Deutschland hat seine Unschuld verloren…
… und daraus noch nicht die Konsequenzen gezogen, ist der Tenor meines Kommentars zum Jahrestag des Luftangriffs vom 4. September, den ich als Gastbeitrag für theeuropean.de geschrieben habe: Lizenz zum Abwarten.
Ein paar weitere Kommentare/Einschätzungen zu diesem Jahrestag, die mir aufgefallen sind (ohne auch nur den mindesten Anspruch auf nur ansatzweise Vollständigkeit):
Die taz fragt, wie sich Deutschland seit dem Luftschlag verändert hat: Nie wieder Afghanistan
Das ZDF sieht die Angehörigen der Opfer von Deutschland enttäuscht: Es war eine Katastrophe
Die Rheinische Post konzentriert sich auf den Kommandeur: Die Truppe hält zu Oberst Klein
(Wer noch mehr Links zur Würdigung des Jahrestages hat: bitte in den Kommentaren)
… und die Bundeswehr ihre Auftragstaktik! Das „Oberst-Klein-Syndrom“ wird nachwirken. Dieses „Nicht-Handeln“ wird sich in den Köpfen festsetzen. Dabei lebt die Auftragstaktik von der Verantwortungsfreude. Und der Minister kann noch so oft seinen Respekt gegenüber Klein wegen der schwierigen Entscheidung bekunden. Vor dem Untersuchungsausschuss danach befragt, was er denn an Stelle von Klein als Handlungsalternative gesehen hätte, antwortete er: „Abwarten und nichts tun.“ Damit sind altbewährte militärische Führungsgrundsätze politisiert und ihrer Wirkkraft beraubt. Aber wir haben ja noch die Innere Führung.
Unschuld gibt im Krieg nicht. Jedes Handeln hat zwangsläufig mindestens als Nebenwirkung auch unerwünschte Effekte, und manchmal muß Wirkung erzielt werden, über die die Gesellschaft in der Heimat nicht gerne sprich. Am 04.09.2009 endete also nicht Deutschlands „Unschuld“, sondern nur die Glaubwürdigkeit jener Heuchler, die so taten als könne es Unschuld geben.
Ein Jahr später immer noch nichts neues von der Presse. Es wird nur wieder der selbe ekelhafte Unsinn wiedergekäut, der schon beim ersten mal unerträglich war.
@Stefan
Geht’s etwas konkreter?
Und keiner bemerkt auch nur mit einer Silbe, dass der Oberst aus militärischer Sicht alles richtig gemacht. 60+x INS und zwei potentielle VBIEDs mit einem Mal ausgeschaltet. Das muss auch mal gesagt werden.
Der Mann hat sich auch weder Straf- noch Disziplinarrechtlich strafbar gemacht. Und dennoch zeigt wieder jeder mit dem Finger auf ihn. Ich habe auch noch keine Entschuldigung von Seiten der Politik vernehmen können. Warum eigentlich nicht? Er ist frei von jeder Schuld und man hat seinen Ruf kaputt gemacht.
Auch das kann man ein Jahr danach mal erwähnen!
Aber das ist eben nicht opportun….
@ dallisfaction: 100 % Zustimmung. An der Stelle von Oberst Klein würde ich nach § 164 StGB gegen so manche Politiker und Pressefritzen vorgehen.
„Unschuld“ gibt es in einem Konflikt nie und der dämliche Begriff „Koleteralschaden“ ist ja auch nur der Ausdruck höflich zu umschreiben, das „wo gehobelt wird, fallen Späne“ nun mal leider so ist wie es ist. Was nirgends so richtig laut gesagt wird – auch andere Nationen haben ihre Unschuld bei ISAF oder UN-Missionen verloren… sei es Übergriffe gegen Frauen, Schieberei, Willkür usw usw. und wer erinnert sich eigentlich noch an den UN-Offizier, der in Srebrenica auf verlorenem Posten stand? Und dann darf man Jahre später DAS lesen -> http://www.guardian.co.uk/world/2010/mar/19/gay-dutch-soldiers-srebrenica und sucht man weiter – der niederl. Oberst stand genau vor derselben Entscheidung:
10 July 1995: Dutch Commander Colonel Karremans filed a request for UN air support after the Bosnian Serbs shelled Dutch positions. UN Commander General Janvier initially refused, but agreed after another request from the colonel. Serb attacks stopped before the planes arrived and strikes were postponed.
Also – der Oberst hat richtig entschieden – nachher weis man soweiso alles besser…
Hier mal ein Verweis auf ein Interview mit Gerd Hankel bei der Deutschen Welle:
Man hat keine Lehren aus Kundus gezogen
Jürgen Rose hat sich im Freitag dazu geäußert:
http://www.freitag.de/politik/1035-spur-der-verw-stung
@ J.R.,Marlene,
habe mir mal die Darlegungen von Herrn Hankel und Herrn Rose angeschaut und kann Ihnen nur empfehlen: Erweitern Sie Ihren völkerrechtlichen Horizont durch die Lektüre folgenden Artikels: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-67036821.html