Bundestag billigt Gesetz zur schnelleren Entlassung von Extremisten aus der Bundeswehr

Mit einer Neuregelung im Soldatengesetz sollen künftig Extremisten schneller aus der Bundeswehr entlassen werden können. Der Bundestag verabschiedete am (heutigen) Freitag die neue Gesetzesfassung. Sie sieht auch für Zeit- und Berufssoldaten eine direkte Entlassungsmöglichkeit vor, wenn sie in schwerwiegender Weise Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung unterstützen. Gegen die Entlassung per Verwaltungsverfahren ist dann eine Klage möglich, ein vorheriges Disziplinarverfahren ist aber damit nicht mehr erforderlich.

Mit der Neufassung setzt die Koalition aus SPD, Grünen und FDP eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag (in dieser Fassung auf S. 150) um: Alle Angehörigen der Bundeswehr müssen unzweifelhaft auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen. Wir werden Dienst- und Arbeitsrecht anpassen, um Extremistinnen und Extremisten umgehend aus dem Dienst entlassen zu können.

Kern der Neuregelung (Bundestagsdrucksache 20/8672) ist ein neuer Absatz im Paragrafen 46 des Soldatengesetzes:

Ein Berufssoldat ist zu entlassen, wenn
1. er als Einzelperson in schwerwiegender Weise Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat,
a) die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben,
b) die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder
c) die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind, und
2. sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Vertrauen der Allgemeinheit in die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.
Ebenso wird entlassen, wer einen Personenzusammenschluss nachdrücklich unterstützt oder unterstützt hat, der seinerseits die in Satz 1 genannten Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat.

Diese Regelung wird in einem anderen Paragrafen auch für Zeitsoldaten eingeführt.

Bislang war die direkte Entlassung als extremistisch eingestufter Soldaten und Soldatinnen nur möglich, wenn sie als Zeitsoldaten nicht länger als vier Jahre bei der Truppe waren. Danach war ein Disziplinarverfahren vor dem Truppendienstgericht erforderlich, dass sich über mehrere Jahre hinziehen konnte. Mit der Neuregelung gilt zunächst die Entlassung, die aber vor einem Verwaltungsgericht angefochten werden kann.

Das neue Verfahren hatte das Verteidigungsministerium bereits im vergangenen Jahr vorgesehen, damals noch unter der Ministerin Christine Lambrecht. Die Neufassung wurde von ihrem Nachfolger Boris Pistorius aufgegriffen.

Die Mehrheit der Koalitionsfraktionen billigte die Gesetzesänderung im Plenum des Bundestages, während sowohl die Unionsfraktion als auch die AfD dagegen stimmten und die Linke sich enthielt. Die Union begründete ihre Ablehnung damit, dass durch den Verzicht auf das Verfahren vor dem Truppendienstgericht ein diskriminierender Systemwechsel vorgenommen werde, der sich auf unbestimmte Rechtsbegriffe stütze und damit unverhältnismäßig sei. Die AfD warf der Regierungsmehrheit eine Rückkehr zum Vorgehen der Nationalsozialisten vor: Die Ampel knüpfe an an die Rechtslage, wie sie bis ’45 gegolten hat, sagte ihr Abgeordneter Jan Ralf Nolte, der Soldat ist.

Zuvor hatte der Bundestag eine ähnliche Regelung für die Beamten und Beamtinnen der Bundesverwaltung gebilligt (Bundestagsdrucksache 20/6453). Auch dieses Gesetz wurde mit den Stimmen der Koalition gegen Union und AfD bei Enthaltung der Linken angenommen.