Tornados auf Standby

Nach mehr als dreeinhalb Jahren hat die Luftwaffe den Einsatz ihrer Recce-Tornados in Afghanistan beendet: die sechs Aufklärungsflugzeuge (die während der Einsatzzeit auch schon mal ausgetauscht wurden) sind heute alle ins Aufklärungsgeschwader 51 Immelmann in Jagel in Schleswig-Holstein zurückgekehrt. 14.000 Ziele aufgeklärt, davon zwei Drittel außerhalb des deutschen Einsatzgebiets im Norden, 50.00 Luftbilder geschossen, gut 8.000 Flugstunden – eine etwas detaillierte Bilanz hat die Luftwaffe veröffentlicht.

Recce-Tornado_Jagel

Die ersten zwei der sechs Recce-Tornados bei der Ankunft auf dem Fliegerhorst Jagel

Ein klein wenig trickreich schob Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg das Ende des deutschen Tornado-Einsatzes am Hindukusch auf die neue NATO-Strategie – beim Ziel, mehr am Boden für die Ausbildung der afghanischen Armee zu tun, und angesichts der Obergrenze von 5.000 Soldaten für den ISAF-Einsatz sei eben die Entscheidung gefallen, auf die bemannte Aufklärung zu verzichten. Das ist einerseits richtig, andererseits bringen die rund 90 Posten von Piloten, Waffensystemoffizieren und Technikern nicht so arg viel Entlastung für eine Aufstockung der Ausbildungs- und Schutzbataillone. Zu der Geschichte gehört halt auch, dass ISAF-Kommandeur David Petraeus die deutschen Kampfjets aus simplem Grund für verzichtbar hielt: Sie dürfen nach dem Bundestagsmandat nur fotografieren – aber nicht mit Waffen eingreifen und Truppen am Boden unterstützen. Allein zur Aufklärung gibt es jedoch inzwischen zahlreiche unbemannte Fluggeräte am Hindukusch, auch bei den Deutschen mit den Heron-Drohnen zusätzliche Möglichkeiten für Luftbilder.

Deshalb ist auch die Aussage des Ministers, die Recce-Tornados seien weiterhin als ISAF-Reserve eingeplant und stünden bei Bedarf wieder zur Verfügung, mit Vorsicht zu sehen: Mehr als wahrscheinlich ist, dass die internationale Schutztruppe am Hindukusch die Flugzeuge nur dann erneut anfordert, wenn sie auch als fliegendes Waffensystem zur Verfügung stehen, und sei es nur mit der Bordkanone. Doch für einen solchen Close Air Support wäre auf jeden Fall ein neues Bundestagsmandat erforderlich – und die Zustimmung dazu derzeit recht unwahrscheinlich. Das weiß natürlich auch Luftwaffeninspekteur Aarne Kreuzinger-Janik, der heute der FAZ im Interview sagte: Im Falle einer Lageverschlechterung kann die NATO nach entsprechendem Parlamentsbeschluss auf die deutschen Recce-Tornados als schnell verfügbare Reserve für den ISAF-Einsatz zurückgreifen. Darüber hinaus kann – sollte es die Lage erfordern und der Bundestag das Mandat erteilen – die Durchsetzungsfähigkeit von ISAF und afghanischen Kräften mittels Luftnahunterstützung erheblich verbessert werden.

Auszüge aus der Ansprache des Ministers beim Rückkehrappell in Jagel:

(Der Direktlink für iPad/iPhone: http://audioboo.fm/boos/227936-guttenberg-ag51-30-11-2010)

Ein interessanter anderer Aspekt noch aus der Ansprache des Luftwaffeninspekteurs: Die Gefahr nachlassender Ausbildungs- und damit Pilotenqualität, wenn es bei den abgesenkten Flugstunden bleibt. Das muss man demnächst mal im Auge behalten:

Auch hier der Direktlink: http://audioboo.fm/boos/227940-inspekteur-luftwaffe-ag-51-30-11-2010)