RC N Watch: Toter bei Protesten gegen Koran-Verbrennung
Die angekündigte, umstrittene (und möglicherweise gar nicht stattfindende) demonstrative Verbrennung des Korans hat auch in Afghanistan zu heftigen Protesten geführt, bei denen vor dem deutschen Camp in Faisabad ein Mensch ums Leben gekommen sein soll.
Die Details sind noch relativ unklar, nach deutschen Angaben war die Bundeswehr offensichtlich nicht an den Auseinandersetzungen beteiligt. Allerdings berichtet der britische Guardian unter Berufung auf offizielle Quellen, dass NATO-Truppen das Feuer eröffnet hätten. Als Wachsoldaten rund um das Provincial Reconstruction Team Faisabad sind Soldaten aus der Mongolei eingesetzt.
Nachtrag zur Erläuterung: Weder von ISAF- noch von Bundeswehr-Seite gibt es bislang die Bestätigung, dass es in Faisabad am PRT überhaupt einen Toten gegeben hat. Allerdings dürfte es für die Stimmungslage ausreichen, dass ein afghanischer Offizieller das gegenüber den Medien so darstellt, wie oben verlinkt gegenüber dem Guardian...
Der Ordnung halber noch ein verspäteter Nachtrag vom Samstag: In der Nacht von Freitag auf Samstag gab es erstmals seit längerem einen Raketenangriff auf das PRT Faisabad. Und die Rakete schlug mitten im Lager ein.
Die völlig unverantwortliche Ankündigung dieser amerikanischen Kleinstkirche kann m.E. in dieser Hinsicht nicht alleine betrachtet werden, sondern wahrscheinlich im Zusammenhang mit einer Preisverleihung an den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard in Postsdam gesehen werden, bei der unsere Bundeskanzlerin eine Verteidigungsrede für die Pressefreiheit hielt. Diese für sich genommen, mag richtig und notwendig sein. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Ankündigung aus den USA ist sie allerdings Öl ins Feuer. Zumindest die Soldaten hier in AFG hätten das nicht gebraucht. http://www.tagesschau.de/inland/merkelwestergaard100.html
@jabiroma – „Zumindest die Soldaten hier in AFG hätten das nicht gebraucht. “
Am rechten Rand Wählerstimmen zu fischen ist für Merkel offensichtlich wichtiger als die Lage der Soldaten in Afghanistan. Damit muss sich die Truppe wohl abfinden.
@b
Wenn die Bundesregierung auf ihren zumindest verbal aufrecherhaltenen und von den Aufständischen als provokativ empfundenen Anspruch auf Durchsetzung des ISAF-Mandates verzichten würde, könnte die Situation in Afghanistan bestimmt noch weiter entschärft werden als mit einem bloßen Verzicht auf Bekräftigung von Grundrechten deutscher und europäischer Bürger, wie Sie ihn fordern.
P.S. Davon abgesehen war der Auftritt von Frau Merkel mit Herrn Westergaard natürlich nur Show. Was Frau Merkel und ihre Clique von freier Meinungsäußerung halten, hat man ja in anderem Zusammenhang sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Es wäre ehrlicher von Frau Merkel gewesen, auf diese Show zu verzichten.
@b:
„b“s Meinung zu Frau Merkel „am rechten Rand Wählerstimmen zu fischen“ gehört ins Reich billigster Unterstellungen und politischer Kampffloskeln . Frau Merkel kritisiert Sarazzin, Frau Steinbach verliert an Einfluss, „b“ scheint all dies nicht mitzubekommen.
Die Vorgänge in Feyzabad sind wirklich bemerkenswert, wenn sie sich bewahrheiten. Kentooz (ANP Provinzchef) und der Gouverneur scheinen gem. SPON ja schon die Gegebenheit bestätigt zu haben.
@jugendoffizier
Es gab ja schon 2006 einen Versuch aufgehetzter Afghanen das PRT Meymana zu stürmen.
Ich hätt‘ da mal die Bitte, dass wir nicht auf einmal bei einer Merkel-Sarrazin-Debatte oder ähnlichem landen…
Im Moment fände ich es interessanter zu wissen, was tatsächlich in Faisabad passiert ist. Vielleicht gibt’s ja im Laufe des Wochenendes Klarheit. (Links dazu, die in den Fakten über das hier schon gepostete hinausgehen, gerne in den Kommentaren!)
Wobei ja auch damals schon die „Spontanität“ der (Macht-)Demonstration angezweifelt wurde.
Gerade in Faisabad scheint der Abzug des deutschen PRTs nicht gewünscht zu sein (und der örtliche Warlord verdient ja auch ganz gut daran, dass er den Sicherheitsdienst für das PRT stellt). Und eine kleine Demo um rauszukehren dass die Provinz nicht ruhig ist und die Zustimmung zur ISAF keine Selbstverständlichkeit, ist da wohl das Mittel der Wahl um eine Auflösung des lukrativen PRTs zu verhindern.
In den Berichten gab es mal keine Hinweise darauf, dass Schusswaffen oder gar RPGs eingesetzt wurden. Es gab keine Ausrufe gegen Deutschland oder die deutschen Soldaten. Selbst die Angreifer, die versuchten die Zäune zu überklettern, scheinen nur eine jugendliche Minderheit gewesen zu sein.
Also eine recht große, aber letztlich auch harmlose Machtdemonstration, perfekt auf die innerdeutsche Koran-Debatte abgestimmt. In Faisabad kommen glaub nicht soviele Kandidaten in Frage, die einflussreich genug sind soetwas anzetteln zu können. Und bei einigen tausend Demonstraten sollte es ja auch nicht schwer fallen, ein paar afuzutreiben und zu befragen was da los war.
Zum Abschluss noch ein kurzer Hinweis auf einen Artikel in der Asia Times zur Vernetzung von NATO und Warlords:
„In der Provinz Badakhshan hat laut NYU-Bericht der General Nazri Mahmed, ein Kriegsherr dem man nachsagt ‚einen wesentlichen Teil der lukrativen Opium-Industrie der Provinz zu kontrollieren‘, den Vertrag, die Sicherheitskräfte für das Deutsche PRT zu stellen.“
Den Bericht von Gareth Porter darüber, wo die NATO welchen Warlord zur Lager-Sicherung anheuert hat’s sogar auf deutsch auf hintergrund.de.