Ein Blick auf die Piratenschiffe
Die Fregatte Hamburg der Deutschen Marine beendet heute ihren Dienst in der EU-Anti-Piraterie-Mission Atalanta und übergibt an die Niedersachsen. Von der Fahrt der Hamburg entlang der somalischen Küste hat die Bundeswehr heute ein Video veröffentlicht – mit Blick auf einige der gekaperten Handelsschiffe, die dort liegen oder – als Piraten-Mutterschiffe – auslaufen…
Dazu die heutige Meldung aus den Niederlanden: Bewaffnete Sicherungsteams der Marine sollen Handelsschiffe schützen.
„mussten das Schiff ziehen lassen, um die Geiseln nicht zu gefährden“
Irgendwie ist das soooo deprimierend.
Warum müssen wir immer so harmlos sein??
Da kann man nicht ausser Sichtweite oder Nachts mit Radar Fühlung halten, oder per Hubschrauber?
Wollen die den Piraten eine faire Chance geben oder was?
Ein Sinnbild für unsere dekadente Gesellschaft, die Milliarden für Waffensysteme wie die Frigatten ausgibt, aber nicht mehr den Willen aufbringt, auch den Abzug zu betätigen.
Ich kann mir das auch nicht vorstellen: Man lässt ganz ernsthaft monatelang an zwei Orten gekaperte Schiffe ankern und darf sich ihnen weder nähern noch etwas unternehmen, um die Kaperungen zu beenden? An Land gibt es für so etwas Sonderkommandos.
Was hat denn der Kamerad bei Sekunde 33 für eine Waffe? Sieht ach einem AK Derivat aus.
Sieht für mich stark nach einem Galil SAR mit Rail-System aus. Ist das ein estnischer Soldat?
@Nico
An Bord der Hamburg ist ein Vessel Protection Detachment (VPD) des estnischen Marine eingeschifft gewesen. Dürfte also passen.
http://www.eunavfor.eu/2010/12/estonia-becomes-the-26th-nation-to-contribute-to-eunavfor-%e2%80%93-operation-atalanta/
Ergänzung zu den drei ersten Kommentaren:
Die Besatzungen sind auch nicht erfreut über diesen Zustand. Aber die Fragen gehen wieder mal in Richtung Berlin. Natürlich könnte da was passieren. Die Fähigkeiten hat auch die Deutsche Marine: Spezialisierte Einsatzkräfte Marine (SEK-M) zusammen mit den Marineschutzkräften (MSK).
Nur will das ja keiner…Denn dieses „Durchlüften“(Opposed Boarding) der Schiffe wäre kein friedliches Hallo sagen.
Und täglich grüßt das Murmeltier…
@NMWC: Dann dürfte es ganz sicher ein Galil SAR sein, die Esten benutzen dieses nämlich. :-)
Was für eine irre Situation ^^
@ NMWC
So isses.
@ Nico
Gutes Auge. Die Uniform gibt auch einen Hinweis.
Sicherlich ist es frustrierend, die gekaperten Schiffe vor Augen zu haben und nichts tun zu können. Doch müssen wir uns fragen, was wir eigentlich wollen.
Zunächst soll der Handel geschützt werden, das ist klar. Gleichzeitig müssen m.E. aber auch die Menschenleben der Besatzung geschont werden. So weit ich das mitbekommen habe, haben die Piraten aufgrund von gewaltsamen Befreiungsaktionen angefangen einen Teil der Besatzung auf dem Festland festzuhalten. Somit würde es schon einen unglaublichen organisatorischen Aufwand erfordern, gleichzeitig das Schiff und das Versteck der Piraten an Land zu stürmen (mal ganz abgesehen von den Schwierigkeiten, das Versteck zu finden und die Rückkehr organisiert zu haben). Sollte ein Teil dieser gemeinsamen Operation fehlschlagen, können wir sicher sein, dass an den restlichen Geiseln Rache geübt wird.
Deshalb kann ich diese Zurückhaltung, so frustrierend sie auch ist, nachvollziehen.
Eine Lösung dieser verfahrenen Situation könnte ich mir lediglich so vorstellen, dass Schiffe gestürmt werden müssten, bevor die Piraten Gelegenheit dazu hatten, die Geiseln räumlich zu trennen.
@Daniel
Grundsätzlich gebe ich Ihnen zum ersten Absatz Recht.
Aber die Zurückhaltung beginnt ja bereits schon bei Ihrer Lösung.
Denn auch diese Lösung würde das oben erwähnte „Durchlüften“ bedeuten…
Da war es schon wieder, das Murmeltier….;-)
Ich meine sorry aber ich kann nur hoffen, dass dieses video in der Hinsicht einen Fehler enthält, oder hat die Fregatte Hamburg wirklich den Kontakt zu einem potentiellen Piratenmutterschiff absichtlich völlig abreißen lassen?
Das wäre schon fast strafbar.
@NMWC
Auch zu meiner angedachten „Lösung“ stellt sich die Frage, wie man unbemerkt und überraschend auf ein fahrendes Schiff kommt – Hubschrauber und Schnellboote können das nicht; wie sollen aber z.B. Kampfschwimmer unbemerkt auf ein – wohlgemerkt fahrendes – großes Schiff kommen?
Zugegeben, mir fehlt die militärische Expertise für die Beurteilung eines solchen Vorgangs. Vielleicht geht es den Politikern in Berlin genauso und daraus resultiert die Zurückhaltung?
Viel grundsätzlicher ist aber die Frage, warum z.B. 1977 die Landshut gestürmt wurde und die heute entführten Frachter nicht? Offensichtlich ist man in Bonn/Berlin bereit, bei bestimmten Vorgängen Gewalt anzuwenden. Der Unterschied ist m.E. hier, dass eine Freilassung von RAF-Häftlingen vermutlich weitere Menschenleben in Deutschland gefährdet hätte. Die Piraten vor Mogadischu tun dies nicht, sie bremsen lediglich unsere Wirtschaft (tun sie dies wirklich schon?).
Solange die Piraten also direkt in Deutschland keine Menschenleben gefährden, sehe ich das Murmeltier in regelmäßigen Abständen stets weiter auftauchen…
@Daniel
Auf ein fahrendes Schiff komme ich nur mit Hubschraubern und sog. Rigid Hull Inflatable Boats (RHIB oder RIB). Dabei unbemerkt zu bleiben ist etwas schwieriger, aber grundsätzlich möglich. Bedeutet aber, dass die Posten an Oberdeck ausgeschaltet (unabhängig ob lethal oder nicht lethal) werden. Und schon beginnt das „Durchlüften“. Vor Anker ist das eine ganz andere Geschichte mit dem unbemerkt bleiben. Aber auch da geht es nicht ohne Sicherung des eigenen Vorgehens. Anmerkung am Rande: das SEK-M umfasst etwas mehr als nur die Kampfschwimmer (bspw. Boarding-Kompanie und Minentaucher-Kompanie).
Wenn die Herren in Berlin nicht sicher sind, sollten sie den Hörer in die Hand nehmen und sich entsprechend beraten lassen. Aber das ist wohl zu viel verlangt. Wozu sitzt denn im Kanzleramt ein Dienstgrad? Und das BMVg ist auch nicht so weit weg…Na, ja…Das Thema mit der GSG-9 und der Befreiung wärme ich jetzt nicht lieber nicht auf.
Zum zweiten Absatz:
Menschenleben in Deutschland ist mir persönlich zu eng gefasst. Nur weil die Piraten keine Menschenleben in Deutschland direkt gefährden, gefährden sie aber Menschenleben vor Ort. Und wie sieht es mit deutschen Staatsbürgern aus? Auch dann, wenn Sie nicht in Deutschland sind?
Die USA, um nur ein Beispiel zu nennen, sind da sehr spezifisch wenn es um aktives Handeln bei der Gefährdung ihrer Staatsbürger geht. Diesen Willen dann ebenfalls entsprechend zu handeln, sehe ich in Deutschland absolut nicht.
Und bevor ich jetzt noch grundsätzlicher werde…und eine ganze Horde von Murmeltieren auftaucht….;-)
Nur mal aus Neugierde, was macht eigentlich ein nordkoreanisches Frachtschiff vor der Küste von Somalia? Außer Rüstungsgütern fällt mir auf Anhieb nichts ein, zwischen den beiden Staaten gehandelt werden könnte?
Cooles Schiff auf jeden Fall
Solche Stückgutfrachter sieht man heutzutage selten.
Das ist noch ein richtiges Schiff:))
@Frederic Schneider @NMWC
Die Frage kann in Berlin nicht geklärt werden. Um die Souveränität eines Staates (so „failed“ er auch sein mag) zu verletzen muss man schon beim Sicherheitsrat in New York anklopfen.
@Daniel Im Fall der Landshut-Entführung gab es die Einwilligung des Staates, auf dessen Boden sich die Maschine befand.
Update/Berichtigung: Im Fall der Befreiung von israelischen Geiseln im ugandischen Entebbe wurde von der Anwendung von „kleiner Gewalt“ gegen die Souveränität Ugandas gesprochen. Im Völkergewohnheitsrecht scheint dies akzeptiert zu werden. Allerdings war der Fall anders gelagert, da Idi Amin die Terroristen offen unterstützt hat (vllt. Save Haven?).
@Chris
Ja doch…
Aber ich spreche nicht vom Eingreifen innerhalb der 12Meilen Hoheitsgewässer gem. UNCLOS sondern vom Handeln in Internatioalen Gewässern! Und dann sind wir wieder in Berlin…
@JCR
Sie werden seltener, aber es fahren tatsächlich noch eine ganze Reihe von solchen schönen Frachtern durch die Gegend…
@Chris
„Um die Souveränität eines Staates (so “failed” er auch sein mag) zu verletzen muss man schon beim Sicherheitsrat in New York anklopfen.“
Dem ist nicht so, siehe Artikel 7 VN-Charta: „Nothing in the present Charter shall impair the inherent right of …self-defence…“
http://www.un.org/en/documents/charter/chapter7.shtml
Die Souveränität von Staaten endet, wenn von diesen z.B. terroristische Akte ausgehen und der jeweilige Staat diese nicht unterbinden kann oder will. Die Lösung des Piratenproblem könnte völkerrechtlich wohl ähnlich gehandhabt werden, bzw. französische Operationen gegen Piraten an Land wurden ähnlich legitimiert. Soweit ich weiss, hat sich auch niemand darüber beschwert. Die Piraten können sich ansonsten ja gerne in Den Haag melden.
Das Völkerrecht ist in den Händen fähiger Rechtsberater und gegenüber einem entschlossen politischen Willen in der Regel kein Problem. Das Problem ist m.E. , dass unsere Regierung ihren Mangel an Willen gerne hinter angeblichen völkerrechtlichen Auflagen versteckt. Ich habe das bzgl. Afghanistan oft genug direkt erlebt.
@Orontes
Danke für die genannten Punkte(aus der dem Sperri ungeliebten Welt der Paragraphen ;-).. ) und vor allem für den Verweis auf Afghanistan (diesen Verweis wollte ich heute nachmittag zunächst umschiffen…Verfluchtes Murmeltier…).
Schlußsatz:
Wie bitte? Wenn, dann wohl nur im begrenzten Seegebiet Golf von Aden. Aber wohl nicht generell.
Hier die aktuelle Statistik (nur 2011) vom IMB:
Please see below figures for piracy and armed robbery incidents as reported to the IMB Piracy Reporting Centre in 2011.
Worldwide Incidents: (updated on 16 March 2011)
Total Attacks Worldwide: 119
Total Hijackings Worldwide: 15
Incidents Reported for Somalia:
Total Incidents: 83
Total Hijackings:14
Total Hostages: 250
Total Killed: 7
Current vessels held by Somali pirates:
Vessels: 28
Hostages: 587
Ich habe jetzt die Zahlen von 2010 nicht zur Hand, aber von „entscheidend zurück gegangen“ kann offensichtlich keine Rede sein.
“mussten das entführte Schiff ziehen lassen, um die Geiseln nicht zu gefährden”
In der Tat, äußerst frustrierend. Wie müssen sich die Marinesoldaten denn vorkommen?
„Aufklären“ soll die Fregatte? Aber „nicht zu nah ran“ darf sie? Ja ja, natürlich, bloß nicht die Piraten in ihrer Ruhe stören…..
Wenn die Polizei an Land Geiselnehmer so behandeln würde, wie würden da wohl Öffentlichkeit und Medien reagieren (Gladbeck!)
Warum werden nicht wenigstens die Piraten-Mutterschiffe am Auslaufen gehindert? Da müsste es doch Möglichkeiten geben, auch ohne das Leben der Geiseln zu gefährden.
Warum wird nicht endlich eine totale See-Blockade über die somalische Küste verhängt? Kein Piraten-Mutterschiff, kein Fischerboot dürfte unkontrolliert die Küste verlassen. Die UNO muss ein Waffen-Embargo über Somalia durchsetzen. Verdächtige Umschlagstätigkeiten sind streng zu kontollieren, Waffen und Konterbande sofort zu beschlagnahmen.
Die Marine muss endlich härter durchgreifen. Show of Force! Die Piraten müssen unter Druck gesetzt werden. Ganz ohne Risiko für die Geiseln geht es dabei nicht, leider. Aber so wie jetzt kann es auch nicht weitergehen!
@Janmaat
2720km Küstenlinie machen eine Seeblockade mindestens „schwierig“.
@Chris
wenn man nicht mal den Willen zum Versuch hat, dann auf jeden Fall.
Aber, um auch was substantielles beizutragen, vielleicht reicht es ja schon „nur“ ein paar hundert SM vor den Piraten-Hub´s dicht zu machen.
Da ich mir nicht ganz sicher war ob dieses Thema interessiert hänge ich es mal hier bei der Marine ran. Das Schiff eines deutschen Eigentümers wurde von der IDF Marine aufgebracht und tonnenweise Waffen für den Kampf gegen Israel sicher gestellt. Interessant finde ich, dass sich die Türkei zuvor geweigert hat, das Schiff in seinem Hafen stoppen und zu untersuchen. Mehr dazu im Link:
http://idfspokesperson.com/2011/03/15/videos-of-navys-request-and-subsequent-boarding-of-the-victoria/
Na dann, Masel tov