Bundeswehr-Transalls auf dem Weg nach Libyen (mit Updates)
Noch ist alles sehr vage – die Information des Auswärtigen Amtes:
Neben einem Linienflug sind derzeit zwei Transall-Maschinen auf dem Weg nach Tripolis, eine weitere steht noch in Deutschland bereit. Ein Team der Botschaft Tripolis ist den Ausreisewilligen am Flughafen behilflich. Auch der Seeweg werde geprüft, sagte Minister Westerwelle vor Journalisten.
Nach AA-Angaben ist bislang noch nicht klar, ob die beiden Transall a) überhaupt gebraucht werden und b) ob sie landen dürfen. Der Luftraum über Tripolis sei aber nicht gesperrt.
Laut niederländischer Nachrichtenagentur ANP setzt auch die Regierung in Den Haag ein Militärflugzeug in Marsch. Bereits gestern stand eine Hercules des österreichischen Bundesheeres in Tripolis.
Laut BBC haben die Niederländer eine Landegenehmigung für Tripolis. Außerdem steht nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Den Haag die Fregatte Tromp für Evakuierungsaufgaben zur Verfügung.
Auch die Franzosen schicken Flugzeuge los.
(Interessanterweise teilen bei den Niederländern und den Franzosen das die Verteidigungsministerien mit; in Deutschland darf wohl nur das AA Auskunft geben…)
Die Bundeswehr-Flugzeuge und die Lufthansa sind laut AA gelandet: Zwei Transall-Maschinen mit einer Kapazität von 60 bis 70 Passagieren sind inzwischen in Tripolis gelandet, zudem eine vom Krisenstab erbetene Sondermaschine der Lufhansa. Die Maschinen sollen Tripolis noch am Nachmittag verlassen.
Noch ein Nachtrag am Abend: Die Evakuierungsbemühungen der diversen europäischen Staaten gestalten sich wohl etwas schwieriger als gedacht. Am Flughafen in Tripolis muss ein ziemliches Chaos herrschen, höre ich aus informierten Kreisen. Linienflüge wie die der Lufthansa würden allerdings relativ problemlos abgefertigt, während Militärflugzeuge anders behandelt würden – und teilweise ausreisewillige Passagiere nicht boarden könnten/dürften. Das ist noch etwas vage, wird sich aber vielleicht am Mittwoch genauer klären.
@ MFG
Das ist schön das Politik so einiges will und Soldaten, die an ihre Truppengattung glauben auch da mitmachen. Wir reden aber hier von zwei unterschiedlichen Problemen: Hansa Stavanger=ganz, ganz kleines Problemobjekt, klare Lokalistation, klare Fronten, klare Absichten und letztendlich durchaus kalkulierbar. Lybien ist etwa um den Faktor 500 komplexer und größer. Oder wollen Sie derjenige sein, der an der Rampe auf dem Airfield sortiert wer einsteigen darf und wer nicht? Und bevor wir uns darüber auslassen, wie wir alle da rausbekommen klären wir erstmal die Frage, wie die Tralls da ohne Unterstützung des Flughafens da landen wollen. Ich denke der Verweis auf den ersten Teil der Operation „Donauübung“ 1968 in Prag-Ruzyně verdeutlicht die potentiellen Schwierigkeiten solcher Großoperationen. M.W.n. besitzt in der Nato kaum einer solche Fähigkeiten.
Und genau das was da jetzt als Beispiel durch MFG geschildert wurde, das bezeichne ich als Volkssturmaufgebot. Ohne den Jungs am Boden oder im Cockpit ihre Eignung in ihrem kleinen Aufgabenbereich absprechen zu wollen. Nur die Summe ihrer Einzelleistungen wird kein großes Ganzes ergeben.
Wenn der Luftraum für Zivilflugzeuge nicht gesperrt ist, dann besteht offensichtlich auch keinerlei Grund für eine Landeerlaubnis für Militärflugzeuge fremder Nationen, wofür international üblich Sondergenehmigungen erforderlich sind. Das es ohne vorherige Absprachen zu Problemen kommen kann ist unvermeidbar. Die Russen hatten ihre Landeerlaubnis für zivile Sonderflüge bereits gestern. Nix außer der internationalen Norm. Libyen ist trotz aller angeblich nicht überprüfbaren aber trotz allem unverdrossen gemeldeten Meldungen (Wie können seriöse Medien unbestätigte Meldungen transportieren?) immer noch ein souveräner und noch vor wenigen Tagen von der EU stark hoferierter Staat. Ich hoffe er wird auch souverän, d. h. vom Ausland unbeeinflußt, bleiben. Dies wäre ein Sieg der Demokratie und das Selbstbestimmungsrecht (ein Menschenrecht) der Völker. Was wir selbst gern hätten ist dabei ohne Bedeutung. Ich mag diesen „Revolutionsführer“ im Gegensatz zu vielen europäischen Politikern nicht. Aber Demokratie geht allein vom betreffenden Volk aus.
@MFG: Natürlich ist der EAV nur sehr bedingt führungsfähig. Dafür besteht der EAV aus der Berlin sowie den Fregatten Rheinland-Pfalz und Brandenburg.
Der Sea King im allgemeinen fliegt so ziemlich das modernste an Avionik zur See was die Bundeswehr zu bieten hat.
Zu SOF: Hier wurde von der Führung eine klare Vorgabe gemacht, worauf man sich zu konzentrieren hat. Und SAR wurde in den Vordergrund geschoben. Mangels Flugstunden und Personal lässt sich schlicht nicht alles parallel darstellen.
Zu EvacOps: Abgesehen von der CH-53, die alle woanders gebunden sind, gibt es keinen geeigneteren Hubschrauber als den Sea King, der aufgrund seiner Größe und Seeverlegefähigkeit sehr flexibel einsetzbar ist. Dazu kommt der hohe Ausbildungsstandard der Besatzungen, die es gewohnt sind, ad hoc Entscheidungen zu fällen und diese mit einem Höchstmaß an Sicherheit und Flexibilität umzusetzen (SAR-Dienst).
Inzwischen steht der Verband südlich / südöstlich von Almeria.
Ich finde den kompetenten Austausch über eigene Möglichkeiten des Handelns wirklich bemerkenswert (Ich betone, ohne Ironie!) Allerdings komme ich nicht umhin, hier auch sehr idealistische Vorstellungen am Werk zu sehen. Konkret: während hier vom Einsatz gedacht wird, wird im BMVg von dem, was vom Einsatz in den deutschen Medien ankommt, her gedacht. Das ist zumindest meine Interpretation der Nicht-Bewegung in vielen relevanten Bereichen.
Ich würde das gar nicht so negativ sehen.
Immerhin hat die Bundeswehr in relativ kurzer Zeit 2 Transall vor Ort gebracht (die evtl schon in Deci waren?), dazu Sicherungspersonal. Die Marine ist mit dem EAV offensichtlich auf dem Weg. Mehr ist in der Kürze der Zeit nicht zu schaffen.
Vorwerfen kann man dem BMVg höchstens, zusammen mit der politischen Führung des Landes zu lange gezögert zu haben. Die Reaktion der Bw jedenfalls sehe ich positiv.
Naja, man könnte ja auch sagen, warum denn nicht. Jede Münze hat zwei Seiten und so eine Operation muss auch politisch verkauft werden. Wäre die Erstürmung der Landshut fehlgeschlagen, dann hätte es schweres politisches Erdbeben gegeben. Wenn man die Geschichte der Fallis anschaut, dann ist die immer mit der Förderung durch einzelne Spitzen der militärpolitischen Führung gegen den Widerstand im regulären Heer erfolgt. (Und ich bin kein Falli^^) Selbst die NVA tat sich damit schwere, obwohl die Sowjetunion fanatisierte Anhänger der luftbeweglichen Kräfte waren.
Bei uns verknüpft aber keiner die vielen losen Enden und versucht ein Tau daraus zu flechten. Vielleicht müsste man dazu ein Kommando Spezialkräfte oder so aufstellen, mit einem verantwortlichen, langfristig gesetzten General an der Spitze, also einem Vater. Aber da fürchten viele TSK um ihre Pfründe, um Geld und Ansehen und über allem trohnt die Frage „Wozu?“.
@ TimTimTim:
Für ne Organisation mit über 300.000 Mitarbeitern und mehr als 25 Mrd EURO „Umsatz“ ne eigentlich nicht allzu große Leistung, aber richtig wir willen ja auch mit wenig zufrieden sein. Immerhin ist Rettung und Evakuierung seit dem Weißbuch von 1994 eine von 6 Aufgaben der Bw.
Wenn nun aber fernab von Tripolis Deutsche festsitzen sollten, dann stehen wir ähnlich blöd da wie 1994 in Ruanda. Nach also bald 20 Jahren! Das wiederum ist der Skandal hinter alldem.
Und noch ne Frage zum Flughafen und Tower-Problem:
Gibt es für Behelfslandungen nicht SOTACs?
Es soll gerade bei Evakuierungen in Bürgerkriegsgebieten vorkommen, dass das Tower-Personal unpässlich ist.
@ Roman:
Der Vergleich mit dem Tau trifft den Nagel auf den Kopf.
Wozu: Rettung und Evakuierung = staatliche Kernaufgabe.
„Richtiges“ Kommando Spezialkräfte: genau solche Vorschläge hat die Weise-Kommission erarbeitet, aber diese sind vom miliärischen Establishment (GI und Inspekteure der TSK/OrgBer) bereits wieder zerredet worden (vgl. Rede GI in Dresden zur „Neuausrichtung“).
Dem Minister, in seinem – mittlerweile – offensichtlichen Dauermodus aus Oberflächlichkeit und Sprunghaftigkeit, ist es egal.
Aber genau von Ihm muss der Impuls kommen, dies zeigt die Erfahrung mit SpezKr weltweit. Denn der Apparat aus sich heraus macht solche „Mitesser“ – gerade in schweren Zeiten – platt. Das wiederum hat mit bürokratischer Selbsterhaltung und nichts mit Auftragserfüllung zu tun.
Ergebnis: Weiter wursteln wie bisher – und dabei weiterhin alles schön reden.
@Memoria: Man muss bedenken, mit welchem Material und welchen Rahmenbedingungen hier von Seiten der Bw (und nicht deren Führung) auf operationeller Ebene gearbeitet wird.
Nehmen wir nur die Luftfahrzeuge, egal ob Sea King, Transall oder weiß ich was. Hier regiert seit Jahren der Rotstift, es herrscht drastischer Ersatzteilmangel, genau wie Personalmangel.
Mal eben 10 Transall los schicken klappt schlicht und einfach nicht, so viele stehen nicht rum. Das gleiche bei den Hubschraubern. Zusätzlich brauche ich Personal, welches ausgebildet und ausgerüstet ist.
Glücklicherweise befindet sich der EAV grob im gleichen Seegebiet, so dass hier ein einsatzklarer Verband zur Verfügung steht.
Denn Reserven hat die Marine seit Jahren nicht mehr, vielmehr schlägt man sich auch hier zur Luft und zur See mit altem Material und zu wenig Ersatzteilen rum.
Daher halte ich es für das (traurigerweise) Optimum, was die Bw momentan los schickt bzw vor Ort hat.
Dass es besser gehen müsste, steht ausser Frage. Aber dafür fehlt das Geld, oder vielmehr der politische Wille.
@ TimTimTim:
Der Rotstift wird eben falsch angesetzt – nicht nur von den Politikern, sondern eben auch von den Generalen.
Für sehr viel Quatsch ist noch Geld da, aber nicht für die Rettung von Staatsbürgern?
Und das andauernde Verstecken hinter dem politischen Willen ist ganz schnell ein Bumerang. Denn der kann sich weitaus schneller ändern als sich die Bw ändern kann (Beispuiele hierfür gibt es aus den letzten Jahren genug).
Daher wäre veranwortungsvolle und vorausschauende militärische Planung notwendig. Aber die findet nunmal nicht statt. Nicht war, Herr Wieker und Herr zG?
Laut tagesschau sind die Flugzeuge zurück in Malta.
Was die Evakuierung per Schiff angeht: Die USA hat zwei schnelle Yachten dafür gechartet (angeblich für 0,5 Mio. €).
Was mich an der ganzen Evakuierungsdiskussion hier etwas nervt:
Die Diskussion verläuft mal wieder nach dem Schema „Was kann die Bundeswehr zum Thema tolles tun“, und nicht nach dem was in solchen Situationen erforderlich ist.
Das fängt doch schon damit an, dass wohl meist die Situation so ruhig ist, dass die Bundeswehr-Flugzeuge als staatlicher Charterdienst herhalten, und das wars. Die Vorstellung, dass Bundeswehrsoldaten am Flughafen von Tripolis deutschen Flüchtlingen den Weg freischiessen ist gelinde gesagt absurd.
Wenn hingegen das totale Chaos ausbricht, dann ist durch den Zusammenbruch der Kommunikationsnetze und das Versiegen des Informationsflusses die Bundeswehr genauso blind und taub wie alle anderen Akteure auch. Vielleicht kriegt man noch ein paar Deutsche mit Satelittentelefon angepeilt, aber das wars.
Der erste Schritt, um in solchen Situationen wirklich informiert und handlungsfähig zu sein, wären also frei verfügare, dezentrale Kommunikationsmittel, die von einem totalitären Regime nicht einfach nach Gusto abgeschaltet werden können.
Nur wenn man sich dann anschaut, welche Positionen die Regierung Merkel zu Themen wie Netzfreiheit einnimmt, oder womit die deutschen Telekommunikations-Unternehmen in solchen Staaten ihr Geld verdienen, dann sieht es da ganz ganz düster aus.
Und weil es ohne Rüstungstechnik auskommt fällt es in der hiesigen Wahrnehmung ja auch nicht unter Sicherheitspolitik.
Da hilft es dann auch nicht, dass Konzepte wie das Open Source-Lagebild anscheinend noch nicht bei der Bundeswehr angekommen sind.
Zur Ergänzung: Der Einsatzgruppenversorger Berlin donnert lt. AIS-Signal derzeit mit 19,5 Knoten durch die Straße von Gibraltar, Kurs 74. Die Fachleute können bestimmt berechnen, wann er so vor Libyen ankommt?
@ J.R.
Statt teure, störanfällige, portable(?) Kommunikationstechnologie in fremden Staaten zu betrieben, kann man sich auch herkömmlicher Wege bedienen.
Es gibt die KUT (KrisenUnterstützungsTeam), welche genau für die aktuellen Bedingungen angedacht sind und deren Einsatz maßgeschneidert werden kann.
Ohne Kenntnis eines möglichen aktuellen Einsatzes kann man sagen, dass die KUT in den letzten Jahren eine Vielzahl von mehr oder wenig intensiven und heißen Einsätzen hinter sich haben. Und auch wenn es eher „Planer statt Macher“ sind/sein sollen, so sitzen sie doch nicht in der Botschaft und warten auf Anrufe ausreisewilliger Deutscher. Man frage mal ua Libanon-Heimkehrer aus 2006.
Und ein Libyen-Einsatz deutscher Infanteristen und ähnlich offensiv wirkender Kräfte in erkennbarer Anzahl scheidet aus außen(!)politischen Gründen zur Zeit aus.
Wunder gibt es immer wieder:
http://www.tagesschau.de/ausland/flucht114.html
@ Memoria
Das theoretische Wozu ist mir auch klar, aber praktisch? Und wenn ich trotzdem zu der Überlegung gekommen bin, das ich (Kanzler) das machen würde, dann muss man das Projekt „Rettung von Bürgern und schutzwürdigen Personen aus Krisengebieten“ auch ernsthaft vorantreiben.
Die Bezeichnung „Mitesser“ trifft es gut, vielleicht zu gut. Ganz ernsthaft, wäre ich GI oder Staatssekretär, dieses Projekt wäre innerhalb von vier Wochen zu den Akten gelegt. Denn entweder machen wir es richtig oder wir lassen es sein. Und richtig machen will es anscheinend keiner. Weder die Spitzenpolitik noch ist das erklärter Wille der Spitzenmilitärs.
Den Part Flugzeugbegleitung jetzt durch das KSK war auch nur Alibi. Was sollen die paar Hansels außer böse aussehen schon ausrichten können? Und wir können nur die evakuieren (bitte auch hier klar trennen von retten oder befreien), die am Flughafen sind.
Wenn wir die Dramen nicht durchleben wollen, die das französische Militär bei ihren Evakurierungen aus den Putschgebieten in den letzten Jahren erlebt hat, dann sollte sich einiges ändern. Aber das wird es nicht und daher können wir es auch sein lassen und dafür lieber Tasschentücher für die Angehörigen kaufen (ich weiß, ich bin ein böser Zyniker)
Na wenn die ausgeflogenen deutschen Zivilisten nicht nur auf Malta und in der Trall durch „bewaffnete“ deutsche Soldaten beschützt wurden(1), dann dürfte es ja bald Klarheit geben.
Der Bundestag tagt heute Nachmittag sowieso und kann das zwingend erforderliche Mandat gleich beschließen. Dann dürfte auch der Auftrag der Truppe (Eigenschutz, Abwehr von Angriffen auf deutsche Staatsbürger, Abwehr aller Angriffe, Weg freikämpfen, Ausreiseunterstützung vs. Evakuierung vs. Retten vs. Befreien, …) bekannt sein.
Ich bin gespannt. Ist in einer Stunde nicht Bundespressekonferenz?
(1) vgl. http://www.tagesschau.de/ausland/flucht114.html
Merkwürdigerweise finde ich keinen aus dem Apparat, der mir die Sicherung durch bewaffnete deutsche Kräfte bestätigen kann…
Das Mandat läßt sich doch auch nachreichen, wegen Gefahr im Verzug.
Siehe § 5 (1) ParlBetG. Also daran soll es nicht heben.
Gebe jedoch Roman recht, dass man retten und evakuieren in der Diskussion trennen muss.
Und zudem @ Roman:
Auch als Hobby-Zyniker gebe ich mich nicht damit zufrieden, dass Spitzenpolitiker und Spitzenmilitärs ihren elementarsten Pflichten nicht erfüllen. Hier sind alle mit Bezug zur Realität aufgerufen den Finger immer in der Wunde zu halten. Denn ansonsten müssen es die Falschen (Bürger, Soldaten oder gar Bundespolizisten) mit ihrem Leben bezahlen.
@T.W.
Ein Dementi wäre ja auch eine Aussage. Und solange die tagesschau-Quelle nicht gefunden wird, …
@Memoria
Die Möglichkeit der nachträglichen Mandatierung besteht durchaus – auch ich verlange in einer Eilsituation nicht den Beschluss als Showstopper. Nur wenn(?) eine Mandat notwendig sein sollte, dann muss es auch zeitnah in den BT eingebracht werden.
Ich hätte da mal eine Frage zur Mandatierung.
§ 5 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes sieht folgendes vor:
„Nachträgliche Zustimmung
1) Einsätze bei Gefahr in Verzug, die keinen Aufschub dulden, bedürfen keiner vorherigen Zustimmung des Bundestages. Gleiches gilt für Einsätze zur Rettung von Menschen aus besonderen Gefahrenlagen, solange durch die öffentliche Befassung des Bundestages das Leben der zu rettenden Menschen gefährdet würde.
2) Der Bundestag ist vor Beginn und während des Einsatzes in geeigneter Weise zu unterrichten.
3) Der Antrag auf Zustimmung zum Einsatz ist unverzüglich nachzuholen. Lehnt der Bundestag den Antrag ab, ist der Einsatz zu beenden.“
Da ja bewaffnete Bundeswehrkräfte in Libyen gesichtet wurden, scheint gerade eine derartige Aktion zu laufen. Da noch kein Antrag auf Nachholung der Zustimmung vorliegt, scheint man sich auf § 5 Abs. 1 letzte Satz zu berufen.
Solange die Evakuierungsaktion also läuft, halten alle die Klappe (das diesbezügliche Rumgeeiere in der gerade laufenden Fragestunde im Bundestag war ja schon fast peinlich).
Ist es also korrekt, dass dem Bundestag in jedem Fall ein Mandat für die Libyen- Aktion vorgelegt werden muss?
Wie lange kann man die öffentliche Befassung des Bundestages herauszögern? Geht das theoretisch über Wochen? Oder muss der Bundestag befasst werden, sobald keine Geheimhaltung mehr vorliegt?
Nun, geheim ist da nichts mehr, höchstens einzelne Operationen sind geheim, nicht das grundsätzliche tätig werden.
Müsste also nun unverzüglich der Bundestag damit befasst werden?
@Sun Tzu
Ziemlich genau diese Frage ist vorhin in der Regierungsbefragung des Bundestages auch Cornelia Pieper vom Auswärtigen Amt gestellt worden.
Sie hat ziemlich um eine Antwort herumgeredet: Zwar auf diesen §5 verwiesen, dann aber die Situation in Libyen geschildert und nicht gesagt, ob es a) überhaupt ein zustimmungspflichtiger bewaffneter Einsatz war und b) ob die Bundesregierung dem Bundestag nachträglich was vorlegen wird.
Muss man also weiter bohren. Die Entsendung einer Transall zum Ausfliegen, ohne dass es ein bewaffneter Einsatz ist, ist ja nicht zustimmungspflichtig, auch nicht im Nachhinein. Und es ist ja auch vorstellbar, dass die Bundeswehr den Flieger stellt, aber evtl. bewaffnete Kräfte von der Bundespolizei – weil nicht zustimmungspflichtig. Wäre ja nicht das erste Mal.
Ob ein bewaffneter Einsatz vorliegt, hängt nicht davon ab, ob man eine Waffe mitführt, sondern von der Wahrscheinlichkeit, dass diese Waffe eingesetzt werden muss. So ein mir in guter Erinnerung gebliebener Rechtslehrer.
@ T. Wiegold:
Meinen Sie mit „bewaffnete Kräfte von der Bundespolizei“ die GSG 9 oder gibt’s da noch andere Einheiten die dafür in Frage kommen?
Eigentlich wären doch die Fallschirmjäger für die Rückführung bzw. Evakuierung von Bundesbürgern aus Krisengebieten zuständig, oder? Das ist meines Wissens nach doch auch von den Verantwortlichen so festgelegt worden. Die Entscheidung pro GSG 9 von vor paar Wochen gilt doch „nur“ für Geisellagen.
Inzwischen ist das AIS-Signal von allen 3 Schiffen ausgeschaltet. Macht auch Sinn, nähert man sich doch einer komplexen Situation auf See und an Land.
@ TimTimTim
Da hat wohl jemand hier im Block mitgelesen und jemanden von diesen Goldstreifenträgern gefragt was ein AIS ist, warum wir das überhaupt gekauft haben, wer dafür verantwortlich ist und nun hat man es vor Schreck dann ausgestellt.
Oder die Lizenz ist abgelaufen.
Ich frage mich nur, was der EAV da machen soll, um irgendjemanden zu evakuieren? Einlaufen? Die annähernd unbrauchbaren Boote einsetzen? Mit einem (?) Sea King herumkutschieren?
Bei Luftfahrzeugen ist das Ausschalten nicht so üblich:
Der Luftwaffenairbus A310-304 (10+21) ist gerade nach einer Schleife vor Libyens Küste ohne Landung wieder auf dem Weg nach Norden!
@ MFG
Verwundetenversorgung, ein Seaking ist besser als nichts, zudem kommt er dahin wo eine Trall nicht hinkommt (ob die Besatzung dafür die Eier in der Hose hat, weiss ich nicht), letztendlich ist es auch Show of Force und für die Marine wieder ein großartiger Anlass um ihre immense Wichtigkeit unter Beweis zu stellen
!Krise in Arabien 2011. Die Marine war dabei! Inspekteur Schimpf birgt einen Verwundeten alleine aus der Krisenzone!!
wg. AIS: Glaube kaum, dass die das schon abgeschaltet haben. Die Informationssysteme wie marinetraffic.com beziehen das Signal über Landstationen und speisen das ins System ein. Ab einer gewissen Entfernung von Land wird da halt kein AIS-Signal mehr aufgenommen – für die Schiffe in der direkten Umgebung ist es natürlich nach wie vor sichtbar.
Natürlich können Schiffe (und erst recht Kriegsschiffe) dieses Signal von sich aus abschalten, das macht allerdings auf dem Transit wenig Sinn…
@Tom
Die Signale des Airbus finde ich wo?
Bei http://www.flightradar24.com/
Dort unter „Settings“ im „Filter“ das „Callsign“ „GAF“ auswählen und zurück auf die Karte,
@ Tom
noch mal Airbus: laut dpa hat das AA mitgeteilt, ein Bundeswehr-Airbus sei in Tripolis gelandet…
http://www.focus.de/politik/schlagzeilen/nid_65210.html
Wenn Tripolis nicht im Mittelmeer auf 8000m liegt, dann ist es zumindest nicht die „Konrad Adenauer“ heute Abend. Die ist gerade wieder nord-westlich Sizilien auf dem Weg nach Köln-Wahn. Wie gesagt ohne Zwischenlandung in Arabien.
@B.K.:
Das ist aber eine gewagte Rechtsaufffassung, dann wäre ja EUFOR ALTHEA seit Jahren nicht zustimmungspflichtig. Auch das AWACS-Urteil des BVerfG lese – zumindest ich als Nichtjurist – anders. Dort wurde die Hürde nochmal höher gelegt.
Und selbst wenn, ist die Wahrscheinlichkeit in einem Bürgerkrieg gering? Und wer bestimmt das?
Juristerei… Wäre auch nicht das erste Mal, dass Rechtslehrer Quatsch erzählen, sie ROE-Einweisung vor noch wenigen Jahren.
Hier mal ein Screenshot mit dem Flighttrack der 10+21 auf Flightradar.com
http://awesomescreenshot.com/054835z6d
@Tom
Habe die Schleife des Airbus auf flightradar24 auch gesehen, jetzt ist sie allerdings verschwunden…
Habe natürlich auch mal rumgehorcht: Airbus war in Tripolis, ist mit Passagieren auf dem Rückweg.
Die Diskrepanz kann ich derzeit nicht aufklären…
@T.W.
Dann glaube ich mal Ihrer Quelle. Aber merkwürdig sieht die Flugbahn schon aus.
Egal. Ein Lufthansa A340 (D-AIHM) dreht jetzt schon seine zweite Kurve -zuvor eine Acht- und das direkt nach dem Start in Malta wenige km südlich der Insel. Da weiß man wohl auch nicht, was man machen soll/kann.
Nachtrag: Eine Lufthansa 747 (D-ABTF) ist gerade aus Tripolis nach Frankfurt gestartet.
Dafür ist der Luftwaffenairbus 10+21 jetzt ganz aus der aktuellen Übersicht raus.
Hat man nach Ihrem Telefonat abgeschaltet?
@Roman: Woher kommt diese Abneigung gegen die Marineflieger? Wer wenn nicht die bald vor Ort befindlichen Marineflieger könnten deutsche Staatsbürger evakuieren, die es nicht bis zum Flughafen geschafft haben? Wer sonst kriegt deutsche Hubschrauber bis vor die Küste?
Und machen Sie sich mal keine Sorgen um die Ausstattung der Crew. Die haben schon ganz anderes gemacht.
Vor dem Luftraum Libyens dreht momentan ein Lufthansa Airbus Schleifen.
Allerdings gibt es auch etliche Flugbewegungen von Tripolis weg. Sei es die Lufthansa, Alitalia usw. flightradar24.com zeigt es live.
@Tom
Jetzt ist sie wieder drin…
Das passt aber alles nicht. Die 10+21 ist eine Maschine in der VIP-Version: siehe Übersicht hier.
Also nichts, was man losschickt, um möglichst viele Leute an Bord zu bekommen…
(Kann auch die Zuverlässigkeit der Daten dieser Webseite nicht einschätzen.)
Wenn ich es mit dem Blick aus dem Fenster vergleiche, dann passen die Daten schon.
Wer weiß, wo die PAX-Versionen gerade sind. Und wenn man gestern mit zwei Tralls gerade mal 60-70 Personen evakuieren konnte, dann ist alles ein Fortschritt. Zumal ausländische Militärmaschinen angeblich auf dem Flughafen von Tripolis nicht so gerne gesehen sind.
@ TimTimTim
Ich habe gegen die fliegende Teile der Marine keine Abneigung. Jedoch hoffe ich, sie haben einen gesunden Menschenverstand. Mit nur einer Maschine in einem Bürgerkriegsland bei unklarer Lage ohne Bordsicherungspersonal (dass muss ja wegbleiben, ansonsten passen da ja wenige Zivilisten rein), ohne jede Form von Unterstützung oder möglichen Reserven umherzuschrubbeln, ja das ist ein Hochrisikoflug. Ich denke da wird mir jeder zustimmen. Und dafür braucht man Eier in der Hose. Und vielleicht ist es für alle Beteiligten dann besser sich lieber irgendwo zu verstecken.
@Roman: Nun ist es ja so, dass Soldaten schlicht dafür da sind, sich auch in Gefahr zu begeben. Und wer die Wahl hat zu Hause zu bleiben oder aber Menschen in Not zu helfen, wer dann noch die Ausbildung und die Ausrüstung hat, wird los gehen.
Und es scheint ja nicht so zu sein, dass die ausländischen Hilfskräfte bekämpft werden. Sonst könnte ja der zivile Flugverkehr nicht so statt finden, wie man es sich wünscht.
Zusätzlich: Lieber solche Kräfte vor Ort haben und nicht einsetzen als sich zu wünschen, sie da zu haben.
Zurück zu den Flugbewegungen: Libyan Arab Airlines, Egypt Air und wohl auch Midwest Airlines scheinen auf dem Weg nach Tripolis, während die Lufthansa weiter wartet.
Gibt es eigentlich schon eine Bestätigung, dass die Amerikaner wie angekündigt (Spiegel Online von heute morgen) einen oder sogar mehrere Flugzeugträger in die Region schicken? Und ob die Italiener sich schon über den Alarmstatus ihrer Militärflugplätze hinweg zu Aktionen durchgerungen haben?
Neues zur Aufgabenteilung Bw/ BPol:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/047/1704799.pdf
Starke Handschrift des BMI.
Z.B. Antwort 1: Geisellage polizeiliche Lage… Einzelfallentscheidung…
Das ist der sichere Weg ins Chaos: Einzelfallentscheidung.
Ich höre bei liveatc.net den Flugfunk von Malta mit, über Malta werden die Maschinen nach Tripolis übergeben. Eben kam die Meldung, dass der Flughafen geschlossen ist, es gebe wohl keine Parkplätze mehr auf dem Flughafen. Eine Maschine die gerade von dort kommt teilte mit, dass sie sogar schon auf den Taxiways parken. Es hört sich also schon nach Chaos an. Die Frage ist, wie schnell sie dort wieder Platz schaffen können.
Noch scheint der Flugbetrieb aber möglich abgehend von Tripolis.
UPDATE: Flug Syrian 1101 wurde eben informiert, dass es bis zu einer Stunde oder auch länger dauern kann, bis wieder Anflüge akzeptiert werden. Es befinden sich wohl bereits Flüge in Wartepositionen.
Also scheint es (bisher nur) ein temporäres Platzproblem zu sein.
Laut Flightradar24 ist die 10+21 (GAF 804) aktuell im Anflug auf Köln-Bonn…Landung in ca. 10-15 min. Bin gespannt, ob was über die Agenturen läuft…
@Roman
Die Marine könnte tatsächlich wichtig sein, wenn man sich vor 10 Jahren entschieden hätte, alte Zöpfe abzuschneiden und in der heutigen Welt relevantes Material zu beschaffen. Das hätte bedeutet, weg mit den Schnellbooten, weg mit dem Großteil der Minenjagdeinheiten, her mit 1-2 Plattformen ähnlich Ocean oder Mistral. Natürlich in Absprache mit dem Heer, dass die Luftlande- und MTH-Verbände in Teilen dafür qualifiziert werden. Dann hätte man jetzt die Möglichkeit, Staatsbürger in relevantem Umfang zu evakuieren. Und man hätte bei der Elfenbeinküstengeschichte vernünftige Optionen gehabt, genau wie auch bei der Hansa Stavanger.
Diese ganze EvakOps-Geschichte á la „wir stützen uns auf ein befreundetes Nachbarland ab, von dem aus wir mit den CH-53 operieren können“ ist doch einfach nur hanebüchen. Oder mit Sea Kings von Tendern aus, alles schon bei öffentlichen (!) Vorführungen dagewesen.
Aber das würde ja bedeuten, dass wir einen Plan hätten, abgesehen von „kalter Krieg light/durchwurschteln“.
Wie passend wenn auch nur eine Übung:
http://www.youtube.com/watch?v=YfrVAYCVnK0&feature=channel
@ Christian
Naja, wie passend. Eher ein Armutszeugnis fürdie / der Bundeswehr. Und das wird auch noch gefilmt und als Propaganda über unsere Fähigkeiten ins Netz gestellt. Aber genau solche Filme verleiten die Damen und Herren in den Spitzen der Gesellschaft zu der Annahme, das alles gut ist im Staate Dänemarks (1).
1.) Frei nach William Shakespeare: Hamlet. Englisch-Deutsche Studienausgabe. Deutsche Prosafassung und Anmerkungen von Norbert Greiner, Einleitung und Kommentar von Wolfgang G. Müller. Stauffenburg, Tübingen 2006
@ Roman
Da muss ich Dir leider Recht geben. Das ist leider wirklich „Tegernseer Bauerntheater“ meets „John Wayne rettet mit seiner Kavallerie die hilflosen Siedler“. Natürlich *räusper* kommen hier „die Bösewichter“ immer unterlegen bewaffnet (in diesem Fall nur mit Aggro-Rhetorik…) und klarer, deutscher (!!) Kommandoton mit ein paar markigen Handgriffen bereinigt die „Bedrohung“. Ha-ha-haben wir gelacht. Im Fall des aktuell durch die Agenturen kolportierten abgeschnittenen Ölfelds mit festsitzenden Deutschen, Österreichern und Briten (?) werden sich Ghaddafi-loyale Armeekräfte oder etwaige Söldner gaaanz sicher schockiert, demoralisiert und ängstlich vor der anrollenden FschJg-Kolonne in die Dünen verziehen und gaaanz sicher nicht anderweitig intervenieren.
Und nachdem alle zu evakuierenden EU-Staatsbürger sorgfältig kontrolliert auf dem 2to aufgesessen haben…rollt der Konvoi unbehelligt die läppischen 150 oder 200 Kilometer nach Tripolis zu den wartenden Tralls und Airbussen.
Wer sowas als Übungs-Szenario ERNST meint…dessen Offz-/StOffz-Prüfungsunterlagen sollten von der betreffenden Schule mal dringend auf eventuelle „Unregelmässigkeiten“ oder „Abstrusitäten“ gecheckt werden. Fehlt nur noch, dass dem Konvoi ein paar Grüppchen reizvoll verschleierter Haremsdamen im „Bezaubernde Jeanny“-Outfit sehnsüchtig seufzend hinterher winken.
Es geht auch deutlich anders…aber – statt darüber zu referieren kleb ich mir jetzt mein OpSec-Pflaster auf den Mund…und geh hoam.