RC N Watch Update: Doch nicht durch die Dingo-Tür
Nach dem Selbstmordanschlag auf deutsche Soldaten am 7. Oktober, bei dem ein Fallschirmjäger fiel, hatte eine Meldung der Bundeswehr aufgeschreckt: Stahlkugeln aus der Sprengladung, so hieß es, hätten die Türen gepanzerter Dingo-Fahrzeuge durchschlagen.
Soeben kommt vom Verteidigungsministerium die Nachricht, dass das so nicht stimmt:
Inhaltliche Korrektur zu Pressegespräch im BMVg am 08.10.2010:
Ergänzende Information zu Materialschäden beim Selbstmordanschlag
auf deutsche ISAF Kräfte am 7. Oktober 2010 in Nordafghanistan:Panzerung des geschützten Fahrzeuges DINGO durch den Sprengsatz nicht
durchschlagenAm Donnerstag, 7. Oktober 2010, wurden deutsche ISAF Kräfte in der Provinz
Baghlan Ziel eines Selbstmordattentäters. Bei dem Sprengstoffanschlag ist
ein deutscher Soldat gefallen und vierzehn weitere deutsche ISAF Soldaten
wurden verwundet.Entgegen erster Meldungen vom Anschlagsort hat die weitere
Schadensaufnahme an den getroffenen Allschutztransportfahrzeugen am
Wochenende durch das Einsatzkontingent ergeben, dass die Panzerung der
DINGOs nicht durchschlagen wurde.Unter den Eindrücken der Gefechtssituation am Donnerstag konnte auf den
ersten Blick der Eindruck entstehen, dass die Stahlkugeln des Sprengsatzes
die Panzerung an Türen und Fenstern durchschlagen hätten.
Wer macht denn hier eine unwahre dienstliche Meldung? Durch oder nicht durch? Rudert man zurück um eine mögliche Schwachstelle zu vertuschen?
Die technischen Erklärungen von Bang50 im ersten Artikel zum Dingo waren schon einleuchtend. Ich möchte diese nochmal praktisch ergänzen. Beim Belehrungssprengen in der Pioniertruppe hatten wir mal ein Stück Leitplane 2-3m neben ein altes Panzerwrack (Hotchkiss oder HS 30, kann mich nicht genau erinnern) aufgebaut. An die Leitplanke dann 5kg PETN rangeklatscht und notdürftig mit Holzbrett und Draht „verdämmt“. Das Ergebnis war ein rausgerissenes Stück aus der Leitplanke und ein ziemlich durchlöcherter Panzer an der linken Wannenseite. Da sind einige Schrapnelle der Leitplanke glatt durchgegangen. Nun ist ein alter Hotchkiss kein Dingo, aber eine Leitplanke auch keine Kugellagersalve. Also, möglich wäre das aus meiner Sicht schon. Wenn´s nicht so war, umso besser.
Wie kommt es zu so erheblichen Diskrepanzen zwischen O-Ton und der jetzigen „Ergänzenden Information“?
Das nährt doch nur weiteres Spekulieren. Waren denn nun die Soldaten im Fahrzeug oder außerhalb?
@ McKenzie | 11. Oktober 2010 – 13:06
Gedankenspiele, wie Bang50 sie vorgenommen hat, sind interessant, beruhen aber auf so vielen Unbekannten und freien Annahmen, dass man daraus nur lediglich ableiten kann: Könnte möglich sein. Wobei ja einige Annahmen auch sehr ambitioniert sind (z.B. V 0 der angenommenen 5 g Kugeln von 2000m/s). Aber in Modellannahmen ist so was durchaus mal zulässig. Dazu wurde ja auch überhaupt nicht durchdekliniert, wie eine moderne Panzerung funktioniert, was man öffentlich auch nicht unbedingt machen muss. Schließlich muss man den Bombenbastlern der Taliban nicht alles frei Haus liefern.
Viel interessanter finde ich allerdings die Frage nach der Kommunikationspolitik der Bundeswehr.
Warum stellt man sich zuerst hin, und verkündet ein Materialdefizit, um es anschließend Tage später zu dementieren?
Der Verdacht nach hausinternen Grabenkämpfen verhärtet sich da, wenn man nicht totale kommunikative Unfähigkeit unterstellen will.
Unabhängig von der Frage, was nun wahr ist, führt sich die BW- Kommunikation gerade nicht übermäßig professionell auf.
Was ist die Ursache dafür?
Ja, genau, Verschwörungstheorien…
Einfach mal davon ausgehen, dass Meldungen aus Gefechten nicht sofort hundertprozentig alle Fragen abklären können. Erstmeldungen können dann halt mal lückenhaft sein.
Es wurden keine Soldaten im Fahrzeug verletzt, Punkt, von Vertuschung keine Spur.
Ich halte das Geschehen für uns für unbeurteilbar. Wir wissen doch fast gar nichts über die Menge und die Art des Kampfmittels, welches benutzt wurde. Und was der Dingo in Wirklichkeit aus welchem Winkel abkann ist auch nicht veröffentlicht, wenn ich mich nicht irre. Es gibt mit Sicherheit die Möglichkeit einen Dingo zu knacken. Aber ist überhaupt schonmal einer in einem durch IED gestorben? Ich kann mich nicht dran erinnern.
Laut
http://icasualties.org/OEF/Nationality.aspx?hndQry=Germany
sollen bisher vier Soldaten der Bundeswehr durch IED gefallen sein.
Im übrigen muss ich Oberfeldwebel zustimmen: Ausrüstung (sei sie noch so gut) die nicht im ausreichenden Umfang vorhanden ist (Operationen und „train as you fight“) hilft nicht.
Halt! Ich meinte, ob jemand, während er sich in einem Dingo befand, durch eine IED getötet wurde! Ich kann mich nciht dran erinnern.
Ist der Dingo nicht das Fahrzeug das in der alten Variante Dingo 1 mit sage und schreibe vier Stück im im GÜZ vorhanden ist?
Schneller mehr einsatztaugliche Ausrüstung und keine ABM für verstaubte und desorientierte Industrieunternehmen!
Außerdem sollte das Heer bevorzugt werden. Was immer noch für die Luftwaffe „investiert“ wird ist nicht mehr feierlich.
Sehr interessant. Beweist es doch das die Kugeln wesentlich langsamer geflogen sind als gedacht. Gut für die Besatzung.
@Sun Tzu
Vereinfachungen sind in Modellrechnungen immer von nöten (selbst in den sehr genauen Modellen ;-)
Wie Sie richtig erkannt haben sind die Unbekannten zu viele gewesen. (Als Überschlagsrechnung um zu zeigen das Kugeln theoretisch durch die hohen Gasgeschwindigkeiten der Explosivstoffe durchschlagen könnten, taugt es noch) Sind wir am besten froh das den Taliban eine konstruktive Lösung noch nicht eingefallen ist, die mir gerade im Kopf schwebt. Aber genung davon.
Ich habe mich noch nie so gefreut daneben zu liegen ;-) yes!! Hehe so einfach ist es eben doch nicht AMAP-B Platten zu knacken *zufrieden grins*
Bleibt nur zu hoffen, dass der Gegner nicht nachziehen kann.
Ein Fallschirmjäger (Kundus Sommer 2008) meinte, dass schon damals damit gerechnet wurde, dass erheblich kräftigere Waffen der RPG-Familie, Derivate oder Modifikationen vorhanden wären.
Falls jemand Näheres darüber weiß, wäre das ganz interessant.