Kein Haushalt, keine Beförderungen? Im Prinzip nein, aber…

In den vergangenen Tagen erreichten mich einige Alarmmeldungen aus der Truppe: Weil es angesichts einer nur geschäftsführenden Bundesregierung und ausstehender Parlamentsentscheidung über den Haushalt 2018 keinen gültigen Bundeshaushalt gebe, so die Aussage in einigen Verbänden, gebe es vorerst auch keine Beförderungen. Und dieser Zustand werde mindestens bis zum Sommer anhalten.

Ich habe mal versucht, der Frage nachzugehen, ob das so stimmt – und die Antwort ist: Im Prinzip nein. Mit einem Aber.

Zunächst mal die offizielle Antwort des Verteidigungsministeriums auf die entsprechende Frage:

Frei werdende Planstellen und Stellen (u.a. durch Ruhestand oder Dienstzeitende) werden unverändert sowohl für Einstellungen als auch für Beförderungen/Höhergruppierungen genutzt. Mit im Januar 2018 wirksamen Planstelleneinweisungen wurden bereits mehrere Tausend Beförderungen für Soldatinnen und Soldaten bzw. Beamtinnen und Beamten ausgesprochen.

Ok. Aber der Knackpunkt liegt in der Einschränkung frei werdende Planstellen und Stellen (u.a. durch Ruhestand oder Dienstzeitende). Denn es gibt einen Beförderungsstau insbesondere bei Offizieren, und die Gründe hatte der Bundeswehrverband (DBwV)  in einer Stellungnahme Ende vergangenen Jahres erläutert:

Flankiert wird dieses Problem dadurch, dass im Zuge von Dienstpostenüberprüfungen sozusagen marktgerechte Anpassungen vorgenommen worden sind, die zu einer Höherdotierung geführt haben, sich so jedoch noch nicht im Haushalt wiederfinden. Der wiederum kann als Gesetz aktuell nicht verabschiedet werden, weil eine handlungsfähige Bundesregierung fehlt. Also ändert sich die Situation absehbar nicht.

Am stärksten betroffen sind offensichtlich die Besoldungsgruppen A14/A15 (Oberstleutnant), bei denen eine große Zahl von Anwärtern den tatsächlichen Beförderungen gegenübersteht.

Ein zweiter Punkt: Zunehmend werden Offiziere ins Verteidigungsministerium versetzt, oder eben nicht versetzt – die Erläuterung des DBwV:

So fordert das BMVg etwa Personal aus der Fläche an, um das ministerielle Arbeitsaufkommen bewältigen zu können. Damit wird offenkundig, dass das BMVg angesichts der neben dem normalen ministeriellen Tagesgeschäft zu bewältigenden Trendwenden und Agenden personell unzureichend ausgestattet ist. Beim Wechsel wird haushalterisch die Planstelle mitgenommen, sodass in der Fläche zwar zur Aufrechterhaltung der Funktionalität nachbesetzt wird, aber keine Beförderung erfolgen kann.

Also: ein Offizier arbeitet zwar im Ministerium, sitzt aber formal noch auf einer Planstelle der Truppe, die dann in der Truppe zwar neu besetzt wird – aber die neue Frau oder der neue Mann werden dann eben vorerst nicht befördert. Das räumt auch das Ministerium ein:

Nach wie vor werden Soldatinnen und Soldaten, Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte in das Bundesministerium der Verteidigung versetzt.
Allein die nach der Organisationsanalyse des Bundesministeriums der Verteidigung im Herbst 2017 neu geschaffenen Dienstposten sind bisher im Einzelplan 14 nicht mit Planstellen und Stellen für das Ministerium hinterlegt. Dies wird erst mit dem Haushaltsgesetz 2018 möglich sein. Im Einzelfall werden bis dahin Soldatinnen und Soldaten, Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte zur Wahrnehmung dieser Aufgaben zunächst nur in das Ministerium kommandiert/abgeordnet.

Weiterer Punkt: Der Aufbau des neuen Organisationsbereiches Cyber- und Informationsraum (CIR) ist noch nicht mit entsprechenden Dienstposten hinterlegt. Wieder vom DBwV:

Herausragend bemerkbar macht sich das bei Schlüsseldienstposten. So können aktuell nur dann Einweisungen und Beförderungen erfolgen, wenn auch haushalterisch die Planstelle durch Ausscheiden eines anderen Kameraden aus der Bundeswehr frei wird. Ein Vakanzenmanagement wird so nicht erfolgen können, dafür sind die Löcher quantitativ und qualitativ zu groß. Die Bundeswehr befindet sich in einem Dilemma, teilweise selbst verschuldet, teilweise verursacht durch äußere Faktoren, die das BMVg nicht beeinflussen kann. Beides zusammen wird die Berufszufriedenheit der Betroffenen nicht positiv beeinflussen.

Und zu guter Letzt: Ab Besoldungsgruppe A16 (Oberst) muss die Beförderung vom Bundeskabinett gebilligt werden. Da es aber derzeit nur eine geschäftsführende Regierung gibt, gibt es formal kein Bundeskabinett, dass diese Billigung vornehmen könnte – auch hier also keine Beförderung.

Interessant wäre natürlich zu wissen, wie viele Soldatinnen und Soldaten aufgrund dieser aktuellen Situation vorerst nicht befördert werden (können) – und sei es nur mittelbar, weil sich so ein Stau ja durchziehen dürfte. Das lasse sich aber, bedauert das Ministerium, derzeit nicht ermitteln.

(Symbolfoto)