Piraten vor Mosambik
Die Meldungen über die Piraterie am Horn von Afrika bestehen derzeit nur zu einem kleinen Teil aus Berichten über frei gelassene Besatzungen und Schiffe – und zum überwiegenden Teil aus neuen Kapermeldungen und vor allem Berichte über erneut ausgeweitete Piraten-Aktionsgebiete. So auch an diesem Wochenende: Zwar kam der griechische Frachter MV Eleni P nach mehr als einem halben Jahr in der Hand der Seeräuber frei. Dafür kaperten die Piraten gleich zwei Frachter, die MV Renuar und, das besonders bedeutsam, den Frachter MV Panama (in US-Besitz, liberianische Flagge, 23 Seeleute aus Myanmar, allein das ist angesichts der US-Sanktionen gegen Myanmar/Burma schon interessant). Die MV Panama wurde weit im Süden entführt – seewärts der Landgrenze zwischen Tansania und Mosambik.
Nach Osten bis zu den Malediven und damit relativ nah an die Küste des indischen Subkontinents, nach Süden bis Mosambik. Die Expansion des somalischen Piratenbetriebs scheint nichts so recht stören zu können.
Die Kollegen der Deutschen Welle haben sich mal angeschaut, was die Reedereien gegen die Gefahr machen können (wenn sie nicht, was rechtlich problematisch ist, bewaffnete Schutzteams an Bord nehmen): relativ wenig.
(Direktlink für die ohne Flash: http://www.youtube.com/watch?v=qNwqHYLnNLY)
Und zur optischen Einordnung des Angriffs auf die MV Panama weit im Süden:
(Größere Karte: OpenStreetMap)
Solange sich die Reeder weiterhin der Ausflaggung bedienen um Geld zu sparen und nicht geschlossen in Konvois unter dem Schutz der Mission ATALANTA fahren, sehe ich den immer lauter werdenden Ruf nach dem Schutz der Marine als wenig gerechtfertigt. Dazu kommt eine überforderung der Marine, die sich in etlichen Verbänden und Einsätzen wieder findet, ohne über den dafür nötigen Personalkörper oder aber die richtige Ausrüstung zu verfügen. Auch hier könnte man, bei genügend politischem Willen, ansetzen. Im Besonderen denke ich an UNIFIL, ein Einsatz der meiner Meinung nach eher unten auf der Prioritätenliste stehen sollte. (Auch wenn dort überwiegend kleine Einheiten stehen, die für ATALANTA weniger geeignet sind bindet er doch Kapazitäten zu einem sehr geringen Nutzen).
Mit einer immer kleiner werdenden Marine kann ich schlicht nicht immer mehr und größere sowie aufwendigere Einsätze fahren. Entweder – Oder.
500 !!! Kriegsschiffe bräuchte man um einen sicher Schutz in den Gewässern um Somalia zu gewährleisten stelle die Berliner Zeitung vor längerer Zeit fest!!
Oder das US-Marine-Coprs landet an der Küste von Somalia und räuchert die Piraten-Nester aus.
Vielleicht will das keiner, weil nach einer Studie von Anja Shortland (DWI) die Versicherungen sich an den Policen für dieses Gebiet dumm und dämmlich verdienen.
Und dafür zahlen wieder die Verbraucher!!
Nicht zu vergessen der Boom der „privaten Sicherheitsdienstleister“. Hier geht es um Arbeitsplätze…..
Offenbar ist es auch nicht „rechtlich problematisch“, Seeleute auf Wehrlosigkeit einzuschwören, und sie damit vorsätzlich an Piraten auszuliefern, wo ihr Leben von der Laune krimineller und bekiffter Wilder abhängt.
Solange für die Piraten und ihre Hintermänner nicht die geringste (Lebens-) gefahr besteht, wird sich diese Lage nicht ändern.
@ Tom:
Im Konvoi fahren geht nur im Golf von Aden. Da gibt es den (mehr oder weniger) bewachten Korridor. Übrigens wurden selbst schon Schiffe aus einem militärisch bewachten Konvoi heraus entführt! So schnell kann es gehen.
Ansonsten ist das Seegebiet Indischer Ozean zu groß und die Fahrtrouten zu weit auseinander gezogen als dass überall Konvois möglich wären.
@ all
Zu dem DW-Beitrag:
Staatssekretär Kossendey vom BVM mag ja Recht haben, wenn er sagt, das Militär habe nicht genug Leute um auf allen Schiffen Soldaten an Bord mitfahren zu lassen. Das wäre bestimmt eine riesige logistische Herausforderung, von rechlichen Problemen mal ganz abgesehen.
Und bewaffnete Security an Bord? Das, meint Herr Kossendy, habe auch keine abschreckende Wirkung, weil die Piraten ja nicht geplant vorgehen und nicht wissen können, ob Waffen an Bord sind. – Ja, was soll das denn heißen? Die Abschreckung passiert doch erst dann, wenn vom angegriffenen Schiff zurück geschossen wird. Das genügt. Ein paar Warnschüsse vor den Bug – und der Angriff wird abgebrochen. Dass es so läuft, darüber wurde schon oft genug berichtet.
Zu dem Piraten-Prozess in Hamburg: Wieso mussten es eigentlich zwei (i.W. ZWEI!) Plichtverteidiger für jeden einzelnen Piraten sein? Ich dachte, ich höre nicht recht, als es hieß, 20 (i.W. ZWANZIG!) Verteidiger seien dabei tätig. Das wird also bestimmt kein KURZER Prozess, den die Piraten eigentlich verdient hätten.
Zur Frage „Waffen an Bord“ liess man dann noch eine Anwältin zu Wort kommen. Sie lehnte bewaffnete Sicherheitskräfte an Bord ebenfalls ab, sprach vom Gewaltmonopol des Staates usw. – Ja, wie fern der Realität ist das denn?
Im Indischen Ozean und vor der Küste Somalias gibt es keine Staatsgewalt. Wenn ich als Seemann auf dem freien Meer von Piraten angegriffen werde, befinde ich mich in einer Notwehrsituation und darf mich verteidigen – oder etwa nicht?
Liebe Deutsche Welle Redakteure, wieso lasst ihr solche weltfremden Juristen zu Wort kommen. Ihr hättet auch mal einen der Kapitäne fragen sollen.
Eine „Zitadelle“ ist ja gut und schön, aber letzten Endes auch keine Sicherheit. Eine Zeit lang mag man sich darin sicher fühlen, aber was, wenn die Piraten aus Wut und Frust das Schiff in Brand stecken? Dann wird es auch für die Besatzung im Schutzraum lebensgefährlich.
Beser wäre es, die Piraten gar nicht erst an Bord kommen zu lassen. Und das geht garantiert nur mit Schusswaffen.
Janmaat 14. Dezember 2010 – 12:31
Beim Gewaltmonopol hat die Frau Anwältin aus der deutschen Welle (vermutlich irgendwann im ersten Semester) etwas falsch verstanden.
Es gibt ein solches Monopol nur in den Bereichen der Kriegführung und in der Rechtsdurchsetzung (Zivilrecht und Strafrecht). Eine Staatsgewalt (Gewaltmonopol) darf zudem nur dann gegen den Bürger verwendet werden, wenn er sich nicht gesetzeskonform verhält. Verhält er sich den Gesetzen gemäß, darf gegen ihn keine Gewalt ausgeübt werden.
Gewaltmonopol als Argument gegen angemessene Notwehr ist daher vollkommen verfehlt. Das Gewaltmonopol ersetzt nicht die Notwehr und die Nothilfe; die bleiben davon unberührt. Das Gewaltmonopol bedeutet weiters, daß der Staat auch die Pflicht hat, den Bürger gegen Gewalt von außen (fremde Staaten) und auch von innen (Verbrechen) zu schützen. Kommt der Staat dieser Verpflichtung nicht nach, darf der Bürger sein Recht (bzw. seine Haut) selbst verteidigen. Das ist ein Menschenrecht! Daraus folgt, daß der Staat seinen Bürgern die Waffen, die er dafür benötigen könnte, nicht wegnehmen oder vorenthalten darf.