Neues Atalanta-Mandat: Gegen das Geschäftsmodell der Piraten
Der oberste militärische Chef der EU-Antipirateriemission Atalanta, der britische Konteradmiral Duncan Potts, hat heute die Mitglieder des Verteidigungsausschusses über die vorgesehene Ausweitung des Atalanta-Mandats informiert. Keine ganz leichte Aufgabe: Gerade in Deutschland regt sich Widerstand gegen die vorgesehene Möglichkeit der europäischen Seestreitkräfte, auch an Land aktiv zu werden.
An dem Briefing durfte ich, natürlich und leider, nicht teilnehmen. Ich höre aber von mehreren Teilnehmern, dass Potts vor allem dafür warb, mit neuen Möglichkeiten dass Geschäftsmodell der Piraten erfolgreicher als bisher stören zu können. Denn das Verhindern eines Piratenangriffs auf See, wenn das überhaupt möglich ist, verhindert den einen Angriff – fügt dem Geschäft aber keinen nachhaltigen Schaden zu. Wenn Logistik wie Boote, Außenbordmotoren, Spritvorräte an Land zerstört werden, so die zusammengefasst Argumentationslinie des Admirals, wird es aber für die Piraten und ihre Hintermänner deutlich teurer. Seine Vorstellung: vor allem vom Hubschrauber aus soll die Logistik an der Küste beschossen werden, nicht etwa von See aus mit Schiffsgeschützen. Und Boots on the Ground soll es schon gar nicht geben.
Eineinhalb Stunden, deutlich länger als geplant, haben die deutschen Abgeordneten den EUNAVFOR Operations Commander befragt, und die deutsche Skepsis scheint nicht wirklich überwunden: Wie läuft das mit der Aufklärung, wie wird sicher gestellt, dass nicht Unbeteiligte im Visier sind, sind die Hubschrauberbesatzungen möglicherweise gefährdet. Die deutsche Debatte dürfte noch ein wenig anhalten: Ein Beschluss des Bundeskabinetts ist nun für den 18. April vorgesehen (nachdem er von der Tagesordnung für den heutigen Mittwoch wieder runtergeflogen war), eine Entscheidung im Bundestag ist nicht vor Ende April und wahrscheinlicher erst nach der NRW-Landtagswahl am 6. Mai zu erwarten. Offen ist auch weiterhin, ob die größte Oppositionspartei SPD bei diesem Mandat mit macht oder bei ihrer schon angekündigten Ablehnung bleibt – aber skeptisch sind Abgeordnete in allen Fraktionen.
Nach dem Briefing hatte ich Gelegenheit, Konteradmiral Potts ein paar Fragen zu stellen:
Und stellvertretend für die (skeptischen) Abgeordneten habe ich auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Elke Hoff nach ihrer Einschätzung befragt:
Dann zelten demnächst also somalische Familien direkt bei den Booten und spielen Kinder zwischen Außenbordmotoren und Benzintanks.
Zur Feier des Tages schießt noch ein Pirat aus einer Zivilistengruppe heraus mit einer AK auf einen Hubschrauber.
Respekt! Diese Strategie wird den Piraten das Fürchten lehren!
(Oder hab ich was übersehen?)
Bei Frau Hoff ist immer von dem „deutschen Mandat“ die Rede.
Das lässt die Vermutung aufkommen, dass Deutschland dem Mandat unter Vorbehalt, nämlich mit der Sieben-Schwaben-Parole („Hannemann, geh‘ du voran“), neudeutsch auch als „Caveat“ bekannt, zustimmt.
Man bedingt sich also aus, selbst nicht an heiklen Missionen teilnehmen zu müssen. Ein deutsches 76-mm-Schiffsgeschütz wird daher bestimmt nicht somalischen Boden beharken.
Aber auch die Bordkanone eines Hubschraubers weist schon mal eine gewisse Streuung auf. Daher also lieber: Finger weg.
Welche Hubschrauber denn? Momentan zwei Sea Kings.
Macht zwei Maschinengewehre.
Bis man sich in D entschieden hat, werden sich höchstens noch eine oder zwei Lynx vor Ort befinden.
Dann gehts aber rund, denn die haben auch jeder ein Maschinengewehr.
Muss man sich jetzt um die Piraten sorgen? Ich meine nicht.
Hmm ein M3M macht schon ordentlich Schaden…da sind kleine Boote oder Treibstoffdepots schon ein gefundenes Fressen.
Ob die Hubschrauber aber überhaupt 24 Stunden am Tag und 7Tage die Woche einsatzbereit sind, ist ja in der BW eine Frage die auf einem anderen Blatt steht.
Gegen alle geplanten Vorgehensweisen gibt es einfache aber wirksame Gegenmaßnahmen, von denen die wirksamste, nämlich ein paar Kinder in der Nähe, schon genannt wurde.
Selbst wenn einige Ziele erfolgreich vernichtet werden, hätte das m.E. zunächst nur die Wirkung, die Lösegelder weiter in die Höhe zu treiben. Alle der erwähnten Ziele sind vor Ort mit geringem Aufwand ersetzbar, und das erhöhte finanzielle Risiko der Piraten erscheint angesichts von Lösegeldern z.T. im zweistelligen Millionenbereich pro Fall als beherrschbar. Man kann sich ausrechnen, wie viele Boote etc. man vernichten müsste, um in der Rechnung einen relevanten Unterschied zu machen.
Früher oder später wird man daher m.E. diskutieren müssen, das Spektrum des im Rahmen der Sicherheitsresolution 1851 möglichen Vorgehens stärker auszunutzen und die Piraten dort zu treffen, wo dies tatsächlich Wirkung erzielt.
@Bang50:
Stimmt, ein cal.50 macht große Löcher. Aber mit zwei Hubschraubern (sofern beide einsatzbereit sind), kann ich nur bedingt agieren.
Trotzdem ist ein Maschinengewehr eigentlich nicht die Waffe der Wahl, wenn ich Gerät zerstören möchte. Hierfür gibt es „elegantere“ Waffen.
Zum Einen sollte man sich Gedanken machen, was im Falle einer Notlandung // eines Absturzes gemacht werden kann, zum Anderen sind Fragen wie die oben schon angesprochene „Besiedelung“ der Depots mit Kindern und Frauen oder die Fragen der Autorisierung, der Aufklärung im Vorfelde etc zu klären.
Wir hatten ja an anderer Stelle schonmal diskutiert, dass es wohl keine 5 Minuten dauern wird, bis die betreffenden Kriminellen via Twitter und sonstiger Kanäle im Falle eines Einsatzes über verwundete Kinder und Frauen berichten würden. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt.
Und dann möchte ich den Aufschrei hören.
Für tatsächliche Wirkung müsste man verdeckt und nachrichtendienstlich arbeiten um die Drahtzieher zu verhaften und in eine Art Guantanamo 2.0 verbringen. Das alles in fremden Hoheitsgebieten.
Ich denke das diesem Vorgehen zahlreiche Hürden im Wege stehen. Deswegen ist es nicht schlecht, wenn die Atalanta Mission versucht den Wirkungsgrad zu erhöhen.
Die Reedereien ihrerseits private Sicherheitsteams anheuern und somit das ganze eindämmen und die Erfolgsaussichten reduzieren.
Viel mehr können wir wahrscheinlich momentan nicht tun.
@Bang50
„Für tatsächliche Wirkung müsste man verdeckt und nachrichtendienstlich arbeiten um die Drahtzieher zu verhaften und in eine Art Guantanamo 2.0 verbringen. Das alles in fremden Hoheitsgebieten.“
Es gibt mittlerweile international (weniger in Deutschland) einige Erfahrung beim Vorgehen gegen Akteure dieser Art auf Grundlage des HVR. Der Personenkreis, den Piratenbanden benötigen um erfolgreich operieren zu können, dürfte z.B. sehr begrenzt sein und bestimmte Fähigkeiten nicht ohne weiteres ersetzbar. Zudem ist aus anderen Situationen bekannt, dass man zumindest vorübergehend deeskaliert, wenn die Führungsebene direkt bedroht wird. Man müsste gegen solche Ziele nicht einmal verdeckt operieren und würde auch keine kontroversen Gefangenenlager brauchen. Wenn man Verluste unter Unbeteiligten (im Rahmen der gebotenen Verhältnismäßigkeit) akzeptiert und die Ziele nicht mehr befragen will, kann man im Einklang mit dem HVR Situationen herstellen, in denen sich die Ziele gar nicht erst ergeben und dann in einem „Guantanamo 2.0“ zum PR-Problem werden können. Einem Luftangriff kann man sich z.B. nicht ergeben. Um Einsätze von Spezialkräften wird man für Aufklärung, Zielmarkierung, Gefangennahme zu späterer Befragung und Sicherstellung von auswertbarem Material vermutlich bei einem ernsthaften Vorgehen nicht herumkommen, aber damit gibt es in EU-Staaten durchaus Erfahrung (die Franzosen haben schon Aktionen am Boden in Somalia durchgeführt), und das eigene Risiko wäre begrenzt.
Die einzige wirkliche Hürde sind m.E. gegenwärtig vorhandene Geiseln, aber auch da gibt es interessante Ansätze, wie man dieses Problem lösen kann.
@TomTom – Da haben Sie sicherlich Recht und ich sehe das Problem genauso. Aber es geht bei dem jetzigen Mandat darum bei der Atalantamission wenigstens etwas den fürchterlichen Wirkungsgrad zu erhöhen. Das ist erstmal nicht schlecht.
Will man tatsächlich an die Wurzel des Problems, muss man an Land gehen und unschöne Sachen machen. Das wir mit solchen Aktionen erst mal etwas vorsichtig sind, finde ich gut. Zumindest haben wir jetzt Zeit intensiv darüber nachzudenken wie man das Problem am besten angeht: int. Finanzströme sperren, nachrichtendienstliche Ermittlungen, ggf. Verhaftung von gesuchten Kriegsverbrechern die sich im Piratengeschäft tummeln, evtl. Zugriffe durch KSK wenn der rechtliche Rahmen dafür gegeben ist usw.. .Bis man hier einen tragfähiges Konzept gefunden hat und die rechtlichen Probleme aus dem Weg geräumt sind, vergeht erst mal noch viel Zeit.
Bis dahin rüsten die Reedereien mit Sicherheitsunternehmen auf und sind damit relativ sicher.
@Orontes – Die kinetische Variante ist sicher immer eine Option die man ausspielen kann. Ich frage mich nur was man damit gewinnt. An einfachen Piraten herscht in einem Land wie Somalia reichlicher Nachschub, selbst wenn man viele von ihnen ausschaltet. Am Ende spielt das wieder nur radikalen Islamisten in die Hände, die wieder einen Grund haben gegen den bösen westlichen Satan zu hetzen.
Die Drahtzieher sitzen wiederum in „zivilisierteren“ Ländern (vielleicht sogar in Deutschland). Dort kann man aber schwer mal eben mit einem Bomber aufkreuzen und das Haus wegpusten.
Desto länger ich darüber nachdenke desto klarer wird mir das es einen Erfolg nur durch effektive Polizeiarbeit und Geheimdienste geben kann. Hier wäre vielleicht ein Punkt an dem die Bundesregierung ausloten könnte, welche Optionen wir hier hätten um die Drahtzieher int. zu verfolgen.
@Bang50
„An einfachen Piraten herscht in einem Land wie Somalia reichlicher Nachschub, selbst wenn man viele von ihnen ausschaltet.“
Wesentlich knapper sind jedoch bestimmte technische Spezialisten, Verbindungsleute oder auch Anführer einzelner Banden.
„Am Ende spielt das wieder nur radikalen Islamisten in die Hände, die wieder einen Grund haben gegen den bösen westlichen Satan zu hetzen.“
Das tun die sowieso. Somalia ist mittlerweile dem Vernehmen nach übrigens ein wichtigeres Reiseziel von Freiwilligen aus westlichen Staaten geworden als Pakistan. Ganz unkonventionelle Stimmen sehen in manchen islamistischen Kräften potentielle Verbündete, solange diese die internationalen Kämpfer ausliefern und sich mit ihren Methoden um das Piratenproblem kümmern.
@Bang50:
Mit Blick auf die angedachten Zugriffe durch Spezialkräfte zeigt sich wieder die große Bedeutung von SOF Air (nicht nur materiell, sondern auch personell und strukturell).
Aber wir machen ja immer mehr Breite vor Tiefe – ohne wirkliche Breite und ohne jede Tiefe.
Ich frage mich inwiefern sich „Piratenboote“ von Fischerbooten unterscheiden lassen… als Fischer würde es mich ziemlich anpienzen, wenn die mir das Boot zerlegen
Da bahnt sich doch schon das nächste Debakel an. Das Szenario wurde ja bereits geschildert. Um die Pressearbeit müssen sich die Piraten vermutlich nicht mal selbst kümmern, das besorgen, je nach aktueller Interessenlage, schon die amerikanischen Verbündeten.
Was mir aber nicht klar ist – wieso bildet die Frachtschiffahrt keine Konvois? Einzelfahrer sind leichter anzugreifen, aber Konvois lassen sich recht gut schützen und der Aufwand für den Schutz ist vertretbar. Anders als U-Boote wollen die Piraten keine Tonnage versenken, sondern ganze Schiffe klauen.
Man könnte auch die Routen ein ganzes Stück östlicher legen und die Wege für die Piraten damit verlängern. Aber was das wieder kostet…
Vielleicht sind die Schäden für die Reedereien am Ende einfach nicht groß genug, als daß sie gewillt wären, die Reisen zu verlängern, und pro Container ein paar Euro mehr zu verlangen.
@HansG
„Ich frage mich inwiefern sich “Piratenboote” von Fischerbooten unterscheiden lassen…“
Die Koordinaten, von denen aus die verschiedenen Banden operieren, dürften bekannt sein. Als Infrastruktur der Piraten dürfte definiert werden, was sich um die entsprechenden Hütten herum an Ausrüstung befindet. Technisch dürfte das kaum von dem zu unterscheiden bzw. mit dem identisch sein was Fischer verwenden (manche Piraten scheinen zudem parallel in beiden Gewerben tätig zu sein), und mit Sicherheit wird es Behauptungen geben, dass die bekämpften Ziele nichts mit Piraten zu tun gehabt hätten etc.
Ein paar Boote mehr oder weniger – das macht den Piraten wohl wenig aus. Ersatz ist schnell besorgt, nehme ich an. Außerdem: was ist wenn bei Angriffen an der Küste wirklich (oder angeblich!) Unbeteiligte zu Schaden kommen? Spielende Kinder wurden ja schon erwähnt.
Nein, ich meine, solange EU und NATO nicht wirklich GEGEN PIRATEN selbst vorgehen, also verhaften, einsperren, meinetwegen auch in Guantanamo 2, wird sich nicht viel ändern. Wir wissen doch alle (und die Piraten erst recht!), wie ungeschoren die Kerle davonkommen, selbst wenn sie auf frischer Tat ertappt werden. Mit Frischwasser und Treibstoff versorgt und: Bitte bitte lieber Pirat, aber nicht wieder tun, ja?
Am effektivsten wäre sicherlich, das Risiko für die Piraten so zu erhöhen, dass sie es sich zweimal überlegen, ob sie noch mal wieder ‚rausfahren. Also: Ernst machen mit der Bekämpfung. Skiffs und Mutterschiffe auf See versenken! Überlebende internieren.
Konvois werden schon lange gefahren, aber in der heutigen Zeit haben Reedereien nicht die Zeit ihre schnelleren Schiffe mit langsameren duch gefährliche Gewässer dümpeln zu lassen.
Private Sicherheitsteams leisten gute Arbeit und werden mit großer Wahrscheinlichkeit bei einem Kontakt mit Schußwaffengebrauch dafür sorgen das keine Beweise übrig bleiben. Da auf Ärger mit dem Staatsanwalt jeder an Bord verzichten kann.
In dieser Hinsicht besteht das Problem eigentlich nur mit Reedereien denen ihr Personal egal ist und keine bzw. billig Sicherheitsteams an Bord nehmen (ist anscheinend auch schon passiert).
Das Atalanta jetzt die Boote am Strand zerstören kann, ist vorallem ein Wirkungsgradgewinn aber keine Lösung des Problems. Bis jetzt konnten die Fregatten und Zerstörer die Piraten auch nur wieder an den Strand setzen und die Boote zerstören. Man musste sie aber in der gewaltigen Weite des Oceans suchen. Das man sich nun auf die Küste konzentrieren kann, zieht vorallem das Netz enger und erreicht das nicht mehr so viele auf den Ocean gelangen. Ein Boot mag zwar relativ schnell ersetzt sein, aber erstmal ist es ziemlich kaputt und kostet für dortige Verhältnisse richtig Geld. Das bedeutet die Piraten müssen auf irgendeine Weise reagieren und das kostet wiederrum Aufwand, Zeit und Geld.
Als Pirat wäre ich übrigens ziemlich genervt wenn alle 2 Wochen ein Hubschrauber der Küste entlang fliegt und mir mein Boot zusammenschießt.
Man sollte es einfach als ein paar zusätzliche Nadelstiche sehen welche das Geschäfft weniger lukrativ machen.
Die wirkliche Lösung ist nochmal eine ganz andere Sache und es wäre an der Zeit darüber Nachzudenken wie ein großer Masterplan aussehen könnte. Dieser wird sich aber nicht darin erschöpfen ein paar Bomben über Somalia abzuwerfen. Die Operation an der Wurzel verlangt erst mal viel politischen Papierkrieg, Grundsatzentscheidungen, politischer Wille usw…
@Bang50
„Ein Boot mag zwar relativ schnell ersetzt sein, aber erstmal ist es ziemlich kaputt und kostet für dortige Verhältnisse richtig Geld. Das bedeutet die Piraten müssen auf irgendeine Weise reagieren und das kostet wiederrum Aufwand, Zeit und Geld.“
Die steigenden Kosten werden einfach über die Lösegeldforderungen weitergegeben, so wie bisher auch.
„Als Pirat wäre ich übrigens ziemlich genervt wenn alle 2 Wochen ein Hubschrauber der Küste entlang fliegt und mir mein Boot zusammenschießt.“
Über mögliche taktische Antworten wurde ja schon gesprochen, aber im Extremfall sind in Somalia auch SA-7 und Nachfolgemodelle verfügbar, mit denen sich das Hubschrauberproblem erstmal lösen ließe. Man müsste vermutlich noch nicht einmal treffen; schon die Meldung des versuchten Einsatzes dürfte Atalanta sehr zurückhaltend werden lassen. Dank der Demokratisierung Libyens scheint vor Ort die Verfügbarkeit solchen Geräts ja zugenommen zu haben: http://news.sky.com/home/world-news/article/16175211
Ich spekuliere, dass eine SA-7 in Somalia für einen niedrigen fünfstelligen US-Dollarbetrag zu haben ist.
„Private Sicherheitsteams leisten gute Arbeit und werden mit großer Wahrscheinlichkeit bei einem Kontakt mit Schußwaffengebrauch dafür sorgen das keine Beweise übrig bleiben.“
Falls irgendwann einmal ein Piratenboot getroffen würde, müsste man dafür gar nicht aktiv sorgen. Die Schwerkraft bzw. eindringendes Wasser erledigen das dann von ganz alleine. Ein größeres Handelsschiff hält man nicht so ohne weiteres an, so dass jeglicher Versuch, irgendetwas zu bergen ohnehin zu spät käme. Aber dem Vernehmen nach wird den Piraten das Risiko meist zu hoch, wenn halbautomatisches Feuer in ihre Richtung geht.
Trotz des Fokus auf EUNAVFOR hier im Thread und den grundsätzlich diskutierten Problemen, sollten die anderen Task Forces/Operationen nicht ganz vergessen werden.
http://www.cusnc.navy.mil/cmf/150/index.html
http://www.cusnc.navy.mil/cmf/151/index.html
http://www.cusnc.navy.mil/cmf/152/index.html
http://www.manw.nato.int/page_operation_ocean_shield.aspx
Das alles bewegt sich dort unten rum. TF 152 natürlich eher im Bereich Arabischer Golf, ändert aber nichts an der übergreifenden Mission für alle drei Combined Task Forces.
Um mal die Diskussion etwas aus DEU zentrierten Fokus in weitere Gefilde zu lenken.
Es ist noch viel mehr zu beachten, als „nur“ die paar Schiffe von EUNAVFOR.
„Seine Vorstellung: vor allem vom Hubschrauber aus soll die Logistik an der Küste beschossen werden, nicht etwa von See aus mit Schiffsgeschützen.“
wuerden nicht bereits ein paar warnschuesse mit einem schweren MG dazu reichen einen abbruch eines hubschrauber einsatzes zu erzwingen? Das risiko auch einen zufallstreffer abzubekommen wird — angesichts der folgen einer notlandung — doch eher nicht von der einsatzleitung eingegangen werden?
Zu den Strela, hier in den kommentaren wurde geschrieben, dass die nach kurzer zeit schon nicht mehr einsatzfaehig waeren, wenn der nachschub an passenden patronen mit fluessigem stickstoff ausbleibt. Wieviel ist da dran?
@NMWC
Ist nicht unberücksichtigt, aber da die Deutsche Marine eben an Atalanta (und eben nicht an Ocean Shield) teilnimmt, liegt der Fokus hier aus meiner kleinen deutschen Perspektive auf der EU-Mission. (Übrigens hat die NATO ja vergangene Woche ebenso wie die EU bis 2014 verlängert, die Ausweitung auf den Strand allerdings nicht nachvollzogen…).
@ T. Wiegold
Weiss ich doch ;)
Wollte es nur grundsätzlich in Erinnerung rufen, da in letzter Zeit bei den Beitragenden im Forum immer wieder nur von den Schiffen von „Atalanta“ die Rede gewesen ist.
Und gerade die TF 150-152 werden m.E. etwas zu häufig „unterschlagen“. Dort beteiligen sich mitunter auch die anderen Nationen ausserhalb der NATO, sofern sie nicht rein national als Einzelfahrer/Einzelgruppe unterwegs sind.
@ SD … ja die Strela /igla /grinch plagt das gleiche problem wie andre manpads auch (zb stinger), sie müssen gekühlt werden und die batterien mit der gaskartusche können auch schonmal madig werden.
-> sie müssen aber NICHT dauerhaft gekühlt werden. nur unmittelbar vor dem abschuss
das hat vlt das isrealische flugzeug in Mombasa gerettet (der selbstzerstörungsmechanismus einer rakete war ebenfalls defekt)
Man kann es auf See nicht, die ja bekanntlich sehr übersichtlich ist, und nun will man es an Land tun! Die Reichweite der Hubschrauber zwingt die Trägerschiffe/-bote in Küstennähe und somit fehlen sie auf See! Der Einsatz hat unsere Streitkräfte bisher mehr als 300 Mio gekostet und zehrt an unserem Material und Personal. Wieviel wurde bisher investiert um die Hintermänner zu greifen? Was wurde bisher versucht um die Finanzströme zu unterbinden. Was wurde bisher investiert um die vernetzte Bekämpfung zum Erfolg zu führen?
@iltis + Bang50
Man hat einen gesicherten Schifffahrtsweg (IRTC) in beide Richtungen eingerichtet, auf dem „safe passages“ angeboten werden, die von Kriegsschiffen begleitet werden. Praktisch sieht das so aus, dass eine fürchterlich lange Perlenkette von Frachtschiffen durch die Gegend fährt und irgendwo an Anfang und Ende jeweils ein Kriegsschiff mitfährt. Manchmal auch nur eines in der Mitte, wenn nicht mehr Einheiten verfügbar sind. Wenn sich ein Handelsschiff bedroht fühlt, schickt man einen Hubschrauber – wenn verfügbar. Und wenn die Perlenkette zu lang ist, oder ein Handelsschiff meint, dass es darauf verzichten kann, haben die Piraten eben Glück und Erfolg.
Richtige Konvois sehen anders aus, kompakter, aufgestaffelt, mehr Eskorten, Zig-Zagging – alles ASW-Taktiken, die zudem die Gesamtgeschwindigkeit herabsetzen. Das macht man vor Somalia aus den verschiedensten Gründen nicht.
Wie ggf. effektive Schläge an Land aussehen könnten, hat recht kurz und knapp FK Albrecht bei der SWP in seinem Kommentar „Pirateriebekämpfung an Land: maritime Optionen Deutschlands “ beschrieben
http://www.swp-berlin.org/de/publikationen/kurz-gesagt.html
Wer allerdings immer noch an „saubere“ Luftschläge, etc. glaubt, die fein zwischen Piraten, etc. und unschuldigen Zivilisten unterscheiden, der hat wohl wenig bis nichts aus Afghanistan u.a. Konflikten der letzten Jahre gelernt.
Dabei bleibt auch unberücksichtigt, daß die Piraten hier bisher immer noch neue Antworten gefunden haben, zumal wenn die Gegenmaßnahmen so eindimensional und berechenbar bleiben. Menschliche Schutzschilde: vorhandene Geiseln oder noch zu nehmende sind eine Option. Einige in Somalia tätige NGOs prüfen daher, ob sie nicht besser das Land verlassen.
Beunruhigender ist aber der Trend der Politik, das Gewaltmonopol des Staates aus der Hand zu geben und in z.T. mehr als fragwürdige Hände zu übergeben. Die Menge bei privaten Sicherheitsunternehmen und PMCs (private military companies) allein auf und um den Indischen Ozean kursierenden Klein- und Kriegswaffen steigt ständig. Von effektiver Kontrolle kann keine Rede sein – schon gar nicht von der Qualität des Personals. Thomas Speckmann hat sich dazu treffend im Märchen des Marineforums geäußert: „Mit privatisierter Gewalt. Sicherheit vor Piraterie?“
http://www.marineforum.info/html/vpd.html
Zudem fällt in der Debatte und bei vielen Akteuren auf, daß sie weder etwas von der komplexen Materien Schifffahrt wie maritimer Sicherheit und schon gar nichts von der vielschichtigen Lage in Somalia verstehen. Ich treffe sehr sehr sehr selten in Profis, die z.B. wirklich von Berufswegen wissen, wie man Schiffe entern und verteidigen kann. Das kommt in der Regel auch weder im Ausbildungsprogramm eines Kapitäns noch im normalen Alltag von Spezialkräften geschweige denn normalen Soldaten vor. Das beunruhigendste dabei ist – daß auch in der politischen verantwortlichen Führung vielfach das Wissen über maritime Zusammenhänge und der Wille fehlen, in Somalia und andernorts ernsthaft umfassende Strategien zum Umgang mit Piraterie zu entwickeln.
Dazu ein lesenswerter Bericht von zwei Profis, die von Berufswegen wissen wovon sie sprechen, da sie bei SAS und SBS viele maritime Operationen (u.a. Falkland) durchgeführt haben. Interessanter Weise fragen sie daher „Are Weapons the Answer to Counter Ship Piracy?“
http://www.maritime-executive.com/pressrelease/ake-gac-piracy-report-are-weapons-answer-counter-ship-piracy-2011-02-09/
Piraterie werden wir nicht wegschießen können, so verlockend einfach das zu sein scheint.