Somalias Piraten beschäftigen die indische Küstenwache
Das Aktionsgebiet somalischer Piraten hat sich jetzt endgültig auf den ganzen Indischen Ozean ausgeweitet: Die indische Marine begreift den Kampf gegen die Seeräuber aus dem Nordosten Afrikas inzwischen als Aufgabe ihrer Küstenwache. Die Kriegsschiffe des Subkontinents verstärkten ihre Präsenz rund um die Lakshadweep-Inseln vor ihrer Küste, nördlich der Malediven. Dort war zuletzt am 5. Dezember ein Schiff gekapert worden, der Frachter Jahad Moni unter der Flagge von Bangladesh.
Die Präsenz der Piraten gerade mal 300 Seemeilen vor der Küste des indischen Subkontinents, aber 1.300 Seemeilen (gut 2.400 Kilometer!) von der Küste Somalias entfernt, macht die Aufgabe der internationalen Seestreitkräfte am Horn von Afrika immer problematischer. Was nützt eine permanente Ausweitung des Operationsgebiets, wenn es schon vorher nicht genügend Schiffe gab, das Riesengebiet zu überwachen?
Der Ort der Kaperung der Jahan Moni bei 08 Grad 12 Minuten Nord, 071 Grad 55 Minuten Ost (größere Karte: OpenStreetMap)
Der indische Ozean reicht im Osten bis Australien, im Süden bis zur Antarktis. Ist das gemeint, wenn sich das Aktionsgebiet der PIraten auf den gesamten Ozean ausgeweitet hat?
Pardon, der Indische Ozean reicht m.W. nicht bis Australien…. sondern bis Indien.
Ich würde in diesem Zusammenhang auch lieber von einem Seegebiet (von bis, oder eingegrenzt durch Koordinaten) sprechen. Gibt es eigentlich Erkenntnisse darüber, ob es tatsächlich somalische Piraten gewesen sind? EUNAVFOR bleibt in seiner Meldung da ja recht unspezifisch. 1300sm Entfernung zum bekannten Stützpunkt sind schon nicht gerade unerheblich für die erneute Bewertung der Fähigkeit.
Es kann in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht oft genug wiederholt werden:
Der Ansatz der Überwachung eines Seegebietes nur mit Schiffen ist ab einer gewissen Größe des Gebietes per se nicht zu erfüllen. Begrenzendes Element ist die Sensorleistung der Schiffe. Sei es ein NavRadar oder ein Seeraumüberwachungsradar. Lücken sind immer vorhanden und eine Konzentrierung der Einheiten auf bestimmte Gebiete mit erhöhtem Schiffsverkehr/Verkehrswege oder u.U. auch Begleitschutz sind vollkommen normal bzw. unstrittig für das Vorgehen. Irgendwie scheint aber die Annahme in den Köpfen festgebrannt zu sein, dass mit ein paar Schiffen im Gebiet alles gut wird und das Problem nicht mehr lange existiert. Alle Task Groups die in irgendeiner Form unter dem Dach von „Maritime Security Operations“ (z.B. TF 150, TF 151, TF152, Operation Ocean Shield, Operation Atalanta…) zur Überwachung beitragen, können das Gebiet nicht lückenfrei überwachen. Selbst unter Verwendung von luftgestützter Aufklärung bleiben immer „Blind Spots“. Jedoch sind diese im Rahmen der Schwerpunktbildung zu vernachlässigen. Trotzdem wird dieser massive Kräfteansatz allein das Problem nicht lösen.
Nehme die Kritik an…
Ging mir im Wesentlichen darum, darzustellen: Jetzt sind es Aktivitäten vor der indischen Küste. Dass es Somalis waren, scheint relativ sicher – gibt ja mittlerweile Meldungen, nach denen der gekaperte Frachter Kurs auf die somalische Küste nimmt.
http://www.bdnews24.com/details.php?id=180958&cid=2
Wenn ich mich da als Schlauberger einmischen darf ;-) Ich glaube, hinsichtlich der Geografie hat Monsieur L recht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Indischer_Ozean
Piratenbekämpfung fand in der Vergangenheit nie auf dem Meer, sondern immer an Land statt, meist indem man die Piratennester zu Land angriff und niederbrannte. Grundsätzlich wird sich das Problem nur dadurch lösen lassen, dass man in Somalia wieder eine Art von Staatlichkeit erreicht.
@T.Wiegold: danke für den Link…
Ich bin in diesem Zusammenhang gespannt, wie die Bundesregierung auf den Entschließungsantrag bezüglich Atalanta antworten wird:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/040/1704067.pdf
Betrachtet man die Positionen der Übergriffe in diesem Jahr (Bspw. die Daten des IMB), kann schon lange nicht mehr von einer Bekämpfung der Piraterie vor der „Küste Somalias“ gesprochen werden. Ich bin gespannt auf die Beantwortung der Forderungen des Antrages auf S.3 Punkt 1.
@NMWC
Der Entschließungsantrag müsste doch zusammen mit dem Mandat vergangene Woche behandelt worden sein? Müsste also im Protokoll stehen…
Übrigens, zur Eingrenzung durch Koordinaten: Das genau ist ja das Problem. Wer hätte vor paar Wochen geglaubt, dass Piraten aus Somalia östlich des 70. Längengrades operieren?
Das ganze Piratentheater wird noch undurchsichtiger: UN official welcomes news of Somali anti-piracy force; questions remain
Da stellt isch jemand eine Privatarmee zusammen und läßt die von Söldneren ausbilden. Aber zu welchem Zweck und in wessen Interesse?
@T.Wiegold: In den Protokollen zu den Sitzungen des Bundestages in der letzten Woche taucht das Thema bei der Tagesordnung nicht auf. Meines Wissens geht das Mandat bis zum 18.12.2010 und sollte somit spätestens nächste Woche Freitag verhandelt werden. Haben Sie andere Informationen?
@b
Ehrlich gesagt gebe ich auf das Argument mit den „Fischern auf der Suche nach einem Ersatzeinkommen“ seit Beginn nicht allzu viel. Die Strasse von Malacca wurde auch nicht nur aus reiner Profitgier „piratisiert“. Betrachtet man das jetzt im Fokus stehende Seegebiet bewerte ich den Pirateriegrund wie folgt:
Küstengewässer bis 12sm; arme Fischer: Ja.
EEZ bis 250sm; arme Fischer: Ja unter Umständen.
Jenseits EEZ; arme Fischer: Nein, anderer Geldgeber bzw. Initiator. Denn wo wandert das ganze Geld denn aus diesen erfolgreichen Kapergeschäft hin?
Sorry for being politically uncorrect….
@NBWC: Bei den Summen um die es hier geht ist doch schon lange davon auszugehen, dass das eher ueber die Schiene organisierte Kriminalitaet geht. Auch wuerde ich vermuten, dass der „arme Fischer“ nicht die logistischen Moeglichkeiten hat, laengerfristig 2400km von der Heimat zu operieren…
@NWMC
Die Abstimmung über die Verlängerung des Atalanta-Mandats war am Donnerstag, 3. Dezember, im Bundestag. Dabei wurde das Mandat verlängert, der Entschließungsantrag der Grünen abgelehnt.
Das Protokoll gibt’s hier: http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/plenarprotokolle/17078.pdf
Die Ablehnung des Grünen-Entschließungsantrags steht auf S. 8635.
Man kann eine Million Polizisten vor alle Häuser stellen und trotzdem brennt gelegentlich ein Haus.
Oder man schickt einen Polizisten der den Brandstifter festnimmt.
Hallo, das ist sicherlich nicht der letzte Angriff auf ein Frachtschiff durch „somalische“ Piraten in diesen Gewässern – mehr noch, auch Sri Lanka müsste sich bereits Sorgen machen bzw. sich darauf einstellen, dass bei günstigen Wind- und Wetterbedingungen vor deren Haustür gefischt werden wird.
Indien modernisiert und erweitert seine Marine erheblich – gilt das auch für die Küstenwache? Oder ist die Trennung dort obsolet? Kann dazu jemand etwas sagen?
@T.Wiegold:
Vielen Dank für den Link. Abendliche Blindheit…Der Wald, die Bäume…zu viel Text…;-)
Ein paar der Fragen wurden ja durchaus debattiert. Die Überzeugung mit den Schiffen wäre die Sache bald erledigt wurde ja auch hier wieder erfolgreich in den Raum gestellt…Manchmal hilft der Blick in die Seekarte, das einzeichnen der verfügbaren Schiffe mit dem Radius ihrer Sensorreichweite und dann hätte ich gerne die Erkenntnisse dieser Strategen…;-)
@ Comalfisou:
D’Accord, mir fällt da aber gerne auch ein weitere Nutzniesser ein. Fängt mit T an…Und genau das ist derzeit der eigentliche Schwerpunkt für Maritime Security Operations (MSO): Counter Terrorism and Security Efforts (Mission TF 150 und TF 152 aber auch OAE). Piraterie ist dabei nur ein Aspekt. Sicherlich sehr schön zu verwenden, weil in aller Munde. Aber mit welchem Kräfteansatz (FFG, DDG, CG) derzeit gegen Piraterie agiert wird, ist ehrlich gesagt komplett am eigentlichen Aufgabensprektrum dieser Schiffe vorbei. Aber wenn nichts anderes in ausreichender Zahl verfügbar ist…
@Sebastian Bruns
Möglicherweise ein interssanter Link zum Thema Coastal Surveillance:
http://www.defenseindustrydaily.com/Sweden-Wins-Coastal-Surveillance-Contract-in-India-06665/
Meines Wissens ist die Trennung weiterhin vorhanden. Allein schon aufgrund der polizeilichen Befugnisse. Allerdings glaube ich vor kurzem etwas zum Thema Modernisierung Coast Guard Indien gelesen zu haben. Werde mal nachschauen…
Nachtrag zum Thema Indian Coast Guard (ICG):
Die ICG gehört organisatorisch zum MoD welches die übergreifende verantwortliche Organisation für Coastal & Maritime Security in Indien ist. Daher kommt vielleicht die für den ersten Blick etwas unklare Trennung zwischen Navy und Coast Guard.
Die Verantwortung der ICG innerhalb der Hoheitsgewässer wurde ausgebaut und das Gebiet der Coastal Police (73Stationen) wurde ebenfalls auf 5sm von der Küste erweitert.
Für die ICG wird seit längerem versucht die Zahl der Helikopter und Maritime Reconnaissance Airplanes zu erhöhen. Dabei bereiten vor allem der indische Beschaffungsprozess (nicht nur wir haben die Befindlichkeiten Führungsstäbe TSK, RÜ und BWB zu ertragen…;-)) sowie die Finanzierung massive Probleme. Einige Anfragen bzgl. 30 Heli und 12 MRA wurden wieder gestrichen. Dies versucht man durch Leasing zu umgehen. Geblieben ist zunächst der geplante Personalaufwuchs der aber min. 2 Jahre brauchen wird.
Die Navy hat seit dieser Woche ihren vierten und letzten Neubau des Vorhabens Naval Offshore Patrol Vessel(NOPV) im Zulauf.
Quelle: Website Indian MoD sowie Informationen aus 3 unterschiedlichen Artikeln in Jane’s Navy International