Möglichst unauffällig: Neuer Beauftragter für PTBS im Amt
Mit dem Thema Post-traumatische Belastungsstörungen (PTBS) vor allem nach Auslandseinsätzen scheinen Bundeswehr und Verteidigungsministerium immer noch ein bisschen Berührungsängste zu haben. So müssen betroffene Soldaten, das beklagen der Wehrbeauftragte und Verbände immer wieder, unzumutbar lange auf die Anerkennung einer solchen Krankheit als Wehrdienstbeschädigung warten. Immerhin gibt es im Ministerium seit zwei Jahren einen Beauftragten für Post-Traumatische Belastungsstörungen, den Brigadegeneral Christof Munzlinger.
Nun ist Munzlinger planmäßig (und wie er es selber wollte) aus diesem Amt ausgeschieden, und es gibt einen Nachfolger (und nein, nicht die Nachfolgerin, die vor einem Jahr schon ausgewählt schien). Allerdings scheint dieser Personalwechsel und vielleicht auch dieser Auftrag für das Ministerium, nun, keine weitere Bedeutung zu haben. Dass jetzt es einen neuen Beauftragten PTBS gibt, stand bislang weder in den regelmäßigen Mitteilungen über Personalveränderungen in militärischen und zivilen Spitzenstellen, noch findet sich dazu ein Hinweis auf den Webseiten von Ministerium oder Bundeswehr. Vielleicht muss es ja nicht so bekannt sein. Der neue Beauftragte ist der bisherige stellvertretende Kommandeur der 13. Panzerdivision in Leipzig, Brigadegeneral Klaus von Heimendahl.
Dankenswerterweise hat die Kollegin Simone Meyer von der Welt den Personalwechsel mitbekommen, und weil es eine wichtige Geschichte ist, hier – entgegen meiner sonst üblichen Praxis – der Link: Die Bundeswehr hat einen neuen „Mr. PTBS“
Nachtrag: Die am 17. Dezember erscheinende Ausgabe von Bundeswehr aktuell enthält einen Bericht von der Übergabe des Amtes an von Heimendahl. Und da steht unter anderem über den neuen Beauftragten:
Auch wenn schon vieles erreicht wurde, so gibt es doch noch einigen Handlungsbedarf. Diesen sieht er beispielsweise in der Dauer der Verfahren zur Feststellung einer Wehrdienstbe- schädigung. Zunächst möchte er sich allerdings einen Überblick verschaffen und die Aufgabe in bewährter Qualität weiterführen, betonte von Heimendahl.
Munzlinger hat sich in der letzten Sitzung des Verteidigungsausschusses vor Weihnachten (also am Mittwoch) von den Parlamentariern verabschiedet und von Heimendahl vorgestellt. Heimendahl ist übrigens der Sohn des gleichnamigen Brigadegeneral Klaus von Heimendahl, der bis 1991 (glaube ich) Kommandeur Divisionstruppen der 5.Panzerdivision in Diez/Lahn war.
Tja. Aber hätte vielleicht einige über den Ausschuss hinaus interessiert? Zum Beispiel in der Truppe?
Ja da mögen sie recht haben Herr Wiegold, aber wesentlich wichtiger und interessanter für die Truppe wäre es, wenn man diese elende Bürokratie diesbezüglich herunterschrauben würde. Das würde mehr helfen.
@ChrisB
Das eine schließt das andere nicht aus. Und die Arbeit des bisherigen Beauftragten habe ich auch so verstanden, dass er zumindest versucht hat, gegen diese elende Bürokratie anzugehen.
Da haben sie Recht, wollte nur damit herausstellen, dass dies meiner Meinung nach NOCH wichtiger ist. Das es überhaupt einen solchen Beauftragten gibt, ist ein Anfang.
Vielen Dank für die Informationsweitergabe, die wie sie richtig festgestellt haben, in der Truppe diesbezüglich fehlt.
Nach jüngsten Ergebnissen aus der Dresdner Studie sind zwei Drittel der Soldaten, die im Einsatz traumatisiert werden, schon vorbelastet, haben also eine PTBS-Vorgeschichte, die weder diagnostiziert noch behandelt wurde. Das wirft die Frage auf, ob die Bundeswehr geeignete Auswahltests anwendet bei der Rekrutierung ihres Personals.
Auszug aus der „Welt“
Man mag sich vostellen was es für einen Betroffenen bedeutet einen Kampf um die von Herrn Wiegold erwähnte Wehrdienstbeschädigung zu führen. Deren Anerkennung, das wissen wir aus den Erfahrungen der Strahlenopfer, bedeutet oft einen langatmigen Kampf. Wenn ich mich nicht allzusehr täusche, wird hier gerade eine grosse Falle aufgestellt. Die Erkenntnis das 2/3 schon vorher krank waren hat nach meiner Einschätzung eine Bedeutung von enormer Tragweite.
So sehr ich es begrüße, dass es ein Soldat und keine „übrig gebliebene Büroleiterin“ ist:
Einsatzerfahrung hätte ich mir genau auf diesem Dienstposten gewünscht, wie eine Bezug zur Sanität.
Zwar OT, aber …
Ist Frau Simone Meyer mittlerweile die Hofberichterstatterin? Sie wird zunehmend als jeweils einzige Medienvertreterin zu BMVg-Events eingeladen. Wie frei kann man da noch sein? Das hat für mich einen komischen Beigeschmack.
Was Mr. PTBS betrifft, nun ja, andere Einsterner erhalten nichtmal von einem Staatssekretär einen Händedruck. Da heißt es „Tschüss und Hop“. Ich bin mir allerdings sicher, dass in der nächsten „Bw-aktuell“ etwas steht. Mal abwarten.
Daniel Lücking | 15. Dezember 2012 – 14:28
„Einsatzerfahrung hätte ich mir genau auf diesem Dienstposten gewünscht, wie eine Bezug zur Sanität.“
Ministeriale Bürokratieerfahrung und etwas „Juristerei“ sind wohl die eher die brauchbaren Dinge für den Job … leider.
Wie will man denn nachdiagnostizieren, dass bereits eine „PTBS-Vorbelastung“ vorhanden war? Man entschuldige bitte meine Unkenntnis, aber für mich hört sich das sehr danach an, als ob man da einfach etwas postuliert, Hauptsache man muss nicht zahlen.
@zog: Worum sonst soll es denn gehen???
@Arne
Wenn jemand wie die Kollegin engagiert bestimmte Entwicklungen verfolgt und deshalb mit ihren Informationen vorne liegt, hat das wenig mit Hofberichterstattung zu tun. Oder haben Sie inhaltliche Gründe, ihr so was vorzuwerfen?
@ zog
Vermutlich. Wobei sich mir die Logik nicht ganz erschließt:
– Entweder zieht das Berufssoldatentum sehr überdurchschnittlich Leute mit Macken an, oder
– 2/3 der Deutschen sind PTBS-vorbelastet
Das erscheint mir jetzt beides erstmal sehr unwahrscheinlich. Hat da wer nen weiterführenden Link, was mit „PTBS-Vorbelastung“ überhaupt gemeint ist?
@ zog, iltis, J.R.
Denken – Drücken – Sprechen sollte sinngemäß auch hier gelten. Und beim Denken hilft vorheriges und genaues Lesen.
2/3 aller Erkrankten haben eine Vorbelastung, nicht 2/3 aller Soldaten. Gelingt es bei der Einstellungsuntersuchung diese Vorbelastung der Bewerber zu erkennen, kann man verhindern, dass sie bei Einsätzen erkranken, in dem sie nicht als Soldaten übernommen werden oder eben nicht in Einsätzen verwendet werden. Wichtig ist es demnach auch, die bereits aktiven Soldaten entsprechend zu untersuchen.
Die Hilfsmaßnahmen könnten sich dann auf das leider noch verbleibende eine Drittel konzentrieren, was sicher auch zu einer schnelleren Bearbeitung der Anträge führt.
J.R.
Es steht im Artikel der WELT etwas von Vorbelastungen. Das muss nicht zwangsläufig etwas direktes mit PTBS zu tun haben, sondern kann sich der gleichen Mechanismen bedienen, die über kurz oder lang zu PTBS oder anderer Erkrankungen aus dem Spektrum führen.
Gezielte Auswahlverfahren werden ethisch noch nicht durchseztbar sein, aber ein Auswahlverfahren, welches extreme Stressoren einsetzt, wird mittelfrsitig zu besseren Resultaten führen und auch derzeit vertretbar sein.
Da nur 3% der heimkehrenden Soldaten unter PTBS leiden und ja auch nicht alle ‚draussen‘ waren, sind diese Zahlen letztlich noch nicht wirklich beweisend aber hinweisend für bestehende Resilienzfaktoren, die es auch tatsächlich gibt. Ich bin nun gewiss kein Fachmann aber meines Wissens, ist das Wissen um Epigenetik und psychologische Erkrankungen beim Menschen brandaktuell aber noch nicht sehr alt. Belastbares habe ich noch nicht, kann aber etwas in die Richtung anbieten, dass den Pathomechanismus näher und derzeit vielversprechend beleuchtet.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23020296
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22692566
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22332656
@all
Siehe Nachtrag oben.
@ M.D.
Eben. Vorbelastung. Wenn ich mir einen Knochen breche oder eine Straftat begehe, dann ist der bzw. mein Ruf vorbelastet. Im Sinne von „da war mal was“.
Das ist halt was anderes wie ne Prädisposition/Veranlagung/Anfälligkeit.
Letztlich ist das halt der Unterschied zwischen einer verschwiegenen Krankengeschichte und einem unerkannten Geburtsfehler. (Wobei „Geburtsfehler“ in dem Fall nur ein Beispiel ist. Was biologische Faktoren für den Umgang mit Stress angeht ist die Faktenlage ja noch sehr dünn. Anderes dürfte da deutlich ausschlaggebender sein.)
@Hamburger: D-D-S, jaja, kennen wir schon. Ob Sie es mögen oder nicht – die meisten „Hilfs-“ Organisationen wie Versicherungen , Berufsgenossenschaften und warum denn nicht auch die Bw im PTBS- Umfeld, beschäftigen sich in einem nicht geringen Ausmaß mit dem Abbügeln von Ansprüchen. Natürlich muß man sich absichern, damit keine ungerechtfertigten Ansprüche ausgeglichen werden.
Trotzdem ist es nicht selten so, daß sich der Antragsteller einer Horde von gut ausgebildeten Anwälten und von der Gegenpartei bezahlten Gutachtern gegenüber sieht. Und selbst hat er an seiner Seite in der Regel einen einzigen Anwalt, der den Fall zwischen zwei Scheidungen und einem Führerscheinentzug mit einbaut.
Und noch eins zum Schluß, Hamburger: Wenn der Bw bei den Eignungsuntersuchungen Vorbelastungen nicht auffallen, kann das doch wohl nicht das Problem des Geschädigten sein? 2/3 der PTBSler bleiben dann im Regen stehen, weil man sich nur um bestimmte Opfer kümmern will? Das ist ja wohl…