Eine Mahnung vom ComISAF
Offen wird es so vermutlich keiner sagen – aber es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dass die heutige Erinnerung von ISAF-Kommandeur David Petraeus, beim Einsatz in Afghanistan um jeden Preis zivile Opfer zu vermeiden, auch mit den jüngsten Ereignissen in Taloqan zusammenhängt. Die allerdings ein trauriger End(?)punkt in einer Reihe von zivilen Opfern durch ISAF-Einsätze, darunter auch Kinder, in den vergangenen Tagen waren.
Indeed, every loss of innocent civilian life is a tragedy for the family involved and diminishes our cause, schreibt Petraeus in der heute veröffentlichten COMISAF’s Guidance Concerning Civilian Casualties (CIVCAS). Mit anderen Worten: ist kontraproduktiv.
Zum Geschehen in Taloqan am Mittwoch hat die Bundeswehr am Freitag etwas klarere Erkenntnisse veröffentlicht. Und ehe die Diskussion losgeht, jeder Soldat im Einsatz habe den Staatsanwalt im Nacken: Ich entnehme der Mitteilung (und hatte keine wirkliche Möglichkeit, das nachzuprüfen), dass zunächst mal die Bundesanwaltschaft informiert wurde; von Ermittlungen ist bislang nicht die Rede. Grundsätzlich halte ich es aber für zwingend, dass auf irgendeiner Ebene Untersuchungen beginnen, wenn es mögliche zivile Opfer durch Schüsse deutscher Soldaten gibt. Eine Untersuchung ist keine Anklage (und ja, ich weiß um die Probleme, die damit verbunden sind).
(Ansonsten: weiterhin low ops, weiterhin Bitte um Verständnis.)
Nachtrag: Hm. Die Überschrift irritiert mich: Bundeswehr fühlt sich „zur Wahrheit verpflichtet“
Selbst wenn es auf Widerspruch stossen sollte: Es ist gut, dass wir im Einsatz rechtsstaatliche Maßstäbe anlegen, denn es ist die Quelle unserer Glaubwürdigkeit. Kontraproduktiv ist es aber, wenn aus Angst vor möglichen Konsequenzen, den Soldatinnen und Soldaten derart enge Grenzen gezogen werden, dass sie gefährdet sind. Komplett dilettantisch ist eine Öffentlichkeitsarbeit, die erst sagt, man habe nicht gezielt geschoßen, aber einen Tag später einräumen muss, man habe es doch getan. Wann lernt man in Berlin endlich, dass die einzige Antwort bei einer unklaren Situation sein kann: „Wir untersuchen die Vorfälle.“
Zur Erinnerung: Als man in Mazar vor kurzem nicht (oder mit unzureichender Wirkung) auf anstürmende „Zivilisten“ schoss, war das Ergebnis, dass diese einige Lagerinsassen enthaupteten.
Thema „Rechtsstaatlichkeit“: Was die bisher vorliegenden Informationen angeht, so erscheint die Situation als kristallklar: Es wurden Angreifer in vollkommener Übereinstimmung mit ROEs, humanitärem Völkerrecht, nationalem Recht und Vorschriften der Bundeswehr bekämpft und vernichtet. Dieses Vorgehen wäre unter den bekannten Bedingungen wahrscheinlich sogar zulässig gewesen, wenn das Geschehen innerhalb Deutschlands stattgefunden hätte.
Die einzigen, die sich hier illegitim verhalten haben, sind afghanische „Zivilisten“. Gibt es eigentlich auch Ermittlungen gegen „Zivilisten“ dieser Art oder eine Mahnung an die Bevölkerung von Taloqan, doch bitteschön deutsche Soldaten nicht mit Handgranaten und Schusswaffen anzugreifen?
Ansonsten zeigt der Vorfall für mich nur, wie sinnlos dieser Einsatz ist. Selbst wenn er Erfolg hätte, wäre für Deutschland dabei nichts gewonnen.
Und ich wünsche mir, dass die Bundeswehr-Berichte die GESAMTE Situation schildern.
Wenn nur über die BW-Soldaten und ihre Aktionen berichtet wird entsteht leicht der Eindruck, dass die Bundeswehr 12 Zivilisten erschoßen hat. Die afghanischen Sicherheitskräfte waren ja genauso beteiligt.
Es wurde ja auch auf AK-47-Schützen gefeuert, diese auch getötet.
Thomas hat schon einen Link zum ISAF-Bericht gepostet, wo das nachzulesen ist.
Die ISAF schreibt leider nur von „combined security force“. Schlüsselt dabei nicht afghanische / BW-Verteidigungsaktionen auf.
http://www.isaf.nato.int/article/isaf-releases/afghan-coalition-forces-conduct-security-operation-in-takhar.html
Die BW muß sich wieder für alle Toten verteidigen, auch die der afghanischen security, die afghanischen Sicherheitskräfte bleiben außen vor.
Es wird u.a. auch darum gehen, wann die Schüsse abgefeuert wurde – z.B. ob vor oder nach der Eskalation durch MTC / Handgranaten. An der Gesamtsituation ändert das für die betroffenen Soldaten aber nichts.
Seh Schade finde an dieser Stelle die Formulierungen bekannter Politiker, die suggerieren, Soldaten hätten (wahrscheinlich) einfach so in eine (friedliche) Demonstrantentraube geschossen… Das bringt einen doch wieder zum grübeln.
Es darf gar keine Diskussion darüber geben, ob rechtsstaatliche Regeln im Einsatz angewendet werden, allein die Methode MUSS hinterfragt werden. Bedeutet der zusätzliche Stress, neben der Trennung von der Familie und der Bedrohung, etc., der durch ein Verfahren erzeugt wird nicht eine erhebliche Reduzierung der Kampfkraft und Effektivität der eingesetzten Soldaten? Auch eine Herauslösung der betroffenen Soldaten aus dem Verband birgt nicht unerhebliche Folgen für die Moral. Also, Rechtsstaat ja aber wie?
@LR
„…allein die Methode MUSS hinterfragt werden.“
Das ist aus der Perspektive der Infanteriegruppe in der Verteidigung etwas schwieriger als im fernen Deutschland. Viele Alternativen hat man als Infanterist nicht, wenn man von derart überlegenem Feind angegriffen wird, und die Alternative des Einsatzes von 2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril („Reizstoffrauch“) steht meines Wissens nach nur den Feldjägern zur Verfügung (mag sich mittlerweile geändert haben). Wenn aber AKs und Handgranaten eingesetzt werden, wäre auch das m.E. nicht mehr angemessen.
ständig kämpfend ausweichen…… überlasst die „Hitzebeständigen“ ihrem
Schicksal…….. sie haben es nicht besser verdient… die sind total durchgeknallt….Gott schütze unsere tapferen Soldaten
Proteste gegen Bundeswehr gefährden Isaf-Konzept
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,764095,00.html