Bundestag billigt Gesetz zur schnelleren Entlassung von Extremisten aus der Bundeswehr
Mit einer Neuregelung im Soldatengesetz sollen künftig Extremisten schneller aus der Bundeswehr entlassen werden können. Der Bundestag verabschiedete am (heutigen) Freitag die neue Gesetzesfassung. Sie sieht auch für Zeit- und Berufssoldaten eine direkte Entlassungsmöglichkeit vor, wenn sie in schwerwiegender Weise Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung unterstützen. Gegen die Entlassung per Verwaltungsverfahren ist dann eine Klage möglich, ein vorheriges Disziplinarverfahren ist aber damit nicht mehr erforderlich.
Mit der Neufassung setzt die Koalition aus SPD, Grünen und FDP eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag (in dieser Fassung auf S. 150) um: Alle Angehörigen der Bundeswehr müssen unzweifelhaft auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen. Wir werden Dienst- und Arbeitsrecht anpassen, um Extremistinnen und Extremisten umgehend aus dem Dienst entlassen zu können.
Kern der Neuregelung (Bundestagsdrucksache 20/8672) ist ein neuer Absatz im Paragrafen 46 des Soldatengesetzes:
Ein Berufssoldat ist zu entlassen, wenn
1. er als Einzelperson in schwerwiegender Weise Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat,
a) die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben,
b) die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder
c) die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind, und
2. sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Vertrauen der Allgemeinheit in die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.
Ebenso wird entlassen, wer einen Personenzusammenschluss nachdrücklich unterstützt oder unterstützt hat, der seinerseits die in Satz 1 genannten Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat.
Diese Regelung wird in einem anderen Paragrafen auch für Zeitsoldaten eingeführt.
Bislang war die direkte Entlassung als extremistisch eingestufter Soldaten und Soldatinnen nur möglich, wenn sie als Zeitsoldaten nicht länger als vier Jahre bei der Truppe waren. Danach war ein Disziplinarverfahren vor dem Truppendienstgericht erforderlich, dass sich über mehrere Jahre hinziehen konnte. Mit der Neuregelung gilt zunächst die Entlassung, die aber vor einem Verwaltungsgericht angefochten werden kann.
Das neue Verfahren hatte das Verteidigungsministerium bereits im vergangenen Jahr vorgesehen, damals noch unter der Ministerin Christine Lambrecht. Die Neufassung wurde von ihrem Nachfolger Boris Pistorius aufgegriffen.
Die Mehrheit der Koalitionsfraktionen billigte die Gesetzesänderung im Plenum des Bundestages, während sowohl die Unionsfraktion als auch die AfD dagegen stimmten und die Linke sich enthielt. Die Union begründete ihre Ablehnung damit, dass durch den Verzicht auf das Verfahren vor dem Truppendienstgericht ein diskriminierender Systemwechsel vorgenommen werde, der sich auf unbestimmte Rechtsbegriffe stütze und damit unverhältnismäßig sei. Die AfD warf der Regierungsmehrheit eine Rückkehr zum Vorgehen der Nationalsozialisten vor: Die Ampel knüpfe an an die Rechtslage, wie sie bis ’45 gegolten hat, sagte ihr Abgeordneter Jan Ralf Nolte, der Soldat ist.
Zuvor hatte der Bundestag eine ähnliche Regelung für die Beamten und Beamtinnen der Bundesverwaltung gebilligt (Bundestagsdrucksache 20/6453). Auch dieses Gesetz wurde mit den Stimmen der Koalition gegen Union und AfD bei Enthaltung der Linken angenommen.
Muss man dann nach der Entlassung per Verwaltungsverfahren beweisen, dass man eigentlich unschuldig ist und die Entlassung ohne Grund erfolgte? Ich dachte immer man ist so lange unschuldig, bis die Schuld bewiesen wurde.
Ich hoffe mal dass der Verwaltungsbeamte, Chef oder Kommandeur nicht derjenige ist, der jetzt erst einmal die Schuld feststellt.
Verjährt denn auch das Ganze? Es ist ja anscheinend auch immerhin die Rede davon, dass es um Vorgänge geht, die in der Vergangenheit liegen. Es gibt sicherlich den einen oder anderen Aussteiger aus rechtsextremen Szene die noch Dienst tun, die aber inzwischen geläutert sind. Müssen die auch jetzt um ihre Dienststellung bangen?
In der Sache richtig, rechtsstaatlich und rechtssystemstisch falsch.
Die Gesetzesänderung sollte eigentlich nur bei einer äußerst kleinen Personengruppe Anwendung finden.
Durch die unbestimmten Rechtsbegriffe werden bestimmt bald Soldaten ins Visier genommen, die offen bekunden, die AfD gewählt zu haben.
Ich habe die Scharen von Freiwilligen von CDU und AfD vermisst, die den islamistischen Gefährder beim täglichen Dienst begleiten wollten da er nicht entlassen werden konnte.
So als kleines Bon-Bon für den Leser;
als der Staatssektretär erfuhr das man den nämlichen Kameraden ins zuständige Kommando an die Hardhöhe versetzen wollte erwürgte er dieses Kronjuwel der Personalplanung im Ansatz. Ergo durfte der Verband sich weiter mit der Kausa herumschlagen.
Das Disziplinarverfahren ist auch nicht das verfahrenstoppende Hindernis. Da es sich in den meisten Fällen um einen Straftatbestand handelt, wird das Verfahren nämlich erst einmal an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben um Doppelbestrafung zu verhindern. Erst nach der Behandlung durch die zivilen Instanzen geht es dann in die Prüfung durch den zuständigen Wehrdisziplinaranwalt und ggfs vor das Truppendienstgericht. Da in diesem Fall die Bundesstaatsanwaltschaft den Fall an sich zog vergingen an der Justizfront mehr als drei !! Jahre bevor der Vorgang zurück an den Disziplinarvorgesetzten ging.
Insofern begrüsse ich diese Änderung ausdrücklich, da sie den Betroffenen nicht den Rechtsweg verwehrt, jedoch die Truppe und die Sicherheitsbeauftragten nicht vor schier unlösbare Probleme stellt.
[Ich ahne irgendwie, was Sie sagen wollen, aber vielleicht lässt sich der Sachverhalt etwas klarer darstellen? T.W.]
Grundsätzlich verstehe ich die Absicht hinter dieser Änderung, die sich aber im großen und ganzen aber mit einem Problem beschäftigt, das in der Bundeswehr extrem selten vorkommt und für das abgesehen von einer besseren personellen Ausstattung der Wehrstrafgerichte gar kein Handlungsbedarf besteht. Wenn ich den Entwurf richtig verstanden habe sind die Vorgaben extrem schwammig, was den konkreten Tatvorwurf und Tatzeitpunkt (es scheint dafür keine Verjährung zu geben) betrifft. Hinzu kommt, dass man damit eine Art Beweislastumkehr einführt, da man im Nachhinein in einem Verfahren seine Unschuld beweisen muss. Finde ich rechtsstaatlich gesehen äußerst schwierig. Da bin ich mal gespannt, wie lange das Bestand hat , wenn jemand dagegen klagt. Zweckmäßiger wäre es gewesen generell die vier Jahre Schonfrist auf acht anzuheben, dann würde man ganz andere Problemfälle los werden, die allerdings keine Extremisten sind. Bei Berufssoldaten finde ich ein sauberes rechtsstaatliches Verfahren für den Rauswurf nicht verkehrt, die bekommen dann zwar weiter ihr Gehalt, aber das kann man auf einen Bruchteil runter kürzen.
Interessant ist auch, dass in diesem Gesetz Neuregelungen zum Beurteilungswesen getroffen wurden und man vermutlich die PEB damit legitimieren will. Will das ganze aber nicht in den OT führen.
mal sehen was die Gesetzesänderung bringt, sind doch Staatsdiener überproportional für die AFD in Amt und Würden (was sich im übrigen mit dem oft geäußerten Selbstverständnis der AFD beißt).
Dass Menschen wie Herr Nolte 1. Soldaten sind und 2. mit ihrer Ideologie im Bundestag sitzen (und dort Zwielichtigen Personen Hausausweise „beschaffen“), macht mir als Bürger Angst. Ich jedenfalls glaube nicht, dass Herr Nolte die FDGO gegen Putin verteidigen würde.
Wenn dann Staatsdiener in der AFD wenigstens ihre bequeme „Rückfallposition Staatsdienst“ beim Verlust des Mandats verlieren, ist das nur zu begrüßen.
@K Klein
Freistellung vom Dienst ist auch eine Möglichkeit, dabei Uniformtrageverbot.
@TW
Soweit ich sehe müssen die Tatbestände beider Artikel (1 + 2) erfüllt sein? Die in Absatz 1 genannten Tatbestände sind doch eh Straftaten, die ein Entfernen aus dem Dienstverhältnis rechtfertigen. Rechtsstaatlich gilt ein Beschuldigter bis zur Verurteilung als unschuldig, das wird hier aufgehoben. Wie gesagt, eine Freistellung bis zum Urteil wäre da besser und rechtlich m.M.n. sauberer.
Wie sieht das eigentlich aus, wenn der Entlassene vor einem Gericht obsiegt? Wird er dann wieder eingestellt? Er müßte dann ja so gestellt werden als hätte es die Maßnahme nicht gegeben.
„Muss man dann nach der Entlassung per Verwaltungsverfahren beweisen, dass man eigentlich unschuldig ist und die Entlassung ohne Grund erfolgte? Ich dachte immer man ist so lange unschuldig, bis die Schuld bewiesen wurde.“
Das ist im Strafrecht so, nicht aber generell im Leben. Ist gut, dass Sie fragen, so kann das schon früh geklärt werden.
@all
Etliche Kommentare zeigen, dass da einiges ziemlich durcheinandergerät. Eine Entlassung ist keine Maßnahme des Strafrechts – wenn ein ziviler Arbeitnehmer (Korrektur, nicht Arbeitgeber) entlassen wird, ist das ja auch kein Strafrechtsurteil. Deshalb wäre es ganz gut, wenn das nicht weiter durcheinandergewürfelt würde.
Es geht um Fragen von Dienst- und Verwaltungsrecht. Unter dem Aspekt kann man sicherlich die Neuregelung auch kritisch sehen. Aber die Kommentare, die so tun, als würde ein Strafrechtsurteil exekutiert, die lassen wir jetzt mal weg.
@TW: „wenn ein ziviler Arbeitgeber [?] entlassen wird“ – gemeint ist wohl eher ArbeitNEHMER, oder
[Stimmt, danke. Ist korrigiert. T.W.]
@TW
Ich vermute, Sie haben vielleicht deswegen meinen Kommentar (noch ) nicht freigegeben. Allerdings werden m.M.n. in Absatz 1 durchaus strafrechtlich relevante Tatbestände als Grundlage für die Entfernung aus dem Dienst angegeben, so daß bisher der Dienstherr bzw. dann die StA beweispflichtig waren.
Zudem handelt es sich auch um sicherheitserhebliche Erkenntnisse, die zur Einstufung der Person als „Sicherheitsrisiko“ führen können.
@TW
Das ist ein guter wichtiger Hinweis.
Bei jedem normal Angestellten kann der jederzeit gekündigt werden, fristgerecht oder sogar fristlos. Dagegen kann man sich recht einfach wehren, man muss nur vors Arbeitsgericht ziehen.
Gut der Soldat muss vors Verwaltungsgericht….
PS: Das Beschimpfen eines schwarzen Arbeitskollegen kann zb eine fristlose Kündigung rechtfertigen, der AN verliert dann sehr wahrscheinlich vor dem Arbeitsgericht.
Boah Unionsfraktion ey – Facepalm und Fremdschäm. Wenn die o.g. Kriterien aus Sicht der Union „unbestimmte Rechtsbegriffe“ sind stellen sich mir so einige Fragen zum Staats- und Rechtsverständnis der aktuellen Unionsfraktion. Man kann die Änderung des SG ja für falsch halten und ggf. das besondere gegenseitige Fürsorge- und Treueverhältnis als Grund benennen, am vorgeschalteten gerichtlichen Verfahren festzuhalten – aber DAS Argument ist ja nun wirklich absoluter Nonsens.
Ich begrüsse die Neuregelung. Man gleicht de-facto das Soldatengesetz in diesem Bezug dem an, was im Arbeitsrecht schon lange gilt. Das ist aus meiner Sicht auch nachvollziehbar, weil gerade die. FDGO-Treuepflicht des Soldaten herausgehoben ist.
@ stiller Mitflieger sagt:
17.11.2023 um 22:03 Uhr
On point ;-)
Ob das nun besonders klug war, auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu setzen, muss sich alles erst noch erweisen. Hatten wir so ähnlich doch schon mal. Man nannte es volkstümlich „Extremistenbeschluss“ mit dem bestimmte Leute aus dem Staatsdienst(z. B. Lehrer) ferngehalten werden sollten. Wie zu erwarten klappte das nur bedingt, da in der Regel immer eine Einzelfallbeurteilung zu Grunde liegt, jeder Verwaltungsrichter „seine“ Sichtweise auf die Dinge hat(te), keine Rechtsfehler nachweisbar waren und somit dank der richterlichen Unabhängigkeit die Dinge kaum bis zum Oberverwaltungsgericht vorgedrungen sind..
Zwangsläufig wurde die Überprüfung für den Staatsdienst/Öffentlichen Dienst ob eine Person auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht aufgrund völliger desolater und eben -siehe oben – uneinheitlicher Ergebnisse zu Recht eingestellt und abgeschafft. Die politische Erkenntnis war damals, dass der Staat durch Gesinnungsschnüffelei nur verlieren kann.
Im Übrigen bin ich auch sehr auf eine juristisch saubere Definition von „schwerwiegend“ gespannt, ebenso auf die Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs v o r so einer gravierenden Maßnahme der Entfernung aus dem Dienst ganz zu schweigen von der Beweislastumkehr.. Das Ganze hat ein gewisses Geschmäckle.
Ich halte die Neuregelung, so wie sie beschlossen wurde, für fragwürdig.
Zum einen handelt es sich hier um kein Ermessen mehr. Der „Berufssoldat IST(!) zu entlassen“ (analog für SaZ). Das ist schon hart und eine deutliche Verschärfung zur aktuellen Rechtslage für SaZ, die innerhalb von vier Jahren entlassen werden können: „Ein Soldat auf Zeit KANN(!) während…“. (§ 55 Abs. 5 SG). Sind die Tatbestandsmerkmale der Ziffern 1. und 2. erfüllt, heißt es, die Kutte ausziehen.
Ob das wirklich so verfassungsfest ist, habe ich meine Zweifel. Man stelle sich nur mal vor, zwei Soldaten (1 x SaZ mit 5 Dienstjahren, 1 x BS mit 30 Dienstjahren; Dienst bisher tadellos) rutschen auf der Maus aus und geben einen „Daumen hoch“ auf Facebook für einen rechtswidrigen Beitrag. Beide wären zu entlassen. Ob das im Fall des BS mit dem besonderen Treueverhältnis in Einklang zu bringen ist (Art. 33 Abs. 4 GG), habe ich äußerste Zweifel. Immerhin wird die Entlassung mittels Verwaltungsakt besiegelt – ohne gerichtliches Verfahren (wie bisher).
Um es festzuhalten:
Die Idee dahinter, Extremisten schneller aus dem Dienst zu entfernen, halte ich für absolut notwendig. Diese haben im ÖD bzw. in der Streitkräften nichts zu suchen. Aber aus meiner Sicht macht es sich die Politik sehr einfach: Anstatt die Gerichte / Truppendienstgerichte mit mehr Personal (= mehr Geld) auszustatten, wird einfach das Recht geändert (= keine Kosten) in der Hoffnung, dass das schon durchgeht. Zudem kann die Politik sagen, man hat ja was getan….
Zitat: “
DD sagt:
17.11.2023 um 20:18 Uhr
Grundsätzlich verstehe ich die Absicht hinter dieser Änderung, die sich aber im großen und ganzen aber mit einem Problem beschäftigt, das in der Bundeswehr extrem selten vorkommt..“
Man mag nun über die Definition „extrem selten“ streiten.
In meinen 10 Monaten ist mir das drei mal untergekommen und da gab es noch keine afd.
Der letzte Satz ist so meiner Meinung nach vor Gericht kaum zu halten, wenn die vorherigen Maßstäbe so ungenau sind. Was ist „nachdrücklich unterstützt oder unterstützt hat“?? Damit wäre jedes Mitglied bzw. jeder Förderer der Roten Hilfe umgehend aus dem Bundesdienst zu entlassen. Bei Soldaten sicher eher selten, in der Beamtenschaft aber sicherlich in Einzelfällen vorhanden… Müssen dann z.B. bei der AfD die Landesverbände unterschieden werden? Rheinland-Pfalz noch ok, Thüringen aber Entlassung? Reicht bei einem Islamisten der regelmäßige Besuch und Spenden in einer radikalen Moscheegemeinde? Ich befürchte, die Gesetzesänderung ist gut gemeint, aber in der Praxis wird ein Teil der Fälle auch damit nicht „zu knacken“ sein, sondern vor Gericht kassiert werden.
@Dude: Die Sache mit der völlig unklaren Verjährung ist in der Tat ein Ding… Ich kannte da den einen oder anderen Feldwebel, der in jungen Jahren Anfang der 1980er in schlechten Kreisen (ex- MC Bones, ex-Skinhead) verkehrte, dann aber nach dem Dienstantritt via Wehrpflicht zügig den Ausstieg schaffte und sich nie etwas hat zu schulden kommen lassen. So sinnvoll die Grundidee, da muss der Dienstherr sehr aufpassen, damit das Mißbrauchspotential (!!) dieser Regelungen keine höheren Vorgesetzten in Versuchung führt…
@alle
Das mit der angeblichen Bewrislastumkehr ist nicht wegzukriegen oder?
Der zivile AG führt auch keinen Strafprozess, sondern es reicht wenn er davon überzeugt ist („genug Beweise“), dass das Fehlverhalten des Mitarbeiters stattgefunden hat. Störung des Betriebsfriedens fertig.
Der AN kann dagegen klagen, wenn er der Meinung ist er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen/ihm ist nichts nachweisbar und fertig.
Da ein „arme Rechtsextreme Soldaten“ Fass aufzumachen ist da schon gewöhnungsbedürftig.
PS: für einen isolierten Like wird schon keiner entlassen, für einen menschenverachtenden eigenen Post hoffentlich schon…
@Dominik
„… für einen isolierten Like wird schon keiner entlassen, …“
Das (der ?) Bohai um ein „Instagram-Like“ des Oberstlt Marcel B. ist Ihnen noch in Erinnerung?
[Der OTL, stv Vorsitzender Bundeswehrverband, wurde keineswegs entlassen, wie Sie hier insinuieren. Kommentare, die nicht zwischen Kritik und Entlassung unterscheiden, brauchen wir an dieser Stelle nicht. Damit ist dieser OT auch erledigt. T.W.]
Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist bei dem Paragraphen überhaupt nicht einschlägig, weil hier die Verwaltungs- und nicht die Strafgerichtsbarkeit bemüht wird. Selbst wenn einige der Tatbestände (z.B. „Anwendung von Gewalt“) u.U. Straftatbestände erfüllen, so stehen die beiden Verfahren mehrheitlich nebeneinander und sind zunächst einmal unabhängig. Auch wenn die Verwaltungsgerichte sicherlich den Ausgang eines mögl. Strafverfahrens abwarten werden.
Dominik sagt:
18.11.2023 um 14:33 Uhr zur Beweislastumkehr: 1A! Manchmal will man es aber wohl nicht verstehen…
Und was – in den angeführten Regelungen zugegebenermaßen reichlich vorhandene – unbestimmte Rechtsbegriffe angeht: Damit umzugehen sind wir Juristen an den Verwaltungs-(und Truppendienst-)Gerichten gewohnt, ihre Ausfüllung ist letztlich Handwerksarbeit.
Ebenso dürfte die Angst vor Mißbrauch unbegründet sein, weil es – dem Rechtsstaat sei Dank – über jedem die Entlassung überprüfenden Verwaltungsgericht zwei weitere Instanzen gibt.
Die Überlastung der Truppendienstgerichte mangels personeller Ausstattung war über Jahre bekannt und ist über Jahre offenen Auges hingenommen worden… (OT Ende).
Es ist mir unverständlich, warum hier ein Großteil der Kommentare mit dem Strafrecht hantiert. Eine Straftat ist nach dem Entwurf nicht Voraussetzung für eine Entlassung, kann es aber sein.
Es geht doch schlicht und einfach darum, den ganzen diziplinarrechtlichen Strang zu vereinfachen, damit das ganze Verfahren nicht ewig dauert. Wobei ich da wenig Hoffnung habe, im Regelfall dauern Verwaltungsgerichtsverfahren momentan ca. 2 Jahre.
@mountain1780
„… – über jedem die Entlassung überprüfenden Verwaltungsgericht zwei weitere Instanzen gibt.“
Grundsätzlich kann aber das VG den Rekurs am OVG oder in BW am VGH als für nicht zulässig erklären.
Hier mit „Beweislastumkehr“ zu jonglieren ist nicht nur formal (Verwaltungs vs Strafrecht) ein Holzweg sondern auch inhaltlich, sachlich: Jede(r) StaatsdienerIn (ob mit oder ohne Uniform) hat jederzeit die Gewähr zu bieten, dass er/sie auf unmissverständlich zum GG steht und jeden Zweifel daran zu vermeiden bzw auszuräumen. Man stelle sich die Parallele bei den fachlichen Qualifikationenen vor (. . . beweisen Sie mir mal, dass ich die Diplome/Erfahrungen nicht habe . . . ).
@ mountain 1780 (und andere)
Der ein oder andere, der sich hier sehr spitzfindig einlässt, sollte dann aber auch ebenso korrekt sein und Ableitungen aus (zivilen) Arbeitsverhältnissen auf Soldaten/Richter/Beamte unterlassen.
Das ist ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen, der nicht weiterführt.
@Mountain1780: Grundsätzlich kann natürlich jeder Mißbrauch durch den Gang vor Gericht beseitigt werden. Aber das dauert Jahre. Und ein Machtmissbrauch im Öffentlichen Dienst funktioniert anders. Will man einen sehr guten und überlegenen Bewerber auf eine seltene / hervorgehobene Stelle aus persönlichen oder politischen Gründen unbedingt verhindern oder eine Karriere ausbremsen, dann wird ein Gespräch angesetzt, in dem zum Beispiel vermeintliche „Leichen im Keller“ angesprochen werden. Auch beliebt: Einträge in die Personalakte machen, die vor Gericht niemals durchkämen. Der Verweis auf den Rechtsweg ist dann natürlich klar und wird dokumentiert. Dann aber wird dem Bewerber außerhalb (!) des dokumentierten Gespräches klar gemacht, dass man bereit sei, wegen der Sache durch alle Instanzen zu gehen. Und nach drei Jahren vor dem Verwaltungsgericht sei jede Karriere vorbei und die ursprüngliche Stelle sei endgültig besetzt. In meinen zwei Jahrzehnten im Öffentlichen Dienst (Soldat, Beamter) habe ich sechs solcher Fälle aus der Nähe erlebt, davon zwei bei der Bundeswehr. Es gibt nur einen Fall in der dt. Rechtsgeschichte, dass das Bundesverwaltungsgericht am Ende konsequent durchgriff und die Entfernung des Präsidenten eines Oberlandesgerichts aus dem Amt verfügt hat, weil eine Landesregierung kriminell den weit besseren Bewerber verhindern wollte – und der dann doch die Stelle mit dem Umweg über Leipzig bekam. Also: Mein Wunsch ist, dass die bislang deutlich fairere militärische Personalauswahl, nicht durch die hier diskutierte Gesetzesänderung leiden wird. Es ging mir nicht um einen flächendeckenden Mißbrauch…
@ Dominik
Aus meiner Sicht ist es nicht richtig, das Dienstverhältnis der Beamten und Soldaten mit dem der Arbeitnehmer zu vergleichen..
Es handelt sich zweifellos um ein gesetzliches Dienst- und Treueverhältnis und nicht um einen Dienstvertrag gemäß BGB. Nur aus diesem Grund muss auch klar geregelt sein, wer aus welchen Gründen wie entlassen werden kann.
Aus meiner Sicht ist die Gesetzesänderung reine Symbolpolitik und handwerklich wenigstens fragwürdig, tendenziell eher rechtsfehlerhaft.
@mountain1780
wenn ein Gesetz derart schwammig formuliert ist, sollte es nicht Aufgabe von Juristen an den Verwaltungs- oder Truppendienstgerichten sein diese mit Leben zu füllen, sondern das Gesetz sollte dies vorgeben. Denn bei fünf Juristen hat man wieder fünf unterschiedliche Auslegungen. Wenn ein Gesetz so formuliert ist, ist das für mich ein Hinweis, dass entweder keine (guten) Juristen daran gearbeitet haben oder ihre Beratungsleistung bei den entsprechenden Politikern nicht durch kam. Das ist somit einfach ein handwerklich schlechtes Gesetz.
Nach diesem Gesetz gibt es kein Ermessen mehr und man muss den Soldaten sofort entlassen. Klar kann er sich durch das Verwaltungsgericht wieder rein klagen, aber das dauert Jahre und kostet Geld, das derjenige dann aufgrund Wegfall der Bezüge nicht mehr haben wird. Schwierig finde ich auch, dass eine Klage vor dem Verwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung auf den Entlassungsakt hat, wie es sonst im Verwaltungsrecht der Fall ist.
Beweislast gibt es nicht nur im Strafrecht, jeder Verwaltungsakt unterliegt einer Beweislast durch die anordnende Behörde. Man würde doch im Baurecht auch nicht einfach eine Anordnung zum Abriss einer neu gebauten Garage mit dem Hinweis, der Bearbeiter wäre der Meinung, die Garage erfülle die gesetzlichen Vorgaben nicht und man könne dann ja das Gegenteil vor Gericht beweisen, zustellen und sie direkt abreissen lassen.
Der Wegfall einer Verjährung verstößt auch gegen den Rechtsfrieden und ist mMn. verfassungswidrig.
Das Problem, dass ein Verfahren im Schnitt vier Jahre vor dem Truppendienstgericht dauert, hat man ja richtig erkannt. Aber dann ist man in der Entscheidungsfindung massiv falsch abgebogen und hat so einen Wust zusammengeschustert, anstatt einfach das Personal in den Truppendienstgerichten aufzustocken, womit man auch alle Verfahren beschleunigen könnte und nicht nur die von Extremisten, die ja glücklicherweise nur einen sehr kleinen Teil der Verfahren ausmachen.
Also wenn es
– zuvor (über Jahrzehnte) so war, dass der Dienstherr VOR der Entlassung beweisen musste, dass ein derart eklatantes Fehlverhalten vorlag, das die Entfernung eines Berufssoldaten/Beamten aus dem Dienstverhältnis rechtfertigt und
– nunmehr der Berufssoldat/Beamte NACH der bereits erfolgten Entlassung beweisen muss, dass kein (derart eklatantes) Fehlverhalten vorlag, das die Entfernung aus dem Dienstverhältnis rechtfertigt,
dann mag der Begriff „Beweislastumkehr“ hierfür de jure nicht zutreffend sein, de facto findet jedoch eine Umkehr im Verfahren statt.
Man darf hoffen, dass der Dienstherr dieses Schwert mit Bedacht nutzt.
Nach dem, was ich bisher von Bw-internen Verwaltungsverfahren mitbekommen habe (inklusive BAIUDBw), kann ich nicht glauben, dass eine nennenswerte Beschleunigung zu den Verfahren am Truppendienstgericht realistisch ist.
Zudem fehlt der Verwaltung die Chuzpe, auch mal „einfach mal zu machen“. Da wird noch hundertmal mehr abgewogen, als beim Disziplinarvorgesetzen, denn am Ende steht der (eigentlich nicht selbst betroffene) Sachbearbeiter oder sein Cheffle monatelang im Gerichtssaal.
Das will keiner, kann ich auch verstehen.
Nicht einmal läppische Ordnungswidrigkeiten werden ernsthaft verfolgt. (Corona, IfSG…)
Man möge mich belehren, wenn ich falsch liege. Vielleicht gibt es ja auch noch andere Verwaltungen und ich kenne nur die zahnlose. 🤔
@ Stöber
Ich hoffe, dass man eben nicht „einfach mal macht“ hier geht es um berufliche und persönliche Schicksale/Existenzen.
Der ein oder andere weiss womöglich, wie es ist, wenn man aufgrund eines jahrelangen Disziplinarverfahren nicht ge- und befördert werden kann, was das mit einem macht, insbesondere, wenn am Ende herauskommt „nichts gewesen“.
Wie muss es dann erst sein, jahrelang darauf warten zu müssen, wieder in den Dienst zurück zu dürfen.
Wie sich diese Neuerung mit den „althergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentum“ vereinbaren lässt, wird sich ja möglicherweise in Zukunft höchstrichterlich klären.
[Mal nur als Beispiel: Solche Kommentare von erstmals hier auftretenden Kommentatoren, noch dazu nachdem die Debatten über entsprechende Gesetzesänderungen seit Jahren laufen, zeigen schon, was hier versucht wird. Weitere Versuche dieser Art stoppe ich. T.W.]
Hm, Interessant.
Mich würde einmal interessieren, wie die juristische Bewertungsgrundlage eines „Extremisten“ aussieht (schwerwiegender Weise/Vorbereitungshandlungen/Gedanken der Völkerverständigung usw.).
Wieso wird sich gerade „jetzt“ nach jahrzehntelange Terrorgefahr um solche Sachverhalte Gedanken gemacht?
Reicht da schon ein Abweichen der Mainstream-Meinungen aus? (Pro-Russisch/Anti-NATO, Pro-Israel/Anti-Palistina) Pro-Corona/Anti-Corona – oder steht man als AfD-Wähler stärker unter Beobachtung? ;)
Für mich ist diese Gesetzesfassung nicht ganz nachvollziehbar und hat irgendwie einen komischen Beigeschmack aber gut, liegt vielleicht am Kaffeesatz ;)
Ich hoffe sehr, dass Wähler einer Partei, deren Landes und Jugendorganisationen von mehreren Gerichten und Verfassungsschutzbehörden als gesichert rechtsextremistisch und verfassungfeindlich eingestuft werden, durchaus stärker unter Beobachtung.
Für gewöhnlich teilt man als Wähler einer Partei die grundsätzlichen Ziele und Werte dieser Partei, sonst würde man diese nicht wählen.
Ich bin kein Jurist noch Verwaltungsfachmann, daher möchte ich mir auch kein echtes Urteil erlauben. Nur „Bauchschmerzen“ löst solch eine Regelung bei mir schon aus – man zeigt halt mal die Daumenschrauben und lässt es hinreichend unbestimmt, bei welchem – auch schon sehr lange zurück liegenden – Verhalten der Dienstherr gedenkt, die Existenzgrundlage des Soldaten zu vernichten. So kann man die Fürsorge auch betreiben …
Was ich mich die ganze Zeit frage: Weshalb der letzte Satz, dem zufolge auch Aktionen / Meinungsäußerungen aus sehr lange zurückliegenden Zeiten HEUTE zu einer Entlassung führen werden? Erinnert sich noch jemand daran, dass wir gar nicht so wenige ex NVA-Soldaten (auch im Offiziersrang) übernommen haben? Ich hatte dienstlich mit vielen zu tun, und es gab keinen darunter, bei denen ich ein Gefühl hatte, dass er nicht hinter unserer Verfassung stehen würde. Denken wir auch an einen ehemaligen Minister der Grünen, der früher einmal sehr wohlwollend über den Mord (!) an einem Angehörigen der Verfassungsorgane (Buback) schrieb … und der ganz sicher als späterer Minister deswegen keinen Anlass/Grund bot, ihn wegen eines circa 20 Jahre zurück liegenden Vorfalls aus dem Staatsdienst zu jagen …
Will sagen: Man sollte die Kirche im Dorf lassen. Und auch Soldaten zubilligen, trotz früherem idiotischen Benehmens nun ein treuer Diener dieses Staats geworden zu sein. Damit verträgt sich jedoch kein Damoklesschwert wie die nun beschlossene Regelung.
Komisch. In der Unionsfraktion sollten doch eigentlich genügend Juristen sitzen, die täglich die Anwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen praktizieren, bzw. dies wenigstens einmal gelernt haben sollten. Und die vor allem das eigene Handeln in Regierungsverantwortung kennen sollten.
Unbestimmte Rechtsbegriffe bedeuten zunächst einmal nur, dass die Begriffe nicht legaldefiniert, also vom Gesetz abschließend bestimmt sind, und daher der weiteren Auslegung bedürfen, um ihren Rechtsgehalt zu ermitteln.
Dass dies angeblich dazu führe, dass entsprechende Rechtsnormen dem Bestimmheitsgrundsatz nicht entsprächen, der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, ist selbst für die zu erwartende, zugespitze politische Polarisierung seitens der Opposition gefährlicher Unsinn, der eigentlich Juristen nicht würdig sein sollte.
Vielleicht sollte jemand die rechtsgelehrten Kollegen von der Union mal erklären, dass das Recht an zahllosen Stellen unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, deren Auslegung dann im Einzelfall von Gerichten überprüfbar ist… So wurde zum Beispiel die „Heimattreue Deutsche Jugend“ 2009 unter Bezugnahme auf §3 des Vereinsgesetzes von damaligen Innenminister, dem der CDU(!) angehörigen Juristen(!) Wolfgang Schäuble verboten, da sie sich „in aggressiv-kämpferischer Weise“ gegen die verfassungsmäßige Ordnung stellte. Wenig überraschend ist „in aggressiv-kämpferische Weise“ ein unbestimmer Rechtsbegriff, der der Auslegung zugänglich und damit gerade nicht in jeder Facette exakt von vornherein definiert ist.
Wer jetzt aus politischem Kalkül ein dringend nötiges Gesetz grundlos in Misskredit bringt – noch dazu, ohne einen besseren Gegenvorschlag zu machen – erweist unserer Bundeswehr einen Bärendienst, weil er sie so dazu zwingt, Verfassungsfeinde womöglich immer weiter zu alimentieren. Wenn die Union der Meinung ist, dass man das grundlegend besser machen kann, bin ich der Letzte, der das für unmöglich hält. Dann bin ich aber mal sehr gespannt auf konstruktive Änderungsanträge im Parlament, die von Seiten der CDU/CSU dann wohl eingebracht werden…
Im Übrigen: „Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aussprache anderer statusrelevanter Disziplinarmaßnahmen mittels Disziplinarverfügung hat sich in Baden-Württemberg seit 15 Jahren bewährt.“(Quelle: BMI-Webseite)
Baden-Württemberg… ein Land, in dem die CDU seit 1953 (mit Ausnahme der Jahre von 2011 bis 2016) (mit-)regiert. 2023 abzüglich 15 gibt nach meiner Rechnung 2008. Das genannte Landesgesetz wurde demnach unter der Regierung von Ministerpräsident Oettinger eingebracht und mit den Stimmen der die Landesregierung tragenden Fraktionen verabschiedet.
Jetzt auf Bundesebene große Bedenken vom Zaun zu brechen, wo man weiland im Ländle genau das Gleiche getan hat, riecht ein wenig nach Theaterdonner.
@Hans Dampf
„… wieder in den Dienst zurück zu dürfen.“
Da kommt keiner zurück, oder dreht man bis zum Ende des Verfahrens Däumchen? Man sucht sich eine andere Arbeit. Als BS im fortgeschrittenen Alter: schwierig. Oder gibt es ALG I und II ? Wie sieht das aus mit BfD und Pensionsansprüchen ?
Wo bleibt – trotz allem – hier die Fürsorgepflicht des Dienstherren?
Schau’n mer mal, was daraus wird.
Es ist gut, dass man was macht; wie gut das Gesetz dann endgültig ist, bleibt noch zu sehen.
Ich finde es schwierig, dass der SaZ/BS mittels Verwaltungsbeschluss gekündigt wird, sich dann aber wieder „reinklagen“ kann.
Hier wird zwar offenbar versucht, die zivile Regelung auch im militärischen Zusammenhang zu nutzen, aber aufgrund des besonderen Treuenverhältnisses, dürften die Ergebnisse da teurer werden. Da wird wohl ehr nicht die üblichen 1 Monat pro Arbeitjahr-Abfindungen zu Buche stehen, sondern ggf. darf der Bund bis zum putativen DzE dann zahlen.
Würde mich nicht wundern.
Viel interessanter ist, wie und ob die Möglichkeiten denn genutzt werden. Ob jetzt der ein oder andere Fakten schafft und den HFw, der etwas „bis zur kalten Vergasung“ wiederholen lassen will, direkt in Rente schickt, weil das eindeutig Nazi-Jargon ist, obwohl er den Soldaten nicht leiden kann oder ob jetzt ein noch eisigerer Korpsgeist weht, weil schon ein falsches Räuspern karriereschädigend sein kann, muss man abwarten.
P.S.: @Thomas Melber: Der Soldat würde m.M.n. direkt ALG II zwei bekommen, da er ja nie in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat.
@Thomas Becker sagt: 20.11.2023 um 16:55 Uhr
„Erinnert sich noch jemand daran, dass wir gar nicht so wenige ex NVA-Soldaten (auch im Offiziersrang) übernommen haben? Ich hatte dienstlich mit vielen zu tun, und es gab keinen darunter, bei denen ich ein Gefühl hatte, dass er nicht hinter unserer Verfassung stehen würde.“
Ich schon, ich habe es Mitte der 90er erlebt, das die Kameraden der ehemaligen NVA „wegegauckt“ wurden, also aufgrund ihrer Stasi-Vergangenheit entlassen. Das ging Ratzfatz und hat mehr Leute betroffen als bleiben durften. Im Wesentlichen waren das alles Stabsoffiziere, die auch als solche übernommen wurden.
@Pio-Fritz: Bitte keine Legendenbildung in diesem Forum betreiben. Die „rausgegauckten“ ehem. NVA Soldaten wurden wegen falscher Angaben in ihren Bewerbungsunterlagen entlassen.
@ Pio-Fritz
Der Vergleich mit den NVA-Offizieren, die in der Stasi waren, hinkt aber gewaltig. Denn die mussten VOR Übernahme in die Bundeswehr erklären, nicht bei der Stasi gewesen zu sein. Wer da besch… hat, der flog raus. Zurecht, da Täuschung.
Die von Pio-Fritz gemachten Angaben sind vermutlich seine subjektive Wahrnehmung. Näheres und m.E. zutreffende Zahlen, nach Dienstgraden, Antragsteller, Übernahmen und Entlassung aufgrund falscher Angaben in den Bewerbungsunterlagen (als Gesamtzahl): siehe https://www.bpb.de/themen/militaer/deutsche-verteidigungspolitik/199278/armee-der-einheit/
[Und schon haben wir das Thema NVA in diesem Thread erschöpfend abgehandelt… T.W.]
Im Wesentlichen geht es mir darum, zu zeigen, das es schon mal Instrumente gab, um Soldaten schnell zu entlassen.
Und ein Rechts-, Links- oder sonstwas Extremer soll doch bitte erst mal vor dem Verwaltungsgericht beweisen, daß er das vor seiner Verpflichtung nicht war. Und da sehe ich die Parallele zu heute .
@ Thomas Melber
Ein entlassener Soldat hat nie Ansprüche auf BFD oder Dienstzeitversorgung:
§ 5 (3) SVG:
Der Anspruch entsteht nicht, wenn das Dienstverhältnis aus anderen Gründen endet als wegen Ablaufs der festgesetzten Wehrdienstzeit oder wegen Entlassung infolge
Dienstunfähigkeit (§ 55 Absatz 2 des Soldatengesetzes).
Er wird dann lediglich im Umfang der geleisteten Dienstzeit bei der Rentenversicherung nachversichert. Kein Arbeitslosengeld, da die Voraussetzungen hierfür (12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt in den letzten 30 Monaten vor Antragstellung) nicht erfüllt sind. Er rutscht somit automatisch ins bisherige ALG II, nun Bürgergeld ab.
Festzuhalten ist zumindest für Beamte (ich kenne nur hier konkret einen Fall), daß eine Entlassung auch nach dem Eintritt in die Pension erfolgen kann. Der Beamte verliert dann die Beamteneigenschaften und somit die Pension und wird auch hier bei der Rentenversicherung nachversichert. Er erhält dann also eine wesentlich niedrigere Rente und wird massive Probleme mit der Krankenversicherung bekommen, da er dann einerseits nicht mehr beihilfeberechtig ist, andererseits aber aufgrund des Alters auch nicht mehr in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln kann (auch nicht in die Familienversicherung eines eventuellen Ehepartners, da seine Rente das Einkommen aus der Rente von 505 € im Monat übersteigen wird).
@DD:
was ist denn bitte „derart schwammig“? Gesetze haben es so an sich, dass sie für den Allgemeinfall gelten, und nicht nur für den Einzelfall. Mehr noch, eine Einzelfallgesetzgebung ist sogar gemäß Artikel 19 Grundgesetz gerade ausgeschlossen! „Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muss das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten.“
Die Anwendung des Gesetzes auf den in der Realität vorliegenden Einzelfall erledigt die Subsumtion, also die Übertragung des realen Lebenssachverhalts und die Einordnung desselben unter die Voraussetzungen der Rechtsnorm. Oder eben die Feststellung, dass der Sachverhalt eben nicht unter die jeweilige Norm fällt. Dabei ist ein Bezug auf andere Rechtsnormen durchaus zulässig. Nicht jedes Gesetz muss jeden Einzelfall seiner Anwendung abschließend benennen, sondern es ist ausreichend, dass der Anwendungsbereich hinreichend sicher bestimmbar ist.
Der dargebotene oder gezeigte Hitlergruß fällt beispielsweise unmittelbar als Verwendung einer Grußform des 3. Reichs und somit als Verwendung von Kennzeichen einer verfassungswidrigen oder terroristischen Vereinigung unter § 86a StGB. Allerdings stehen den in §86a Abs. 2 S. 1 ausdrücklich genannten Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen solche Kennzeichen gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. Sie ahnen es: Der Begriff „zum Verwechseln ähnlich“ ist natürlich wieder einer von diesen bösen, unbestimmten Rechtsbegriffen.
Die Zulässigkeit solcher auslegungsfähiger und -bedürftiger Formulierungen bewahrt die Rechtspraxis und Legistlative auch ein Stück weit davor, mit überzeugten Neonazis oder Terroristenfans und ihren rabulistischen Anwälten Hase und Igel spielen zu müssen, weil diese die überkommenen Kennzeichen ihrer jeweiligen Organisationen modifizieren und sich dahinter verstecken, dass der SS-Totenkopf ja nur in weißer oder silberner Farbe verboten sei, und daher die Darstellung in rot oder grün ja nun wirklich nicht dasselbe sein könne. Vgl. hierzu unter anderem den sog. „Kühnen-Gruß“ und die Diskussion darüber.