geposted) habe. Die Begründung mach insofern Sinn, als das bestimmt kein Land die sterblichen Überreste aufnehmen wollen würde (Pilgerstädte?). Auf der anderen Seite wird das wohl die Verschwörungsgerüchteküche anwerfen…
@tt.kreischwurst
Ich habe das an sich anders gemeint…
Spiegel Online schrieb „US-Militär soll Obama auf See bestattet haben“ (Tippfehler, Obama statt Osama), deswegen die scherzhafte gemeinte Vermutung von mir: Militärputsch.
Dieser Fehler (Obama statt Osama) ist im Eifer des Gefechts heute einigen passiert, so auch dem Regierungssprecher via Twitter.
@JeffCostello
„Die deutsche Zurückhaltung und Ablehnung willkürlicher (dh schuldig bei Verdacht, ohne faires Verfahren) Tötungen und Folterungen entspricht unserer Rechtsordnung. Ich hoffe nicht, dass Sie das ändern wollen, obwohl Ihr Kommentar so klingt.“
Sie haben meinen Kommentar exakt richtig verstanden, irren m.E. aber bei der rechtlichen Einordnung. Eine Bekämpfung auf der Grundlage des humanitären Völkerrechts verlangt weder „faire Verfahren“, noch verbietet sie Tötungen. Und was es rechtlich eventuell bei selbst durchgeführten Verhören an rechtlichen Hürden gibt, kann der Bundestag problemlos ändern, wenn man denn nicht legale Umwege z.B. über Partnerstaaten gehen will. Die pathetische Beschwörung „unserer Rechtsordnung“ halte ich somit für bloße Rhetorik, die mangelnden Willen zum Handeln kaschieren soll. Funktionierende Lösungen des Terroristenproblems sind bekannt, und nichts als mangelnder politischer Willen hindert daran, sie umzusetzen.
In Abbottabad wurde am 29. März 2011 Umar Patek, ein Mitglied der Jemaah Islamiyah festgenommen. Umar Patek galt als Hauptverantwortlicher für den Bombenanschlag in Bali 2002. Sein Kopfgeld betrug 1.000.000 US.Dollar.
Umar Patek
http://en.wikipedia.org/wiki/Umar_Patek
Quelle:
CBC News: ABBOTTABAD – Where bin Laden died
http://www.cbc.ca/news/world/story/2011/05/02/f-abbottabad.html
Zitat: „Nach dem Tod Osamas: Und wie geht’s weiter?“
Es wird wohl unverändert weitergehen. Die Umfragewerte für Obama werden erwartungsgemäß und genau zum richtigen Zeitpunkt steigen. Er möchte ja wiedergewählt werden. Die Leiche ist für eine unabhängige Untersuchung unerreichbar im Meer verschwunden. Viele werden es glauben, andere nicht.
@Stefan
„Die Leiche ist für eine unabhängige Untersuchung unerreichbar im Meer verschwunden. Viele werden es glauben, andere nicht.“
Überlegen Sie doch mal: Wäre es vernünftig, so etwas zu verbreiten, wenn man nicht davon ausgeht, dass es stimmt? Wäre Bin Laden noch am Leben, könnte er den Amerikanern nun ganz leicht eine InfoOps-Katastrophe bereiten. So ein Risiko würde doch niemand eingehen.
Ein akzeptables Risiko wären hingegen unzutreffende Darstellungen z.B. über angeblich nicht erfolgte pakistanische Unterstützung. So etwas kann kaum jemand überprüfen, und angesichts der Popularität Bin Ladens in der Bevölkerung trägt es vermutlich zur Schadensbegrenzung bei zu behaupten, dass die Pakis nicht beteiligt waren, auch wenn dies angesichts der Tatsache, dass in der Tiefe Pakistans nahe diverser militärischer Einrichtungen operiert wurde, sehr unplausibel ist.
Militärakademie in relativer Nähe (1 km?), viele (pensionierte) Armeeangehörige, großes Anwesen da kommt man schon ins Grübeln ob es genial war sich in so einer Umgebung (seit längerem?) zu verstecken, ob es zu risikoreich war oder ob die richtigen Personen (im ISI?) die Hände schützen über ihn gehalten haben. Ich halte alle drei Optionen, oder andere die mir gerade nicht einfallen, für möglich. Die Faktenlage ist im Moment wirklich dünn und vielleicht wird sie auch kurzfristig nicht umfangreicher.
Wichtig ist eher, dass man jetzt über die Zukunft nachdenkt. Man hat einen Kopf der Hydra abgeschlagen. Aber wie viele andere Terrororganisationen zeigen erledigt sich damit meistens das Problem nicht (in anderem Umfeld bei der RAF 1., 2. und 3. Generation zu sehen). Dies trifft sicher gerade auf den „internationalen, islamischen Terrorismus“ zu, der gerne als al Quaida bezeichnet. In meinen Augen gibt es viele (lose) verbundene Gruppen.
Auch die Probleme in Afghanistan (Warlords, Drogenanbau, Fanatismus, Bereicherung und Machtgier) werden nicht davon gelöst. Natürlich kann der Tod Osama bin Ladens als Grund für einen zeitigeren Abzug genommen werden, aber in meinen Augen hat sich nichts an der Fakten und auch der Problemlage geändert. Es ist eher ein willkommener Anlass um ein Wahlversprechen umzusetzen.
Nur hilft in Afghanistan leere Rechtefertigungsrhetorik?
Konzept und Ideen müssen gesucht werden, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Und da sehe ich im Moment schwarz. Ein schleichendes davonschleichen (auch Aufgabenübergabe an die ANF genannt) ist wohl die aktuelle Strategie.
@Janus
„Auch die Probleme in Afghanistan (Warlords, Drogenanbau, Fanatismus, Bereicherung und Machtgier) werden nicht davon gelöst. “
Diese Probleme müssen zumindest aus einer deutschen Perspektive ja auch nicht gelöst werden. Es handelt es sich zu praktisch 100% um innerafghanische Probleme, die nur aufgrund einer kontraproduktiven Strategie im Rahmen von ISAF ohne Not zum Problem der NATO gemacht wurden. Für das eigentliche sicherheitspolitische Problem, nämlich die diversen transnationalen militanten Netzwerke, ist es weitestgehend ohne Belang, ob die afghanische Regierung korrupt ist oder nicht, und selbst die Taliban sind eher ein Nebenproblem. Wie man schon 2001/2002 gemerkt hat, wäre es wesentlich zielführender gewesen, wenn man sich auf die Lösung des eigentlichen Problems konzentriert hätte (Tötung und Festnahme einer vierstelligen Zahl von Personen) anstatt das Problem so umzudefinieren, dass es praktisch unlösbar wird.
Den Tod von OBL hätte man schon im Herbst 2001 haben können, wenn die Bush-Administration nicht zu zögerlich agiert hätte. Die Umstände seiner Flucht sind ja von Mitwirkenden der damaligen US-Operation mittlerweile öffentlich dargestellt worden. Hätte man sich damals auf das Problem konzentiert anstatt naive Weltrettungs- und Nation-Building-Phantasien zu verfolgen, wäre der Einsatz Anfang 2002 erfolgreich abgeschlossen worden, die übrigens AQ-Teile wären geräuschlos in irgendwelchen dunklen Löchern verschwunden und Sicherheitspolitik wäre heute das gleiche langweilige Randthema, dass es vor 9/11 war.
Mittlerweile wurde bekannt, dass die Aktion von der United States Naval Special Warfare Development Group („DEVGRU“, früher auch SEAL Team 6 genannt) aus Virginia Beach durchgeführt wurde.
Identifiziert wurde bin Laden durch Gesichtserkennung (die mittlerweile so zuverlässig ist wie Fingerabdrücke) sowie durch DNA-Vergleich. Zum Vergleich herangezogen wurde die DNA, welche aus dem Gehirn(!) der Schwester von bin Laden gewonnen wurde, die vor einigen Jahren in Boston an Krebs verstarb.
@Orontes
Das man sich unnötigerweise in ein „Wir bringen (gottgewollte) Demokratie in den Nahen Osten“-Abenteuer eingelassen hat will ich garnicht abstreiten. Ich stimme ihren Ausführung größtenteils zu, auch das AQ mehr in sich zusammengebrochen wäre wenn man am Anfang effektiv zugeschlagen hätte und nicht Afghanistan als Experimentierfeld genutzt hätte.
Mögliche, dass es auch den Schulterschluss (unter gefühlter Führung AQs) mit afrikanischen und asiatischen Organisationen ohne die mediale Dauerpräsenz des Themas nicht gegeben hätte. Leider ist das Kind in den Brunnen gefallen.
Deshalb stellt sich mir die folgede Frage:
Reicht der Tod von Osama bin Laden als Begründung um sich aus Afghanistan schnellstmöglich davon zu machen?
Für mich gilt eigentlich: „mission accepted is mission accomplished“. Von daher sollte man jetzt schauen wie man noch retten kann was zu retten ist. Wobei es nicht in meiner Kompetenz liegt abzuschätzen ob noch viel zu erreichen ist.
@Orontes | 02. Mai 2011 – 15:04
Zitat: „Überlegen Sie doch mal: Wäre es vernünftig, so etwas zu verbreiten, wenn man nicht davon ausgeht, dass es stimmt? Wäre Bin Laden noch am Leben, könnte er den Amerikanern nun ganz leicht eine InfoOps-Katastrophe bereiten. So ein Risiko würde doch niemand eingehen.“
Wenn er, wie Gerüchte besagen, schon seit Jahren tot ist, dann könnte er auch keine InfoOps-Katastrophe bereiten.
Es gab schon im Dezember 2001 eine Meldung seitens Al Kaida, dass Bin Laden an einem Nierenleiden gestorben sei. Vor dieser Meldung bestritt er eine Beteiligung am Anschlag auf das WTC. Danach bekannte er sich dazu. In diesem und folgenden Videos war angeblich seine Nase zu dick, die Erscheinung zu jung und andere Ähnlichkeiten fehlten. Er unterschrieb als Linkshänder Dokumente mit der rechten Hand. Trug goldende Ringe, was nach seiner Religion verboten ist, wo er doch ein so streng religiöser Mann gewesen sein soll, und war als studierter Bauingenieuer keineswegs erstaunt über die unglaublich verheerende Wirkung seines Attentats, im Gegensatz zu weltweit anerkannten Fachleuten. Ich bin mir jetzt endgültig sicher, dass er tot ist.
Nun ist er offiziell tot und damit für all seine weltweiten verblendeten Anhänger unsterblich geworden. Dies könnte ein großes Problem werden, was uns noch unendlich viele Jahrzehnte zwingen kann weltweit Kriege gegen Staaten zu führen, um den Terror zu bekämpfen.