Das Peter-Struck-Buch (1): Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt
Peter Struck war lange Jahre Vorsitzender der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag – und von 2002 bis 2005 Verteidigungsminister. Am (heutigen) Freitag stellt er seine politische Biographie, das Buch So läuft das vor – in dem seine Zeit an der Spitze des Wehr-Ressorts eine wichtige Rolle spielt.
Mit freundlicher Erlaubnis des Propyläen-Verlags (einer der Ullstein-Buchverlage) veröffentlicht Augen geradeaus! Auszüge aus dem Buch:
Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt
Die Antwort auf Helmut Schmidts Frage, was deutsche Soldaten in dem 7000 Kilometer entfernten, uns so fremden Land sollten, beantwortete ich im Februar 2003, als der FAZ-Korrespondent Karl Feldmeyer mich auf einer Pressekonferenz fragte, ob die Neuausrichtung der Bundeswehr gerade vor dem Hintergrund des Afghanistan-Ein- satzes durch den Grundgesetzartikel 87a noch gedeckt sei oder ob ich eine Grundgesetzänderung plane. »Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt«, lautete meine knappe Antwort.
Peter Struck begrüßt bei seinem ersten Besuch im PRT Kundus die (örtlichen) Wachen. Das PRT war zunächst in der Innenstadt von Kundus untergebracht.
Dieser Satz, spontan auf einer Pressekonferenz zum Umbau der Bundeswehr formuliert, ist seitdem an mir hängen geblieben. Für die einen war er die pure Provokation, für die anderen eine Selbstverständlichkeit und die griffige Umschreibung der veränderten Sicherheitsbedürfnisse. Für mich war und ist er nicht mehr und nicht weniger als die Antwort auf die neue Bedrohung, die von Afghanistan ausging. Die Debatte, wie sie in Deutschland geführt wurde und noch immer geführt wird, ist teilweise auf fahrlässige Art losgelöst von den Ursachen, die das Afghanistan-Engagement des Westens erfordert haben.
Die Taliban hatten ihren Staat zerstört und Al Qaida Zuflucht für die Terroristenausbildung geboten. Von Afghanistan aus planten selbsternannte Gotteskrieger zerstörerische Angriffe auf die westliche Welt. In vielen Staaten kam es jenseits des spektakulärsten Angriffs vom 11. September zu furchtbaren Attentaten. Dass Deutschland davon bislang verschont geblieben ist, war – wie wir spätestens seit den gescheiterten Kofferbombenattentaten in Köln und Dortmund wissen – dem Glück und der hervorragenden Arbeit unseres Sicherheitsapparats zu danken. Eine Garantie auf Unversehrtheit ist das allerdings nicht.
Ich bin der tiefen Überzeugung, dass es dem Westen gelingen muss, den Terror im afghanischen Raum und in der pakistanischen Nachbarregion zu zerschlagen. Eine Niederlage würde für den islamistischen Terrorismus der Beweis dafür sein, die westlichen Staaten und deren Verteidigungsbündnis in die Knie gezwungen zu haben, und ihn zu weiteren Aktivitäten ermuntern. Jeder, der leichthin
davon spricht, dass die Bundeswehr sich schnellstens zurückziehen müsse, sollte wissen, dass dies genau das Ziel der Terroristen ist. Sie würden diesen Rückzug nicht als humanitären Erfolg für die Menschen in Afghanistan sehen, sondern als Sieg in einer Auseinandersetzung, die für sie ein Krieg sowohl gegen das afghanische Volk als auch gegen die westlichen Truppen ist.
Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus ist der gesamte Westen in eine asymmetrische Bedrohung geraten. Asymmetrisch deshalb, weil Ländern wie den USA, Frankreich, Spanien oder Deutschland nicht gegnerische Staaten, sondern ein Netzwerk von internationalen Terroristen gegenübersteht, das sich an keine Regel und an keine UN-Vorgaben gebunden fühlt.
Immer öfter ist es beispielsweise vorgekommen, dass vor allem bei US-Angriffen auf die Taliban im Süden des Landes Zivilisten, Frauen und Kinder verletzt oder getötet wurden. Jede dieser Meldungen hat in Afghanistan, aber auch bei uns im Westen den Hass auf die amerikanische Kampfführung vergrößert. Dass Taliban und Al Qaida aber ganz bewusst Zivilisten als Geisel in ihre Stellungen genommen oder ihre Angriffsstellungen mit Hochzeitsgesellschaften umgeben haben, wurde nicht wahrgenommen oder aber verdrängt.
Die Terroristen wissen genau, dass die Akzeptanz der Angriffe in den westlichen Gesellschaften mit jedem zivilen Opfer geringer wird. Deswegen zwingen sie Zivilisten, sich um sie zu gruppieren. Das ist eine neue terroristische Qualität und die Umkehrung der Werte. War es bislang so, dass sich Terroristen bei ihrem Vorgehen mit mensch- lichen Schutzschilden umgaben, um das eigene Leben zu retten, so benutzt diese Generation der zu »Märtyrern« erzogenen Kämpfer Menschen bewusst dazu, mit ihnen ins Verderben gerissen zu werden. So wie für sie das eigene Leben im Kampf gegen die westlichen Demokratien nichts gilt, gilt ihnen auch das Leben ihrer Opfer nichts. Eine teuflische Kriegführung, bei der die Verantwortlichen der Terrornetzwerke zudem darauf setzen können, dass es ein schier unerschöpfliches Reservoir zum Sterben bereiter »Märtyrer« gibt. Wer sich einmal mit der Rekrutierung der Al-Qaida-Kämpfer beschäftigt hat, der gewinnt den Eindruck, dass für viele Islamisten in den arabischen Staaten dieser Einsatz als eine befreiende Selbstverständlichkeit gesehen wird.
Im Übrigen war und ist es nicht so, dass diesen Terroristen nicht nur das Leben der verhassten Ungläubigen des Westens nichts gilt. Mit dem Leben der eigenen Glaubens- genossen gehen sie mindestens genauso zynisch um. Bei ihren Attentaten sind bislang weit mehr Muslime als westliche Opfer umgekommen.
Für mich war also sehr früh klar, dass es dem Westen gelingen musste, die Terrorszene in Afghanistan und in den pakistanischen Grenzgebieten so zu schwächen, dass sie nicht wieder in die Lage kommen konnte, aus Afghanistan heraus Terror zu exportieren. Insofern war es für mich überhaupt keine Frage, dass der Bundeswehreinsatz in Kabul zur Verteidigung der freiheitlichen Demokratien und damit auch zur Verteidigung Deutschlands notwendig war.
Als ich diese Meinung aussprach, wusste ich natürlich, dass das ein Tabubruch im Verteidigungsverständnis der Bundesrepublik Deutschland war. Aber ich wusste auch, dass es angesichts der neuen Gefährdungen keine Beschränkung auf die klassische Territorialverteidigung mehr geben konnte.
Das galt in meinem Verständnis keineswegs nur für Afghanistan. »Das Einsatzgebiet der Bundeswehr«, so lautete meine nächste provokante These, »ist die ganze Welt.«
Das heißt nicht, dass wir jeder Bitte der UN nach militärischer Hilfe nachgeben müssen. Aber es bedeutet, dass es Regionen in der Welt gibt, für die wir gemeinsam mit den Europäern eine besondere Verantwortung haben. So halte ich es für einen Skandal, dass die Weltgemeinschaft dem Morden im Sudan seit Jahren nahezu tatenlos zusieht.
Als Verteidigungsminister bin ich von Menschenrechtsgruppen und von Teilen der Grünen immer wieder gedrängt worden, die Augen davor nicht zu verschließen. Aber ich wusste, dass es für einen so massiven, nur durch Kampftruppen zu führenden Einsatz in Deutschland keine Mehrheit geben würde. Darüber hinaus wäre er nur im NATO- oder EU-Verbund möglich gewesen, und bei unseren Partnern wäre er ebenso wenig durchsetzbar gewesen wie bei uns. Ich finde es jedoch vielsagend, dass die Bitte um Überprüfung militärischer Hilfe seinerzeit von gesellschaftlichen Gruppen an mich herangetragen wurde, die später wieder scheinheilig vor einer Rückkehr militärischer Optionen in die Politik warnten.
Die CDU/CSU, die zu großen Teilen meiner Interpretation der Landesverteidigung folgte, versuchte gleichzeitig die Debatte zu nutzen, um die Einsatzmöglichkeiten der Bun- deswehr im Innern auszuweiten. Plump setzte sie dem Satz von der Verteidigung am Hindukusch die Forderung entgegen: »Deutschland wird auch in Hindelang verteidigt.« Das war das durchsichtige Unterfangen, die Bundeswehr mit polizeilichen Aufgaben im Inland auszustatten – eine gebetsmühlenartig vorgebrachte Forderung der Konser- vativen, für die es im Bundestag zu keiner Zeit eine nötige Mehrheit gab und auch heute nicht gibt.
Da frage ich mich doch: warum hat er dann nicht das Grundgesetz ändern lassen und Klarheit geschaffen? Mal eine Grundsatzdiskussion geführt über diese in seinen Augen richtige Meinung? Und warum hat er es nötig, rein polemisch zu argumentieren („Jeder, der leichthin davon spricht, dass die Bundeswehr sich schnellstens zurückziehen müsse, sollte wissen, dass dies genau das Ziel der Terroristen ist.“), so dass man nicht mehr diskutieren will?
Überzeugt mich nicht, der Abschnitt.
Überzeugt micht nicht diese Passage !
Es ist wie mit den pensionierten Generälen. Mutig werden sie erst, wenn sie nicht mehr in der Verantwortung stehen.
Diese Thesen in einem Leitartikel einer großen deutschen Tageszeitung zu seiner Amtszeit mit breiter sicherheitspolitischer Diskussion zur Vorbereitung des Weissbuches 2006. Das wäre es gewesen !
Dagegen Bekenntnisse, wenn es keine Wählerstimmen mehr zu verlieren gibt, zeugt nicht von Zivilcourage !
Auf diese sicherheitspolitische Diskussion wart ich ja immer noch.
Bisher haben die Verteidigungsminister da immer nur Schlagworte geliefert („Deutschland wird am auch Hindukusch verteidigt“, bzw. „Umgangssprachlich kann man das Krieg nennen“), und die Diskussion verlief dann immer an den Anforderungen in Afghanistan vorbei. Unter Struck war das die OEF-/ISAF-Trennung, und unter Guttenberg sind’s die armen notleidenden Soldaten.
Besonders auffallend ist in diesem Zusammenhang das Schweigen der jeweiligen Kanzler, die in meinen Augen deutlich stärker in der Pflicht stehen als die Minister. Gerade unter Frau Merkel hat sich da nichts getan, und wenn man sie derzeit zum Thema Bundeswehr oder Afghanistan befragt gibt es immer noch keine klare Antwort, von Eigeninitative ganz zu schweigen.
Herrn Struck kann man immerhin zu gute halten, dass er aus seinen Ansichten keinen Hehl gemacht hat, es eine bis dahin nicht vorstellbare Bundeswehr Reform gab, und Deutschland seine Verantwortung auf das RC Nord ausdehnte.
Ob das „viel“ ist wird sich zeigen müssen, mir persönlich hätten die Anstrengungen ruhig weiter gehen können (sowohl was die Verschlankung der Bundeswehr, als auch den Umfang des Afghanistan-Engagements angeht). Aber es ist mehr als andere Verteidigungsminister bisher geleistet haben, und das sollte man auch anerkennen.
Gerade was strategische Konzepte wie Stabilisierungseinsätze generell oder die Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit im speziellen angeht scheint die Zeit danach stehen geblieben zu sein. Und mit dem Dreiergespann Westerwelle-Guttenberg-Niebel sieht die Aussicht auf eine kohärente deutsche Außen- und Sicherheitspolitik derzeit ja nicht besonders rosig aus…
@etg
Wie genau sollte denn das GG geändert werden? Welche(r) Artikel? Warum? Warum halten Sie die zitierte Aussage für polemisch? Der Zweck des Krieges ist, “ […] dem Feinde unseren Willen aufzudringen […] “ Was sonst könnte der Wille einer Kriegspartei sein, die keine Aussicht hat die Kräfte des Gegners militärisch zu vernichten, als dessen politischen Willen zur Kriegführung zu vernichten?
@Georg
Genauso funktioniert das politische System einer Demokratie. Ideenwettbewerb um Wählerstimmen. Wenn man also etwas kritisieren will, dann ist es die sicherheitspolitische Kultur in der BRD, die dazu führte, dass die richtigen Ideen nicht geäußert werden können, ohne eine pseudomoralische Debatte vom Zaun zu brechen.
@ Georg
Bei den Generälen liegt der Grund auf der Hand.
War das Paragraph 50 Soldatengesetz? Sofortige Abberufung eines Generals durch die Legislative ohne Gründe.
Bei den Generälen ist es der § 50 SG, bei den Politikern sind es die Wählerstimmen, also Machtverlust. Natürlich sind die Prinzipien klar, aber kann man einen Krieg in AFG so nebenbei gegen den Willen der Bevölkerung führen ?
Wenn es um einen Ideenwettbewerb um Wählerstimmen gehen würde, wäre die Bw schon längst raus aus dem ISAF-Einsatz. Selbst in der bisher größten sicherheitspolitschen Debatte der Bundesrepublik Deutschland, dem Nato-Nachrüstungsbeschluss, Anfang der 80er, gab es in der Bevölkerung prozentual immer noch mehr Befürworter der Nachrüstung, wie es jetzt Befürworter unseres AFG-Einsatzes gibt.
Außerdem ist die Bevölkerung in der Kommunikation unseres Engagement in AFG genauso desinformiert worden, wie jetzt in der Atom-Laufzeitverlängerungskampagne (Vertrag mit Atomlobby statt reviedierbares Gesetz des Bundestages).
Im Petersberger Abkommen 2001 hat Deutschland zugestimmt, dass AFG eine islamische Republik mit der Scharia als Rechtsordnung wird.
Anschließend hat man jahrelang erzählt, dass es um den Aufbau eines demokratischen Gemeinwesen gehe, mit Achtung von Frauenrechte und so weiter und so fort.
Niemand hat bisher gesagt, dass es darum geht in dieser Region der Welt eine westliche Vorherrschaft gegen andere Weltmächte, wie China, Indien, Iran usw aufzubauen. Alle der genannten Staaten wollen in dieser Region eine sicherheitspolitische Rolle spielen, mit entsprechenden wirtschatlichen Vorteilen. Rohstoffe im Land und sicheres Transitland für Rohstoffe aus den zentralasiatischen Staaten.
Der Bevölkerung will man verkaufen, dass es um unsere Sicherheit gehe, dass dort keine islamischen Terroristen mehr ausgebildet werden. Hat schon jemand nachgeforscht, wann der Ausbildungsaufenthalt in so einem Terrorcamp Straftatbestand in Deutschland wurde ? Nach meiner Erinnerung war das erst ca. 2006, 2007 also mindestens 5 Jahre nach Beginn des ISAF-Einsatzes.
Ich erwarte von den Politikern verständliche, nachvollziehbare Begründungen für diesen Einsatz und keine marktgängige Floskeln, wie Deutschland werde auch am Hindukusch verteidigt. Am Hindukusch könnte die Welt untergehen und es hätte trotzdem nur marginale Auswirkungen auf die Sicherheit und die Wirtschaft Deutschlands. Kabul und Kandahar haben nicht die Bedeutung wie die Wall-Street für die Weltwirtschaft !
@Georg
„Am Hindukusch könnte die Welt untergehen und es hätte trotzdem nur marginale Auswirkungen auf die Sicherheit und die Wirtschaft Deutschlands.“
So ist es! Ich finde vor diesem Hintergrund aber Ihren Verweis auf die angeblich wirtschaftspolitische Motivation des Einsatzes widersprüchlich. Wenn es in Zentralasien relevante wirtschaftliche Interessen Deutschlands gäbe, würde das immerhin eine strategische Begründung für den Einsatz darstellen. Es ist aber, wie Sie sagen: Die deutschen Interessen dort sind allenfalls marginal.
Das ist, mal wieder, zu kurz gedacht. ;)
Das fängt damit an, dass ein Deutschland, das Massacker an Tausenden zuläßt, seine moralische Glaubwürdigkeit beschädigt. Als wäre der Verlust dieses außenpolitischen Werkzeugs nicht schlimmt genug, unterstützt man so auch noch die Kräfte, die gegen ein humanistisches Weltbild als „Werkzeug wirtschaftlicher Ausbeutung“ agitieren. Neudeutsch heißt diese Treue gegenüber dem eigenen Gewissen wohl „Authenzität“.
Damit wäre man dann auch fast schon beim zweiten Punkt: Systeme kollektiver Sicherheit. Wenn man es mit diesen ernst meint und sie als Teil des eigenen Sicherheitskonzepts wahrnimmt – und das tun in Deutschland angeblich alle Parteien und der Großteil der Bevölkerung – dann muss man auch in den sauren Apfel beißen und sich für die Sicherheitsinteressen anderer Einsetzen, weil man eben genau das auch bei eigenen Problemen erwartet. Das nennt man dann wohl Solidarität.
(Da wäre dann noch der Punkt der Absetzung der Taliban durch die NATO als Folge der Feststellung des Verteidigungsfalls etc. In dieser Hinsicht findet in Afghanistan gerade die Konfliktachbereitung eines NATO-geführten Krieges mit deutscher Beteiligung statt. Das nennt der Volksmund dann wohl „Wer A sagt muss auch B sagen“, oder „zu seinen Handlungen stehen“.)
Da könnte man dann auch anführen, dass gerade wirtschaftliche Solidarität keine Einbahnstraße ist. Die Wirtschaftshilfen für Europa nach dem 2. Weltkrieg waren wohl einer der genialsten Schachzüge amerikanischen Außenpolitik (und wohl auch einer der wenigen nachhaltig erfolgreichen): Friedliches Europa, positiv gestimmter Absatzmarkt, zuverlässiger und mächtiger Militärpartner. Vom Entwickeln solcher langfristiger strategischer Überlegungen zum gegenseitigem Vorteil ist Deutschland (und auch Europa) wohl noch recht weit entfernt.
Der wesentlichste Punkt ist aber wohl, dass Deutschland seine Unterstützung versprochen hat. Jetzt kann es natürlich sein, dass der typische Deutsche dabei an unverbindliche Wahlversprechen denkt. In vielen anderen Ländern wird das deutlich ernster genommen. Nicht zuletzt in Afghanistan, wo viele Menschen ihr Leben auf diese Zusage gesetzt haben (und Deutschland von anderen immer noch erwartet, dass sie das tun). Hier geht es also um „Glaubwürdigkeit“. Ein nebenbei alles andere als nebensächlicher außenpolitischer Hebel.
Und letztlich steht auch die militärische Glaubwürdigkeit Deutschlands (und der NATO) auf dem Spiel. (Das ist vermutlich das, was die Große-Bundeswehr-Verfechter wohl mit „Abschreckung“ meinen.) Was nicht-konventionelle Konflikte angeht war/ist die Ausgangslage in Afghanistan wohl einer besten: Schwache, unorganisierte Aufständische ohne technisches Know-How, oft ohne militärische Erfahrung/Ausbildung, meist von der Bevölkerung gehaßt. Ganz fies auf den Punkt gebracht: Leichter als in Afghanistan wird’s nicht. Wenn Deutschland/NATO also das Wekrzeug der Drohung mit militärischer Intervention verlieren will, dann führt an einem „militärischen“ „Erfolg“ in Afghanistan kein Weg vorbei. Gelingt das nicht, dann, dann braucht man NATO-Interventionen gar nicht mehr auf den Tisch bringen.
Tatsächlich sind die Auswirkungen noch drastischer: Die Gegenseite muss nur den Eindruck machen, auf einen langen asymmetrischen Konflikt eingestellt zu sein, und „der Westen“ wird sich nicht einmischen. Deutschland/NATO geben also nicht nur die Initiative aus der Hand, sie schenken der Gegenseite sogar noch das Element der Abschreckung.
Theodore Roosevelt sagte mal „Lächele mild und habe einen großen Stock“. Deutschland ist gerade dabei sowohl sein Lächeln als auch seinen Stock zu verspielen.
@ J.R.
So weit, so gut, was ihre Darstellung anbelangt.
Jedoch Kriege werden aus Interessen geführt. Was sind unsere Interessen.
Die Bündnisverpflichtung war mit OEF abgehakt. Dies war ein Nato-Beistandsfall.
ISAF ist ein UN-Charta Kapitel VII -Einsatz, an dem jedes UN-Mitglied sich beteiligen kann oder auch nicht.
Das die NATO die Führung des Militäreinsatzes in AFG übernommen hat, war nicht von Anfang an geplant. Nachdem verschiedene Nationen die Führungsrolle übernommen hatten, wurde sie schließlich an die Nato übertragen, wohlgemerkt ohne Bündnisfall.
Dass die amerikanischen Interessen sich mit den Nato-Interessen in Deckung bringen lassen ist klar, auch wenn mittlerweile der OEF-Einsatz und der ISAF-Einsatz in AF praktisch in Personalunion geführt werden.
Was hat Deutschland versprochen ? Das es eine islamische Republik mit der Rechtsordnung der Scharia auf der strengen Auslegung des Wahibismus aufbaut oder dass es versucht ein demokratisches AFG mit aufzubauen ?
Am ISAF-Einsatz gemäß UN-Sicherheitsmandat kann sich jede Nation beteiligen oder es auch lassen.
Solidarität mit den Amerikanern – uneingeschränkt, zu welchen Ziel ? Auch im Falle eines Angriffkrieges wie im Irak ?
Deutschland braucht keine geostrategische Position gegen China aufzubauen. Dies machen wir über die Wirtschaftsmacht, nicht über Kanonenbootpolitik.
Nun kommt auf EinsExtra der 2. und 3. Teil der historischen Dokumentation „Mit Allah im Kampf um Öl“, in dem die historische Entwicklung des Nahen Osten in Verbindung mit der Ausbeutung des dort gefundenen Öls gezeigt wird.
In AFG werden übrigens auch große Bodenschatzvorkommen vermutet. China will 4 Mrd Dollar zum Abbau von Kupfererz dort investieren !
@ Georg
Auf die wesentlichen Punkte gehen sie leider nicht ein. Daher nochmal die die Kurzfassung. Die deutschen Interessen sind:
– Eine stabile Weltordnung die wirtschaftlichen Wohlstand ermöglicht und somit Kriegen vorbeugt.
– Die Stärkung internationaler Institutionen die dieses Ziel unterstützen (hier die UNO, aber auch die NATO)
– Das Kleinhalten/Verhinden von Konflikten bevor ganze Regionen in einen Abwärtsstrudel gerissen werden. (Das läßt sich ja immer wieder in Afrika beobachten.)
– Das Aufbauen außenpolitischer Glaubwürdigkeit um in der internationalen Politik als Akteur mitbestimmen zu können.
Daher nur einige kurze Anmerkungen:
– Die OEF-Mission ist immer noch nicht beendet, und damit ist Deutschland formell auch nicht aus Bündnisverpflichtung. Nur spart sich derzeit jeder das OEF/ISAF-Fass nochmal aufzumachen, und das ist auch gut so. Es gibt da deutlich wichtigere Baustellen.
– Deutschland hat sich bevor die NATO das Kommando über den ISAF-Einsatz übernahm zu diesem bekannt, und auch das Oberkommando gestellt.
Deutschland hat also Partei ergriffen (tatsächlich sogar eine Führungsrolle übernommen). Und das imho aus sehr guten Gründen, wenn auch leider nicht mit sehr guten Ergebnissen.
So, oder so, die Festlegung auf Unterstützung ist die derzeitige Sachlage. Die läßt sich natürlich brechen, aber auch das berührt die deutschen Sicherheitsinteressen. Zu sagen „am liebsten wäre ich gar nicht hier“ ist Geschwurbel und keine Politik.
An diesem Punkt dann noch eine kleine Kritik an der Argumentation ihres Posts:
– Der Wahhabismus ist in Afghanistan nur eine Randerscheinung, auch wenn einige saudi-arabische Geldgeber das wohl gerne anders sähen. Die meisten Afghanen sind Hanafiten, und vieles in dieser Schule ist mit dem Wahabismus nicht kompatibel. Dieser Schule gehören auch die meisten Muslime in den GUS-Staaten oder der Türkei an. Die meisten Taliban dürften wohl der Deobandis sein. Deren Extreme liegen wohl nicht allzu weit vom Wahhabismus entfernt, aber auch hier sollte man wenigstens anerkennen, dass sie aus dem pakistan-indischen Raum stammt. Das Gros der Afghanen hat mit dem Wahabismus schlicht nichts am Hut.
– Was soll der Verweis auf den Irak?
– Hat hier wer eine geostrategische Position gegen China ins Spiel gebracht?
– Wollen sie wirklich argumentieren, dass das Engagement von Deutschland/UNO/NATO in Afghanistan mit Bodenschätzen zu tun hätte?
Tut mir leid, aber das in den Raum werfen von Schlagwörtern und das Argumentieren gegen Strohpuppen bringt leider keine Punkte.
Es gibt viele gute Gründe gegen den Einsatz zu sein (etwa fehlende Ernsthaftigkeit bzw. Lippenbekenntnis-Politik der Regierung, oder geringer Erfolg bei hohen Kosten). Genauso könnte man konsequent isolationistisch argumentieren („Elend und Unsicherheit der Welt sind erst ein Problem, wenn sie über die Oder kommen“), auch wenn ich persönlich das für kurzsichtig und asozial halte.
Aber ihrer „Argumentation“ fehlt noch der Kern um überzeugen zu können, stattdessen seh ich da nur die üblichen oberflächlichen Floskeln (Wahhabismus, Irakkrieg, Bodenschätze).
@ J.R.
Unter Zeitdruck sollte man nicht kommentieren, damit abgehackte und schlagwortartige Argumentationslinien nicht zu stande kommen. Deshalb versuche ich mit aller Ernsthaftigkeit auf ihre Argumente einzugehen, bitte jedoch im Gegenzug auch auf meine Argumente einzugehen.
1. Wie erzeugt man eine stabile Weltordnung, die wirtschaftlichen Wohlstand ermöglicht und Kriegen vorbeugt ?
Sicherlich nicht, indem man Kriege willkürlich, mit falschen Behauptungen anfängt, wie die Amerikaner dies im Irak getan haben. Die gesamte Region ist durch den amerikanischen Irakkrieg labiler geworden, der Iran hat mehr Gewicht bekommen und ist zur regionalen Mittelmacht aufgestiegen, der Israel-Palästina Konflikt hat sich durch den Irakkrieg verschärft. Der Irak ist jetzt ärmer, als vor der Invasion und die Amerikaner haben ca. 1000 Mrd $ in diesen Kriege investiert verbunden mit einer gewaltigen Inflation der amerikanischen Währung, die jedoch für die internationalen Ölgeschäfte immer noch die Leitwährung ist. Der allgemeine Ölpreisanstieg durch den Irakkrieg bis auf zeitweise 140 $ / Faß hat gerade in den unterentwickelten Staaten oftmals Not und Elend der Bevölkerung verstärkt.
Also Stabilitätsexport schaut anders aus !
2. Die UNO ist so stark, wie die Amerikaner und die anderen Veto-Mächte sie machen.
Sie ist jedoch keine moralische Autorität, sondern die maßgeblichen Mitgliedsstaaten instrumentalisieren für ihre Interessen. Deshalb hat sie auf die Vorbereitung des Massenmordes in Ruanda nicht reagiert und fordert umgekehrt, dass Dafur als Völkermord eingestuft wird.
3. Konflikte in Afrika werden dann klein gehalten, wenn auswärtige Staaten sie nicht für ihre Zwecke instrumentalisieren , anfeuern und materiell unterstützen !
( Negativbeispiel siehe Ostkongo, seltene Bodenschätze usw.)
4. Außenpolitische Glaubwürdigkeit ist ein Pfund mit dem Staaten wuchern könnten, jedoch tun sie es nur wenn es ihren momentanen Interessen in dem jeweiligen Land dient. Vertrauen zwischen den Partnern entsteht nicht, wenn es ausschließlich von wirtschaftlichen Interessen geleitet ist.
Nun zu den einzeln erwähnten Punkten.
OEF diente der Ergreifung, bzw Vernichtung von Al Kaida. In AFG ist von Al Kaida (also saudische Gotteskrieger) nicht mehr viel zu hören und zu sehen.
Dagegen sind tschetschenie, kampferprobte Islamisten importiert worden, die auf Seiten der Taliban kämpfen. (Werden die eigentlich wie in Tschetschenien von Saudi Arabien bezahlt ?) Trotzdem ist in AFG der OEF-Auftrag international praktisch vorbei und wird von den Amerikanerna als nationale Aufgabe geführt. Dazu wird der ISAF-Einsatz der Nato, der internationalen Staatengemeinschaft aber oftmals für OEF mitgenutzt, ohne diesen Umstand ausdrücklich zu kommunizieren. Die Schnittstelle für die Koordination von OEF und ISAF ist mittlerweile der General Patreus.
Der deutsche Bundestag hat in seinem Mandat auf jeden Fall festgestellt, dass die deutsche Beteiligung bei der Operation OEF in AFG eingestellt ist.
Zitat :
– Hat hier wer eine geostrategische Position gegen China ins Spiel gebracht?
– Wollen sie wirklich argumentieren, dass das Engagement von Deutschland/UNO/NATO in Afghanistan mit Bodenschätzen zu tun hätte?
Zitatende
Durch den westlichen Golfkrieg zur Befreiung von Kuwait, hat sich die amerikanische Position durch Miliärpräsenz in Saudi-Arabien gewaltig verstärkt. Nachdem 1973 die Saudis die Anteile der USA an der saudische Ölfördergesellschaft verstaatlicht haben, hatten sie seit dem Golfkrieg den Fuß wieder in der Region. Durch den Irakkrieg 2003 haben sie sich die Erdölreservern im Irak zumindestens potentiell gesichert.
Im Südsudan tobt ein bitterer Interessenskampf USA gegen China um die Ausbeutung Erdölvorkommen. Deshalb wollen die Amerikaner den Dafurkonflikt als Völkermord einstufen um über eine internationale Friedenstruppe ihre strategische Position gegenüber China im Sudan zu verbessern. Unterhalten Sie sich mal bitte mit ein UN-Militärbeobachter, was zur Zeit im Südsudan zwischen den USA und China abläuft.
Meiner Meinung haben sich die Amerikaner zur Verbesserung ihrer geostrategischen Position, insbesondere gegenüber China und dem Iran in AFG festgestetzt. Dieser Einfluss soll jetzt durch eine prowestliches Regime verfestigt werden. Leider entwickelt dessen Repräsentant (Präsident Karzai) ein schwer zu kontrollierendes politisches Eigenleben.
Die Deutschen sind natürlich nicht wegen Bodenschätzen in AFG, sondern aus Bündnissolidarität. Dies ist schon ein gigantischer Schachzug der Amerikaner soviel westliche Staaten über die Nato mit ins Boot geholt zu haben. Dies dann der Bevölkerung der NATO-Staaten als Erhöhung ihrer heimischen Sicherheit zu verkaufen, ins schon gigantischer Schachzug, der allerdings durch keine Fakten belegt ist.
Am Schluss nochmal die Frage nach dem deutschen Engagement in AFG.
Wie kann man im Petersberger Abkommen 2001 dem Staat AFG die Staatsform einer islamischen Republik mit der Rechtssprechung nach der Scharia zugestehen und dann der deutschen Bevölkerung jahrelang den Einsatz mit Entwicklung, Demokratisierung, Mädchenschulen, Frauenrechte in AFG usw. verkaufen ?
Zu den Punkten:
1. Da kann ich ihnen nur zustimmen. Der Irakkrieg war ein Desaster. Das streitet in Deutschland aber auch kaum jemand ab.
2. Die UNO ist natürlich auch eine Bühne nationaler Interessen. Sie ist aber auch das mit Abstang geignetste Gremium um multinationale Interessen friedlich abzustimmen. Und gerade zu Afghanistan war das Meinungsbild ja sehr einheitlich, gerade unter den Anrainern.
3. Das ist halt wieder so ’ne Halbwahrheit. Die meisten Konflikte in Afrika brauchen keine „ominöse internationale Macht“ um zu existieren. Das war wahr für Ruanda, das ist wahr für die Unruhen in Nigeria, die Gewalt in Simbabwe, den Bürgerkrieg in Ruanda, den Konflikt Äthiopen-Eriträa. Und auch die Kriege im Kongo kommen wunderbar ohne nicht-afrikanische Akteuer aus. Die tödlichste Waffe in Afrika ist wohl immer noch die Machete.
Das heißt nicht, dass es keine internationalen Akteure gibt, die zu ihrem Vorteil eine Seite unterstützen und so die Konflikte verschärfen. Beispiele dafür wären Shell in Nigeria oder eben China im Sudan. Mit Maschinengewehren tötet es sich dann doch besser. Aber das sind in den allermeisten Fällen halt nicht die Konfliktursachen.
Und das setzt sich ja jenseits Afghanistans ja fort: Die Jugoslawien-Kriege bedurften keiner internationalen Brandstiftung, der Unruhen in Kirgisien kommen ohne internationale Drahtzieher aus, ebenso die Spannungen zwischen Aserbaidschan und Armenien.
Das Zuschauen zu Kleinhalten führt darf also angezweifelt werden.
(Mehr sag ich dazu jetzt nicht, sonst könnte ich bei dieser Lieblingsausrede der Linken noch ausfallend werden. ;) )
4. Das ist halt wieder so nicht ganz richtig. Außenpolitische Glaubwürdigkeit verdient man sich i.d.R. nicht, wenn man nur auf eigene Interessen schaut. Insofern enthält ihre Aussage einen Widerspruch. (Das ist natürlich nicht ganz richtig – Aktionen im gegenseitigen Interesse wären da eine weitere Möglichkeit. Nur stellt sich da die Frage, warum die schlecht sein sollten.)
Nochmal zur OEF-ISAF-Trennung:
Die existiert nur auf dem Papier. Ob man Aufständische zum Selbstzweck jagt, oder weil sie die Stabilität des Landes bedrohen, macht hinsichtlich des Aspekts, dass Auftändische gejagt werden, keinen Unterschied.
Es kann durchaus einen Unterschied hinsichtlich des Endziels und der gewählten Mittel machen. (Da ist es schon faszinierend zu sehen, wie die Amerikaner immer stärker auf den Aufbau afghanische Sicherheitskräfte setzen, während die Deutschen sich derzeit vor allem auf die Kampfkraft der Bundeswehr konzentieren. Verkehrte Welt?)
Zu „Meiner Meinung haben sich die Amerikaner zur Verbesserung ihrer geostrategischen Position, insbesondere gegenüber China und dem Iran in AFG festgestetzt. “
Da bin ich anderer Meinung. Einige Gründe:
– Die NATO unterhält Basen in Kirgisistan und Usbekistan, die USA haben eine militärische Zusammenarbeit mit Pakistan. Die Versorgung von Truppen in Afghanistan kann praktisch nur über diese Länder (oder Iran) durchgeführt werden; die USA gewinnen also keine „sicherere“ Basis.
– Gerade im Westen Afghanistans sind die Amerikaner am wenigsten aktiv, dabei wäre nach ihrer Argumentation ein „anti-iranischer“ US-Stützpunkt in Herat ja fast zwingend.
– Wirtschaftlich ließe sich von einem Aufschwung Afghanistans sicherlich profitieren. Nur wird das noch ne Weile brauchen, und soviel langfristige Planung traue ich derzeit ehrlich gesagt weder der amerikanischen noch den europäischen Regierungen zu. Und letztlich würden von einem solchen Aufschwung Anrainerstaaten mehr profitieren als Nationen am anderen Ende der Welt. Das sieht man ja bereits: Iran profitiert von billigen Arbeitern, Usbekistan verkauft Strom, China sichert sich Rohstoffe und Pakistan exportiert eifrig Konsumgüter. Das ist nicht schlecht, und auch für andere Nationen läßt sich da noch gut und friedlich verdienen. Aber es taugt halt nicht als Mittel „gegen“ China oder Iran.
Der Hinweis auf die Scharia in der afghanischen Verfassung ist ein guter Punkt, aber auch weitgehend ein akademischer. Das fängt ja schon damit an, dass die Menschenrechte ebenfalls in der Verfassung festgeschrieben sind. Das setzt sich fort, dass die Verfassung in der Praxis keine Rolle spielt: Das Gros der Richter kann nicht Lesen/Schreiben und hat keine Rechtsausbildung. Weiter geht es mit der Feststellung, dass Entwicklung, Demokratie, Mädchenschulen und Frauenwahlrecht im Nicht-Taliban-Afghanistan eben Konsens sind. Frauenrechte sind da ein anderes Thema(*). Wobei auch gerade hier wieder viel Heuchlerei dabei ist: Die meisten „Frauen“probleme in Afghanistan sind universell: Korruption, Kriminalität, Hunger, Armut, Krankheit, Vertreibung und Flüchtlingselend, Kriegs-Verstümmelung/Traumata/Tod. Dergleichen abzunicken und dabei eine unspezifische, praktisch irrelevante Verfassung als Grund vorzuschieben scheint mir sehr bigott.
(Trotzdem noch zwei Links zum Thema: Ein Pragmatischer und ein Akademischer.)
—-
* An der Stelle sei einfach darauf verwiesen, dass man in Deutschland vor 60 Jahren auch noch in konfessionell getrennte Schulen ging und das Heimchen am Herd das Rollenmodell in der Gesellschaft war. Vergewaltigung in der Ehe wurde erst 1992 verboten.
Das alles übrigens nicht weil es von außen aufgezwungen wurde, sondern aus der damaligen deutschen Kultur heraus.
Das Gros der Afghanen will einen islamischen Staat der ihnen Sicherheit, Wohlstand, Gerechtigkeit und Mitsprache ermöglicht, keine Taliban-Dikatur. Das deckt sich mit den Interessen Deutschlands in der Region und wäre für die Lebensumstände der Menschen in Afghanistan ein riesiger Fortschritt. Das deckt sich zu was, 80%, 90% mit den deutschen Ansichten? Ist es da moralisch zu sagen „Ihr macht 100% was wir sagen, oder es gibt 0%“? Was hat das mit Demokratie zu tun? Und letztlich: Ist das schlau, will man die Menschen wirklich so in die Arme der Islamisten treiben, deren Ansichten sich wohl deutlich weniger mit den Wünschen der Afghanen und Deutschen decken?