SPD-Afghanistan-Konferenz: 14. Dezember
So richtig offensiv vermarktet die SPD bislang nicht ihre Afghanistan-Konferenz am 14. Dezember in Berlin. (Dabei hatte sie der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel doch schon im September auf dem Parteitag angekündigt.) Interessant wird diese Konferenz deshalb, weil sich die Sozialdemokraten schwer tuen, im Januar der Verlängerung des ISAF-Mandats zuzustimmen…
Wie und warum auch immer: Das Programm gibt’s jetzt, ein bisschen versteckt, hier.
Archivbild: Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel (m.) und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. (Foto: Sean Gallup/Getty Images via picapp)
(Ganz am Rande: Ich hättte ja auch ein so genanntes Pressefoto vom flickr-Account der SPD genommen. Doch da gibt’s die Merkwürdigkeit, dass zwar alle Bilder unter einer CC-Lizenz verwendet werden dürfen, man sich aber trotzdem die Genehmigung einholen soll. Ach, die Sozialdemokraten und das Urheberrecht…)
Vielleicht könnte die SPD auf ihrer Konferenz folgende Meldung thematisieren:
„US-Vizepräsident Joe Biden hat Deutschlands Rolle in Afghanistan heftig kritisiert. Biden wird in einer als „Geheim“ eingestuften Depesche aus der US-Botschaft in Santiago de Chile mit den Worten zitiert, Deutschland habe in Afghanistan „völligen Mist gebaut bei der Polizeiausbildung“.“
Zitat aus: http://www.welt.de/politik/ausland/article11335869/Biden-attackiert-Deutschlands-Rolle-in-Afghanistan.html
Schließlich hat die SPD in ihrer Regierungszeit sehr wesentlich an diesem „völligen Mist“ mitgewirkt.
Mich würde doch sehr interessieren, wie man es in Zukunft besser machen will. (Muss man vielleicht die Zahl der kultursensiblen Gender- Beauftragt_innen erhöhen … ;-) )
Hatten wir hier nicht die Diskussion das COM ISAF Patraeus die ASB und deren Kampfkraft gelobt hat ?
Ist das jetzt der SPD anzurechnen ?
Na dann wissen wir jetzt auch wer „Schuld“ daran ist das die deutschen nunmehr auch „kämpfen“ :-)
/*IRONIE AN
Laut der Agenda handelt die SPD dieses Thema in der Zeit von 11:00 – 15:00 Uhr ab.
Als Entscheidungsgrundlage für das nächste Mandat ist das mehr als ambitioniert. Respekt.
/*IRONIE AUS
Was soll dabei rauskommen ? Himmel hilf
Neu an diesem Vorhaben ist die durch den Veranstalter eingeräumte digitale Möglichkeit, Fragen zu formulieren, die dann mit Punkten gewichtet werden können.
Eine gute Idee und letztendlich eine Aufforderung und Einladung an alle, die das blog hier mitbetreiben, dort die richtigen Fragen zu stellen und dann kräftig „punkten“.
Ich finde diese Idee des Veranstalters lohnenswert und sicherlich eine neue und gute Möglichkeit, die Fragen zuzuspitzen.
Die Frage, die ich einstellen werden, zielt wohl eher auf die Zusammensetzung des Podiums ab. Alles bekannte Persönlichkeiten mit bekannten und vielfach schon publizierten Positionen.
Da fehlt doch der/die eine oder andere, meine ich.
„Hut ab“ vor der SPD – die haben ja eine Menge erreicht! Fest steht, daß die Partei sich an diesen Aussagen messen lassen muß, da sie diese in der Öffentlichkeit offensiv verbreitet! Den Mut diese zu verbreiten, hat sie bewiesen, den Mut dazu zu stehen, noch nicht! Schaun mer mal!
Im übrigen schließe ich mich dem StaberdR an: welche Erkenntnisse möchte die SPD in vier Stunden Konferenz gewinnen… Ich hoffe im Sinne unserer Soldaten und der afghanischen Bevölkerung, daß sie wenigstens Erkenntnisse für einen „Plan B“ gewinnt und sich nicht nur auf parteipolitische Phrasen – wie in dem Aufmacher zur Konferenz nachzulesen – beschränkt.
Orginalzitat aus dem Kabel der US-Botschaft in Santiago de Chile
(AMEMBASSY SANTIAGO) vom 2009-04-03 22:10:
„¶16. (C) Vice President Biden noted that the United States
wants to empower the UN and wants active European
participation in resolving the threats in Pakistan and
Afghanistan. With the exception of the UK and a few others,
very few Europeans are taking action. Germany completely
dropped the ball on police training but NATO countries should
continue to provide assistance that is within their capacity
to deliver.“
http://cablegate.wikileaks.org/cable/2009/04/09SANTIAGO324.html
Ausgewogene (wenn auch wenig überraschende) Expertenrunde, Live-Übertragung im Netz, und eine recht transparente und komfortable (wenn auch nicht „betrugssichere“) Möglichkeit Fragen einzubringen. Nicht schlecht.
Auf den ersten Blick verspreche ich mir zumindest mehr davon als von den ähnlichen Konferenzen anderer Parteien (wie jener der Grünen zur Nato, und jener der Liberalen zur Bundeswehrreform).
Dass man darauf verzichtet hat, den obligatorischen Parteivertreter in der „Diskussion“ zu platzieren, finde ich ebenfalls positiv.
Daher an dieser Stelle schonmal danke für den Hinweis, ohne die Werbung hier wäre mir als Nicht-SPDler die Veranstaltung sicherlich entgangangen. Was wohl leider auf recht viele solcher politisch-gesellschaftlichen Veranstaltungen zutrifft, die hauptsächlich im eigenen Mitgliederkreis beworben werden…
Schön,wenn das Ergebnis einer Konferenz bereits vor ihrem Beginn feststeht, aber so ist man es ja von sicherheitspolitischen Konferenzen in Deutschland gewohnt. Überhaupt sind Abweichungen vom Konsens angesichts des Podiums kaum zu befürchten. Wer ein Phrasenschwein (“militärisch nicht zu gewinnen”, “Vorrang vor Zivil” etc.) aufstellt, könnte bei solchen Veranstaltungen reich werden.
Nach Jahren der beruflichen Beschäftigung mit solchen Fragen habe ich die Hoffnung endgültig aufgegeben, dass hierzulande eine wirklich interessante Veranstaltung zu solchen Themen überhaupt möglich ist. In unserer absolut langweiligen und geistig sterilen sicherheitspolitischen Kultur gibt es keinen Platz für Querdenker, und auch unsere “hochkarätigen” Think Tanks wie die SWP bemühen sich, den Konsens möglichst nicht herauszufordern und umgehen nach besten Kräften die relevanten Fragen.
Wer wären denn im deutsprachigen Raum die fachlich versierten Querdenker?
@J.R.
Man könnte z.B. einen Kompaniechef ohne Karriereabsicht mit Kunduz-Erfahrung nach 2009 einladen. Frau Maaß ist sicherlich kompetent, aber weicht m.E. kontroversen Themen aus. Von einem General wird man in öffentlichen Äußerungen kaum etwas substantielles zu hören bekommen. Der VENRO-Vertreter wird sich vermutlich für einen kritischen Querdenker halten, auch wenn seine Äußerungen mit denen der für den Einsatz ursprünglich verantwortlichen SPD-Kader weitgehend übereinstimmen werden.
Interessante Diskussionen habe ich in Deutschland stets nur in kleinem Kreis ohne Presse und Protokoll und hinter verschlossenen Türen erlebt. Die interessanten Stimmen hatten m.E. folgendes gemeinsam: Erfahrung am Boden (in welcher Funktion auch immer), lösungsorientiertes Denken, amoralischen Pragmatismus und größtmögliche Distanz zur Institutionen wie Politik, Wissenschaft, Kirche und Entwicklungszusammenarbeit.
Die interessanten Köpfe namentlich zu nennen wäre nicht in deren beruflichen Interesse. Es gibt diese aber sowohl bei Behörden als auch in der Privatwirtschaft. Wie zurückhaltend diese Köpfe aus naheliegenden Gründen bei öffentlichen Äußerungen sind, zeigte u.a. ein sehr zurückhaltender Beitrag eines Rechtsberaters in der FAZ, der fast schüchtern während der Kunduz-Hysterie auf ein paar völkerrechtliche Fakten hinwies. Sein Wort erledigte inhaltlich mit einem Streich Wochen der hypermoralischen Beschwörung gefühlten Völkerrechts, aber er blieb mit seinen Äußerungen der einzige, der in dieser Form dem Konsens öffentlich widersprach.
Wirklich interessant wäre es, Vertreter des Konsenses in direkter Konfrontation auf dessen Herausforderer treffen zu lassen. Aus guten Gründen weichen die Konsensvertreter dem jedoch aus. Ich habe das Dutzendfach erlebt, egal um welches sicherheitspolitische Thema es ging, von Piraterie über Afghanistan bis zu deutscher Afrikapolitik.
@ S.W.
„…Erfahrung am Boden (in welcher Funktion auch immer), lösungsorientiertes Denken, amoralischen Pragmatismus und größtmögliche Distanz zur Institutionen wie Politik, Wissenschaft, Kirche und Entwicklungszusammenarbeit.“
Stellen Sie doch dafür das Panel zusammen.
Aber da es „ohne Presse und Protokoll“ stattfinden soll, werden Sie auch den Ort verschweigen, oder?
By the way: wie kann dann dieses „Panel“ wirken?
@J. König
Das ist ja genau der Punkt. Ich glaube nicht, dass in Deutschland eine wirklich interessante Panel-Diskussion zu solchen Fragen überhaupt möglich ist. Gerne lasse ich mich am praktischen Beispiel des Gegenteils belehren und bin auf interessante Diskussionsergebnisse der Afghanistan-Konferenz der SPD gespannt, aber selbst die SPD scheint solcherlei ja nicht zu erwarten, sonst hätte sie kaum die Ergebnisse vorab verkündet. Hier soll offenbar Diskussion simuliert werden, wo diese tatsächlich gar nicht erwünscht ist.
@StFwdR
War dieses Jahr das dritte Mal im ISAF Einsatz und davon das zweite Mal in Kabul.
In den 7 Monaten Einsatzzeitraum hatten wir genügend Besuche von deutschen Politikern aller Richtungen. Ich war erschrocken über die Unkenntnis vieler Politiker. Viele für uns Soldaten bekannte Dingen musste man erst erklären…So z.B. das der pakistanische ISI massiv Insurgents in Afghanistan unterstützt, oder das Taliban nicht gleich Taliban ist…da fehlt völlig das Verständnis für die Zusammenhänge….
Ich hatte eher den Eindruck das da ein Wettstreit zwischen Politikern stattfindet: wer, wann, wo und wie lange mit wem geredet hat…
An den wirklich positiven Entwicklungen hatte kaum jemand Interesse…wichtig waren nur Gesprächstermine mit wichtigen Persönlichkeiten….auch wenn diese keine neuen Erkenntnisse weitergaben…Über das Benehmen und das Auftreten einiger Politiker möchte ich hier lieber nichts erzählen…natürlich zählt das nicht für alle die uns besucht haben, es gibt halt auch die Ausnahmen.
Und so schnell wie dort ein Besuchsprogramm mit mit möglichst vielen zum Teil unsinnigen Terminen durchgezogen wurde, so schnell wird dann auch das weitere Vorgehen für diesen Einsatz entschieden. Ich frage mich nur auf welcher Grundlage man hier Entscheidungen trifft….so wirklich informiert haben sich wenige…
Meine Güte, lest Euch mal die Einladung und die Agenda durch ;-)
Als Ausländer könnte man fast meinen das die Opposition die Richtlinien der Politik bestimmt. Wie S.W. sagt, wird nicht ergebnissoffen diskutiert, sondern zielgerichtet eine feststehende Agenda samt Inhalt abgenickt. Das ganze nennt sich dann Konferenz.
Und wirklich sagen tut von dem Kreis doch keiner was, obwohl man die SPD alleine schon aus der Kraft des faktischen und Ihrer Formulierung der Einladung in die Bedroullie bringen könnte.
Ein kleiner Hinweis auf die von der SPD geforderte „Verstärkung der Ausbildungsbemühungen“ und den daraus resultierenden ASB.
Diese wiederum im „Partnering“ mit den ANSF deren Ausbildung übernehmend, wird vom COM ISAF für ihre „beeindruckenden Operationen“ (letztendlich geführten Gefechte) ausdrücklich gelobt.
Also könnte man argumentieren das die SPD letztendlich doch mehr Kämpfer statt mehr an zivilen Aufbau und Ausbildung gefordert hat ;-)
Das haben die Genossen (öffentlich) sicher nicht gewollt.
Woher kommt eigentlich der Eindruck, diese Afghanistan-Konferenz der SPD und das Afghanistan-Programm der SPD stünden in irgendeinem Zusammenhang?
Das Afghanistan-Programm der SPD gibt’s in all seiner Schwammigkeit doch seit Jahren, und ich sehe jetzt nichts, wo man herauslesen könnte, dass jenes jetzt überprüft und überarbeitet werden soll.
Die Konferenz ist eine Werbeveranstaltung der SPD, mit einer Expertenrunde als Köder. Die Message ist „Man ist an der Meinung der Experten interssiert (und natürlich basiert das SPD-Programm auf solchen Grundlagen blablabla)“, und um die Gelegenheit das SPD-Programm in Vor- und Schlusswort zu verkaufen ist man sicherlich auch nicht bös.
Aber das wars auch schon. Die Entscheidungsfindung der Volkspartei SPD wird dort mit Sicherheit nicht stattfinden.
@ J.R.
„Die Entscheidungsfindung der Volkspartei SPD wird dort mit Sicherheit nicht stattfinden.“
Seit wann finden Entscheidungsfindungen von Parteien auf Veranstaltungen statt?
Das wäre mir in der Tat eine neue Erkenntnis.
Eine innerparteiliche Willens- und Meinungsbildung findet nach eigenen Gesetzmäßigkeiten statt, die selten etwas mit einem Sachverhalt zu tun haben, denn, so meine berufliche Erfahrung,hat Politik selten etwas mit einer Sache zu tun.
Dies zu lernen und auch letztendich reflektiert zu akzeptieren und darauf hin Rückschlüsse zu ziehen und trotzdem „zum Wohle des höheren Ganzen“ sich auch in Parteien zu engagieren und nicht gleich an den persönlichen Vorteil zu denken, das wäre es doch.
Womöglich doch eine Meinung einer Minderheit?
Neuer Literaturtip für Afghanistan:
Center of Naval Analyses (CNA): Counterinsurgency on the Ground in Afghanistan – How different units adapted to local conditions
(So etwas zu lesen würde auch den SPD Oberen gut tun)
18 Vignetten über verschiedene Einheiten in verschiedenen Gegenden Afghanistans. Was funktioniert und was nicht?
Relativ lang (180Seiten) und manche Vignetten sind nach meiner Meinung viel zu unvollständig um Schlussfolgerungen zu ziehen was die Autoren natürlich nicht davon abhält solches zu tun.
Insgesamt kommt die Problematik „westlichen“ Agierens in dem Lande deutlich zum Vorschein: “ …a fool lies here who tried to hustle the East“.
… und passend dazu:
In Afghan cauldron, realism can trump the rulebook (Im Hexenkessel Afghanistan geht Realismus vor Regeln)
@b
„18 Vignetten über verschiedene Einheiten in verschiedenen Gegenden Afghanistans. Was funktioniert und was nicht?“
Schon diese Frage gilt in der sicherheitspolitischen Landschaft Deutschlands als unanständig, und auch die in der Frage verborgene Implikation gilt als ketzerisch. Weder SPD noch CDU noch irgendeine andere Partei ist bereit über so etwas öffentlich zu diskutieren. Ich kenne auch keine deutsche Universität und keinen „Think Tank“, der den Mut aufbringt, solche Fragen zu stellen.
Wobei da zumindest seitens des Bundestags doch langsam Bewegung in die Sache zu kommen scheint, siehe etwa die öffentliche Anhörung zum Thema „Kriterien zur Bewertung des Afghanistan-Einsatzes“. Hab mir die zweieinhalb Stunden aber selbst noch nicht vollständig angetan… ;)
Ansonsten haben sie aber recht: Es gibt keine organisierten Vordenker, und wohl auch keinen Diskurs in Deutschland. Es gibt einige interessierte und informierte Einzelpersonen, die versuchen den Finger am Puls zu halten – und damit dann meist auch ausgelastet scheinen. Von Debatten wie Gentile/Nagle ist man hier noch weit entfernt.
Das liegt aber nicht zuletzt auch am Duckmäusertum der Bundeswehrangehörigen: Zum einen kriegt man selbst den Mund nicht auf, zum anderen wird Kritik von „außerhalb“ sehr schnell als Angriff auf die Soldaten gewertet. Im Ergebnis liefern dann ein paar Tausend Soldaten weniger Einblicke in die afghanische Realität als eine handvoll Journalisten.
Mir würden zu jetzt fast 10 Jahren Einsatz jetzt gerade mal vier Bundeswehr-Autoren einfallen (Boris Barschow, Marc Lindemann, Heike Groos, Achim Wohlgetan). Von denen hat vielleicht noch einer eine Karriere bei der Bundeswehr im Auge. (Und ohne alle gelesen zu haben, so muss ich für mich feststellen, dass ich einige „zivile“ Afghanistan-Büchern deutlich informativer fand.)