„Ich mache es lieber, als große Visionen an die Wand zu malen“

Es war ziemlich am Ende seiner Pressekonferenz vor den Berliner Hauptstadtjournalisten, als Verteidigungsminister Thomas de Maizière einen Kernsatz aussprach: Ich mache es lieber, als große Visionen an die Wand zu malen. Konkret bezog sich das zwar auf europäische Verteidigungsprojekte, aber es passt auch auf die gesamte Reform, die der Minister am Mittwoch in der Hauptstadt vorstellte.

Denn wesentliche Grundzüge der neuen Bundeswehr sind zwar absehbar: Eine neue verteidigungspolitische Ausrichtung, die Einsätze zur Krisenbewältigung nicht etwa unwahrscheinlicher werden lässt. Eine Reduzierung der Truppe auf 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten plus 5.000 freiwillige Kurzdiener – und eine noch unbekannte mögliche zusätzliche Zahl von Freiwilligen. Eine Verringerung des Ministeriums von 3.500 auf 2.000 Mitarbeiter, weniger Stäbe, weniger Generale…

(Foto: Thomas Trutschel/ photothek.net)

Aber wenn sich der Staub des heutigen Tages gelegt hat und de Maizières Rede und die ganzen Papiere noch mal gelesen sind, bleiben noch etliche Fragen. Vor allem die Frage nach dem Geld: da blieb der Minister seltsam schmallippig, verwies auf den Beschluss zum Bundeshaushalt in der ersten Juliwoche und sein gutes Verhältnis zu Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Wie die neue, kleinere aber nicht unbedingt so viel billigere Bundeswehr künftig finanziert wird, bleibt noch im Nebel.

Oder die Aufteilung der 175.000 Soldatinnen und Soldaten auf die Teilstreitkräfte: Klar sind nur einige Einzelheiten, wie der Erhalt der fünf Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche (Heer, Luftwaffe, Marine, Streitkräftebasis und Zentraler Sanitätsdienst) und ein paar Strukturmerkmale: Das Heer hat künftig drei Divisionen und acht Brigaden, die Luftwaffe hat keine Divisionsebene mehr, die Marine glieder sich in zwei Fähigkeitsbereiche. Wie viele Soldaten wo Dienst tun, mochte der Minister mit Hinblick auf die Zuordnung bestimmter Fähigkeiten noch nicht sagen – und gab nur den vorsorglichen Hinweis: Der Wegfall von zwei Heeres-Divisionen bedeute vor allem den Wegfall von zwei Divisionsstäben, sage aber noch lange nichts über den Umfang des Heeres.

Die Beispiele lassen sich weiter führen. Unterm Strich bedeutet das: De Maizières heutige Ankündigungen sind der Beginn, nicht etwa das Ende der Reformüberlegungen. Ein Masterplan ist es nur in sehr groben Umrissen – zum Beispiel bei der verteidigungs- und sicherheitspolitischen Ausrichtung (und die genaue Lektüre der Verteidigungspolitischen Richtlinien wird nicht allen Fraktionen im Bundestag gefallen). Für die Menschen in den Streitkräften, auf die de Maiziére so sehr setzt (Wir sind gewissermaßen eine ganz besondere Nationalmannschaft) muss er ein bisschen mehr liefern, um sie wirklich zu motivieren.

Und da muss man sehr genau gucken, was der Minister macht. Weil er vorher nicht die großen Visionen an die Wand gemalt hat, kann manches vielleicht dann überraschend wirken.