Afghanistan: „Der Feind verliert“
Es klingt ein bisschen nach Wunschdenken.
In Washington sagt U.S.-Stabschef Mike Mullen, die Taliban und andere Aufständische seien auf der Verliererstraße. The enemy in Afghanistan is losing, the U.S. military’s top officer declared Wednesday in an unusually upbeat assessment on the war.
Mullens schlechte Nachricht: Das bedeutet noch lange nicht, dass die Gewalt zurückgeht.
Und im Norden, in der Provinz Baghlan, verkündet ein afghanischer Fernsehsender die gute Nachricht der afghanischen Sicherheitskräfte: At present the “New Baghlan Operation” continues in some parts of central Baghlan of Baghlan Province, but the local security officials claimed that the Taleban had been defeated in the province and they did not exist in groups.
Auch hier gibt’s die schlechte Nachricht: Die Niederlage der Taliban, sagen einige der Bewohner der Provinz, sei nur vorübergehend.
Das mit dem Verlieren werden wir ja irgendwann sehen.
@Benjamin
/*Ironie an
Psssssssttt, das will keiner hören …
/Ironie aus
Meine Herren, bisschen weniger persönlich aufeinander eindreschen?
BTW, die von b verlinkte Geschichte auf registan.net mit den Fotos des Dorfes vorher/nachher finde ich verdammt bedrückend. Und darauf zu verweisen, dass man sich ja zur IED-Entschärfung melden könnte, begrenzt nützlich…
@T.W.
Wenn ich das mit meinen begrenztem Englisch richtig verstehe handelt es sich um ein durch ISAF durchgeführte Zerstörung, weil die von den INS gelegten IED anders nur unter erheblicher Gefährdung geräumt hätten werden können.
Die Darstellung von b im Kontext unterstellt aber anderes, insofern regt mich das auf und die Antworten werden schon mal deutlicher.
@ J.R.
Sie haben recht, das niemand der Bevölkerung erklären muss, was Krieg ist. Jedoch sollte man in unserem Land mal jemand der breiten Masse mitteilen, das wir in einem sind. All die Neujahrsansprachen und Appelle, wenn es mal wieder einen Gefallen gegeben hat, sind doch Nonsens. Ausser der „gebildeten und politisch interessierten Schicht“ weiß niemand in diesem Land, dass sich die Lage in Afghanistan verschlechtert hat und unsere Soldaten, die unsere Regierung im Namen das Volkes dorthin entsendt hat, nun das erleben, was viele nur noch aus den Erzählungen ihrer Großväter und Urgroßväter kennen. Und exakt diese Winzigkeit geht neben Bauer sucht Frau, DSDS und Unfälle bei „Wetten das?“ verloren.
Wenn sie ihren Blick mal über den Kanal werfen, sehen sie ein anderes Beispiel: Die breite Bevölkerung weiß, das ihre „Boys“ kämpfen und sie sind stolz auf sie. Gleichzeitig ist die Mehrheit jedoch gegen den Einsatz, was sie der Regierung auch unumwunden mitteilen. DAS ist in meinen Augen Demokratieverständnis, bzw. gelebte Demokratie. Und bei uns? Nun, da rufen die Gegener des Einsatzes in Afghanistan einfach mal zur Gewalt gegen die Soldaten im Land auf. Die Parteien aus diesem Flügel schweigen dazu und freuen sich wahrscheinlich insgeheim diebisch, das jahrzehntelange Indoktrination immer noch wirkt, ohne das man großartig was dafür tun muss. Auch eine Möglichkeit, Demokratie auszuleben.
@StFwdR
Im Prinzip ja – das Problem ist allerdings, dass offensichtlich keine Alternative zur Räumung oder Zerstörung der IED in Erwägung gezogen wurde, um den Schwung des Vorgehens nicht zu verlieren. Und dann kommt es wirklich in die Richtung wir mussten das Dorf zerstören, um es zu retten.
@b
Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass Kollektivbestrafung sehr gut funktioniert. Die Kriegsgeschichte ist voll von Beispielen dieser Art. Warum gab es im von Deutschland besetzten Frankreich (nach Oradour etc.) oder im von den Alliierten besetzten Deutschland (nach der Zerstörung deutscher Städte) oder Japan (nach Hiroshima und Nagasaki) keine militärisch relevante Widerstandsbewegung? Nach ihrer Logik hätte die jeweils praktizierte Kollektivbestrafung doch gerade Widerstand stärken müssen. Offenbar ist es aber doch so, dass Kollektivbestrafung in konsequenter Form funktioniert.
Die Amerikaner scheitern in Ihrem Beispiel also weniger daran, dass sie auf unblutige Weise ein paar leere Lehmhütten eines Dorfes zerstörten, das Aufständische beherbergte, sondern daran, dass sie es erst jetzt und nur in einem oder wenigen Fällen taten und die Aufständischen weiterhin wesentlich effektivere Einschüchterung betreiben.
Damit will ich nicht sagen, dass man solche Aktionen durchführen sollte, denn m.E. es gibt keine deutschen (oder auch amerikanischen) Interessen in Afghanistan, die diesen Aufwand und die damit verbundene Strapazierung innenpolitischer Unterstützung rechtfertigen würden. Gäbe es jedoch keine guten politischen Gründe für Zurückhaltung in Afghanistan, dann wäre die Skala der möglichen Eskalation durch die USA und ihre Verbündeten nach oben hin offen und damit auch die Frage der Widerstandsbewegung bald gelöst.
Winston Churchill demonstrierte in seinen Äußerungen die Einstellung, die es den Briten mit geringem Aufwand ermöglichte, über lange Zeiträume große Teile der Welt zu kontrollieren:
Die reale Welt funktioniert leider manchmal so, und ich bitte vorsorglich um Verzicht auf persönliche Kritik, weil ich darauf hinweise.
@ T.Wiegold
Beim Bau von IEDs sind der menschlichen Perversion keine Grenzen gesetzt. Mittlerweile gibt es unzählige Beweise dafür, das ich ganze Gegenden so präparieren kann, das sie auf lange Zeit nicht mehr gangbar und faktisch „unräumbar“ sind, es sei denn, es wird eine extrem hohe Gefährung hingenommen.
Das ist aber alles auch nichts Neues: Beim Ausweichen auf die Siegfried-Linie setzten die deutschen Truppen schon „IEDs“ ein: [1.) Artilleriegranaten aufrecht unter einer Starßendecke vergraben, darüber längs ein Holzbalken mit einem Nagel über dem Zünder – bei marschierender Infanteriekolonne keine ausreichenden belastung, aber bei Überfahren durch Fahrzeuge / Geschütze wird der Nagel in den Zünder gedrückt, 2.) Bomben mit Säurezündern, die Tage nach dem Rückzug erst hochgehen – beides nachzulesen bei Jünger: In Stahlgewittern]. Rommel lies in Afrika die sogenannten „Teufelgärten“ anlegen, die stellenweise jetzt noch existieren. Auf dem Balkan wurden Häuser gefunden, die mehrfach präpariert waren (Handgranate entsichert, die mit einem Zuckerwürfel fixiert in einer WC-Leitung verbaut war – betätigte man die Spülung, wurde der Zucker nass und gab den Sicherungsbügel frei).
Daher kann ich die Entscheidung, das Dorf zu schleifen, nachvollziehen – wenn das wirklich der Grund war.
@T.W
Es mag auf den ersten Blick unverständlich sein, aber wenn die INS eine Gegend ( Dorf / Obstplantage oder was auch immer) vermient haben, haben sie zunächst einmal ihr Ziel mich zu hemmen erreicht. In der Folge hätte man sicherlich die Operationsführung anpassen können. Mit natürlich entsprechen den Folgen, da ich die Gesamtoperation den Kontext der Maßnahme nicht kenne kann ich das schlecht beurteilen.
Aber, vor dem Hintergrund das, selbst wen Alternativen im Vorgehen in Betracht gezogen worden wären, dann wären die IED`s immer noch da und müßten geräumt werden , insofern kann ich das militärische Vorgehen verstehen.
Im übrigen ist die Diskussion schon älter, in anderen Berichten wurde ausgeführt das die lokale Bevölkerung ob der IED-Bedrohung sogar ausdrücklich damit einverstanden war, wobei sie eine landestypische Entschädigung dafür erhalten hat.
Dies wurde bei uns dann wieder von bestimmten Kreisen ebenfalls als Fehler abgetan da „zu wenig und nach Gutsherrenart“.
Man kann also alles so oder so sehen.
@ Voodoo/StFwdR
Ich hab ja eher den Eindruck, dass sich eher der Einsatz der Wahrnehmung annähert, als umgekehrt. Für viele Einsatzgegner war da doch sowieso schon immer Krieg. Und was es in die Nachrichten geschafft hat waren ja nicht die Bilder vom Bundeswehr-TV, sondern die Anschläge auf die Bundeswehr: Blut und Explosionen.
Das Primat der Politik gibt es auch in den USA, und Bush/Rumsfeld haben die Streitkräfte im Irak in ein deutlich größeres Chaos geschickt. Trotzdem fand/findet innerhalb der US-Streitkräfte eine Entwicklung und Anpassung statt.
(Dass die nicht perfekt ist sieht man ja an den Beispielen von b, wo die US Streitkräfte mit dem Arsch wieder einreißen was sie mit den Händen aufgebaut haben.)
Gerade was die Rolle des Militärs in den USA angeht habe ich den Eindruck, dass das auch viel mit dem Selbstverständnis zu tun hat. In den USA sehen sich die Soldaten anscheinend als die Militärexperten, deren gesellschaftliche Verantwortung nicht am Kasernentor aufhört. DAS ist Demokratieverständnis. ;)
Wenn ich mir Deutschland anschaue: Da sind Bundeswehrangehörige wohl mit die größte Gruppe, die Afghanistan je aus erster Hand erlebt hat. Trotzdem hat kaum einer was dazu zu sagen. Auch gerade in gesellschaftlich-politischer Hinsicht: Was funktioniert, was funktioniert nicht, wie müßte man es richtig machen?
Wenn man gesellschaftlichen Druck für etwas will, dann muss man die Gesellschaft auch mit ins Boot holen.
@J.R
Mal so als Frage : Wir reden von Afghanistan und dem mEinsatz der Bundeswehr im Rahmen von ISAF ?
Falls ja, so ist Ihre Wahrnehmung schlicht falsch.
Der Einsatz nähert sich nicht der Wahrnehmung ( welcher ? der politisch gewünschten, der der Kriegsgegner, Ihrer persönlichen ?) an, sondern die öffentliche Wahrnehmung nähert sich spätestend seidem ein deutscher Oberst einen Bombenabwurf befohlen hat der im Einsatzraum herrschenden Realität an.
Was in den Nachrichten gezeigt wird, entscheidet Gott sei dank auch nicht die Regierung das Politbüro oder sonst eine staatliche Stelle, sondern der verantwortliche Redakteur.
Und was für Entwicklungen innerhalb der US-Streitkräfte meinen Sie eigentlich ?
Und verzeihung, „Militärexperten“ in einer pazifizierten Gesellschaft sind schon ein Paradoxum an sich und wer hört den auf die ?
Die aktiven werden nix sagen, die ehemaligen schon aber auch das interessiert nur einen begrenzten Kreis. Also was sollen „die Soldaten“ IHRER Meinung nach tun ?
Ja, aber wie kann ein Soldat in Deutschland denn die Gesellschaft ins Boot holen? Erst letztes Jahr musste ich einen Hinweis an meine Soldaten verlesen, das nicht empfohlen wird, in Uniform die Kaserne zu verlassen, wenn es Richtung Berlin oder anderer Großstädte (außerhalb Bayerns) geht. Wie soll in einem Land eine vernünftige Basis zwischen Streitkräften und Gesellschaft geschaffen werden, in dem man offen und ungestraft propagieren darf, das die Bundeswehr der wahre Feind ist und Brandanschläge ein legitimtes Mittel in diesem Kampf sind? Oder in dem Jugendoffizieren verweigert wird, Informationsveranstaltung an Schulen zu halten (keine Rekrutierung, es ging um eine Einladung zu einem Seminar zur Sicherheitspolitik). Oder in einem Land, an dessen Universitäten nicht wenige Militärgeschichte (gerade die deutsche) mit rechtsextremistischen Grundgedanken gleichsetzen.
Anscheinend sind wir gesellschaftlich erst da angekommen, wo sich die amerikanische Gesellschaft in den späten 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts befand.
Um einen Krieg gegen die Bevölkerung ist die ISAF viel zu schwach aufgestellt, von der Legitimation mal ganz abgesehen. Letztlich weicht ja auch die Zielsetzung ab: Man will das Land nicht ewig haben, sondern es wieder loswerden. Die Taliban wollen sich im Land festsetzen, die NATO könnte sich das schlicht gar nicht leisten.
Trotzdem gibt es Stimmen, dass im Süden vermehrt auf Einschüchterung gesetzt wird: Actually, the U.S. Gave up on COIN Ages Ago
Gerade bei dem beschriebenen Dorf-Beispiel sollte man im Hinterkopf haben, dass praktisch eine Enteignung stattfand: Es gibt kaum Besitznachweise, und der Wiederaufbau wurde der Provinzregierung überlassen. Sprich: Die Wiederherstellung des Status Quo scheint recht unwahrscheinlich. Welche Zukunft die ohne ihre Lebensgrundlage haben kann man sich ausmalen.
Der andere Punkt ist: Man überlege sich einfach mal, was 49.000 Pfund an Bomben und ein Dorfbau kosten. Bei solchen Geldmengen sollte Raum für eine OED-Wirtschaft sein. (Und ja, es gibt freiberufliche Bombenentschärfer in Afghanistan, wenn auch vermutlich nicht viele.) Salopp ausgedrückt: Wieviele Schafherden könnte man für das Geld durchs Dorf treiben?
Herr Foust weist ja zu recht darauf hin, dass es wohl vor allem schnell gehen sollte. Und Ziel war auch nicht das Wohl der Bevölkerung („Wir entschärfen deren IEDs“), sondern den Taliban mögliche Deckung zu nehmen (600m von einem angeschlagenen Außenposten).
Dass die Dorfbevölkerung bei der Sprengung ihrer Häuser nicht gefragt wurde wird in dem Artikel glaub deutlich.
Was soll die Fragestellung vom „Krieg gegen die Bevölkerung“? Das ist nicht die Aufgabe von ISAF und auch nicht das Ziel oder die Grundlage des Handelns.
Ihre Argumentation hinsichtlich der Enteignung ist nicht schlüssig, wer ausser den Afghanen selbst sollte diese Aufgabe Ihrer Meinung den übernehmen? Da gerade bei uns in Deutschland eine strikte Trennung der zivilen und militärischen Seite gefordert wird, ist es auch nicht Aufgabe des Militärs für Abhilfe zu sorgen. Umgekehrt wohin es führt wenn zivile Aufbauhelfer ungeschützt agiern haben wir ja auch gesehen.
Und da es kein „urgründlich deutsches Katasteramt“ dort gibt, führt dies bei Ihnen zu dem Rückschluß das die Entschädigung der Betroffenen „unwahrscheinlich“ ist und somit die Aktion „neue INS gebähre“. Dann rechnen Sie die Kosten für 49.000 lbs (engl. Pfund ) und dem Dorfbau vor und verweisen auf zivile (!) Minenräumer, um Salopp auf die Anzahl von Schafen die für das Geld gekauft werden könnten zu verweisen.
Und, mit Verlaub, wenn es darum geht eine militärische Bedrohung zu eleminieren dann ist das Vorgehen noch verständlicher. Im übrigen, IED`s und was man darunter verstehen kann hab ich anno 1980 persönlich auf einem Lehrgang bei einem Pi – HFw erleben dürfen, sie können sich gar nicht vorstellen wie perfide, hinterlistig und gefährlich das ist, und da schlagen Sie ausgerechnet zivile Entschärfer vor ? Wie bigott ist das denn ?
Und ja, militärische Abläufe sind auch vom Faktor Zeit abhängig, die Entscheidung das ganze in dieLuft zu jagen, ohne eigene Kräfte zu gefährden halt ich deshalb immer noch für legitim.
@ J.R.
Moment. Wenn ein Feind eine zivile Infrastruktur nutzt, kann diese im Krieg unter Abwägung der Verhältnismäßigkeit durchaus beschädigt oder zerstört werden.
Das ist an sich kein Problem. In aktuellen, afghanischen Fällen ist es ja, soweit bekannt, meist zu Kompensationszahlungen an die Zivilisten gekommen. (Wie das jetzt hier aussah weiß ich nicht, kann ich nicht prüfen).
Ich denke, wir sollten nicht strategische und taktische bzw. operative Zielsetzungen vermengen. Unter der Prämisse des schnellen Vorankommens zum Erreichen des operativen Ziels, war es eventuell kaum anders machbar, als eine große Beschädigung ziviler Infrastruktur in Kauf zu nehmen. Dass das den strategischen Zielsetzungen widerspricht ist klar, hat aber nicht zu Folge, dass man in manchen Situation darauf verzichten muss und somit operative Ziele verfehlt.
Von daher stimmt es sogar: Das Dorf wurde auf kurze Sicht zerstört, um es auf lange Sicht zu retten. :) Paradox aber wahr.
@ Gesellschaft -> Bundeswehr
Da sehe ich ein zwigespaltenes Verhältnis. Viele Leute haben nichts gegen die Bundeswehr per se, wollen aber nichts mit ihr zu schaffen haben, weil es eben etwas mit menschlichen Abgründen (wie z.B. Krieg ^^) zu tun hat.
Die wenigsten Menschen machen sich über dieses Thema Gedanken, weil es nicht alltäglich, aber schwierig ist und lieber verdrängt wird.
Die Menschen GLAUBEN an eine Trennung von Staat, Gesellschaft und Militär.
Dabei liegen sie natürlich verkehrt. Das Volk ist der Staat und das Militär ist Teil des Volkes. Es fehlt also ein gesundes Verhältnis zu den eigenen Streitkräften und es fehlt vor allem an einem Staatsbürgerverständnis, welches allgemeinwohl- und demokratiefähig ist, was auch die kollektive Wehrfähigkeit mit einschließt. Ist ja auch weit weg und angeblich ist nichts änderbar und irgendwie gottgegeben.
Ergo fehlt es an interessanten Studiengängen wie militärische Wissenschaften und (in Zukunft noch stärker durch Ausfall der Wehrpflicht und dem schwachen Reservesystem) an engen Berührungspunkten zwischen der Bundeswehr als solche und der Masse, was widerrum dazu beiträgt, dass die Bundeswehr unterfinanziert bleiben wird und ein Dienst unattraktiv und ungeachtet ist. Bitte weiter im Text :)
Das mit dem „Krieg gegen die Bevölkerung“ bezog sich auf die Überlegungen von Orontes.
@ Niklas/StFwdR
Mit Verlaub: Das leere Dorf ist angeblich eine so große Bedrohung, dass es gesprengt werden muss. Aber die Gegend ist kurz darauf angeblich so sicher, dass „gleich“ mit dem Wiederaufbau begonnen werden kann. Kommt das wirklich nur mir spanisch vor?
Der Ablauf, wie er sich mir darstellt:
– Die Moral in der Artillerie-Einheit, die bis dahin für den Kampf ums Dorf eingesetzt wurde erreicht einen Tiefstand.
– Nach dem „Freikämpfen“ durch SOF wird das Dorf Anfang Oktober von der Task Force geplättet, nachdem die Moral in der Artillerie-Einheit, die bis dahin für den Kampf ums Dorf eingesetzt wurde, einen Tiefstand erreicht hatte.
– „Sofort“ im November kommt die Ansage von Oben, dass das Dorf wieder aufgebaut werden soll
– Im Dezember dann die Mitteilung, dass bis zu 1 Mio. $ dafür zur Verfügung stehen werden.
Nebenbei, das ist wohl die gleiche Task Force, welche angeblich auch in anderen Dörfern die Dorfbewohner aufgefordert hat, die IED-Positionen zu verraten, da man andernfalls das ganze Dorf einebnen würde.
(@ StFwdR: Was ist an zivilen Entschärfen bigott? Der Kampfmittelräumdienst hier ist zivil. In Afghanistan gibt es Leute die damit ihr Geld verdienen, etwa die Firma des in obigem Link kurz erwähnten Ex-Navy Seals. Dass zivile Firmen zurückgelassene Minen entschärfen wenn alle militärischen EOD-Teams „an der Front“ benötigt werden ist weder neu noch widersinnig. Das Problem dürfte eher sein, dass sich so eine Industrie nicht über Nacht entwickelt, dass sie nicht wirklich auf dem „Radar“ der internationalen Gemeinschaft ist, und dass es zumindest an obigem Problem wohl vorbeigeht)
Reden sie von Minen oder IEDs?
@J.R.
Stichwort “Krieg gegen die Bevölkerung”:
Der Russe hat dies ansatzweise praktiziert und war damit in der ersten Hälfte der 80er in Afghanistan so erfolgreich, dass die USA , Saudi-Arabien und Pakistan mit massivem Aufwand intervenieren mussten, um das Ruder noch herumzureissen. Der von den Russen geschaffene afghanische Staat mitsamt seinen Sicherheitskräften hielt dann praktisch ohne externe Unterstützung noch einige Jahre durch. Es ist auch in diesem Beispiel nicht mangelnde Wirkung, die gegen „Krieg gegen die Bevölkerung“ (wie wäre es mit „bevölkerungsorientierter Operationsführung“, BevOpFü?) spricht.
Auch die allgemeine Bewertung von „Besatzungsherrschaft“ könnte sich nach der Afghanistan-Erfahrung wieder ändern. Würde man direkter in die Regierungsführung eingreifen (wie es auch der Russe tat), hätte man viele Probleme mit GIRoA-Inkompetenz und Korruption so wohl nicht.
@Voodoo
Macht das wirklich einen Unterschied, gerade in Afghanistan?
Falls es um den zivilen EOD-Contractor geht: Der Entschärft wohl beides, zumindest mal IEDs. Allerdings werden die wohl in der Regel von der Bevölkerung gemeldet.
(Und ja, dass das die Ausnahme ist, und die meisten zivilen Firmen in dem Bereich im Beseitigen von Minenfeldern und Munition tätig sind ist schon klar.)
Irgendwie scheint hier wieder die Vorstellung durch, dass Sicherheit eine ISAF-Sache ist, und wenn ISAF das nicht hinkriegt, dann niemand. Den Artikel, dass die Hälfte der IEDs in Zabul von meist ungelernten Afghanen entfernt wird hatten wir im Blog glaub schonmal.
Nein diese Vorstellung scheint nicht durch !
Die Fragestellung die in diesem Zusammenhang zu beantworten ist :
Was sind mir meine humanen Ressourcen wert die ich zur Beseitigung der IED ( in diesem Zusammenhang als verborgene Sprengfallen zu sehen) einsetzen muß und ggfls. deren Leben riskiere?
Dies unabhängig von Nationalität und Status zivil / mil. !
Gerade die Aussage das unmittelbar nach der Sprengung mit dem Wiederaufbau begonnen werden kann ist doch ein Indiz das es nicht um die amerikanische Einheit und deren Moral geht, sondern darum eine Gefahr ohne große Verluste an Menschenleben zu beseitigen.
Und zwischen Minen im einzelnen und IED sowie versteckten Ladungen gibt es gewaltige Unterschiede, fragen Sie mal dem Sprengmeister Ihres Vertrauens und lassen sich aufklären, es macht einen gewaltigen Unterschied !
Was SIE in die Story hineininterpretieren ist Ihre Sache, aber das ISAF zur Moralstärkung eines Btl. mal eben ein Dorf platt macht um es dann mit viel Geld wieder aufzubauen ordne ICH in den Bereich VT ein.
Und es ist richtig, das sich bei den zivilen EOD-Diensten Afghanen befinden, wie diese sich zusmmensetzen können Sie in dieser Dolumentation aus 2002 sehen.
http://keine.sinnlose.info/ueber/Mister_Vera-Einsatz_in%20Afghanistan.mkv
(Es dauert bis sich der Film öffnet oder gespeichert ist).
Als Indikator für den Einfluss der Taliban wird gerne angeführt, dass auf deren Druck die Mobilfunknetzbetreiber in bestimmten Gegenden den Betrieb nachts einstellen mussten. Seit kurzem ist das Mobilfunknetz in nördlichen Gegenden nicht mehr unterbrochen.
Nach dem Focus nun auch Meldung in der FAZ vom 15.1.11, S. 5:
…“ Unterdessen wurde aus dem Einsatzgebiet der Bundeswehr in Kundus ein Erfolg gemeldet, der eine Folge des militärischen Vorgehens gegen die Taliban ist: In der nordafghanischen Provinz können die Bewohner nachts wieder bei allen Anbietern mobil telefonieren. Auf Druck der Taliban hatten die vier großen Mobilfunkbetreiber ihre Handynetze seit vergangenem Frühjahr zwischen Abenddämmerung und Tagesanbruch abgeschaltet. „Wir mussten die Netzwerke nachts abschalten, um zu verhindern, dass die Taliban unser Personal und unseren Besitz angreifen“, sagte ein führender Mitarbeiter des Betreibers Roshan. „Jetzt, wo die Bedrohung weg ist operieren wir wieder 24 Stunden“. Auch ein Bundeswehrsprecher bestätigte, dass die Handynetze nachts wieder funktionieren“ …
Sind wir jetzt wieder 24h am Tag führungsfähig?
Bleibt halt abzuwarten, ob es sich „nur“ um einen Wintererfolg, oder wirklich um einen Trend handelt. (Um die gleiche Zeit letzten Jahres funktionierte das Handynetz ja glaub auch noch durchgehend…)
Ist ja nicht so, als ob es derzeit nicht noch andere Erfolgsmeldungen gibt:
– Die Zahl der geöffneten und besuchten Schulen soll wieder zugenommen haben
– Diverse Dörfer, die den Aufständischen das Zahlen von „Steuern“ verweigern und darüber auch zu den Waffen greifen
– Angeblich über 300 Aufständische die übergelaufen sind
Nur hört man solche Meldungen halt fast zu Ende jeden Jahres.
Selbst die größere Operation in Gor Tepa hatte es im Jahr davor schonmal…
Da die meisten hier wohl nicht genug Daten haben um wirklich im Vergleich zum letzten Winter einen Trend auszumachen bleibt eigentlich nur abzuwarten, ob die Wintererfolge diesmal auch durch den Sommer hindurch gehalten werden können.