Pakistan vs. ISAF

Die Situation ist verworren, die Folgen noch unklar, aber möglicherweise dramatisch: Pakistan hat den wichtigsten Nachschubweg für die ISAF-Truppen in Afghanistan dicht gemacht, nachdem ISAF-Hubschrauber – lies: US-Helikopter – bei einem Einsatz im Grenzgebiet pakistanische Grenztruppen beschossen und drei Soldaten getötet haben sollen. (In Kommentaren zu einem anderen Eintrag hier im Blog wurde schon darauf hingewiesen.)

Die Meldungen der internationalen Agenturen sind weitgehend identisch (hier Reuters, hier AFP). Was den Zorn der Pakistanis erklärt: es handelt sich um den dritten Zwischenfall dieser Art innerhalb kurzer Zeit (AFP spricht sogar vom vierten grenzüberschreitenden Zwischenfall in einer Woche). Angesichts der Tatsache, dass die Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan nicht nur völkerrechtlich umstritten, sondern in dem gebirgigen Gelände de facto nicht existent ist (zumal Stammesangehörige in ihrem Siedlungsgebiet diese so genannte Durand Line ohnehin nicht als Grenze betrachten), ist es eigentlich erstaunlich, dass nicht schon vorher viel mehr solcher Zwischenfälle passiert sind.

Das aktuelle Problem für die NATO als Mutterorganisation von ISAF ist der blockierte Nachschubweg. Nach wie vor kommen die meisten Lieferungen über zwei Hauptrouten via Pakistan nach Afghanistan – und nur ein geringer Teil über die Nordroute via Usbekistan oder Tadschikistan. Von der Eisenbahnverbindung vom Grenzort Hairatan nach Masar-i-Scharif machen überwiegend die US-Truppen Gebrauch. Und die Bundeswehr, für die der damalige Kanzler Gerhard Schröder schon 2004 mit dem damaligen russischen Präsidenten Nachschub-Transporte via Eisenbahn an den Hindukusch aushandelte? Die haben im vergangenen Jahr einen Testzug losgeschickt. Und dann noch zwei weitere. Eine nutzbare Nachschubverbindung ist das bislang nicht.

Die Haltung der Pakistanis hat deshalb strategische Bedeutung. Und die Frage wird sein, wie schnell ISAF diesen Zwischenfall klärt. Und wie die internationalen Truppen im Grenzgebiet künftig agieren.

Übrigens, schon bisher ist der Nachschub via Pakistan nicht unproblematisch für die ISAF-Truppen – immer wieder gehen ganze Nachschubkonvois in Flammen auf:

Fire fighters stand silhouetted against vehicles, which were carrying supplies to foreign forces in Afghanistan, after they were set ablaze in Sangjani, located in the outskirts of Pakistan's capital Islamabad early morning June 9, 2010. Suspected militants attacked and set fire to a convoy of about 50 tankers and containers carrying supplies for NATO forces, killing at least six, local media reported police saying.  REUTERS/Adrees Latif (PAKISTAN - Tags: POLITICS CIVIL UNREST CRIME LAW)

Fire fighters stand silhouetted against vehicles, which were carrying supplies to foreign forces in Afghanistan, after they were set ablaze in Sangjani, located in the outskirts of Pakistan’s capital Islamabad early morning June 9, 2010. Suspected militants attacked and set fire to a convoy of about 50 tankers and containers carrying supplies for NATO forces, killing at least six, local media reported police saying. REUTERS/Adrees Latif via picapp